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Full text of "Die römische Chronologie bis auf Caesar"

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UniTersityof 



DIE 



RÖMISCHE CHRONOLOGIE 



BIS AUF CAESAR 



VON 



TH^^MOMMSEN. 



ZWEITE DURCHGESEHENE AUFLAGE. 



BERLIN, 

WEIDMANMSCHE BUCHHANDLUNG. 

18 59. 



Ignota aetemae ne sint tibi tempora Romae 
Regibus et patrum ducta sub imperiis. 

AUSONIUS. 



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EDUARD BÖCKING IN BONN 



ZUGEEIGNET. 



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Es ist die Absicht der folgenden Untersuchung die rö- 
mische Chronologie bis auf Caesar einer Revision zu un- 
terwerfen, die, das Bekannte und Ausgemachte kurz berüh- 
rend, die zweifelhaften Fragen zu entscheiden oder der 
Entscheidung zu nähern versucht. Die Veranlassung war 
eine doppelte : die Rechtfertigung mancher anderswo von 
mir aufgestellten neuen Ansichten, die, ohne Begründung 
oder nur mit einer Andeutung derselben ausgesprochen, 
nicht darauf rechnen konnten sich in der Wissenschaft 
Gehuog zu verschaffen, auch mehrfacher Modification im 
Ganzen und Einzelnen dringend bedurften; und die Zurück- 
weisung eines chronologisch-historischen Systems — denn 
darauf in der That lauft es hinaus — , welches neuerdings 
versucht hat die bisherige Forschung nicht etwa im Ein- 
zehien blofs nachzubessern, sondern geradezu auf neue 
Grundlagen aufzubauen. Ich meine die chronologischen 
Arbeiten meines Bruders August > ). Sie haben in der phi- 
lologischen Welt ein gewisses Aufsehen gemacht, und mit 



1) Beiträge zur griechischen Zeitrechnaog 1856 (in den Jahr- 
bücheni für classische Philologie, erster SopplemeDtband S. 201 — 
266). — Römische Daten. Programm des Gymnasiums zu Parchim. 
1856. 53 S. 4. — Die Saecula der Etrusker. 1857. Rhein. Mus. N. 
F. XII S. 539—550. — Zur altrömischen Zeitrechnung und Ge- 
schichte. 1857. Ebendaselbst XIII S. 49—75. — Die alte Chrono- 
logie. PUlologus Xn, 329fg. 



RÖMISCHE CHRONOLOGIE. 

Recht; die nicht häufige Verbindung historischer und ma- 
thematischer Einsicht, das Bestreben bei dem Erforschen 
desSpeciellen den allgemeinen welthistorischen Zusammen- 
hang der Dinge im Auge zu behalten, den eigenthümlich 
regen Eifer, der den Verfasser vorwärts treibt und der dem 
Leser bis zu einem gewissen Grade sich mittheilt, kann und 
mufs jeder anerkennen, auch wer sich von der Richtig- 
keit der Resultate zu überzeugen unterlassen oder von ihrer 
Unrichtigkeit sich überzeugt hat. Aber die in denselben 
niedergelegten neuen Ansichten über italische Chronologie 

— über die griechische zu urtheilen ist nicht meines Faches 

— scheinen, mir wenigstens, sämmtlich verfehlt und in der 
Methode wie in den Ergebnissen die Forschung A. Momm- 
sens ein Rückschritt gegen die Idelers zu sein. Ich meine 
damit vornehmlich den MiTsbrauch, der hier mit der ver- 
gleichenden Chronologie getrieben wird. Die Aerenverglei- 
chung ist ein ebenso unentbehrliches und ein ebenso geföhr- 
liches Werkzeug wie die Sprachenvergleichung. Dort wie 
hier erfafst das über die Kluft der Nationen hinweggerichtete 
Auge nur allzu leicht der Schwindel, und vergifst man, ohne 
es zu wollen, den ersten und hauptsächlichsten Grundsatz 
aller geschichtlichen Kritik, dafs die einzelne historische 
Erscheinung zunächst in dem Kreise der Nation, der sie 
angehört, geprüft und erklärt werden soll und erst das Re- 
sultat dieser Forschung als Grundlage der internationalen 
dienen darf. In diesen chronologischen Untersuchungen 
wird, wenn ich nicht irre, die römische Chronologie in die 
griechische, die etruskische in die römische in gewaltsamer 
Weise hineingearbeitet, und das Richtige durchgängig ver- 
fehlt, hauptsächlich weil es versäumt worden ist das römi- 
sche Jahr und die römische Jahrliste zunächst für sich ge- 
duldig und eindringend zu erforschen. Meine abweichenden 



RÖMISCHE CHRONOLOGIE. 7 

Ansichten darzulegen fühle ich mich, wenn ich so sagen 
darf, yerpflichtet, theils durch den auch im Falschen acht- 
baren Ernst und Geist der eben bezeichneten Arbeits, 
theils durch die nothwendig geringe Zahl der^, die um rö- 
mische Chronologie sich kümmern. Wenn künftige littera- 
rische Onomastica bei Verzeichnung dieser Controvers- 
schriften die Note der Consularfasten wiederholen sollten: 
Hei fratrts germani fuerunt, so soll es ihnen unverwehrt 
sein; wem es selber um die Sache zu thun ist, der wird 
hoffentlich sich überzeugen, dafs die persönliche Beziehung 
in diese litterarische sich in keiner Weise eingemischt hat. 



I. 

DAS KALENDERJAHR. 

Es sind vier Jahre, von denen hier zu handehi ist : das 
älteste gebundene Mondjahr, das spätere republikanische, 
das zehnmonatliche und das Bauemjahr. 

I. Das älteste gebundene Mondjahr. 

Die Messung der Zeit nach dem Monde ist einfacher 
und, wie die in den Sprachen unseres Stammes bewahrten 
Spuren zeigen, älter als das Sonnenzeitmafs. Es ist darum 
auch das zugleich dem Mond- und dem Sonnenlauf congruen- 
te Mondsonnen- oder sogenannte gebundene Mondjahr älter 
als das freie Sonnenjahr, indem jenes die frühere Rechnung 
nach Mondmonaten nicht aufgiebt, sondern sie dem neuen 
System einfügt. Die Griechen haben nie ein anderes als das 
Mondsonnenjahr angewandt; ihr Kalender ist zu allen Zei- 
ten und bei allen Stämmen bedingt gewesen durch das 
mehr oder minder vollständig verwirklichte Bestreben mit 
dem Monatsanfang den Neumond zu treffen. Von dem rö- 
mischen Kalender läfst sich nicht dasselbe behaupten. Be- 
reits in der ältesten Ueberlieferung, in der er uns entgegen- 
tritt, ist zwar eine äufserliche Aehnlichkeit mit dem griechi- 
schen Mondsonnenjahr unverkennbar vorhanden und ist es 
insofern einigermafsen begreiflich, dafs den römischen Ge- 
lehrten und Laien ihrer Kalender als ein wesentlich dem 
griechischen gleichartiger erschien; allein die Abweichung 



DAS ALTESTE JAHR. 9 

des römischen Kalenders Vom Mondlaaf ist doch von der 
Art, dafs man denjenigen, von denen diese Ordnung herrührt, 
nicht wohl auch nur die Absicht zutrauen -kann die Ka- 
lenderabschnitte auf die physischen Mondphasen zu brin- 
gen. Der Mathematiker wird daher mit vollem Recht sich 
weigern das römische Kalenderjahr überhaupt als Mond- 
sonnenjahr gelten zu lassen und, wenn er demselben nicht 
überhaupt jeden astronomisch rationellen Charakter ab- 
sprechen soll, darin nichts erkennen können als ein freilich 
über alle Mafsen schledit angelegtes freies Sonnenjahr i^). 
Nichts desto weniger ist es vollkommen gewifs, dafs in [ru- 
higster allerdings jenseits unserer Ueberlieferung liegender 
Zeit das latinische Jahr, wo nicht dem ältesten griechischen 
Mondsonnenjahr gleich, doch aus diesem entwickelt war. 
Denn einerseits zeigt die Zahl und zeigen die Namen der 
latinischen Monate, welche beide den sämmtlichen Stadt- 
kalendern Latiums bei aller ihrer sonstigen Verschiedenheit 
gemein^), also älter sind als Rom, dafs das Jahi*, dem sie 
angehören, auf die Sonne Rucksicht nahm; ein freies Mond- 
jahr hätte man keine Veranlassung gehabt gerade aus zwölf 
Mondumläufen zusammenzusetzen und unmöglich wäre es 
gewesen darin den zweiten, dritten und vierten Monat als 
die des Aufgehens (Aprilis), Wachsens (Mains) und Ge- 
deihens (lunius) auszuzeichnen. Auf der anderen Seite 
mufs in Rom der Jahrmonat ursprünglich, wenigstens un- 
gefähr, den Mondphasen gefolgt sein. Dafs die drei römi- 
schen Monatsabschnitte: Kalendae oder Neumond, Nonae 
oder erstes Viertel, Idus oder Vollmond, die rückläufige 
Zählung der Zwischenzeiten, dieRezeichnungdesNeumond- 



la) Ideler, Handbuch der Chronologie 2, 37. 
2) Ueber die italischen Monate s. Beil. I. 



10 DAS ÄLTESTE JAHR. 

tages als dies intermensiris, die Sitte an den Neumondtagen 
die ersten Viertel abzurufen einen ursprünglich mit dem 
Mondlauf eongruirenden Monat voraussetzen 3), ist zwar 
unzweifelhaft, aber insofern nicht entscheidend, als diese 
Benennungen und Gebräuche yon der ältesten blofs den 
Mond berüd&sichtigenden Zeitrechnung her beibehalten sein 
könnten; sie wurden ebenso erklärlich sein, wenn Rom vom 
Mondmonat sofort zum freien Sonnenjahr iibergegangen 
wäre. Aber entscheidend ist es, dafs das spätere yorcae- 
sarische Jahr zwar kein Mondsonnenjahr ist, aber äufserlich 
durchaus auftritt als Mondsonnenjahr; was unbegreiflich 
sein würde, wenn die Römer nicht ehemals wirklich eines 
solchen sich bedient hätten. 

Dieses ursprüngliche römische Jahr ist nun zwar in der 
geschichtlichen Ueberlieferung gänzlich verschollen; doch 
dürfte zu einer verhältnifsmäfsig sicheren und yoUständigen 
Kenntnifs desselben auf einem sehr einfachen Wege sich 
gelangen lassen. Der spätere yorcaesarische Kalender ist 
so genau bekannt wie nur irgend einer aus dem Alterthum. 
Anticipiren wir hier, was der nachher mitzutheilenden Un- 
tersuchung zufolge über denselben ausgemittelt ist, so fin- 
den wir darin ein eigenthümliches später unter griechi- 
schem Einflufs in einem einzigen Punkte, in der Länge des 
Schaltjahr -Februars, modificirtes, sonst aber allen Zeug- 
nissen uud allem Anschein nach in seinem ehemaligen We- 
sen rein festgehaltenes Jahr. Es fragt sieh also, ob ein 
Mondsonnenjahr construirt werden kann mit einer gemei- 
nen Jahrlänge von 1 2 Monaten, von denen der erste, dritte, 
fünfte und achte (März, Mai, Juli, October) 31-, der zwölfte 
(Februar) 28-, die übrigen 29tägig sind, oder von 355 Ta- 
gen, mit vierjähriger Schaltpenode und einem Schaltmonat 

3) Ideler 2, 38 fg. 



DAS IlTESTE JAHR. 11 

von 27 Tagen, welcher letzere überdies auch unmittelbar 
bezeugt ist, indem er in einer dem J. 282, höchst wahr- 
scheinlich der Zeit vor der Kalenderreform angehörigen Ur- 
kunde genannt wird ^). — Aus den gegebene Elementen 
geht zunächst hervor, dafs die uralten astronomischen An- 
sätze, auf denen das unseres Wissens älteste griechische Jahr, 
die sogenannte Trieteris beruht, des Mondumlaufs zu 29^ 
Tagen, des Jahreszu 12^Monaten oder 354Tagen, überhaupt 
wohl die einfachsten, die einem praktisch möglichen Mond- 
sonnenjahr zu Grundegelegt werden können, schon den älte- 
sten latinischen Kalenderordnem bekannt gewesen und die 
Grundlage ihrer Kalendereinrichtung geworden sind. Aus 
ihnen lassen die eben aufgezählten Ansetzungen des ältesten 
römischen Kalenders sich in befriedigender Weise entwickeln. 
So wie sie vorliegen, können dieselben freilich niemals, oder 
doch niemals allein, ein Mondsonnenjahr constituirt habenr\ 
Mondmonate vonSl Tagen sind im Widerspruch g^en eine 
Wahrnehmung, die dem einfachen Menschen weitlebendiger 
und sinnlicher sich aufdrängt als den späteren gebildeten 
und y erbildeten Geschlechtern und können , wo sie yorkom- 



4) Macrobius 1, 13, 21 fahrt, nachdem er verschiedene Meinun- 
gen über den jüngeren Ursprung der Intercalation aufgeführt hat, 
also fort: sed hoc argmt Farro scribendo antiquisstm4tm legem 
fidsse incitam in columna aerea a C. Pinario et Furio cos, , cid 
mentio intercalaris adscribitur. Die letzten Worte sind sonderbar 
und Zeunes Verbesserung menns statt mentio sehr wahrscheinlich ; 
indefs über den Sinn ist kein Zweifel : Varro fand in irgend einer 
Weise in dieser Rogation den Schaltmonat genannt. Ich habe nicht 
finden kö'nnen , was A. Mommsen berechtigt (röm. Daten S. 36. 37) 
in dieser Intercalation etwas Aufserordentliches zu erkennen — 'es 
'war ja nur (?) eine menäo intercalaris und also (?) vielleicht die 
Intercalation nur eine vorübergehende Mafsregel' — und (altrö'm. 
Zeitr. S. 70), hier einen Antrag (mentio f) auf Einführung der In- 
tercalation angemerkt zu finden. 



12 DAR ÄLTESTE JAHR. 

men, nur hervorgegangen sein aus einer bewufsten, durch 
äufsere Grunde motivirtenEntfemung von der Wahrheit und 
der Natur. Offenbar liegt, wie dies schon die alten Gewährs- 
männeroftundbestimmthervorheben, denrömischenRalen- 
dersätzen der Aberglaube zu Grunde, dafsdie ungerade, oder, 
wie die Römer sie auch nennen, die ,volle* Zahl segenbrin- 
gend, die gerade unglücklich sei ^); wefshalb man die Tag- 
zahlen der Monate und des Jahres sämraUich ungerade an- 
setzte, mit Ausnahme einer einzigen Monatzahl, die man 
wohl gerade nehmen muTste um nicht für das Jahr eine 
gerade Tagzahl zu erhalten. Es wird also der älteste rö- 
mische Kalender nichts sein als eine durch das Streben 
die Parilitat zu vermeiden bedingte Modification des ältesten 
griechischen Kalenders. Der älteste griechische Cyclus nun 
hat höchst wahrscheinlich folgende Gestalt gehabt*^): 

Sohaltmonat 
1. gemeines Jahr: 6X30-f6X29 

1. Schaltjahr: 6X30-f6X29 

2. gemeines Jahr: 6X30-f-6x29 
2. Schaltjahr: 6X30+6X29 _ 

1475 Tage 

woraus der römische unter den angegebenen Vorausset- 
zungen sich in folgender Gestalt entwickelt: 

Fehruar Schaltmonat 
1. gemeines Jahr: 4x31-f7X29 -|-28 

1. Schaltjahr: 4X31-|-7X29 -f-29 

2. gemeines Jahr: 4X31-f-7X29 -|-28 
2. Schaltjahr: 4X31-|-7X29 -|-28 





=354 Tage 


-fSO 


=384 „ 




=354 „ 


-1-29 


=383 „ 



=355 


Tage 


=383 


jt 


=355 


}t 


=882 


tf 


1475 Tage 



5) Censorin. 20, 4. 5. Macrob. sat t, 13, 5. Solin. 1. Im Allge- 
meinen über diesen Glauben Festas ep, t\ imparem p. 1 09 Müll. ; 
Virgil ecL 8, 75 ond dazu Servius; Plin. 28, 2, 23 {impares nume- 
ros ad omnia vehemenUores credimus idque in febribua dierum 
ohservaUone intdlegitur) ; Macrob. comm. 1, 2, 1. 2, 2, 17 (impar 
numerus mas et par femina vocatur) ; Plutarch g. R, 102. 

6) S. Beilage II. 



DAS ALTESTE JAHR. 13 

Dabei ist erstlich die Imparilitat der Tagzahlen so weit 
durchgeführt als es mathematisch möglich ist. Zweitens 
ist, wie es nöthig war, das gemeine Jahr genau dasjenige, 
das wir später im yorcaesarischen Kalender finden. Das- 
selbe gilt Ton dem Schaltjahr, namentlich dem 27 tagigen 
Schaltmonat; dagegen zählt der Februar in diesem ältesten 
Kalender im Schaltjahr bald 29, bald 28, im yorcaesarischen 
bald 24, bald 23 Tage, welches nachweislich auf spätere 
gesetzliche Abänderung zurückgeht. Die Schaltperiode end- 
lich ist ebenfalls, wie es gefordert war, eine vierjährige. 
Bei so vollständigem Zusammentreffen aller einzelnen Sätze 
bleibt kein Zweifel an der Richtigkeit der ganzen cydischen 
Construction; es ist nichts als eine ohne Zweifel aus Grofs- 
griechenland herubergenommene M und von dem dort 
herrschenden pythagoreischen Glauben an die heilbringende 
imparilitat und die noch viel heilbringendere Zahl 27 durch- 
drungene Redaction der ältesten griechischen sogenannten 
Trieteris. Eine analoge Bildung ist der auf den Cyclus von 
27x27=729 Monaten =59 Jahren aufgebaute Kalender 
des Pythagoreers Philolaos »). — Die offenbar gleichartigen 
Ansätze des ersten Viertels auf den fünften oder siebenten, 
des Vollmonds auf den dreizehnten oder fünfzehnten Tag 
nach dem Neumond^) sind höchst wahrscheinlich gleich- 
zeitig aus den für die Phasenepochen früher gültigen Be- 
stimmungen^^) durch Anwendung des Imparilitätsprindps 
hervorgegangen. 

Däfs der römische Cyclus noch schlechter ausfallen 
mufste, als sein astronomisch schon sehr unvollkommenes 



7) Das sah aach Ideler 2, 36. 

8) Böckh Philolaos S. 133—136. Ideler 1, 302. 

9) Vgl. Plütarch g. Ä. 25. 
9a) S. Beilage m. 



n 



14 DAS ÄLTESTE JAHR. 

Muster, liegt auf derHapd; der Kalender ward theologischer, 
aber nicht besser. Einem gewissen Schwanken war freilich 
auch schon bei dem griechischen Raum gelassen; denn da 
der Neumond den Alten nicht die Conjunction bezeichnet, 
sondern die je nach der Lage der Ekliptik bald am ersten, 
bald am zweiten oder dritten Tage nach der Conjunction 
einti*etende schwer vorherzubestimmende Lichterneu- 
ung 1 ^) , konnte der griechische Kalender dieser Zeit un- 
möglich vöUig mit dem Mond harmoniren. Aber die Römer 
machten übel ärger; ihre Imparilitatsschrulle und die unge- 
schickte Einreihung der vier 31 tagigen Monate ausschhefs- 
Uch unter die acht ersten zu Tier GOtägigen Gruppen ge- 
ordneten führten ihnen, wenn der 1. März Neumond war, 
die folgenden vier auf 27. April, 28. Mai, 26. Juni, 26. Juli, 
was bei dem griechischen Kalender denn doch so nicht 
vorkommen konnte. Im Ganzen kamen wohl beideKalender 
auf dasselbe hinaus; aber während der griechische, soweit 
es die beginnende Wissenschaft nur vermochte, den Him- 
melserscheinungen sich eng und innig anschmiegte, liefs 
die starre römische Satzung die Mondscheibe im Kalender 
erscheinen und sich fällen, ohne dabei viel um die am 
Himmel leuchtende oder nicht leuchtende sidi zu küm- 
mern. Hiezu kam ein Anderes. Das Mondsonnenjahr, das 
wir hier erörtern, war, mit dem wirklichen Mondlauf ver- 
gUchen, um etwa 9 Stunden kürzer als zwölf synodische 
Monate; den Sonnenumlauf hatte es gar gegenüber dem 
wirklichen von 365 T. 5 St. 48' 48" auf 368^ Tage an- 
gesetzt. Ein solcher Kalender mufste sehr bald von den 
Jahrzeiten und in wenigen Decennien auch von den Mond- 
phasen wesentlich abweichen, wenn nicht aufserordentliche 



10) Ideler 1,279. 



DAS ÄLTESTE JAHR. 15 

CorrectioDen zu Hülfe kamen. Den Griechen waren der- 
gleichen gewöhnlich; die starren Römer dagegen Schemen 
sich derselben durdiaus enthalten zu haben * i). Man wird 
darum annehmen dürfen , dafs schon in sehr früher Zeit 
der römische Kalender ziemlich unbekümmert um Mond 
und Sonne seinen eigenen Weg gegangen ist. 

Der Zeit nach föllt die Entstehung dieses Kalenders je- 
denfalls eine Weile vor das J. 304 der Stadt, in dem er 
umgewandelt ward. Wann er entstanden ist, läfst sich nicht 
weiter bestimmen; uralt aber dürfte er nicht sein, da die 
pythagoreische Zahlenlehre so entschieden auf ihn einge- 
wirkt hat und die PariUtatsscheu keineswegs altlatinisch 
ist ' ^). Man wird ihn mit der senrianischen Klassenordnung 



11) Beachteoswerth ist in dieser Hinsicht die Fassung^ in der 
Cicero (in Ferr, 2, 52, 129) von diesen griechischen Ausschaltungen 
zu dem römischen Publicum spricht. Auch zeigt der ganze spätere 
Gang des römischen Kaienderwesens , namentlich der Reformver- 
such vom J. 563, dieses starre Festhalten an dem Hergebrachten; 
aufserordentliche Ein- und Ausschaltungen sind vor Caesar nicht 
nachweislich. 

12) In der ganzen älteren Staatsordnung herrscht die gerade 
Zahl, besonders das Paar und die Zehn ; vor den samnitischen Krie- 
gen wird man wenige BeamtencoUegien und Körperschaften finden, 
die aus einer ungeraden Zahl von Individuen oder Abtheilungen be- 
ständen, und wo die ungerade Zahl begegnet, greift meistentheils, 
zum Beispiel bei den Recuperatoren und den 21 Tribus, die prakti- 
sche Rücksicht auf die Migoritatsfindung ein. Dasselbe gilt von den 
PriestercoUegien (wegen Liv. 10, 6 vgl. Marquardt Handb. 4, 190) ; 
es ist bezeichnend, dafs in die obersten die Imparilität erst durch 
Sulla eiogefuhrt ward. Ja sogar die Tag^ahlen der latinischen Mo- 
nate sind, so weit wir sie kennen, fast alle gerade (Censor. 22, 6). 
Es ist daher aufiallend und sieht fast wie eine individuelle Belie- 
bung aus , dafs im römischen Kalender die Imparilität so sehr alt 
ist; obwohl dergleichen Scrupel natürlicher Weise sich früher im 
Kalender geltend machten als anderswo. 



16 DAS ÄLTESTE JAHR. 

zusammenstellen dürfen, die gleichfalls unter grofsgriechi- 
schem Einflufs entstanden ist. — Ob, bevor dieser pytha- 
goreische Kalender in Rom angenommen ward, daselbst 
die griechische Trieteris in ihrer ursprünglichen Form in 
(Gebrauch gewesen ist oder ob es bis dahin daselbst gar 
keinen Jahrkalender gegeben hat, läfst sich nicht entschei- 
den. Wir werden, ohne die erstere Alternative leugnen zu 
wollen, jenen pythagoreisdien als den nachweislich ältesten 
römisdien Jahrkalender betrachten; dafs diesem jedenfalls 
eine blofs auf den Mondmonat aufgebaute Zeitmessung 
voraufgegangen ist, wurde bereits bemerkt. 

Noch ist hinzuzufügen, in welcher Weise dafür gesorgt 
ward, das Publicum von diesem Kalender in Kenntnifs zu 
halten. Am ersten Tage eines jeden Kalendermonats liels 
der König, später der Opferkönig vor der dazu auf dem 
Burghügel sich versammelnden Menge durch die beikom- 
menden Sachverständigen, die PontiOces, abrufen, ob von 
diesem Tage an bis zum Tage des ersten Viertels ein- 
schlieMch fünf oder sieben Tage zu zählen seien ; wovon 
dieser Tag der Rufetag (kalendae) genannt ward > ^). Da 



1 3) Varro de LI. 6,27: Primi dies mensium nomihati kalendae ab 
eo quod Ms diebus calantur eins mensis nonae a pontificibus, quin- 
tanae an sepUmanae sintfuturae, in Capitob'o in curia calabra sie: 

Diis te qutnque cälo — liino coviUa. 

Septem dies te edio — limo eovSUa. 
Auf die saturnische Messung macht Bernays mich aufmerksam; 
die Spuren sind unverkennbar, doch steht es dahin, ob man die Deh- 
nung des a in cah sich gefallen lassen oder durch Umstellung {Dies 
calo te quinque — Septem calo dies te) helfen wiU. Covella ist 
xoiXfi. Macrob. sat. \, 15, 9: j4ntequam fasti a Cn. Flanno seriba 
inviiis patribus in omnittm noUUam proderentur, ponUfid minoH 
kaec provincia delegabatur^ ut novae lunae primum observaret 
aspeetum visamque regi saerißctäo nuntiaret. Itaque sacrifido a 



DAS ÄLTESTE JAHR. 17 

vom ersten VierteN bis zum YoUmondstag ohne Aus- 
nahme eine achttägige Woche lief, ferner vom Yollmonds- 
bls zum Neumondstag in allen Monaten des Cyclus, mit 
der einzigen Ausnahme des Februars in drei Jahren 
von vier, zwei achttägige Wochen gezählt wurden, so war 
damit die Tagzählung in ausreichender Weise bekannt ge- 
macht; nur wird noch der Name des Jaufenden Monats mit 
abgerufen und im verküi*zt«n Februar auf den zwischen 
Voll- imd Neumond mangelnden einen Tag hingewiesen 
worden sein. Dafs auch bei regelmäfsig geordnetem Ka- 
lender eine derartige Einrichtung für eine des Schreibens 
und Lesens im Ganzen nicht kundige Gemeinde nötzlich 
war, leuchtet ein; gewarnt mufs aber werden vor der mi- 
klaren Vorstellung, die bei Alten und Neuen sich vielfach 
findet, als handle es sich hier um Bekanntmachungen un- 
mittelbarer Himmelsbeobachtungen. Allerdings in ältester 
Zeit mag wohl der Vorstand der Gemeinde selber nach 
dem neuen Mond gespäht und, wenn er das neue Licht 
gefunden, dies abgerufen haben; allein so lange die bürger- 
liche Zeitrechnung auf dergleichen Beobachtungen und 
Verkündigungen beruhte, rief man natürlich nur das ^- 



rege et minore pontißce celebrato idem poniifex ctUatOy id est vo- 
cata in CapitoUum plebe iuxta curiam calabram — quot numerq 
dies a kalendis ad nonas superessent prontmtiabat ; et qmntanas 
quidem dicto quinquies verbo xaXoi^ sepUmanas repetito septies 
praedicabat. Verrias Flaccus Kai Praen. 1 Jan. nach dem Stein: 
Hae et [ceter]ae calendae appellantur, qtUa \jni]mvs is dies est, quos 
pontffex minor quQ[libet] mense ad nonas sin[güUu ealat] in Capi- 
tolio in curia cala[bra]. Ihm sind also kalendae die abzamfendea 
Tage , wobei sowohl der terminus a quo als auch der terminus ad 
quem mitgezählt worden sind. Plotarch q. R. 24. Servius zar Aen. 
8, 654. Lydus de mens, 3, 7. Becker-Marquardt Handb. 2, 1, 367. 4, 
263. Die Edictionen an den Nonen sind verwandt, aber verschie- 
den (s. Beil. III A. 45). 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 2 



18 DAS ÄLTESTE JAHR. 

schienene Liebt ab, ohne die kommenden Phasen in recht- 
lich bindender Weise vorher anzuzeigen, das heilst ohne 
überhaupt eines Kalenders sich zu bedienen ; denn dieser 
schliefst die unmittelbare Beobachtung regelmäfsig aus* 
oder gestattet sie doch nur als Correctiv. Die römische 
Einrichtung setzt vielmehr einen geordneten Kalender vor- 
aus, der wohl dem Monde folgen sollte und anfangs 
wenigstens in der Regel folgte; wenn aber eine Incongruenz 
eintrat und der Neumond nicht aufging, wann er aufgehen 
sollte, galt praktisch nicht der astronomische, sondern der 
im Kalender angesetzte Phasentag. Die Geremonie blieb, 
dafs der Diener dem König den Aufgang des Neumonds 
meldete; aber es wäre naiv zu glauben, dafs er darum 
wirklich am Himmel gestanden habe. Also nicht nach dem 
Monde hatten die Sachverstandigen zu sehen, die den 
König hierin beriethen, sondern in ihre Kalendertafel, die 
ihnen den Wechsel von gemeinen und Schaltjahren, von 
31-, 29-, 28- und 27tägigen Monaten angab. Dafs sie da- 
neben Mond und Sonne beobachteten , um deren wahren 
Stand mit dem kalendarischen zu vei^leichen, ist möglich, 
hat aber mit den regelmäfsigen Neumondabkundigungen 
nichts zu thun. 

IL Das vorcaesarische Jahr (sog. Jahr des Numa). 

Das bürgerliche Jahr, nach dem die Römer bis zum J. 
708 d. St. einschliefslich datirten, beruhte auf einer vier- 
jährigen Periode von 355-}-378-t-355-t-377= 1465 Ta- 
gen. Die Tagzahl des gemeinen Jahres so wie die Schal- 
tung jedes zweite Jahr von bald 23, bald 22 Tagen sind 
durch das Zeugnifs des sorgfölligen Censorinus ^ 3») voll- 

13a) Censorin. 20,4—6. 



«: 



DAS VORCAESARISCHE JAHR. 19 

kommen sidier gestellt, mitdemSoIiDusundMacrobiusi ^^) 
wie gewöhnlich wesentlich übereinstimmen, letzterer na- 
mentlich auch die regdmäfsige Abwechselung der 23- und 
22tagigen Schaltung anmerkt. Dafs der Regel nadi die 
varronisch ungeraden Jahre gemeine^ die geraden Schalt- 
jahre waren, ist zwar nicht bezeugt, aber nach den weni- 
gen Torliegenden Beispielen wahrscheinlich ^ ^). Die astro- 
nomische Seltsamkeit oder vielmehr Verkehrtheit dieses 
Cydus liegt freilich auf der Hand , wird aber auch von un- 
sem alten Gewährsmännern einstimmig hervorgehoben ^ ^'^). 
Wenn also Plutarch ' ^) dem Numa ein Jahr von 354, eine 
Schaltung von 22 Tagen giebt, so ist dies, wie es Ideler 
mit seinem richtigen Takt und einfachen Wahrheitssinn 
treffend bezeichnet, eine spätere Klügelei ; und von A. Momm- 
sens Versuchen jenen Zahlen lediglich wegen ihrer astro- 
nomischen Incongruenz ein 354tägiges Jahr ' ^) und eine 



13b) Solinas 1 ; Macrob. sat, 1, 13. Die Uebereinstimmuog bei- 
der mit Censorious, der sie freilich an Genauigkeit eben so sehr wie 
an Urtbeil übertrifft, ist auffallend; doch liegt nicht der Bericht des 
Censorinus den jüngeren und schlechteren zu Grunde, sondern es 
scheinen alle drei auf verschiedene Weise aus Varro geschöpft zu 
haben. 

14) Als Schalljahre kennen wir nur 494 und 518 (beide aus der 
Trinmphaltafel). Die späteren Schalljahre gehören der regellosen 
Schaltung au. 

14a) Ut unu9 dies abwidaret, sagt Censorin, at/t per itnprudefi- 
üom acddit aut, quod magit credo, ea supersiitione, qua ttnpar 
numerus plenus et magis faustus habebatur. Macrobius läfst den 
Nnma erst ein Jahr von 354 Tagen einrichten, dann der Imparilität 
wegen noch einen Tag zusetzen. 

15) Num, 28. Dieselbe Zahl hat Polemius Silvius p. 241 mei- 
ner Ausgabe. Ganz ebenso hat Plutarch versucht das romuHsche 
zehnmonatliche Jahr nach seiner Schulastronomie zu corrigiren. 

16) Durch Billigung des angeblichen Schalttages neben dem 
Schaltmonat, s. u. S. 23 fg. 



20 ' BAS VORCAESARISCHE JAHR. 

21 — 20 tagige Schaltung > 7) zu substituiren roufs dassdbe 
gelten. Wenn über einen Kalender, nach dem Varro sein 
Leben lang datirt hat, das wohl abgewogene, die Seltsam- 
keit der Thatsache selbst nachdrucklich betonende Zeug- 
nifs Censorins, das heilst Yarros selbst, nichts mehr gelten 
soll, so ist es eine Thorheit das Alterthum erforschen zu 
wollen. Es handelt sich nicht darum das Problem wegzu- 
leugnen, sondern dasselbe zu erklären. Indefs bevor dies 
versucht wird, ist es noch erforderlich über die voreae- 
sarische Intercalation das Thatsächliche genau festzustellen, 
lieber die bis auf Caesar gebräuchliche Form der Ein- 
schaltung scheint Einstimmigkeit zu herrschen; es soll im 
Schaltjahr, yon aufserordenüichen Fällen abgesehen, der 
Februar mit dem 23. abgebrochen, also der Schaltmonat, 
dem die überbleibenden fünf Februartage angehängt wer- 
den, je nachdem 23 oder 22 Tage geschaltet wurden, 
28- oder 27tägig gewesen sein. Allein das streitet mit 
den positiven Zeugnissen, wonach die Intercalation bald 
nach dem 24., bald nach dem 23. Februar stattfand ^ ^). 
Die wahrscheinlich richtige Form der römischen Intercala- 
tion zeigt die folgende Tafel: 



17) Rom. Daten S. 42. 

18) Liv. 43, 11: Hoc anno (584) intercalatum egt; tertio die 
(d. b. nach unserm Sprachgebrauch den zweiten Tag) post termina- 
Ua ktdendae interealares fuenmU Liv. 45, 44: Intercalatum eo 
anno (587); postridie TermmaUa [kalendae] interealares fuerunt 
Ideler 2, 61 hilft sich mit Annahme aufserordentlicher Intercalation. 



DAS VORCAE8ARI8CHE JAHB. 



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22 DAS VORGAESARISCHE JAHR. 

Diese Construction ist nothwendig geboten, wenn die 
bestimmten Angaben des Livius über den Schaltabschnitt 
entweder nach dem 24. oder nach dem 23. Februar nicht 
umgestofsen werden sollen. Eine weitere sehr gewichtige 
Unterstützung gewährt ihr die jetzt durch eine Inschrift 
festgestellte Thatsache, dafs in dem julianischen Jahr nicht, 
wie man gewöhnlich meint, nach dem 23., sondern nach 
dem 24. Februar der Schalttag folgt ^ ^), was unbegreiflich 
sein wüi^de, wenn die ältere Intercalation regelmäfsig nach 
dem 23. Februar eintrat. Dagegen kommt es nicht in Be- 
tracht, dafs nach Censorins ^ ^) Angabe die Schaltung zwi- 
schen Terminalia und Regifugium fällt; was zwar richtig, 
aber doch nur für das 377tägige Schaltjahr richtig ist 
Dieses haben auch die übrigen Angaben der Alten im Auge; 
so Varro^i): quom intercalatur , inferiores quinque dies 
duodecimo demuntur mense; so Macrobius2 2): Romani — 
post vicesimtim et tertium diem eins (Februarii) intercala- 
bant, Terminalibus sciUcet iam per actis; deinde reliquos 
Febmarii mensis dies, qui erant quinque, post intercalatio- 
nem subiungebant. Die Stelle des Celsus in Justinians 
Digesten: Mensis intercalaris constat ex diebus viginti 
octo 23), aus welcher die gewöhnliche Meinung recht eigent- 



19) S. Beilage VI. 

20) 20, 6 (vgl. 20, 10): in mense potissimttm Februario inter 
Terminalia et Reg\fugium intercalatujn est. Ich habe früher ge- 
meint, dafs der Schriftsteller die 377 tägige Schaltung nur als die 
gewöhnlichere habe bezeichnen wollen; aber die Stellung des 
Wortes potissimutn gestattet diesen Ausweg nicht. 

21) de l. L 6, 13. 

22) sat. 1, 13, 15. 

23) Dig. 50, 16, 98, 2 und dazu Ideler 2, 58. 59. 



DAS VORGAESARISCHE JAHR. 23 

lieh hervorgegangen ist, stimmt doch auch mit dieser sdir 
schlecht, da dieselbe keineswegs dem Schaltmonat durch- 
gängig 28 Tage giebt noch geben kann. Ideler sieht sich 
genöthigt die Emendation viginti septem vel octo vorzu- 
schlagen, und mit demselben Recht könnte man octo in 
Septem ändern. Aber das eine würde so irrig sein wie das 
andere; man hat offenbar nicht bedacht, in welchem Zu- 
sammenhange diese Angabe auftritt. Sie spricht in der 
Gegenwart und ist im Sinne der justinianischen Compila- 
toren nicht eine antiquarische Notiz, die ja auch in das Ge- 
setzbuch gar nicht gehören wurde, sondern ein zu Ju- 
stinians Zeit praktisch gültiger Satz. Celsus hat gewifs 
nicht an den Februar gedacht, als er vom Schaltmonat 
schrieb; aber ebenso gewifs dachten die Redactoren, als 
sie diese Notiz aufnahmen, nicht an Numas Schaltmonat, 
sondern an den julianiscben Februar — ganz entscheidend 
ist dafür die griechische Uebersetzung^ ^) : 6 Oeßgovagiog 
eXxoac oxTio rjfxeqüv iariv. Dann aber verliert die Stelle 
alle Beweiskraft für den älteren Schaltmonat; denn welche 
Zahl die Redactoren immer vorfanden, so konnten sie nicht 
blofs, sondern mufsten dieselbe in XXVIII umändern. 
Demnach steht der Annahme eines immer gleichen 27tägi- 
gen Schaltmonats kein Hindernifs im Wege. 

Wenn neben diesem Schaltmonat auch noch ein Schalt- 
tag in dem vorcaesarischen Jahre angenommen wird, so 
beruht dies lediglich auf einem mehr als bedenklichen Be- 



24) Basil. 2, 2, 95. Ebenso ward die Stelle im Mittelalter ver- 
standen und man nahm nur Anstofs daran , dafs dem Februar als 
Schaltmonat vielmehr 29 Tage zukommen würden (Savigny System 
3, 461). 



t. 



24 DAS YORCAESARISCHE JAHR. 

r^t des Macrobius. Numa, erzählt dersdbe ^ ^), habe sein 
Jahr eigentlich auf 354 Tage angesetzt; uro aber das Tor 
unglücklich gehaltene Zusammentreffen der Anfangstage 
der achttägigen Woche theils mit dem Neujahrs-, theils mit 
den Nonentagen zu vermeiden, sei den Pontifices das Recht 
gegeben worden 'm medio Terminaliorum vel mensis in- 
tercalaris* einen 355sten Tag einzulegen. Man sieht leicht, 
dafs dies nichts ist als ein Kunststuckchen , wodurch das 
leidige 355tägige Jahr aus der Welt geschafil und durch 
das 354tägige ersetzt werden soll; nicht leicht ist aber 
wohl ein verkehrter Zweck mit einfältigeren Mitteln verfolgt 
worden. Denn erstens ist ein 354tägiges Jahr mit einem 
Schalttag keineswegs ein 355tägiges Jahr. Zweitens dunkt 
ein Schalttag neben einem Schaltmonat mir wenigstens eine 
üble Erfindung, und noch übler die Einschaltung des erste- 
ren unmittelbar vor dem letzteren. Drittens ist diese Ein- 
schaltung 'zwischen dem 23. Februar oder dem Scbalt- 
monaf reiner Galimathias ^ß). Viertens mufste, wer den 
angegebenen Zweck erreichen wollte, nicht dem Jahr einen 
Tag zugeben, sondern einen Tag vorne aus- und hinten 
wieder einschalten, wie dies später in dergleichen Fällen 
nachweislich geschah und der Festhaltung des Cyclus we- 
gen schlechterdings nothwendig war. Fünftens hätte man, 
um all jene Collisionen zu vermeiden, mit einem Einschalt- 
tag nimmer ausgereicht, selbst wenn man ihn frei rücken 



25) sat 1, 13. 

26) Ideler (2, 63) schlägt vor et für vel zu lesen, A. Mommsen 
(röm. Daten S. 42) nach terminaliorum einzascbieben et reg^tigü, 
was sich hören lafst, nicht aber der zweite Vorschlag die Termina- 
lien als mehrtägig gedacht za fassen. Ich kann in den unverständ- 
lichen Worten nichts weiter finden als einen Beleg dafür, dal's wer 
eine absurde These aufstellt, auch bald anfangen wird in den Bewei- 
sen zu faseln. 



»AS V0BCAESARI8CHE JAHR. 25 

durfte, geschweige denn wenn er seinen festen Platz hatte. 
Sechstens und letztens hat der Aberglaube, von demMacro- 
bius hier spricht, allerdings im julianischen Kalender, wenig- 
stens was das Zusammentreffen der Neujahrs- und der 
Nundinaltage betrifft, sich practische Geltung yersdiafil und 
dergleichen Aus- und Einschaltungen veranlafst^^); allein 
wenn Dio ^ ^) dies einen uralten Gebrauch nennt und Macro- 
bius denselben auf den vorcaesarischen Kalender überträgt, 
so steht ihnen entgegen, was sie selber anführen, dafs die 
Unglücksjahre 6762 9) und 702 »o) mit einem Nundinal- 
tag begannen, das heilst, dafs bis auf Caesars Tod dieser 
Aberglaube noch den Kalender zu ändern nicht vermocht 
hatte. Macrobius hat demnach was die Neujahre betrifft, 
einen Gebrauch der Kaiserzeit irrig auf die republikanische 
übertragen, hinsichtlich der Nonen aber, deren Zusammen- 
treffen mit dem Nundinalbuchstaben sich nicht vermeiden 
läfst ohne den ganzen römischen Kalender zu zerrütten, 
höchst wahrscheinlich Kalenderscrupel mitKalendersatzun- 
gen verwechselt. Mit diesem Schalttag also sammt allem, 
was daran gehängt worden ist, wolle man uns künftig ver- 
schonen. 

Ueber diese Einrichtung des vorcaesarischen Jahres 
kann unter Sachkundigen kein Streit sein. Es kommt 
darauf an die Entstehung dieser seltsamen Kalenderord- 
nung oder vielmehr Unordnung zu erklären. 

Im römischen Publicum, selbst unter den relativ Ge- 
lehrten, war allgemein der Glaube verbreitet, dafs das Jahr 



27) Dio 48, 33. 60, 24. Ideler 2, 62. 134. 

28) 48,33. 

29) Macrob. a. a. 0. ; vgl. Merkel zu Ovids Fasti p. XXXIf . 

30) Dio 40, 47. Vgl. Beil. VII. 



26 DAS VORCAESARISCHE JAHR. 

des Numa ein Mondsonnenjahr gewesen sei ^ * ) und man 
in Rom sich dessen bis auf Caesar bedient habe ^ ^). DaTs 



31) Liv. 1, 19: (Numa) ad cursus lunae in duodecirn menses 
descränt annum; quetn, quia tricenos dies singuHs mensibus hma 
non explet desuntque dies soUdo anno qtä solstitiaU circumagitur 
orbe (d. h. weil zwölf Mondumläufe kürzer sind als ein SoDoeniim- 
lauf), intercalareis mensibus interponendis ita dispensavit, ut vice" 
srmo anno ad metam eandem soUs, unde orsi essent, plenis ommum 
annorum spatHs (d. h. indem, was jedem Sooneojahr also fehlte, 
mittelst der Schaltmonate nachgeliefert ward) dies cong^ruerenL 
Also dachte man sich den Kalender mit dem Monde laufend, mit der 
Sonne cyclisch ansgegplichen. £benso Macrob. sat 1, 13, 8 and 
Andre; während der verständige Censorinus, wohl einsehend, dafs 
ein 355tä9iges Jahr nicht mit dem Monde laufen könne, dergleichea 
Aeufserungpen vermeidet. 

32) Cicero de leg. 2, 12, 29: diUgentei* habenda ratio interca- 
landi est; quod institutum perite a Numa posteriorum pontificu?n 
neglegenüa dissolutum est. Appian 6. c. 2, 154: (Caesar) rov 
iviavTov, ctV(6fiaXov hi ovra 6ia zovg sad-* Sie firjvccg i/ußaki- 
[jLOvg (xKTa yaQ aeXrjvijv avTotg tiqtd-fjiHTo), ig rov tov rikCov 
6q6fxov fXBTißaXiv (og riyov AiyvnTioi. Dio 43, 26: (Caesar) rag 
tjf^iQccg T(ov ixöiv ov navrri ofxoXoyovOag atpiüi (nQog yaq lieg 
Tf\g aeXriVTig mqiodovg hi xccl tots lovg fi^vccg riyov) xateßciXero 
ig TOV vvv TQonov. Lyd. de mens, 3, 4. Ideler 2, 37. Daher 
nimmt Dionys, in seiner Weise antiquarische Notizen geschichtlich 
zu verwerthen, die kalendarischen Idus als Vollmond: eMoTg Ma't- 
utg* fjyov (T^ rohg fjiijvag xurä aiXrjVrjv xal awininisv tig rccg 
(iSoifg Tj navaiXrivog (10, 59; von Ideler 2, 67 nicht richtig beor> 
tbeilt). Ebenso setzt Plutarch {Com. 19) die Schlachten an der 
Cremera und Allia nsql Tgonäg ^€Qiväg thqI ttjv nicvaiXifßfov» 
Das Datum der Schlacht war der 18. Juli (a. d. XF, kal. Sextiles), 
wie die Kalender von An tium und Amiternum , Livius (6,1; citirt 
und mifsverstanden von Plutarch q. R. 25), Tacitus (bist. 2, 91) und 
Servius (zur Aen. 7, 717) bezeugen; Victor (de vir.ilL 23: die XFL 
kal, ^vg.) kommt nicht in Betracht. Wenn neuere Schriftsteller 
dafür öfter den 16. Juli (a. d. XFH. kal. Sext. =^ postridie idus 
Quini.) nennen, so ist dies eine blofse Verwechselung mit eibem 
andern Unglückstag, dem des jener Schlacht vorhergehenden Opfers 



DAS VOrCAESARISGHE JAHR. 27 

nun ein Kalender, dessen Jahre zwischen 355, 378 und 377, 
dessen Monate zwischen 3 t und 23 Tage schwanke, nicht 
ein einziges Jahr den Mondphasen zu folgen vermag, leuchtet 
ein; aber eben darum müssen die römischen Archäologen 
doch irgend eine Veranlassung zu jener seltsamen Vor- 
stellung gehabt haben. Die besseren derselben wuTlsten 
und sahen natürlich, dafs ihr Jahr nidit mit dem Monde 
lief; aber eben so wenig lief es mit der Sonne, sondern 
vielmehr gänzlich ins Wilde. Sie konnten also nur von 
dem Gedanken ausgehen, der auch vielfach sich ausge- 
sprochen findet, dafs das Jahr verschoben und seinem ur- 
sprünglichen Wesen entfremdet sei; und unter dieser Vor- 
aussetzung hatten sie allerdings guten Grund darin viel- 
mehr ein verschobenes Mondsonnen- als ein verschobenes 
freies Sonneujahr zu erkennen, denn in der That stand 



(Liv. a. a. 0.; Gell. 5, 17; Macrob. sat I, 16; vgpl. die weitläuftige, 
aber genaue Untersucbong Vaasseos animadv, ad. fast, p. 167 sq.). 
Möglieb ist es, dafs diejenigen, die den Brand der Stadt aof den 19. 
Juli setzten (Tac. ann. 15, 41), sieb desselben Versehens scbuldig 
macbten ; sie mufsten es, wenn sie die dreitägige Zwischenzeit zwi- 
schen Schlacht und Brand (Polyb. 2, 18. Gell. 5, 17) nicht fallen 
liefsen. Offenbar setzt Plutarcb, wenn er die Schlacht 'um den 
Vollmond des Sommersolstitiums' geschlagen nennt, die Sommer- 
sonnenwende, um damit nach griechischer Weise (Ideler 1, 293) 
den Juli auszudrücken, den Vollmond, weil die Schlacht zwei Tage 
nach dem Kalendervollmond geliefert ward. A. Mommsen (röro. 
Daten S. 30 ; zur altröm. Zeitr. S. 53 ) sucht in dieser Notiz des 
griechischen Grammatikers die Spur eines cycliscben Mondjahrs 
und gelangt mit Hülfe des falschen Datums zu verwegenen Glei- 
ckingen. — Wie befangen übrigens die Römer von dem Gedanken 
waren, dafs ihr Kalenderjahr das des Numa sei, zeigt nichts so 
deutlich wie die Zurückführung des notorisch erst im J. 601 d. St. 
eingeführten Januarnenjahrs auf den alten König (Ovid/tf*^. 1, 44. 
Plutarcb q. R. 19. Nu7n. 18. Macrob. 1, 13, 3). 
33) Ideler 2, 37. 



28 DAS VORCAESARISGUE JAHR. 

dasselbe äufs^lich betrachtet, namentlich mit der Grund- 
zahl von 355 Tagen, dem attischen Mondsonnenjahr weit 
näher als einem Jahr nach Art des julianischen. Die lieber- 
Zeugung oder vielmehr das Gefühl, dafs dies Jahr zwar 
kein lunisolares, aber nothwendigaus einem lunisolaren ab- 
geleitet sei, ist der richtige Kern, welcher jenen freiüch unge- 
schickten und cruden Vorstellungen zu Grunde liegt; in glei- 
cher Weise ist auch schon versucht worden aus dem späteren 
Torcaesarischen Jahr das ältere dem lunisolaren wenigstens 
sehr nahe stehende zu entwickeln. Hierbleibt nur noch übrig 
die Kalenderreform zu erwägen, aus der das vorcaesarische 
Jahr hervorging; die Betrachtung derselben wird dazu bei- 
tragen die irrthiimliche Auffassung, dafs der Kalender des 
Numa bis auf Caesar gegolten habe, begreiflicher zu machen, 
indem das ältere Jahr in einer Weise abgeschafft worden ist, 
die dem grofsen Publicum die totale Revolution des Kalenders 
als eine blolse untergeordnete Correction erscheinen liefs. 
Einer Correction war der Kalender, wie schon be- 
merkt ward, dringend bedürftig; wenn er mit den Jahr- 
zeiten einigermafsen im Gleichgewicht gehalten werden 
sollte, hätte durchschnittlich jeder vierte Schaltmonat aus- 
serordentlicher Weise beseitigt werden müssen. Es ist zu er- 
warten, dafs d ie Schaltung, die das Mondjahr mit demSonnen- 
laufe auszugleichen bestimmt war,bei irgen d einer Gelegenheit 
gesetzlich vermindert worden ist. So findetes sich auch; denn 
wenn, den obigen Annahmen zufolge, nach dem pythagorei- 
schen Cyclus alle vier Jahre 59Tageeingelegt wurden, so schal- 
tet der spätere vielmehr alle vier Jahre nur 45 ein. Es li€sgt 
auf der Hand, dafs wie der älteste römische Kalender nichts 
ist als der älteste griechische der Trieteris, dieser spätere kein 
anderer ist alsderderOktaeteris, welcher jenen reforrairt und 
bis auf Meton (Ol. 87, 1 , 322 d. St.) , ja zum Theilnoch lange 



DAS l^ORCABSARISCHE JAHR. 29 

nachihmdiegriechischeZeitmessuDggeregelthat Er beruht 
auf der GleichsetzuDg yod acht Sonnenjahren zu 365^ und 
99 Mondmonaten zu 29^ Tagen, woraus ein grofses Jahr 
von 5 zwölfmonatlichen Jahren zu 354 Tagen und 3 drei- 
zdmmonatlichen zu 384 sich entwickelt. Nun ist es, zwar 
nicht in dem Gange des Kalenders^ aber wohl im cycli- 
sehen Resultat, einerlei, ob man in je acht Jahren 3x30 
oder in je vier 23+22 Tage schaltet; und bei der ganzen 
Beschafienheit des römischen Kalenderwesens, in dem alles 
Verständige und Mathematische griechisch oder ägyptisch 
und nichts national ist als der Aberglaube und die Unwis- 
senheit, würden wir in der griechischen Oktaeteris das 
Vorbild des römischen vorcaesarischen Kalenders erkennen 
mässen, auch wenn nicht schon im Alterthum ^ ^) verstan- 



34) Der Gewährsmann, aus dem Solinas 1 und Macrobius 1,13, 
6 fg. schöpften, wird Varro sein (A. 13b). — Den nnabweislicben 
Znsammeohang des vormetooischen attischen und des vorcaesari- 
ScheD römischen Kalenders erkannte Ideler 2, 65 an. Dagegen sagt 
A. Mommsen (röm. Daten S. 40 A.): 'Mit dem 22[?]tägigen Interca- 
^larmonat hat die Okaeteris nichts zo schaffen; wer es behaaptet, 
'moTs erst beweisen, dafs es auch einen achtjährigen Cyclus gab, 
'der es lediglich mit der Sonne zu thun hatte. Macrobius 1, 13 
'wirrt den Mercedonius hinein, d. h. er verlangt, dafs der Mond ein- 
'mal in 22[?] Tagen umlaufe; er meint keineswegs hier blofs eine 
'solarische Einrichtung zu schildern. Mit Unrecht stützt sich Ideler 
^aof ihn.' Der achtjährige Cyclus gehört allerdings dem Mondson- 
nenjahr an; aber da der zu corrigirende römische Kalender ent- 
^hieden ebenfalls ein Mondsonnenjahr darstellte, war es durchaus 
rationell denselben mittelst des achtjährigen Cyclus yerbessern zu 
woUen. Allerdings geschah diese Verbesserung in einer Weise, 
welche dem römischen Jahr zwar nicht in der Vorstellung des Pu- 
Jblicums, wohl aber nach richtiger astronomischer Auffassung den 
£harakter des Mondsonnenjahrs entzog; aber es ist klar, dafs ein 
jiolches Jahr, welches ein Mondsonnenjahr scheint, aber es 'ledigUch 
init der Sonne' — oder, genau gesagt, weder mit M^od noch Biit 



30 DAS VORCAESARISGHE JAHR. 

dige Männer denselben Schlufs gezogen hätten. Sogar die 
unleugbare Mangelhaftigkeit und Verkehrtheit der römischen 
Kalenderreform unterstützt wesentlich die Annahme einer 
Uebertragung aus dem Ausland. Hätte man in Rom selbst 
den neuen Cyclus gefunden, so würden dessen Urheber 
oder erste Anwender nicht so arge Dinge begangen haben, 
wie wir sie bald finden werden ; wogegen das Verhältnifs 
des romischen Regierungspersonals zur ausländischen 
Mathematik mit schneidender Deutlichkeit hervortritt noch 
in der ebenso lächerlichen wie kläglichen Handhabung des 
julianischen Kalenders durch das hochansehnhche Pontifi- 
calcollegium der aufgeklärten augusteischen Zeit. — Die 
Epoche dieser Kalenderreform ist nirgends unmittelbar 
bezeugt; allein die gemeine Meinung, die sie den Decem- 
vim beilegt, ist unzweifelhaft richtig. Die attischen Staats- 
einriditungen , davon zu jener Zeit die Oktaeteris ein inte- 
grirender Theil war, liegen der Decemviralgesetzgebung 
bekannter Mafsen zu Grunde ; es war in der Ordnung, dafs 
das neue römische Gesetzbuch wie zum Reispiel die attische 
Munzung, so auch den dem bisherigen römischen offenbar 
weit vorzuziehenden attischen Kalender in Rom einbürgerte. 
Auch unsere Quellen zeigen die Spuren. Zwei der ältesten 
und relativ besten römischen Chronikschreiber, Cassius 
Hemina und Scmpronius Tuditanus, schrieben den zweiten 



Sonne — zu thun hat, abgeleitet sein mufs nicht aus einem schlecht 
angewandten solaren, sondern aus einem schlecht angewandten lu- 
nisolaren Jahr. Gerade der innere Widerspruch in Macrobius Wor- 
ten enthält eine Hindentung auf die Quelle des Fehlers. Uebrigens 
lege ich auf die Stelle des Macrobius wenig Werth, da sie kein 
Zeugnifs giebt, sondern einen Schlufs; aber auf sie hat sich auch 
Ideler nicht gestutzt, sondern auf 3X30: 23-f-22=:2: 1. Soll das 
etwa Zufall sein? 



DAS VORGAESARISGHE JAHR. 31 

Decemvirn (J. d. St. 304) die Einführung der Intercalation 
zu 3 5). offenbar fanden sie in der elften oder zwölften Ta- 
fel , die man bekanntlich dem zweiten Collegium beilegte 
und die überhaupt alle nicht prozessualischen Ordnungen 
des Gesetzbuches enthalten zu haben scheinen, eine Vor- 
schrift über die 23— 22 tagige Intercalation. Oder viel- 
mehr es war, wie sich anderweitig ergiebt, eine dieser bei- 
den letzten Tafeln nichts als ein Kalender mit Angabe der 
Gerichtstage 3 5*) und natürlich auch mit einer Vorschrift 



35) Macrob. 1, 13, 21 : TudiUttitts rqfert libro tertio magistra- 
ttium deceniviros qtä decem tahuUs duas addiderunt de intercalando 
poptäum rogasse: Cassius eosdem scribit auctores. Sonderbarer 
Weise feblt dies Fragment in nnsern an Ueberflössigem so reichen 
Sammlongen der Zwölftafelreste. 

35«) Cicero ad ML Q,1,S:E quihus (aus den damals eben er- 
schienenen Büchern vom Staate) unum laroqixov reqtdris de Cn, 
Flavio u4nni f. fUe vero ante decemviros non fiät, quippe qm ae- 
düU ettruUs fuerity qm magistraiut multis anms pott Xviros msH' 
tutus est. — Quid ergo profecit quodprotuUt fastot J — Oceulta- 
tarn puiant quodam tempore istam tabulam , ut dies agendi pete- 
rentur a patriciis (die Handschrift a paucis). Nee vero paud sunt 
auctores Cn. Ftavium scribam fastos protuUsse aciionesque coftipo- 
sm'sse, ne me hoc vel potius ^fricanum (is enim loquitur) eommen^ 

tum putes. §. 18. fUud de Flavio et fasHsy si secus est, com- 

tnune erratum est; et tu belle rjnoQijCttg et nos pubUcam prope 
oprnionem secuti sumus. — Sed nescire a. s. w. Also Cicero er- 
zählte in seinem Buch die bekannte Anekdote; Atticus warf ihm 
ein , d^fs ja eine der zwölf Tafeln einen Kalender mit Angabe der 
Gerichtstage enthalte nnd liefs ihm die Wahl, ob er den Flavins 
vor die Decemvirn setzen oder die VeröSentlichnng des bereits 
verÖfiTentlichten Kalenders behaupten wolle. Cicero widerlegt die 
erste etwas spötlliche Alternative mit mehr Glück als Witz und 
erwiedert auf die zweite, dafs die hinterlistigen Pontifices die Tafel 
ja versteckt gehalten haben sollten; was, da es sich um das Land- 
recht handelte, kein besonders starker Einwand genannt werden 
kann. Auch fühlt er das und erholt sich, wie es wohlrecensirte 



32 DAS VORCAESARISCHE JAHR. 

hinsichtlich der Schaltung. Obwohl nun Yarro behauptete 
imd bewies, dafs man in Rom schon zwanzig Jahre früher 
geschaltet habe, so steht doch nichts im Wege, diesen 
Schaltmonat des pinarischen Gesetzes auf das ältere Schalt- 
system zu beziehen (A. 4) und das der 23 — 22tagigen In- 
tercalation als erst durch die zwölf Tafeln eingeführt zu 
betrachten. Auch hat sich bei Dionysios eine Andeutung 
erhalten, dafs mit dem J. 304 der Kalender wieder in Ord- 
nung kam ^ ^); und selbst der aus Yarro geilosseneBericht 
Ovids^'), dafs der Februar früher als elfter Monat vor 
dem Januar gestanden habe und erst die Decemvirn beide 
die Plätze hätten wechseln lassen , ist gewifs nichts als ein 
Mifsverständnifs der von den Decemvirn hinsichtlich des 
mit der späteren Schaltung eng zusanunenhängenden Fe- 
bruars getroffenenAenderungen ^ s). Dafs nur einer Aende- 



Leute pflegen, an den Collegen, die noch gröfsere historische Schnit- 
zer begangen hätten als er. Ueber die früheren Erkläningen die- 
ser von den Aelteren richtiger als es jetzt geschieht gewürdigten 
Stelle s. Vaassen animadv, ad fast p. 79 fg. 

36) Oben A. 32. Er drückt dies freilich nach seiner nnrichti' 
gen Vorstellung so ans, dafs der Kalender nun wieder mit dem 
Monde gelaufen sei. ; 

*37) fast. 2, 47 fg., wonach die alte Ordnung Jan. März — Dec. 
Febr., die neue Jan. Febr. März — Dec. war. Die Notiz erscheint 
etwas weniger unsinnig, wenn man dem Januarneujahr Ovids das 
Märzneiyahr substituirt. 

38) Wenn A. Mommsen, unter Ignorimng all dieser zwar nicht 
vollständig, aber doch in der Hauptsache schon von Ideler gellend 
gemachten Belege für die Uebertragung der attischen Oktaeteris 
nach Rom durch die Decemvirn, den Beweis antritt, dafs die Römer 
etwa seit der Zeit der samnitischen Kriege das ägyptische oder 
spätere julianische Jahr officiell gebraucht hätten, so können wir 
nach dem Gesagten das unerfreuliche Geschäft der Widerlegung 
dieser allen Zeugnissen und allen historischen Möglichkeiten wider- 
streitenden Hypothese uns erlassen , dagegen nicht unterlassen das 



DAS VORCAESARISGHE JAHR. 33 

rang der Intercalation , nicht des Kalenders überhaupt ge* 
dacht wird, ist bezeichnend: denn wie wir gesehen haben, 
ist der vorcaesarische Kalender in allen anderen Stücken 
Yon derOktaeteris entschieden unabhängig, dagegen ebenso 
entschieden von ihr abhängig in der Schaltfrist. Dabei 
endlich ist es erklärlich , wie in Rom der Glaube entstand, 
dafs man nach wie vor des alten ^numanischen' Jahrs sich 
bediene: das gemeine Jahr blieb wirklich und dafs die 
neue Schaltung den astronomischen Charakter des Jahres 
gänzlich änderte, konnte nicht blofs dem Publikum ent- 
gehen, sondern mufste es, wenn, wie es mehr als wahr- 
scheinlich ist, der römische Kalender schon in seiner 
firüheren Gestalt mit dem wirklichen Mondlauf auch nicht 
harmonirt hatte und man also längst gewohnt war die 
'hohle Juno' an ganz andren Tagen erscheinen zu sehen, 
als auf die der Pontifex sie citirte. Von dem älteren zu dem 
späteren Pseudo-Mondsonneujahr war der Uebergang in 
der That praktisch kaum zu bemerken, zumal da die Ab- 
rufung der Nonentage nach wie vor in hergebrachter Weise 
fortdauerte und nachweislich noch in Giceros Zeit be- 
stand 3 9). 

Es bleibt noch übrig zu entwickeln, in welcher Weise 
bei der eben erörterten Kalenderreform jener arge Fehler 
entstand den vierjährigen Cyclus auf 1465 statt auf 1461 
Tage zu setzen, und durch diesen Nachweis die Richtig- 



richtige Gefühl anzuerkennen, welches diesen Irrungen zu Grunde 
liegt und dem wir bei Erörterung des römischen Bauernjahrs ge- 
recht zu werden ho£fen. 

39) S. die Stellen in A. 13 und unten S. 43. Das Abkommen 
der Geremonie seit der angeblichen Publication des Kalenders durch 
Flavius ist nichts als ein Einfall des Maerobius, dem übrigens we- 
nigstens die richtige Vorstellung zu Grunde liegt, dafs die Abmfung 
sich nicht auf die Phasen-, sondern auf die Kalenderabschnitte bezog. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 3 



34 DAS VORGAESARISCHE JAHR. 

keit des aDgenommeaen geschichtlichen Zusammenhangs 
schliefslich zu erhärten. Dafs hier etwas anderes zu Grunde 
liegt als ein einfacher Rechenfehler, leuchtet ein. Die 
Kunde, dafs das Sonnenjahr 365^ Tage betrage, ist bei 
den Griechen wenigstens so alt wie die Oktaeteris und 
kann also auch ihren italienischen Schülern nicht lange 
unbekannt geblieben sein. Wenn dem durch den Kalender 
seiner Zeit getäuschten Dichter Ennius^^) ein 366tägiges 
Sonnenjahr entschlüpft ist, so ist es doch ganz unmögUch, 
dafs irgend ein römischer Kalenderordner irgend einer 
Zeit die ebenso unsinnige wie ungriechische Bestimmung 
des Sonnenjahres auf 366:^ Tag seinen Ansetzungen zu 
Grunde gelegt habe*^). — Der Gang der Dinge scheint 
vielmehr der folgende gewesen zu sein. Die Decemvim 
oder vidmehr ihre griechischen Berather gingen aus von 
den richtigen Voraussetzungen, dafs der römische Kalender 
wesentlich derselbe sei wie der attische vor der Oktaeteris; 
dafs man auf gleiche Weise helfen müsse , nämlich durch 
Herabsetzung der auf je zwölf Mondumläufe zur Ausglei- 
chung mit dem Sonnenjahr zuzugebenden Schaltung von 



40) Bei Censorinus 19, 2. Uebrigeos liegt darin ein Beweis mehr 
far das 355tägige Jahr. 

41) Der bestimmteste Beleg dafür, dafs auch in der Repoblik das 
Sonnenjahr nie anders gerechnet ward als zn 365 Tagen, ist die An- 
Setzung des zehnmonatlichen Jahres zn 304 Tagen ; ^^ von 365 Ta- 
gen sind 304 J , von 366 aber 305 Tage. Auch ward das Jahr von 
365 Tagen auf Noma zorückgefährt (Plin. h. n. 34^ 1, 33, wo nach 
den Sporen der Bamberger Handschrift zn lesen ist: lanus geminus 
a Numa rege dicatus — digitu itafiguralis CCCLXT dierttm nota, 
ut per sigfuficaUonem anni temporis et aevi deum esse mdicent; 
vgl. Macrob. sat, 1, 9, 10 und die dazu von Jan angef. Stt.); womit 
gesagt werden soll, dafs das dem vorcaesarischen zu Grunde lie- 
gende cyclische Sonneigahr 365tägig war. 



DAS YORGABSARISCHE JAHR. 35 

14| auf ll^Tage und daTs es für das Resultat ganz ^eich- 
gültig sei, in welchen Gruppen man diese 4x1 li Tage 
anstatt der bisherigen Schaltung einschiebe oder — was 
auf dasselbe hinauskam — wo man aus dem bisherigen 
Kalendercydus 4x3^ Tage ausmerze. Sie mochten sich 
nicht darüber tauschen, dafs es das Kurzeste und Zweck- 
mäfsigste gewesen wäre den ganzen römischen Kalender 
mit seiner unglücklichen Imparilitat bei Seite zu legen und, 
wenn ein Mondsonnenjahr hergestellt werden sollte, den 
attischen einzuführen oder, wenn man die Beziehung auf 
die Mondphasen fallen zu lassen sich entschlofs, zu einem 
dem julianischen ähnlichen zu greifen. Allein ehe solche 
Dinge in Rom möglich wurden, mulste der Stern der con- 
servativen Republik unter- und der der revolutionären 
Monarchie aufgegangen sein. Die scheuen Neuerer dieser 
Zeit wagten sich offenbar wed^ an das bestehende gemeine 
Jahr noch an den bestehenden Wechsel von Schalt- und 
gemeinen Jahren noch an die vierjährige Schaltperiode 
noch auch nur an den bestehenden 27tägigen Schaltmonat; 
sie liefsen alles stehen wie es stand und beschränkten sidi 
darauf, wie dies Ovid andeutet und die Thatsachen zeigen, 
den Schaltjahrfebruar, der auch schon bisher in dem einen 
Schaltjahr 29, in dem andern 28 Tage gehabt hatte, so 
weit es erforderUch war zu verkürzen. Dafs sie damit sich 
von ihrem griechischen Musterbild entfernten und die Ver- 
kürzung der Schaltung nicht, wie die Griechen, durch Her- 
auswerfen eines Theüs der Schaltung, sondern auf dem 
irrationellen Wege der Verkürzimg eines der ordentlichen 
Monate des Schaltjahrs bewerkstelligten , ist wohl bemer- 
kenswerth, war aber in der That durch die Verhältnisse 
geboten. Die griechische 59tägige Schaltung war in der 
Trieteris stets in den zwei 30- oder 29tägigen Schaltmona- 



36 DA8 VORGAESARISCHE JAHR. 

ten beisammen gehalten worden. Die römische 59tagige 
Schaltung war vertheilt theils in die zwei 27tagigen Schalt- 
monate, theils in den auf jedes Jahr des vierjährigen Cydus 
zugeschlagenen Tag, theils in die Verlängerung des einen 
Schaltfebruars um einen Tag. Die den Griechen so nahe 
liegende Correction statt vier bald 30- bald 29tägiger fortan 
drei 30tägige Schaltmonate zu setzen war durch die An- 
lage des römischen Kalenders ausgeschlossen, dagegen in 
diesem Schaltzeit und gemeine Jahrlänge so durch ein- 
ander geworfen, dafs die Herabsetzung jener ebenso gut, 
ja besser den auch früher schon ungleichen Schaltfebruar 
als den 27tägigen Schaltmonat traf ^2). Dafs der leitende 
Gedanke dieser Kalenderreform nicht der war gleichsam 
auf tabula rasa eine möglichst zweckmäfsige Jahreinrich- 
tung zu schaffen, sondern bei Abstellung des ganz uner- 
trägüchen 368f tägigen Sonnenjahrs zugleich den Umfang 
und die Tragweite der Neuerung vor den Augen der scrupel- 
voUen Gottesfürchtigen Latiums zu verstecken, leuchtet 
ein. Es ist den Urhebern dieser Einrichtung sicher nicht 
entgangen, dafs sie mit der Verkürzung des Februars die 
Orientirung des Kalenders nach dem Monde ein für alle- 
mal fallen üefisen; allein einmal gab man damit nichts auf 
als was ohne Zweifel längst nicht in der Wirklichkeit und 
kaum noch in der Theorie bestand und was als unschäd* 
liehe Fiction auch femer beibehalten werden konnte und 
beibehalten ward; zweitens fügte man sich hierin lediglich 
dem Gebote der Nothwendigkeit, da es mathematisch un- 



42) Es war das an sich weder die einzig mögUche noch die 
zweckmäfsigste Aenderang ; besser zum Beispiel wäre es gewesen 
Sltägige Monate zn 29tägigen zu machen; aUein eine solche 
Veränderung wäre mehr aufgefallen und hatte den Festkalender 
mehr gestört als die Verkürzung eines einzigen Monats. 



DAS yORCAESARIS€HE JAHR. 37 

möglidi war mit der Herstellung eines richtigen cydischen 
Sonnenjahrs und mit der äufserlichen Festhaltung des be- 
stehenden Kalenders auch noch dieCongruenz der Monats- 
abschnitte mit den Mondphasen zu vereinigen. Wenn man, 
wie billig, die Urheber dieses Kalenders nicht verantwortlich 
macht für die Aufgabe, sondern nur für die Lösung, so 
war ihre Einrichtung untadelhaft; mit der Sonne kam ihr 
Cydus so gut aus wie derjenige, dessen die civilisirte Welt 
sich durch anderthalb Jahrtausende bedient hat, und wenn 
zwecklos zwölf- und dreizehnroonatlicbe Jahre wechselten 
und die Intervallirung der Monate sehr ungeschickt war, so 
hatte man eben hierin vom Herkommen nicht lassen 
wollen und sind ähnliche, ja noch ärgere Ungeschicklich- 
keiten auch in anderen latinischen Kalendern vorgekom- 
men ^3). — Hiebei ist allerdings vorausgesetzt, dafs die 
Verkürzung des Februars in richtiger Weise stattfand, das 
heifst, da 4x3^=14 Tage aus dem Cyclus auszuwerfen 
waren, dafs man die beiden Schaltfebruare von 29 und 28 
auf 22 und 21 Tage herabsetzte, die Cyclenformel also aus 
355 -I- 383 -f- 355 + 382 =1475 Tage umwandelte in 
355+376+355-1-375=1461 Tage. Wie kam es nun, 
da£s die Römer diese ungemein einfache Aufgabe in so 
schmählicher Weise verfehlten, den Schaltfebruar um zwei 
Tage zu spät mit dem 24sten oder 23sten Tage abbrachen und 
so zu der absurden Formel 355+378+355+377=1465 
Tage gelangten? Die Antwort liegt nicht fem. Der ver- 
ständigen Ordnung dem Februar im Schaltjahr entweder 
22 oder 21 Tage zu geben stellten sich theils wissenschaft- 



43) Das aUmnische Jahr hatte Monate von 16, 18, 22, 36, das 
tnscalanische von 32 und 36, das aricinische ^ar einen von 39 Ta- 
gen. S. BeUage I. 



38^* DAS YORCAESARISCHE JAHR. 

liehe?; theils religiöse Bedenken entgegen. Wie reimt es 
sich, mochte man fragen, da doch die Absicht ist, fortan 
im vierjährigen Cyclus 45 Tage zu schalten, dafs den bei- 
den Schaltjahren dennoch nur 21 +^0 = 41 Tage mehr 
gegeben sind als den beiden gemeinen Jahren? Die Ant- 
wort, dafs die vier vermifsten Tage bereits in der Erhöhung 
der gemeinen Jahrlänge um einen Tag steckten, war zwar 
nicht schwer zu finden, kann aber darum doch vielleicht 
von der beikommenden frommen Behörde nicht gefunden 
worden sein. Es reicht dies allein aus , um die Kalender- 
verderbung zu erklären; allein höchstwahrscheinlich kam 
noch ein anderer Umstand hinzu. Auf den 23. Februar 
fiel das Fest des Grenzgottes; vi wäre durch den neuen 
Kalender im Sctaltjahr ausgefallen oder mindestens von 
der Stelle geschoben worden. Wenn selbst der höchste 
beste Jupiter es nicht hatte erreichen können für seinen 
eigenen Hausbau die dem Terminus gehörige Stätte zu ex- 
propriiren **), so war sicherlich alle Mathematik der Welt 
nicht im Stande den eigensinnigen Heiligen von seinem Tag 
fortzuschaffen. Mochten nun die römischen Kalenderver- 
besserer den groben Fehler machen, dafs sie die griechische 
Schaltung einführten , ohne sich um die Tagzahl des ge- 
meinen römischen Jahres zu kümmern, oder mochte, was 
mir bei weitem wahrscheinlicher dünkt, namentlich wenn 



44) Vgl. z. B. Liv. 1, 55: cum ormiium sacellorum exangura- 
Uones admitierent aves, in Termini fano non cutdixere; idque omen 
augurivmque ita acceptum est non motam Termini sedem unumque 
eum deorum non evocatum sacratis sibi finibus firma siahiUaque 
cuncta portendere. Haben die Augurn etwa dies Geschichtchen ' '*.i 
Gelegenheit der Kalenderreform in Umlauf gesetzt? — Mit der Junr- 
grenze übrigens hat der Terminus nichts zu thun. 



DAS VORGAESARISGHfi JAJiR. .1)9 

man den Tadd der beiden letzten »ungerechten' Gest^tz- 
tafeln^^) und die Nachricht in Betracht zieht, dals die 
Pontifices den Decemviralkalender versteckt gehalten ihät- 
ten^^^), Appius Claudius allerdings das Rechte yerordnen, 
die Geistlichkeit aber, in deren Händen das Kalenderwesen 
war und blieb, die Vorschrift der Decemviralgesetzgebung 
in der Ausführung modificiren — genug es kam dahin, 
dafs die Priesterschaft den Schaltfebruar statt nach dem 
21. oder 22. viehnehr nach den Terminalien oder dem auf 
sie folgenden Tage, also nach dem 23. oder 24. Februar 
abbrach ^^) uud dadurch dem cyclischen Jahr statt der 
beabsichtigten Länge von 365^ eine von 366:^ gab, die 
Kalenderreform also zwar^^iicht völlig, aber doch grofsen- 
theils vereitelte. Dafs man nicht wenig^|ens immer nach 
den Terminalien abbrach, was den Fehler um den vierten 
Theil verringert haben würde, geschah wieder aus falscher 
Mathematik oder aus richtiger Theologie, weil man ent- 
weder an der äufserlichen 45tägigen Differenz der Schalt- 
und der gemeinen Jahre oder an der althergebrachten Un- 
gleichheit der Schaltung und dem vierjährigen Cyclus fest- 
halten zu müssen meinte. — Mit diesen Annahmen , die 
allerdings dem Pontificalcollegium entweder grobe Unwis- 
senheit in ihrem Beruf oder wahrscheinlicher eine sehr un- 
vernünftige Gottesfurcht beimessen, dürfte demselben 



45) Cic. de rep. 2, 37: duabus tabuUs iniqtiarum Ugum additis, 
45 a) A. 35a. Einen weiteren Beleg dafür, dafs der HGltäg^ige 
Cyclus in der That in Rom in praktischem Gebrauch g^ewesen ist, 
enthält die unten (Sv 70 Tg;.) zu erörternde Ansetzung des Arvaifestes. 
j if \&) Die Intercalationsformel, dafs der erste des Scbaltmonds ent- 
wefinfr postridi» TerminaUa oder terUo die post TerminaHa falle, 
(A. 18), ist g^ewifs auch nicht zufällig. 



40 D4S TORCAESARISCHE JAHR. 

schwerlich zu nahe getreten sein. Sie haben im letzter^i 
Falle nicht mehr mid nicht weniger gethan als ein TheU 
der akatholischen Geistlichkeit bei Einführung des gre- 
gorianischen Kalenders, und es steht ja auch einem Jeden 
frei es löblich und nachahmenswerth zu finden, dals ihnen 
der Glaube über die Mathematik ging. 

Der neue Kalender, fehlerhaft wie er war, blieb nach 
Censorins^^) Bericht lange in Gebrauch, bevor man auf 
d^ Fehler aufmerksam ward oder vielmehr — denn die 
Existenz des Fehlers konnte doch auch dem blödesten 
Auge nicht viele Jahre verborgen bleiben — bevor man 
von Staatswegen Anstalt machte ihm abzuhelfen. Dies ge- 
schah erst im J. 563. Denn wenn M. Fulvius Nobilior 
(Consul 565) in seiner Jahrtafel die Intercalation zurück- 
führte auf einen 563 von dem Consul Manius AciliusGlabrio 
an die Bürgerschaft gebrachten Antragt ^), so konnte er 
natürlicher Weise damit nicht die Intercalation überhaupt, 
sondern nur das jüngere Intercalationssystem meinen, und 
es darf darum dieses mit völliger Sicherheit betrachtet wer- 
den als geordnet durch das acilische Gesetz von 563. DaTs 
der Kalender dennoch 564 nachweislich in grofser Unord- 
nung war ^ ^), ist kein Einwurf; man half nicht in Caesars 



47) Censop. 20, 6. 

48) Macrob. sat 1, 13, 21 fahrt, nachdem er der Decemviralro- 
gationen über den Kalender gedacht hat, also fort: FtUvius autem 
id egisse («es habe dies vor der Bürgerschaft beantragt) AP, Aci- 
Uum consuleni dicit ah u. c. anno quingentesimo sexagesimo se- 
cundo inito mox hello JetoUeo. Die Handschriften haben Mareium 
oder Martium, was Jan richtig änderte; Manias Acilius war Gonsal 
im J. 562 nach capitolinischer Zählang and anter ihm begann der 
aetolische Krieg. Die Aenderungen , die A. Mommsen röm. Daten 
S. 46 vorschlägt, scheinen mir keine Billigung za verdienen. 

49) Dies wendet Ideler 2, 92 ein. 



DAS VORCABßARISCHB JAHB. 41 

Art durch ein einzelnes ganz aufserordentliches Jahr, son- 
dern suchte, wie wir sdien werd^, vidmehr durch alhnäh- 
liehe Aenderungen wieder in das richtige Geleise zu gelan- 
gen. Eine weitere Bestätigung liegt darin, dafs 565 ein 
Sdialtjahr war'^), was es nach der älteren Regel nicht 
sein konnte, und in der ganzen Richtung dieser Zeit, wel- 
cher Nobiliors Fasten » i ) , des C. Sulpidus Gallus (Consul 
588) astronomische Studien und Schriften, Catos chrono- 
logische Forschungen angehören. Die Neuerung, die da- 
mals eingeführt ward , bestand nach Censorins Angabe le- 
diglich darin, dafs, während bisher die 355-, 378- und 
377tägigen Jahre in fester Folge sich abgelöst hatten, jetzt 
dem Pontificalcollegium die Befugnifs gegeben ward jedes 
Jahr nach Belieben entweder zum gemeinen oder zum 
378- oder 377tägigen Schaltjahr zu machen »2). Diese 
Neuerung aber, fügt Censorinus hinzu, habe nur übel ärger 



50) Liv. 37, 59. 

51) M. Folvias Nobilior steUte, wahrscheinlich bald nach seinem 
Triumph (567), in dem von ihm erbaaten Tempel des Hercales und 
der Musen (Becker 1^ 612) einen Kalender auf, der dem pränestini- 
sehen des VerriusFlaccus ähnlich gewesen sein mufs, dennMacrobius 
(sal, 1, 12, 16) führt daraus an: Romulvm, postquam populum in 
mmores tunioresque drvisit, ut altera pars consiKo, altera armis rem. 
pübUcam tueretury in honorem utriusque parUs hunc Maium, se- 
quentem lunium mensetn vocasse. Vgl. Charisius p. 112 P., wo mir 
nach der jetzt festgestellten handschriftlichen Lesung und zum Theil 
nach Keils Vorgang, zu schreiben scheint: Comparativa PHnius e 
putat ablativo finiri; [aniiquo]s tarnen ait per i locutos, qmppe fth- 
stos omnes Ubros (die Handschrift omnes et Ubros) a Fulvio Nobi- 
Kori scriptos (die Handschrift scripta) retuUsse. 

52) 20, 6: Quod detictum ut corrigeretur ^ pont^cibus datum 
negotium eorumque arbitrio intercalandi ratio permissa. 



42 DAS YORCAESARISCHE JAHB. 

goDQiadits3), was Cicero bestätigt'^). Damit summt es 
uberein, dafs von 565 an die mis bekannten Schaltjahre 
bald Tarronisch gerade, bald migerade Jahre sind mid we- 
nigstens mit der älteren Regel des Altemirens durchaus 
nicht stimmen, zuweilen selbst unmittelbar auf einander 
folgen 5 3). Endlich bezeugen sowohl Cato'ß) wie Cice- 
ro ^ ^), ein jeder für seine Zeit, dafs es damals keine ge- 
setzliche Reihenfolge der Schalt- und der gemeinen Jahre 
gab, sondern rechtlich darüber der jedesmalige Beschlufs 



53) Sed horum plerique, fährt er fort, ob oditim vel grotiam, 
quo quis magistratu citius äbiret diuHusve fungeretur aut pubUci 
redemptor ex annt magnitudme in lucro damnove esset, plus mi- 
nusve ex Ubidine mtercdUmdo rem sibi ad corrigendmn mandatam 
tdtro depravarunt 

54) de leg. 2, 12, 29 (oben A. 32). Ich weifs nicht, ob man schon 
bemerkt hat, dafs nach dieser Stelle die Schrift älter sein mnfs als 
Caesars Kalenderreform. 

55) 565 (Liv. 37, 59) — 584 (mit 24tägigem Februar; Liv. 43, 
11) — 587 (mit 23tägigem Februar; Liv. 45, 44) — 588 (Tri- 
umphaltafel). — 671 (Cic. pro QuincL 25 vgl. 6) — 702 (Ascon. in 
Milon, p. 37 Or.) — 708 (mit 24tägigem Februar). Diese Jahrzah- 
len sind von den Amtsjahren zu verstehen; kalendarisch betrachtet 
gehört die Schaltung dem jedesmal vorhergehenden Jahr an. — Noch 
füge ich zu den Zeugnissen über den republikanischen Schaltmonat 
die vier Begräbnifsdaten des römischen Columbariums hinzu, das Bal- 
dini in den saggj Cortonesi T. II herausgegeben hat: a. d. Fll. eid. 
interk. (n. 69); a. d. ir eid. inte. (n. 46); md. interkal. (n. 74) 
oder eidus inter. (n. 21). 

56) Contractformular bei Cato de r. r. 150: Kcdendis lunis em- 
ptor fructu discedat; si interkalatum erit, k. Mais. 

57) Cicero ad div. 7, 2 fin. (geschrieben in Rom nach dem 10. 
Dec. 702): Quotidie vota facimus ne intercaletur. ad Att. 5, 9, 
2 (14. Juni 703): pugnes ne intercaletur. 5, 13, 3 (24. Aug. 703): 
praemunij ui simus annm; ne intercaletur qvidem. 5, 21, 14 
(13. Febr. 704): Cum scies Romae interctdatum sit necne^ veHm 
ad me scribas certum, quo die mysteria futura sint. 



DAS TORCAESARISCHE JABB. 43 

der Pontifioes, thatsächlich der Senat ^tschied ' »). Ja es 
erfolgte sogar die Bekanntmadumg der Schaltung mdbiy 
wie doch w^gstens erwartet werden durfte, zu Anfiing 
des Jahres, sondern erst hei der Abrufung der hetreffenden 
Nonen seihst ^o), weldier Act also hiedurch wiederum 
eine gewisse praktisdie Bedeutung erhielt. Daraus erklärt 
sich die auiserhalh Rom ganghare Aushälfsdatirung nach 
den Terminalien. Je nachdem nämlich das laufende Jahr 
gemeines 355tägigespder entweder 378tägiges oder 377ta- 
giges Schaltjahr war, hatte man von den Iden (13.) d«s 
Februar ab zu datiren entweder a, d. XVI k. Mart fg. oder 
a. d. XII k, interkal. fg. oder a. d. XI k. interkal, fg. Da 
nun aber die in Rom am 1. Februar erfolgte Abkündigung 
bis zum 14. d. M. nicht einmal in Italien, geschweige denn 
in den Provinzen gehörig bekannt sein konnte, so wurde 
es hier üblich, vorläufig nach dem unabänderlich am zehn- 
ten Tage nach den Iden des Februar eintretenden Termi- 
nusfest zu zählen. So ist eine Inschrift von Capua * ^*) vom 
14. Febr. 659 datirt a. d. X Terminalia; so datirt Cice- 
ro s ob) in Kilikien am 1 9. Febr. 704 a. d. V Terminalia. Die 
Kalenderwirthschaft war also in Rom so weit gediehen, 
dafs man nicht einmal mehr im Stande war das laufende 



58) Gurio brach mit der OptimateDpartei , quta de intercalando 
nm ohUnuerat (Caelius ad fam, 8, 6, 5, März 704 ) ; es war also 
ül>€r diesen Gegenstand im Senat verhandelt worden. 

59) Die Gorrespondenzen über die Intercalation von 702 und 704 
zeigen, dafs die officielle Entscheidung darüber erst kurz vor den 
^erminalien erfolgte. Aach nach Plutarch (Caes. 59) edicirten 
{T^^oaiYqatpov) die Pontifices den Schaltmonat, ohne dafs Jemand 
etwas davon vorher wufste. 

59a) I. N. 3559=Orelli 3793. 

59 b) ad Att. 6, 1, 1. Eben darum zahlt er nachher die Tage 
von dem Todestage des Glodius an. 



44 DAS YORGAESARIßCHE JAHR. 

Datum das Jahr hindurch mit Sicherheit zu setzen. — Hier- 
aus folgt, dafs es von 563 bis 708 einen gesetzlichen Cyclus 
nicht gegeben hat, keineswegs aber, dafs nicht im Schoüse 
des Pontificalcollegiums oder auch aulserhalb desselben 
Vorschläge zu einer festen Kalenderregulirung gemacht 
und nach dem einen oder dem andern derartigen Schema 
die Intercalationen wenigstens periodenweise regulirt wur- 
den. Es ist vielmehr das Gegentheil wahrscheinhch; wer 
die Kalenderreform veranlafste, wird doch irgend einen 
ivunerwährenden Kalender im Sinn gehabt haben. Das zu 
lösende Problem war aber nicht etwa ein an sich zweck- 
mäfsiges neues Kalenderjahr zu construiren, sondern eine 
Anzahl von beliebig 355- oder 378- oder 377tagigen Jahren 
so zu gruppiren, dafs die Tagsumme ein Vielfaches von 
365:^ darstellte, oder 

xX365i=xX355+xX378+xX3'T 

wodurch von vorn herein jede Benutzung des metonischen 
oder kallippischen Cyclus ausgeschlossen ward. Dies Pro- 
blem aber bietet nun in der That zwei sehr einfache Lo- 
sungen: 

20X3654=7305=1 lX355+7X378-f-2X377 
24X365 J=8766=.l 3X355+4=378+7X377 

und beide wurden natürlich auch von den römischen Ka- 
lenderverbesserern gefunden. Die erste ist die vielbespro- 
chene zwanzigjährige Periode, die Livius dem Numa bei- 
legt <^ 0) ; es haben sich Viele — unter Andern in früheren 



60) S. oben A. 31. Gegen die Hypothese A. Mommsens (Beitr. 
zur grieeh. Zeitr. S. 210), dafs Livius dem Noma den 19jährigen 
metonischen Cyclns beilege, ist geschichtlich nichts zu erin- 
nern; denn warum sollte nicht eine erst nach den Decemvim in 
Griechenland eingeführte Institution von einem römischen Archäo- 
logen eben so gut dem alten König beigelegt sein können wie das 



DAS TORCAESARISCHE JAHR. 45 

Jahren auch ich — daran versündigt, weil man das Pro* 
blem falsch gestellt und mit mathematisch gegebenen statt 
mit historisch gegebene Ansätzen gerechnet hat. Offen- 
bar ist es nichts als ein Vorschlag zur Verbesserung des 
römischen Decemviralkalenders, den ein Pontifex des sech- 
sten Jahrhunderts aus Numas Büchern heraus oder viel- 
mehr in dieselben hineinlas ® ^ ) * und zwar von allen mög- 
lichen der am meisten rationelle, da 7305 das kleinste 
MulUpIum von 365| ist, das die geforderte Construction 
gestattet. Man schlug vor in fünf vierjährigen Cyclen eine 
22tägige Schaltung wegzulassen und zwei 22tägige in 
23tägige zu verwandehi, wodurch man 20 Tage auf den 
Cydus gewonnen haben und nach zwanzig Jahren mit dem 
julianischen ins Gleiche gekommen sein wurde. Ob imd 
in wie weit dieser Vorschlag reaUsirt ward, können wir 
nicht angeben. Es ist sehr möglich, dafs gleidizeitig meh- 
rte Vorschläge auftauchten oder nachträgliche gute Rath- 
schlage den ursprünglichen Kalenderplan kreuzten und 



Doch viel jüngere Jannarneujahr (A. 32 a. E.)? Ich habe darum 
diesen Ausweg aus einer uoerträglichen Verlegenheit lange 
Zeit nicht blofs für scharfsinnig erdacht gehalten , sondern auch fdr 
richtig. Allein wer sich überzeugt hat, dafs was den Alten das Jahr 
des Numa heifst, gar nichts ist als das vorcaesarische, wird zugeben, 
dafs dieses nimmermehr io der Vorstellung mit dem metooiscfaeo 
verwechselt werden konnte; dazu waren den hier in Betracht kom- 
menden Gelehrten beide Jahre praktisch zu genau bekannt, lieber- 
diefs ist sprachlich dagegen einzuwenden dafs das Einrechnen 
des Anfangs- und des Endtermins wohl bei den Zahlen unter zehn 
vorkommt, aber für höhere Ziffern Belege mir wenigstens nicht be- 
kannt sind. Nono die heifst 'jeden achten Tag', aber decimo, tTtce- 
simo die 'jeden zehnten, jeden dreifsigsten'. 

61} Diesen oder einen ähnlichen Reformplan hat ebenfalls Ci- 
cero im Sinn, wenn er Numas treffliche, späterhin verdorbene 
Sehalteinrichtong preist (A. 32.) 



46 DAS TORCAESARISCHE JAHR. 

TerwiiTten. Hacrobius ^^) erzahlt von einem 24jährigen Cy- 
clus, durchden man die Fehler des Decemviraljahrs beseitigt 
habe; erkommt im Resultat auf dasselbehinausund wenn er, 
mathematisch betrachtet, hinter dem zwanzigjährigen zu- 
rücksteht, so empfiehlt er sich dadurch, dass er von der 
älteren Schaltung sich weniger entfernt, nämlich um die 
äberschiefsenden 24 Tage zu beseitigen, nur eine 23tägige 
Schaltung ausläfst und eine zweite 23tägige um einen Tag 
veriiurzt. 

lieber die Gleichung der überlieferten römischen Daten 
mit den anticipirten julianischen habe ich den früheren 
Untersuchungen nichts hinzuzufügen. Die römisch über- 
lieferten einer astronomischen oder gesicherten histori- 
schen Feststellung fähigen Daten müfsten ebenso zahlreich 
sein als sie selten sind, wenn es gelingen sollte in dies 
Chaos des römischen namentlich seit der gesetzlichen Be- 
seitigung jeder Schaltregel im J. 563 ganz und gar will- 
kürUch laufenden Kalenders auch nur einige Ordnung zu 
bringen ^^). Solcher fester Synchronismen giebt es nicht 
mehr als vier: die Sonnenfinstemiüs des römischen 5. Juni 
351 Yarr., welche die ist des julianischen 21. Juni 400 t. 
Chr.®*); die Sonnenfinstemifs des römischen 11. Juli 564, 
welche die ist des julianischen 14. März®^); die Mond- 
finsternifs des römischen 3/4. Sept 586, weldie die ist des 
juUanischen 21/2. Juni®®); und der I.Januar des soge- 



62) Macrob. sat 1, 13, 13. 

63) Verständig wie immer handelt davon Ideler, 2, 94 fg. 

64) Cic. de rep, 1, 16. S. unten Abschn. VUI. 

65) Liv. 37, 4. 

66) Cicero de rep. 1, 15. de sen. 14, 49. Liv. 44, 37. Val. Max. 
8, 11, 1, Phit. u4em, 17. Frontin. strat 1, 12, 8. Plin. h, n. 2,12,53. 
Qaintil. 1, 10, 47. Die neueste Berechnung ist die von Zech, astro- 



DAS ZEHNMONATLICHE JAHR. 47 

nsfflnten Verwimingsjahres 708, welche dem julianischen 
13. October des vorhergehenden Jahres entspricht. Da- 
nach war also im 48sten Jahr nach der Kalenderretorm 
derDecemvim das römische Jahr dem astronomischen einen 
halben Monat voraus, dagegen die letzten anderthalb Jahr- 
hunderte vor Caesars Reform mehrmals etwa drittehalb 
Monate hinter demselben zurück. Dafs man nichtsdesto- 
weniger der normalen Ordnung sich bewufst blieb, zeigt 
Tomämlich Caesars Reform; wie dies möglich war, wird 
späterhin sidi zeigen. 

m. Das zehnmonatliche Jahr. 

Die Ueberlieferung meldet von einem in Alba wie in 
Rom gebräuchhchen, nach der Ansicht der Meisten dem 
des Numa der Zeit nach vorangehenden Jahre, das aus 
vier vollen, d.h. ungeraden Monaten (März, Mai, Juli, Octo- 
ber) zu 31 und sechs hohlen, d. h. geraden (April, Juni, 
August, September, November, December) zu 30, im Gan- 
zen also aus 304 Tagen bestanden haben soll ^ »). — Das 
ist, so wie es berichtet wird, höchst unglaublich. Ein Jahr 
wie dieses lief weder mit dem Monde noch mit der Sonne 
noch mit dem sonst bekannten römischen Kalender; die 
Monate desselben müfsten neben denen des römischen Ka- 
lenderjahres ganz unabhängig hergegangen sein. Ein 
304tägiges Jahr kann man freilich in beliebige Ab- 
schnitte theilen und diese Monate nennen; aber für derar- 
tige Monate individuelle Namen zu finden ist nicht wohl 



nom. Unters, über die bei den Scbriftstellem des Altertbnms er- 
wähnten Finsternisse S. 35. 

67) Censorin. 20, 3. 11. vgl 22, 9, womit Solin. 1, Macrob. 1, 
12, 3 und Polemins Silvias S. 241 meiner Ausg. im Ganzen überein- 
atimmen; vgl. Ovid. fast 1, 27. 3, 99. 119. GeU. 3, 16, 16. Pin- 
tapch Num. 18. Serv. zu Virg. Georg. 1, 43. 



48 DAS ZEHNMONATLICHE JAHR. 

möglich, sie nach d^ Jahreszeiten zu benennen ganz un- 
möglich. Auch als cyclisches gedacht, wie Niebuhr wollte, 
ist das zehnmonatliche Jahr kaum minder unbrauchbar. 
132 304tägige Jahre sind allerdings 110 Sonnenjahren 
wesentlich gleich; aber da das älteste römische Jahr ein 
gebundenes Mondjahr gewesen ist und der Cydus nur da 
war, um dies bürgerliche Jahr mit dem Sonnenjahr auszu- 
gleichen, so kam es offenbar darauf an nicht blofs die Tagzahl 
einer Anzahl Sonnenjahre zu bestimmen, sondern eine An- 
zahl Sonnenjahre und Mondmonate zu gleichen, was hier 
nicht geschehen ist. Auch findet sich von einer derartigen 
1 lOjahrigen Periode nirgends eine Spur, was allein schon 
völlig ausreichend ist, um jene Hypothese zu beseitigen; 
das 110jährige Saeculum, das den Anstofs zu dieser Hy- 
pothese gegeben hat, ist nachweislich eine Erfindung der 
augusteischen Zeit — Es wird also wohl dabei bleiben, 
dafs jenes 304tägige Jahr, wie Scaliger sagte, zu allem und 
in allem verkehrt ist. Nur wegwerfen darf man es darum 
nicht. Unsere besten und ältesten Autoritäten, an ihrer 
Spitze der älteste Fastenschriftsteller Fulvius Nobilior, er- 
wähnen das zehnmonatliche Jahr. Dafs bis weit in die ge- 
schichtliche Zeit hinein die Fristen des Waffenstillstandes <^ ^) 
nach Zehnmonaten berechnet wurden, dafs die Fristen för 
Familientrauer 0) und für Rückgabe der Mitgift ^o) zwar 



68) Niebuhr 1, 313; vgl. 3, 69. 

69) Vatic. fr. §. 321 : Lugmdi sunt parmtes anno , item Uberi 
minores X armorum aeque anno. Quem tmnum decem mensuunt 
esse Pomponius ait nee leve argumentum est annum X mensuum 
essey cum minores Uberi tot mensibus elugeantur quot annorum de- 

cesserint. (vgl. Plutarcb Nom. 12: natda (xri nevd-elv nXfCo^ 

vag f^TJvas iv ißCtjaev iviavrdSv fiixQ*- "^^v 6ixa, x(A nEqtutiQea 
fifidEfiCttV r)Xixtav, aXXce xov fJLanqoToiTov nivd^ovg xQovov ilvai 



DAS ZEHNMONATLICHE JAHR. 49 

häufig und technisch Jahresfristen heifsen, aber dieses Jahr 
hier ausdrücklich auf zehn Monate bestimmt wird; dafs, 
wo nicht auf baares Geld TerkauA wird, zehn Monate Cre- 
dit gegeben zu werden pflegt^ i), wird jeden, der nicht in 
historischer Kritik ganz taktlos ist, überzeugen, dafs das 
zehnmonatUche Jahr Ton 304 Tagen eine vielleicht Ter- 
stömmelte und mifsverstandene Institution, aber gewifs 
keine Fiction späterer Zeiten ist. 

Versuchen wir in die Bedeutung der Ueberlieferung 
einzudringen, so leuchtet zunächst ein, dafs das älteste 
römische Jahr von abwechselnd 355 , 383 und 382 Tagen 
zwar brauchbar war um die zunädist an den Kalender ge- 
knüpften Feste zu reguliren und die Magistratsantritte da- 
nach zu bestimmen, aber unbrauchbar, wo es, wie nament- 
lich im Geschäftsverkehr, auf wesentUche Gleichheit der 
einzebien Zeitabschnitte ankam. Es schadete nichts, dafs 
von den Parilien bis zu den Parilien in geraden Jahren ein 
Monat mehr verstrich als in ungeraden und dafs einige 
CoDsularcoUegien einige Wochen länger regierten als an^ 
dere; aber unmöglich kann bei Zinszahlungen , Pachtun- 
gen, Lieferungen vom Datum zum Datum gerechnet wor- 
den und zum Beispiel für das gleiche Capital bei gleichem 
Zinsfufs je nach dem zufalligen Kalenderstand der gleiche 
Zinsbetrag entweder nach 355 oder erst nach 383 Tagen 



^^xttfirivLttTov. Coriol. 39. Paul. «. r. 1, 21, 13). Ebenso währt 
die Wittwentraaer ein Jahr nach Liv. % 7 und Seneca epist 63, 13, 
zehn Monate nach Cicero pro Cluent 12, 35 ; Ovid^fast 1, 35 (hier 
nit Beziehang anf das romulische Jahr) und 3, 134; Seneca ad HeHv, 
d^eonsol. 16, 1 ; Cod. Theod. 3, 8, 1 (dazu GoUiofred). 

"70) Die Zahlung annua irima irima die ist bekannt; zehn Mo- 
»»te: Polyb. 32, 13. 

■^l) Cato de r. r. 146. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 4 



50 DAS ZEH?iMONATLICHE JAHR. 

fallig gewesen sein; dafär, dafs die römischen Geschäfts- 
männer dies nicht übersahen, Bedarfes keiner Beweise, ob- 
wohl es daran nicht fehlt ^ ^). Man sollte meinen, dafs sie 
die Jahre ganz hätten fallen lassen und blofs nach Monaten 
oder Tagen rechnen müssen: allein das geschah nicht — 
es ist ausgemacht, dafs namenthch Zinszahlungen und 
Pachtungen in älterer Zeit regelmäfsig nach Jahren abge- 
redet wurden. Wenn man also den römischen Geschäfts- 
männern nicht eine mehr als kindliche Einfalt zuschreiben 
will, so mufs es neben dem römischen Kalenderjahr noch 
ein anderes römisches Jahr gegeben haben, das Jahr aus 
Jahr ein wesentlich- dieselbe Tagzahl gehabt hat — denn 
über Differenzen von wenigen Tagen freilich mochte man 
praktisch sich wegsetzen, so gut wie wir das hinsichtlich 
der verschiedenen Monatslängen und hinsichtlich des Schalt- 
tags thun. Dieses Geschäftsjahr aber mufste nothwendig 



72) S. das Gontractformular A. 56 und GensoriDS Bericht über 
den mittelst der Intercalation getriebenen ünterschleif A. 53. — Die 
jaristische Zeitrechnung ignorirt bekanntlich die Schaltung ganz: 
Cato putat mensem intercalarem addiUcium, esse omnesque eins dies 
pro momento temporis observat extremoque diei mensis Februarä 
attribuit Q. Mueius (Celsus Big. 50, 16, 98, 1). Wie also im Rechte 
der Kaiserzeit der 24. und 25. Febr. des Schaltjahrs gleichsam als 
ein einziger Tag von 48 Stunden gelten, so dafs der Geburtstag des 
am 24. (a. d. FL k. Mart) oder 25. Februar (a. d. bis FI. k. Marl.) 
eines Schaltjahres Geborenen der 24. Febr. (a. d. FL k. Mart.) eines 
gemeinen Jahrs, der Geburtstag des am 26. Febr. eines Schaltjahrs 
(a. d, F, k, Mart) Geborenen der 25. Febr. (a. d. F, k, Mart.) eines 
gemeinen Jahres ist, so wurde zur Zeit der Republik als gemein- 
jähriger Geburtstag aller im Schaltmonat Geborenen der 28. Februar 
angesehen ; was denn freilich mit dem, was daran weiter hängt, dem 
Publicum genug Noth gemacht und den Juristen einen schönen Stoff 
für unendlich feine und unendlich lästige Knaupeleien dargeboten 
haben wird. 



DAS ZEHNMONATLIGHE JAHR. 51 

ia irgend einer Weise sich anidinen an das Kalenderjahr, 
das hdiTst ans ein^ festen Zahl von Kalendertagen oder 
Kalendermonaten bestehen; denn dafs der Geschäftsver- 
k^ sich vom Kalender zum Himmel gewandt und die 
Zins- und PachUiebung von der Beobachtung des Mondes 
oder d^ Sonne abhängig gemacht habe, wird hoffentlich 
niemand für möglich halten. Es giebt freilich Verhältnisse, 
bei denen dies unvermeidlich vnrd: dies sind die älteren 
internationalen, indem ein Kalender iuris gentium erst einer 
sehr späten Zeit angehört und daher in den früheren 
Staatsverträgen die Fristen an nichts Anderem gemessen 
werden konnten als an dem allen gleichmäfsig leuchtenden 
Mond. Das zehnmonatliche Jahr also, das den Friedens- 
schlüssen auf Zeit zwischen Latinem und Etruskern zu 
Grunde lag, wird nicht von zehn römischen Kalendermona- 
ten, sondern von zehn synodischen Mondumläufen zu ver- 
stehen sein; und sicher war es ein Hauptgeschäft der Fe- 
tiakn diese Monate zu beobachten unc^ zu zählen. Aber in- 
nerhalb der Gemeinde schliefst die burgeriiche Ordnung 
dergleichen Privatbeobachtungen von Rechts wegen aus; 
schon der Mondmonat kann rechtlich nur fixirt worden 
sein durch die Abrufung der vom Gemeindehaupt beob- 
achteten Phasen; rechtlich und geschäftlich hat es in Rom 
wie in jedem andern Staat nie einen andern Neu- und Yoll- 
mondstag gegeben als den des Kalenders ^3). — Solchen 
Erwägungen kommt nun das zehnmonatliche Jahr in wün- 
schenswerther Weise entgegen; wenn dasselbe, wie es die 



73) Auch wenn Ovid sagt {fast 3, 121): amtus erat, decimum 
cum luna receperat orhem — so meint er damit nicht zehn synodi- 
sche Mondumläafe , sondern zehn Monate des nach seiner Ansicht 
mit dem Monde laufenden Kalenders. Vgl. A. 31. 

4* 



52 DAS ZEHJMNO^ATLICHE JAHR. 

verwirrten Berichte der Gewährsmänner gestatten und die 
zwingende Nothwendigkeit der Dinge unabweislich fordert, 
von zehn Monaten des laufenden Gemeindekalenders ver- 
standen wird, so füllt es eine fühlbare Lücke in den römi- 
schen Ordnungen. Es ist nichts als die lange vor dem 
Mondsonnenjahr gebräuchliche und zur Vermeidung der 
bei diesem unvermeidlichen Uebelstände auch nach dessen 
Einführung noch festgehaltene Rechnung nach Kalender- 
monaten, vereinfacht durch die Anwendung des Decimal- 
systems und des mehr und mehr sich fixirenden Kalen- 
ders; so dafs in diesem Sinne nicht unrichtig dem zehn- 
monatlichen Jahr 'des Romulus' die Priorität vor dem zwölf- 
monatlichen 'des Numa' zugesprochen wird. Da annus ur- 
sprüngUch nichts bedeutet als Ring oder Kreis, so war 
nichts im Wege diese Bezeichnung nach decimalem oder 
duodecimalem System, von zehn Kalendermonaten wie von 
dem Kalenderjahr zu verstehen. Die Tagzahl dieses Zehn- 
monatjahres war natürlich nicht fest, da die Monate des 
ältesten römischen Kalenders zwischen 27 und 31 Tagen 
schwankten; in einem Schaltjahr zählten die ersten zehn 
Monate 298, die letzten zehn 292 Tage; allein diese Ab- 
weichung von der Durchschnittszahl von 295 Tagen konnte 
im bürgerlichen Leben recht wohl übersehen werden. 

Dieses älteste zehnmonatliche Jahr verlor seine An- 
wendbarkeit durch die 'Kalenderreform der Decemvim; 
denn seitdem die Monate zwischen 23 (oder nach der ur- 
sprünglichen Anlage gar 21) und 31 Tagen schwankten, 
seit im Schaltjahr die ersten zehn Monate 29S, die letzten 
zehn 286 Tage zählten, eine zweimonatliche Frist bald 60 
bald 50 Tage bezeichnete, konnte man nicht wohl femer 
Monat Monat gleich setzen. Der Geschäftsverkehr mufste 
diese Einbufse ohne Zweifel weit schmerzlicher empfinden 



DAS ZEHNMONATLICHE JAHR. 53 

als das tbatsächliche Abweichen des Kalenders yon den 
Mondphasen; eine Abhälfe war dringend erforderlich. Die 
Jurisprudenz fand den Ausweg die Monate des zehnmonat- 
lichen Jahres nidit mehr als Kalendermonate zu fassen, 
sondern als Zwölftel des dem unverdorbenen Kalender zu 
Grunde liegenden Sonnenjahres von 365 Tagen, wodurch 
der Monat auf 30 77 Tage sich stellte; und daher kam der 
Ansatz des zehnmonatlichen Jahres auf 304 Tage ^ ^), nach 
welchem ohne Zweifel die republikanischen Juristen das 
Ende der Trauerzeit, den Termin der Mitgiftzahlung u. s. w. 
berechneten. Gleichmäfsig freilich war diese Frist durch- 
aus und sogar mehr als die ursprüngliche; abor sie war 
in hohem Grade unbequem, insofern sie nicht blofs, wie 
die alte, das Kalenderjahr, sondern auch den Kalendermo- 
nat ignorirte und z. B. nach vorcaesarischem Kalender ein 
aiD 1. März beginnendes zehnmonatliches Jahr am 6. Ja- 
nuar, das folgende am 22. October schlofs. Der Geschäfts- 
v^kehr scheint sich darum um diese unbequeme Frist 
nicht yiel bekümmert, sondern so gut es gehen wollte sich 
mit der Rechnung nach Monaten oder Tagen beholfen 
zu haben , womit das spätere Verschwinden der Jahrzins- 
sätze zusammenhängt, bis dann endlich Caesars Kalender- 
reform sie dieser argen Unannehmlichkeiten und Unsicher- 
heiten überhob. — Nichts desto weniger bestand in einzel- 
nen Anwendungen das zehnmonatliche Jahr von 304 Ta- 
gen vielleicht bis in die Kaiserzeit; die Ansätze erhielten 
sich in der Ueberlieferung, aber wie sie zu erklären seien. 



74) Es ist Diclit überflässig za bemerken, dafs er sich weder 
erklären läfst nach dem ältesten Kalender, worin das Sonnenjahr 
auf 368 »A Tage angesetzt war, noch nach dem Gebrauch der Kaiser- 
zeit, in welcher, wahrscheinlich unter Einwirkung griechischer An- 
sätze, der. Monat juristisch durchgängig zu 30 Tagen gerechnet wird. 



54 DAS BAUERNJAHR. 

wuTsten Nobilior und Yarro durch unmittelbare Kunde so 
wenig wie wir. Sie riethen also, und nicht glücklich; na- 
mentlich erkannten sie nicht, dafs die ihnen überiieferten 
Ansätze nicht die ui'sprunglichen sein konnten. Die schon 
dem Fulvius geläufige Vorstellung eines Monats, der den 
zwölften Theil eines julianischen Jahres erfüllt und doch 
nach zehn Zwölfteln eines solchen als Sonnenmonat wie- 
der da ist, und aller weitere Plunder, den die gedankenlose 
Alleswisserei und die klügelnde Besserwisserei römischer 
und griechischer Archäologen hieran weiter gehängt ha- 
ben^ ^), stehen so ausser aller Kritik, dafs es nicht nöthig 
ist sich damit weiter zu befassen. 

IV. Das Bauernjahr. 

Wie der römische Kaufmann mit dem Kalenderjahr 
nicht auskam, so auch, jedoch in anderer W^eise, der rö- 
mische Bauer. Für den Landmann sind Neu- und Voll- 
mond und alles was daran hängt keine Epochen; seinen 
Bedürfnissen entspricht kein Kalender, der einen Schalt- 
monat ansetzt ; die vollkommenste Congruenz mit dem Monde 
und die genaueste cyclische Einhaltung des Sonnenjahrs 
kann ihn für die im Verlauf des Cyclus entstehenden nicht 
unbeträchtlichen Abweichungen von den Jahrzeiten nicht 
entschädigen. Es kann daher nicht bezweifelt werden, dafs 
auch neben dem meisterhaft regulirten attischen Kalender, 
geschweige denn neben einem so monströs verunstalteten, 
wie der römische war, der Bauer dennoch stets sich nach 
den Plejaden und dem Hundsstern orientirte, welches nichts 
anderes ist als eine rohe Bestimmung des reinen vom 



75) Vgl. Varro de l. l. 6, 34. Macrob. 1, 12, 39. Servius zu 
Virgü Georg:. 1, 43. Plutarch Nutn. 18. 



DAS BAUERNJAHR. 55 

Mondlauf ganzlich unabhängigen Sonnenjahrs durch un- 
mittelbare Himmelsbeobachtung; und man mufs es sehr 
wahrscheinlich finden, dafs die alte Astronomie, deren 
Spuren wir so oft in der agronomischen Litteratur der 
Römer begegnen, hier den Praktikern mit einem für ihre 
Zwecke geeigneten Kalender zu Hülfe kam, dessen Einfüh- 
rung lediglich zum Privatgebrauch durchaus nicht denjeni- 
gen Schwierigkeiten unterlag wie die Abschaffung der alten 
mit den politischen und religiösen Institutionen eng ver- 
wachsenen officiellen Jahrordnung. Was der Landmann 
brauchte, war offenbar ein nach dem reinen Sonnenjahr 
angelegter Kalender, der den längsten und den kürzesten 
Tag, die Tag- und Nachtgleichen, den Auf- und Untergang 
der bekanntesten Sternbilder, die sicheren oder sicher ge- 
glaubten Wind Wechsel, kurz die überhaupt im Sonnenkreis- 
lauf merklich hervortretenden Punkte datirend anzeigte und 
dadurch jedem mit den Himmelserscheinungen nach bäuer- 
licher Art Vertrauten die Möglichkeit gab sich jederzeit über 
die gegenwärtige Sonnenjahrzeit zu orientiren und nach die- 
ser die künftigen kalendarisch abzumessen. Ob diese Orien- 
lirung auch nur aufs Ungefähre das Rechte traf, kam nicht 
in Betracht; denn so wichtig es dem Landmanne ist sei- 
nen Kalender mit den Jahreszeiten stetig im Gleichen zu 
halten, so wenig kommt es ihm darauf an, dafs er den 
Aufgang des Sternbildes, an den gewisse ländliche Ver- 
richtungen sich knüpfen, durch zufallige Ungleichheiten 
der Beobachtung nicht jedes Jahr genau auf dieselbe Stunde 
wahrnimmt. Sehen wir zu, ob der römische Landmann 
das, was er brauchte, auch wirklich gehabt hat. 

Das älteste reine Sonnenjahr, dem wir in der Ge- 
schichte begegnen, und höchst wahrscheinlich der Vater 
dUer späteren Sonnenjahre, ist das natürliche Jahr der 



56 DAS BAUERNJAHR. 

Aegypter, welches beruhte auf einem vierjährigen mit eiaem 
Schaltjahr von 366 Tagen beginnenden und daran drei ge- 
meine von 365 Tagen reihenden Cyclus, astronomisch mit 
dem Aufgang des Hundssternes begann und, da es nach 
der Ekliptik geordnet war, mit Leichtigkeit in zwölf 
wesentlich gleich lange Sonnenmonate getheilt werden 
konnte 7^). Hauptsächlich auf diesen aegyptischen war 
nach bestimmten Angaben und noch bestimmteren inneren 
Anzeichen der griechische Kalender des Eudoxos (bliihte 
386 d. St.) gegründet ^ ^). Einen durch astronomisch ge- 



76) S. Beilage IV. 

77) Straboa 17, 1, 29 p. 806. 46 p. 817 Cas. Plin. 2, 47, 130: 
Omnium redire easdem vices quadrienräo exacto Eudoxus putat non 
ventorum modo, sed et reUquarum tempestatum magna ex parte. 
Et est prindpium. lustri eius semper intercalarto anno, caniculari 
ortu: d. h. sein vierjähriger Cyclus begiont mit dem Schaltjahr und 
zwar mit dem Aufgang des Hundssternes. Annus intercalarius ist 
gegen den älteren und correcten Sprachgebrauch, wonach nur der 
eingeschaltete Termin selbst, nicht derjenige, in den eingeschaltet 
wird, intereaJUmus heifst; gleichartig ist annus hissextus bei Au^- 
stinus ep. 55, 13 (119, 7). — Anders hat Ideler (über Eudoxus, 
zweite Abhandlung, Schriften der Berliner Akademie 1830. S. 62), 
obwohl selber schwankend, diese Stelle des Piinius gefafst, näm- 
lich dahin, dafs der Anfangstag der endoxischen Periode allemal auf 
den Hundssternaufgang oder 20. Juli des julianischen Schaltjahrs 
getroffen habe. Allein dagegen ist einzuwenden theils, dafs bei 
dem Mangel jeder besonderen Hinweisung auf das julianische Schalt- 
jahr es einfacher ist an das eigene des Eudoxos zu denken , theils 
besonders folgende Erwägung. Piinius hat mit diesen Worten un- 
zweifelhaft eine Anleitung geben wollen zum richtigen Gebrauch 
des gewifs in den Händen vieler seiner Leser befindliehen eudoxi- 
schen Kalenders und der darin enthaltenen astronomischen und me- 
teorologischen Ansetzungen — ganz ähnlich wie er in Bezug auf 
seine eigenen defsrälligen Angaben, die er natürlich nach dem jnlia- 
nischen Kalender macht, kurz vorher (c. 47, 122) daran erinnert, 



BAS BADERNJAHR. 57 

nauere Bestimmung des Sonnenjahrs mid übertiaupt durch 
sorgfaltigere Beobachtung der Himmelserscheinungen ver- 
besserten stellte späterhin (um 600 d. St.) Hipparchos 
auf'^). Des Letzteren Ansetzungen sind im praktischen 
Leben von den Bömem nicht berücksichtigt worden, wie 



dafs sie im Schaltjahr vom 25. Febr. an am einen Kalendertag zu- 
rücksoschieben seien. Es gehen nämlich alle diese darohans nnr 
auf ongefahres Zntreffen Anspruch machenden Ansetzangpen ans 
von der I^orimng des Schalttags ; doch wird in dieser Beziehung 
anch bei den Römern nicht der 25. Febr. , sondern nach altägypti- 
schem Princip der letzte Tag des Jahres als Schalttag behandelt. 
Also wenn Herbstnaehtgleiche im gemeinen Jahr den 26. , fiillt sie 
im Schaltjahr den 25. September (per smffulas intercaiationes uno 
tue anUcipanUbtu), immer aber auf den 269. Tag des jnlianischen 
Schalt- oder gemeinen Jahres. Für die Vergleichong nun des eu- 
doxischen und des analogen jnlianischen Kalenders kam es darauf 
an die Jahrpunkte und die daran hängenden Bestimmongen riditig 
zu parallelisiren. Nehmen wir einen übrigens nach gleichen astro- 
nomischen Ansichten geordneten julianischen und eudoxischen Ka- 
lender an, so fiel zum Beispiel die Herbstnaehtgleiche dort auf den 
269., hier auf den 69. Tag; um die beiden Ansetzungen als der 
Sache nach identische Bezeichnungen des 26. Sept zu erkennen, 
mufste man wissen, dafs der erste Kalender mit dem 1. Januar, der 
zweite mit dem 20. Juli begann und jenes Schema zunächst für 
365-, dieses zunächst für 366tägige Jahre angelegt war, darum also 
vom 1. Jan. bis 19. Juli dort 200, hier 201 Tage gezählt wurden. 
Dagegen die Angabe, wie die eudoxischen Lustren in die julianische 
Aera einschnitten, würde in dieser Verbindung theils unnütz sein, 
tbeils ist dabei nicht erwogen , dafs sie nur einen Sinn hat, insofern 
an die eudoxischen Vierjahre auch eine Aera sich anknüpfte und 
von einer solchen überhaupt wohl kaum eine Spur sich findet, am 
wenigsten aber dieselbe in dem von Plinius gemeinten eudoxischen 
Witterungskalender vorausgesetzt werden darf. Aus dieser Ur- 
sache meine ich , dafs die zunächst sich darbietende Auslegung der 
Worte die einzig zulässige ist. 

78) Ideler Untersuchungen S. 265, Handb. 1, 91. 352 und beson- 
ders 358. Dieser Kalender ist durch Geminos erhalten. 



58 DAS BAUERNJAHR. 

dies auch in Griechenland nicht anders gewesen zu sein 
scheint; wohl aber hat der Kalender des Eudoxos in Italien 
Eingang gefunden. Columella sagt ausdrücklich, nachdem 
er wie gewöhnlich den kürzesten Tag auf den 25. Decem- 
b^ angesetzt hat, dafs Hipparchs Bestimmung davon ab- 
weiche : verum in hac ruris disciplina sequor nunc Eudoxt 
et Metonis antiquorumque fastus astrologorum, qui sunt 
aptati puhlicts sacrificiis, quia — notior est ista vetus agri- 
colis concepta opinio '®). Schon nach diesen Worten ist 
es unmittelbar gewifs, dafs dieser Bauemkalender nicht 
etwa aus dem julianischen abgeleitet, sondern weit älter 
ist Aber freihch gi^t Columella ihn, wie begreiflich, mit 
beigesetzten julianischen Tagen; vor Caesar mufs der 
Ackerkalender eine andere Gestalt gehabt und den officiellen 
ganz^ ignorirt haben. Denn in Aegypten und Griechenland 
zwar, wo das bürgerliche Jahr unwandelbar feststand, hatte 
es keine besondere Schwierigkeit die astronomischen Daten 
in den bürgerlichen Kalender einzutragen ; Meton konnte 
in seinem Parapegma die Tag- und Nachtgleichen im 
Voraus mit Sicherheit ansetzen, obwohl dieselben natürlich 
in jedem Jahre des Cyclus auf andere Daten fielen. Allein 
in Rom war dies nicht etwa schwierig, sondern seit Ein- 
führung der willkürlichen Schaltung geradezu unmöglich; 



79) de r. r. 9, 14, 12 und zur Erklärung Ideler Untersuchungen 
S. 334 fg., Handb. 2, 142. Seltsam braucht derselbe \, 322 diese 
Angabe Columellas als Beweis dafür, dafs die Opfertage in Griechen- 
land nach metonischem Kalender geordnet gewesen seien ; Columella 
kann überhaupt in diesem Zusammenhange nur die römischen mei- 
nen , deren Ordnung nach eudoxisch -julianischem Kalender ja fest« 
steht. — Uebrigens verwechsele man nicht diesen vierjährigen sola- 
rischen Kalender des £udoxos mit der nach Eudoxos Setzungen be- 
arbeiteten und von ihm benannten lunisolaren Oktaeteris. 



DAS BAUERN JAUR. 59 

kein Astronom konnte vorhersagen, auf welches Kalender- 
datum im nächsten Jahre der längste Tag fallen werde, da 
es sich nicht mathematisch bestimmen liefs, ob es dem 
Senat gefallen werde eine Einschaltung zu beschUeHsen 
oder nicht zu beschliefsen. Demnach blieb den Römern 
nichts anderes übrig als ihren solaren Rusticalkalender ganz 
von dem pseudo-lunisolaren bürgerlichen zu trennen; und 
dafs dies in der That geschehen ist, zeigt nichts deutlicher 
als Catos Schrift vom Landbau. Alle seine landwirthschaft- 
liehen Daten knüpfen sich an die Jahrzeiten und Jahr- 
puncte, nach welchen letzteren die begreiflicher Weise 
nidit häufigen genauen Datirungen abgemessen werden ® ^) ; 
dagegen sind alle juristischen Daten in den Contractformu- 
laren ^ > ) auf den bürgerlichen Kalender gestellt und dabei 
auch die Glausel hinsichtlich der etwanigen Intercalation 
nicht vergessen — offenbar weil dem Prätor nicht Instru- 
mente mit eudoxischer Datirung vorgelegt werden konnten 
und überdies selbstverständlich jeder, der dies Schema be- 
nutzte, die Daten nach seiner Convenienz umschrieb. Da- 
mit stimmt es sehr wohl, dafs Yarro in seiner neun Jahre 
nach der Kalenderreform verfafsten Schrift vom Landbau 
die Jahrzeiten zwar nach der alten rusticalen Datirung auf 
die 23. des Wassermanns, Stieres, Löwen und Scorpions 



SO) Vgl. z. B. c. 44 diehtu XF ante aequmocttum vemum und 
ähDlich c. 17. 161; c. 50 primo vere, c. 155 prima auctumnitate u. 
dgl. m. Oft wird auch von einer landwirthschaftlichen Epoche an 
gezählt, z. B. c. 57 die KeUerordnung nach Monaten von der Wein- 
lese ab. Man kann damit noch zusammenhalten die Bezeichnung des 
SoDnenjahrs, offenbar im Gegensatz gegen das schwankende des of- 
ficiellen Kalenders, als annus soUtiUaiis (Servius zur Aen. 4, 653: 
^ (naturae) idtra centum et viginU solstitiaUs anjuts concessum 
non ett). 

81) c. 146—150. 



60 DAS BADERNJAHR. 

ansetzte, aber zugleich die Umschreibung derselben in die 
jetzt besteh^den Kalendertage' beifügte — offenbar lag 
ihm im Sinne, dafs durch die Einführung des julianischen 
Kalenders es zuerst möglich geworden war die eudoxischen 
Daten allgemein gültig in officielle zu übertragen. 

Wenn dieser eudoxische oder chaldaische^^) Kalender 
in der Gestalt, die er in Italien angenommen hat, wieder- 
hergestellt werden soll, so werden wir denselben, fireilieh 
unter Berücksichtigung der durch Caesars Reform v^ran- 
lafsten Modificationen, zunächst aus Columella zu entneh- 
men haben, der nicht blofs den italischen Bauemkalen- 
der am ausführlichsten giebt, sondern dafür auch sich aus- 
drücklich auf die eudoxischen Fasten beruft. Es kommt 
hinzu , dafs wesentlich derselbe Kalender auch Yarro vor- 
gelegen haben mufs; denn die von diesem angegebenen 
Jahrzeitlängen und nach astronomischen Monaten ange- 
setzten Jahrzeitanfangstage kommen genau aus mit den 
aus Columella zu entnehmenden Längen der astronomi- 
schen Monate 8 3). Hienach ist das folgende Schema des 



82) So bezeichnet ihn GolameUa (U, 2, 94), indem er, im Geg^en- 
satz gegen die abweichende hipparchische Bestimmung, den vnlgären 
Ansatz der Winterwende mit dem Beisatz begleitet: ^stcut Chaldaei 
ohservanV Es ist das bemerkenswerth — nicht als ob daraus folgte, 
dafs Eudoxos seine Ansetzungen von den Chaldäern entnommen 
habe, was nicht wahrscheinlich ist and wovon Columella gewifs 
nichts gewufst hat; sondern weil der römische Sprachgebrauch hier 
recht deutlich hervortritt die althergebrachten astronomischen An- 
setzungen chaldäische zu nennen, im Gegensatz gegen die wissen- 
schaftliche Mathematik, eben wie man den Kalendermacher und Na- 
tivitätensteller einen Chaldäer hiefs. Vgl. dato de r. r. 5; haruspi- 
cem augurem hariolum Chaldaeum ne quem consultdsse veliU 

83) de r. r. 1, 28: Dies primus est veris in Aquario, aetaUs in 
TaurOf auctumm in Leone, hxends in scorpione. Cum uniuscuius' 
que horum quattuor signorum dies tertius et vioesimus quattuor 



DAS BAUERU JAHR. 61 

▼orcaesarischeii römiscben Rusticalkalenders aufgesteUt, 
dem zur besseren Udiersicht gleich die julianischen Datoi 
beigefügt sind. 



temparum sit primus, t^fficäur tU ver dies habeat XCl, aestas XCIFy 
auetunmus XCI, ki&nu XXCfX; quae redaeta (vielleicht quare rt- 
dacti) ad dies dtiies nosiros, qui nunc stmty [sunt] primi vemi 
temporis ex a, d. FII id. Febr., aesUvi ex m. d. FII id. Mai., 
auetunrnaks ex a. d, III id, Sext, hibemi ex a, d. IF id. Nov. 
Diese Lesoof ist, wie Keil mir mittheilt, die der Urhandschrift, aar 
da(8 in dieser a. d. FII id. Sext stand. 



62 



DAS BAII£RNJAHR. 



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DAS BAUERNJAHR. 63 

Zur Erläuterung ist Folgendes zu bemerken. Die Neu- 
jahrepoche, auf die es freilich bei der Art, wie dies^ Ka- 
lender gebraucht ward , bei ihm weniger noch als bei an- 
deren ankam, war in dem italisch -eudoxischen Kalender 
der 17. März oder der erste des Widders ^^), Offenbar 
rührt dies nur daher, dafs das bürgerliche Jahr in Italien 
mit dem März begann; in dem ursprünglichen eudoxi- 
schen Kalender war vielmehr der Löwenmonat der erste 
und Neujahr auf den Siriusaufgang gesetzt ®5»). Es fügt 
sich vortrefflich in einander und sichert sowohl die An- 
nahme, dafs der römische Ruslicalkalender der eudoxische 
als dafs dieser der Kalender von Heliupolis ist , wenn ei- 
nerseits der 20. Juli in unserm Kalender den Monat des 
Löwen beginnt, andererseits dieses in der That der Tag 
ist, an welchem in den Epochenjahren der Sothisperiode 
2782 V. Chr., 1322 v. Chr. und 139 n. Chr. der Hunds- 
stern in HeliupoUs aufging und welcher darum als der 
normale Anfangstag des ägyptischen Wandel- und in älte- 
rer Zeit auch des festen Jahres galt®^). Hieraus erklärt 



stimmt. So Plioius 18, 26, 235 den 1. des Wassermanns auf den 
17. Jan. So Ovidius den 1. des Wassennanns auf den 17. Januar 
(1, 651), den 1. der Fische auf den 15. Febr. (2, 458), den 1. des 
Stiers auf den 20. April (4, 713), den 1. der Zwillinge auf den 20. 
Mai (5, 693), den 1. des Krebses auf den 19. Juni (6, 727) ; den Ein- 
tritt in den Widder hat der Dichter vergessen. Von seinen Ansätzen 
stimmt der erste mit Plinins, der zweite und der letzte mit Columella. 
Weiter entfernen sich die Ansetzungen des Chronographen von 354. 
Servius zu Virgil Georg. 1, 205 faselt. 

85) S. Beilage IX. 85 a) A. 77; Beil. IX. 

86) Also war das Neujahr des eudoxischen Kalenders weder, 
wie Ideler (Untersuch. S. 261) meinte, in Griechenland der griechi- 
sche (etwa 29. Juli), noch in Italien der italische (etwa 2. August), 
sondern dort wie hier der althergebrachte Hundssternaufgangstag, 
als welcher überhaupt nach der im ganzen Alterthum gemeinen An- 



64 DAS BAUERNJABR. 

sich die seltsame so viel besprochene Setzung der Jahr- 
puncte auf die achten Tage der entsprechenden Zeichen ® 7). 
Wir wissen anderweitig durch Hipparchos, dafs Eudoxos 
astronomisch die Jahrpuncte in die IMitte der Zeichen 
brachte wid es ist dies aus astronomischen Gründen als 
die den Eudoxos zu Gebote stehenden Beobachtungs- 
mitteln angemessenste Ansetzung erwiesen worden^®). 



sieht (Petavios vor. dits. p. 102 ed. 1630) der erste des Löwen galt. 
Uebrigens möchte das Neujahr des metonischen Jahres ebenfalls 
aus dem eudoxischen hervorgegangfen sein; auf den Tag konnte 
es freilich nicht treffen, da es zugleich Neumond sein mufste und also 
schwankte. 

87) Vitruvius 9, 3. Manilius 3, 680. Columella 9, 14. 11, 2. 
Plinius XVIII, 25, 221. 26, 246. 27, 255. 28, 264. 29, 288; vgl. 
Varro de r. r. 1, 28 ; Ideler über Eudoxus (Abhandl. der Berl. Akad. 
] 830) S. 60. Man beachte, dafs die Alten die Jahrpuncte mehrtägig 
setzen, z. B. Columella die Sommerwende auf den 24., 25., 26. Juni 
bringt, ebenso der venusinische Kalender bei dem 26. Juni anmerkt : 
solsUthnn cor^fectum. Vgl. Plinius 16, 39, 169. Natürlich ist dies 
nicht astronomisch genau zu verstehen, sondern soll nur sagen, dafs 
die Tag- und Nachtlängen nicht von einem Tag zum andern fühlbar 
variiren. Darum konnte Eudoxos recht wohl astronomisch mit der 
Frnhlingsnachtgleiche auf den sechsten des Widders, mit der Winter- 
wende auf den vierten des Steinbocks kommen (Ideler a. a. 0. S. 64) 
und dennoch er selbst oder spätere Kalendermacher es sich gestat- 
ten die Jahrpuncte leichteren Behaltens wegen im älteren eudoxischen 
Kalender sämmtlich auf den achten Tag des Zeichens wie im späte- 
ren julianischen sämmtlich auf a. d. VI!! kälendas zu fixiren, d. fa. 
dort auf 24. März, 26. Juni, 26. Sept., 24. Dec, hier auf 25. März, 
24. Juni, 24. Sept, 25. Dec. Dies erklärt auch, warum in den oben 
angeführten Berichten beiderlei Ansetzungen, obwdhl sie nicht genau 
übereinstimmen, doch nicht selten neben einander auftreten. — 
Uebrigens mufs man sich wohl hüten mit diesen auf derselben Rech- 
nung beruhenden Setzungen, wie es Petavius (vor. diss, p. 80) ge- 
than, die ganz abweichenden hipparchischen Ansetzungen der Jahr- 
puncte (Golum. 11, 2, 94; Geminos c. 1.; Plinius 18, 25, 220) zu 
vermischen. 88) Ideler über Eudoxus a. a. 0. S. 55 fg. 



hAA BAUEBNJAHR. 65 

Danadi also hätte Eudoxos den Krd>s astronomisch vom 
1 I.Juni bis zum 11. Juli ansetzen müssen, um die Sonnen- 
wende 26. Juni genau in die Mitte zu bringen ; allein in die- 
sem Fall wäre der ägyptische Hundsstemaufgang nicht auf 
den ersten sondern auf den neunten des Löwen gefallen 
und dies offenbar bestimmte den Eudoxos in seinem prak- 
tischen Kalender die Anfange der Zeichen um acht Tage zu- 
rückzuschieben ^o). Da Eudoxos astronomisch die Jahr- 
puncte in dieMitte derZeidien brachte, so war es folgerich- 
tigund im Alterthum überhaupt gewöhnlich, dafser sie nicht, 
wie wir zu thun pflegen, selber als Jahrzeitpuncte, sondern 
als Mittelpuncte der Jahrzeiten ansetzte und danach diese 
bestimmte ^ o). Damit kam man dann von selber auf eme 
Eintheilung des Jahres in acht halbe Jahrzeiten, die auch 
Varro angiebt^ <), jedoch mit der bemerk^swerthen Ab- 
weichung, dafs die 92Tage zwischen derSommerwende und 
der Herbstgleiche nicht, wie es eigentlich geschehen sollte, 



89) Dafs also diese Verschiebung mit der Vorrückang der Nacht- 
gleichen nichts ZQ thun hat, leuchtet ein. Aber auch die Ansetzung 
der Jahrpuncte in die Mitte statt in die Anfänge der Zeichen steht da- 
mit, wieldelera.a. 0. gezeigt hat, durcfams in keinem Zusammenhang. 

90) Genau stellen sich die Jahrtheile in seinem Kalender so : 

Frühling bis zur Nachtgleiche 45) «. j* 

nach der - 46( 

Sommer bis zur Sommerwende ^^{04 
nach der - 46 ( 

»is zur Nachtgleiche ^6| g« 
lach der - 45 ( 

Winter bis zur Sonnenwende 44J «« 
nach der - 45 ( 

Die kkinen Inconsequenzen in der Halbirong beruhen auf der wiU- 
kührlichen Fijcirung der an sich mehrtägigen Jahrpuncte auf die 
achten der Zeichen (A. 87). Uebrigens vgl. Beil. VlII. 

91) Varro de r. r. 1, 28, wo die Zahlen aber verdorben sin^. 
Mommsen, Chronologie. 2. Anfl. 5 



Herbst bis 
nach 



66 BAS BAUERN JAHR. 

darch HeriMtanfang in zwei gleiche, sondern durdi den 
Aufgang des Hundssterns in zwei ungleiche (wahrscheinlich 
24-f-68) Theile zerlegt werden, worin also das dem eudo- 
xischen Kalender eigenthümliche Hundssternneujahr noch 
einmal recht deutlich hervortritt — Dafs diesem Kalender 
alle vier Jahre ein Schalttag zuwuchs, wurde schon be- 
merkt. Das Jahr, in welches derselbe eingeschaltet wurde, 
war nach Plinius (A. 77) ausdrückUcher Angabe das erste 
der vier; womit übereinstimmt, dafs Caesar bei seiner Um- 
gestaltung des offidellen Kalenders nach dem Muster des 
eudoxischen ebenfalls seinen Cyclus mit einem Schalt- 
jahr begann ^2). Ohne Zweifel wurde der eudoxische 
Schalttag am Jahresschlulis eingelegt (A. 77). — Statt 
Monatsnamen werden bei den griechischen Astronomen, 
die dieses Kalenders sich bedienen, die Stembäder ge- 
setzt; doch war diese Bezeichnung offenbar nicht die ge- 
meinverständliche. Von den Ackerbauschriftstellem wurde 
vielmehr, wie wir sahen, vorzugsweise nach Jahrzeiten imd 
Jahrpunkten datirt, wobei es freilich an einer Bezeichnung 
des Monats fehlte. Im bäuerlichen Sprachgebrauch, der, 
vorzugsweise auf das Sonnenjahr angewiesen, nicht wohl 
mit Nachtgleichen und Sonnenwenden auskommen konnte, 
scheint man die bürgerlichen Monatsnamen auf die Son- 
nenmonate übertragen und zum Beispiel den Stiermonat 
Maius genannt zu haben. Wäre dies nicht üblich gewesen, 
so begreift man nicht recht, warum noch der julianische 
Monat mit einem bestimmten Thierkreiszeichen geghchen 
ward, so dafs zum Beispiel der Mai, dessen erster Tag jetzt 
auf den fun&ehnten des Stiers fallt, doch als Stiermonat 
betrachtet wird; und noch weniger liefse es sich dum er- 



92) S. BeU. Vn. 



*• 



DAS BAUERNJAHR. 67 

klären, wie bei der fast ein halbes Jahrtausend dauernden 
Verschobenhdt des römischen bürgerlichen Kalanders doch 
den Römern noch das Gefühl für die Wechselbeziehungen 
zwischen Monaten und Jahreszeiten so lebendig bleiben 
konnte, wie es zum Beispiel die Stiftung des Blumenfestes 
am 29. April im 1 513 ^ 3), die im Jahre 560 aufgestellte 
officielle Definition des ^heiligen Lenzes' auf März und 
April ö*), ferner Catos Contractformulare und Caesars Ka- 
lenderreform selbst bezeugen. Dafs man die Tage eines 
jeden Monats fortlaufend zählen konnte, versteht sich; es 
scheint auch, dafs man dies gethan und die Tage dabei als 
'Theile' des Sternbildes bezeichnet habe, doch war dies 
schwerUch gemeiner Sprachgebrauch o «). Die äufsere Em- 



93) Marqnardt Handb. 4, 323. Dafs die Festtage des römischea 
Kalenders ältester Institation, z. B. die Robigalien, mit den Jahrzei- 
ten aaskommen, ist begreiflich. Dagegen die später geordneten kön- 
nen entweder nach dem normalen oder nach dem verschobenen zur 
Zeit der Einsetzung angesetzt worden sein ; in welchem letzteren 
FaU sie bei Caesars Reform nicht an den ihrer religiösen Bedeatnng 
angemessenen Platz kommen konnten. Es steht dahin , ob man dies 
zum Beispiel znr Erklärung des seltsamen Ansatzes der vmaHa tu- 
ttica anf den 19. Angust wird benatzen können, mit dem schon Varro 
offenbar nichts anzufangen gewofst hat (vgl. dt L l, 6, 20. Plin. 18, 
29, 289). 

94) Uv. 34, 44 censuerunt ver sacrum videripeetu, quod 

nahtm esset mter kalendas MarUas et pridie^kalendas Maias. Frei- 
lich fielen diese Kalendermonate damals, in der Zeit der Kalender- 
verwirrong, sicher nicht in den Frühling. 

95) Die spätere technische Sprache der Astronomen scheidet 
streng zwischen den 360 Graden und den 365 >/« Tagen der Ekliptä; 
älXo fiivtoi yi iatt fiolqa xol alXo '^fiiQa, lehrt Geminos c. 1. 
AUein man entschliefst sich doch schwer, wenn Varro die Robiga- 
liea and die Floralien auf den zehnten und vierzehnten 'TheU' des 
Stiers bestimmt ( A. 98), wenn die Jabrpuncte, offenbar mit der Ab- 
sicht sie gemeinverständlich zu datiren, auf die achten 'Theile' der 

5* 



68 DAS BAUERN JAHR. 

richtung eines solchen Kalenders werden wir entnehmen 
dürfen aus der des spateren Landkalenders ^o), unter Be- 
seitigung dessen, was darin dem julianischen Jahre ange^ 
hört, zum Beispiel: 

(Bild des Stiers.) 

Mensis Maius. 

Dies [XXXL] 

[Nonae septimanae.] 

Dies hör. XHIIS ; 

Dox hör. VIIIIS. 

Sol taaro. 

Tatela Apoiiinis. 

Se^etes nucantar; 

oves laodaotur; 

lana lavatnr; 

vicea pabularis secatur. 

Segetes lustrantar; 

sacrum Mercorio et Florae. 

Der Kalender gab den Monatsnamen, die Tagzahl, die durch- 
schnittliche Tag- und Nachtlänge, das Thierkreiszeichen, 
den Monatsheiligen ^^), die an die Jahreszeit geknüpften 
ländlichen und sacralen Verrichtungen an, wozu dann noch 



Zeichen g^esetzt werden (z. B. Vitniv 9, 3 und sonst oft), dabei an 
etwas Anderes zu denken als an die Tage der Ekliptik. Es kommt 
hinzu, dafs höchst wahrscheinlich die Theilnng der Ekliptik in Grade 
erst von Hipparchos herrührt und vor ihm dieselbe nur in Zeichen 
und Tage zerfiel (Ideler über den Thierkreis Abb. der Berl. Akad. 
1838 S. 18; Letronne im Journal des savants 1841 p. 68); ja es 
ist dies entscheidend für den eudoxischen Kalender und alle damit 
zusammenhängenden Satzungen. Aus diesen Gründen ist der 'TheiF 
hier stets als Tag, nicht als Grad betrachtet worden. 

96) Gedruckt zum Beispiel Grut. 138. 139; C. I. N. 6746. 

97) Diodor. 2, 30: t(ov d-mv ök xvqCovs üvaC (paav (ol XaX^ 
^aZoi) &i6^€xcc Tov aqid-fJioVf iv imffrtp /i^va xal ttSv ^todexa 
ItyofÄ^vtäV C^cf^orv h^ ngoavifiovoi. Vgl. Beilage IX. 



DAS BAUER.NJAHR. 69 

die Angabe der Jahrpuncte, der Auf- und Untergänge der 
wichtigeren Gestirne und manches andere mehr hinzuge- 
fügt ward oder werden konnte. 

Der Gebrauch, der von diesem Kalender vor Caesar ge- 
macht worden ist, war zunächst privater Art Der Land- 
mann vor allem bediente sich desselben, um seine Zeitbe- 
stimmungen danach zu ordnen; demnächst wurde er zu 
wissenschaftUchen Zwecken benutzt, wie z. B. Varro in 
einem vor der Kalenderreform verfafsten Werke, um die 
ursprüngUche Bedeutung gewisser Jahrzeitfeste, der Robi- 
galien, Floralien, Yinalien zu erkennen, deren Kalenderda- 
ten zunächst in eudoxische überträgt und aus diesen seine 
Folgerungen zieht ^^). Das Sacralwesen dagegen richtete 
sich zunächst nach dem officiellen Kalender ^^''); auf die- 



98) Plinius h, n. 18, 29, 284: RobigaUa — nunc aguntur a. d. 
Vll k. Med (25. April), quoniam tuncfere segetes robigo occupat. 
Hoc tempus Varro detenninat sole tauripartem decumam obtmente, 
sicut tunc ferehat ratio. §. 286: (fidem prüci) FioraUa IUI kal. 
easdem (Maüu, 28. Apr.) insUtuerwit urbis anno DXIII ex oractdo 
SibyUae, ut omnia bene d^orescerent Hunc diem Varro determmat 
sole tavri partem XIIII obtinente, §. 289 : VinaUa altera aguniur 
a. d. XIIII k, Sept. (19. Aug.). Varro ea a fidicula incipiente oc- 
eider e mane determmat qiiod volt mitium auctumnt esse. Diese var- 
ronischen Berechnungen, die ohne Zweifel herrühren aus den vor 
709 bekannt gemachten antiq. rer. div. und zwar aus dem 8. Buche 
de Jeriis, stimmen nicht völlig mit den eudoxischen : der zehnte und 
der vierzehnte des Stiers würden, julianisch ausgedrückt, der 26. 
und der 30. April sein, nicht der 25. und 28. , so dafs selbst das In- 
tervall dort drei-, hier zweitägig ist; der Herbstanfang, wie ihn 
Varro selbst julianisch bestimmt, ist der 11., nicht der 19. August. 
An der Lesung zu zweifeln ist kein Grand, zumal da Plinius selbst 
die Differenz der Ansetzungen andeutet (sicut tunc ferebat raäo) ; 
doch weifs ich die Verschiedenheit nicht zu erklären. 

98a) Wenn Golumella den 'eudoxischen Kalender' dem öffentli- 
chen Gottesdienst angepafst nennt, so meint er natürlich nieht den 



70 DAS BAUERNJAHR. 

sen waren die fixirten Festtage sämmtlich gestdlt und wur- 
den darum von der Verwirrung desselben mit ergriffen und 
von den ihnen zukommenden Jahreszeiten entfernt ^^). 
Doch haben auch die Pontifices die eudoxische Tafel aller- 
dings berücksichtigt, nicht blofs insofern sie, wahrschein- 
lich mit Rucksicht auf dieselbe, den Frühling definirten als 
die zwei Monate des officiellen Kalenders, welche ganz in 
den eudoxischen Frühling fielen oder doch fallen sollten 
(S. 67), sondern vor allem indem sie sich bei der jährli- 
chen Ansetzung der Wandelfeste nach der eudoxischen Ta- 
fel orientirten. Für das letztere gewährt einen bemerkens- 
werthen Beleg die Ansetzung der von den Arvalbrüdern ge- 
feierten Ambarvalien^®'). Es ergiebt sich aus den erhal- 
tenen Acten des CoUegiums , dafs die Ambarvalien in den 



vorctesariscbeD, sondero denjenigen, den er selber angiebt, welcher 
aaeh ganz riehtig als eudoxischer von Caesar dem öffentlichen Got- 
tesdienst angepafster Kalender bezeichnet werden konnte. 

99) Sueton Caes, 40: fastos correxit — adeo turbatos, ut neque 
fnessium fertae aestati neque vmdemiarum auctumno eompeterent. 
Vgl. Plutarch Caes. 59. Hier sind nicht die religiösen, sondern die 
bekannten Gerichtsferien der Kaiserzeit gemeint; ob diese von 
Sueton mit Recht in die republikanische Epoche versetzt werden, 
ist hier zn untersnchen nicht der Ort. 

99 a) Da Tag, Ort und Ritus der Ambarvalien genau überein- 
stimmen mit dem von den Arvalen gefeierten Hauptfest, so darf an 
der Identität beider Acte nicht gezweifelt werden. Auch wird die 
Ausrichtung der Ambarvalien durch die Arvalbrüder von Festus ep, 
p. 5 M. unzweideutig bezeugt; denn die Aenderung a duodedmfratri- 
bus statt des überlieferten a dtiobusfr. unterliegt keinem gegrün- 
deten Bedenken. Dafs auch aufserordentliche Sühnfeste vorkommen, 
bei denen die Stadt oder das Gebiet umwandelt wird (vgl. besonders 
Lucan. 1, 584 fg.) und dafs die letzteren bei einem späten Schrift- 
steller (Vopiscus Aurel, 20) ambarvaUa heifsen, ist richtig; wie 
aber kann dadurch jener vollkommen geführte Identitätsbeweis er- 
schüttert werden? A. M. ist Marquardt Handb. 4, 418. 



DAS BAUBRNJAHR. 71 

varronisch ungeraden, also den gemeinen Jahren des Yor- 
caesarischen Kalenders ^^^) auf den 27. 29. und 30., da- 
gegen in den varronisch geraden oder den Schaltjahren 
auf den 17. 19. und 20. Mai fielen o^«"), welche Daten, da 
der Mai von Caesar nicht verlängert worden ist, unbedenk- 
lich auch auf die republikanische Zeit bezogen werden dür- 
fen. Von diesen Ansetzungen der segetum lustratio wird, 
und nicht blofs wegen ihres Verbültnisses zu den juliani- 
schen Schalt- und Gemeinjahren, als die eigentlich normale 
die erstere zu betrachten sein^®^). Beide erklären sich 
vollständig, wenn die Tage der Feier nach eudoxischem 
Kalender, also auf den neunten, elften und zwölften der 
Zwillinge fixirt waren und umgesetzt wurden in bürgerliche 
Daten nicht nach der späteren, sondern nach der von den 
Decemvim ursprünglich beabsichtigten mit dem eudoxi- 
schen Quadriennium auskommenden Jahrformel 376-}-355 
+375+355=1461 (S. 37). Daraus ergiebt sich folgende 
Gleichung: 

Eadoxische Daten. Bürgerliche Daten. 

9. Zwillioge 27. Mai 

3661. j 366 

8. Zwülinge 16. Mai ^ j 

9. Zwillinge 17. Mai 



365 n. 



I 10 
I 355 n. 

8. iZwillinge 26. Mai 



99 b) ObenS. 19 A. 14. 

99 c ) Marini Arv. p. XXTII. 126 fg. Die dort beigebrachten ganz 
unhaltbaren Hypothesen des Astronomen Toaldo Übergehe ich. 
99 d) Marini p. 138. 



72 DAS BACERNJAHIU 

Eadozlfofae Daten. Bürgerlielie Daten. 

9. Zwillioge 27. Mai 



365 III. 



365 



l 



8. ZwilliBge 16. Mai v jjj 

9. Zwillinge 17. Mai \ 

365 IV. 355 jy 

8. Zwillinge 16. Mai 

Es unterliegt wohl keiiem Zweifel, dafs auch andere con- 
ceptive Feste in derselben Weise der Sache nach fixirt, 
nämlich an einen festen Tag des eudoxischen Kalenders ge- 
bunden und nur in Beziehung auf den bürgerlichen Kalen- 
der Wandelfeste waren ^ ^ ®). Das Merkwürdigste ist jeden- 
falls hiebei, dafs diese Conceptionen nur mit dem 1461-, 
nicht mit dem 1465tagigen Cyclus auskommen; wodurch 
die ob^ (S. 39) aufgestellte Vermuthung, dafs die Decemvirn 
in der That jenen eingeführt und nach ihm die Feste geord- 
net haben, eine sehr bedeutende Unterstützung erhält. — 
Dafs später, als der 1465tägige Cyclus die Oberhand gewann, 
entweder das eudoxische Datum der Ambarvalien oder das 
regelmäfsige Altemiren des bürgerlichen aufgegeben werden 
mufste, leuchtet ein. Das Letztere wäre principiell richtig 
gewesen; wenn dennoch das Erstere geschah, so mufs wohl 
ein älterer unter der Herrschaft des 1461tägigen Cyclus 
gefafster, vielleicht eben von den Decemvirn hervorgerufe- 
ner Collegienbeschlufs: die Feier abwechselnd auf den 27. 



99« ) Ob Macrobius dies meint, weno er sagt 1, 16, 6: {/eriae) 
eoncepUvae — quotannis a magütratibits vel saeerdotibtis conci- 
pitiniur in dies vel certos vel etiam mcertos, utsunt Laünae semen- 
tivae paganalia compitalia, ist nicht ganz aasgemacht; eine Gon- 
ception in diem incertum würde , streng genommen, vielmehr eine 
solche sein, die nicht auf einen Kalendertag gefafst ist, sondern 
z. B. auf den nächsten Regen oder auf die Rückkehr von der Reise. 



DAS BAUERNJAflR. 73^ 

und den 17. Mai ansiisetzeii, im Wege gestanden babai. 
Also trennte sich das Ambarvalienfest von dem Thierkreis- 
datmn und es war nun nur consequent, dafs, als Caesar die 
eudoxischen Daten zu bürgerlidien erhob, das Ambar?a- 
lienüest nicht auf die den ursprünglichen Thierkreisdaten 
entsprech^iden julianischen Tage fixirt, sondam nach wie 
vor auf die hergebrachten altemirenden Kalendertage con- 
cipirtward. 

Die bisherige Auseinandersetzung über den seit sdir 
früher Zeit in Rom neb^i dem offidellen gebrauchten eudo- 
xischen Kalender ist geeignet die übertriebene Vorstellung, 
die man von der republikanischen Kalenderverwirrung sich 
macht, auf das richtige Mafs zurüdizuführen. Der offidelle 
römische Kalender Uef freilich weder mit der Sonne noch 
mit dem Mond; aber genau dasselbe gilt auch von dem 
ägyptischen Wandeljahr, das in ähnlicher Weise den Stem- 
pel tragt von der freilich imponirenden Steifheit d^ Nation 
und von ihrer eigenihümlichen Unföhigkeit sich den Bedin- 
gungen der menschlichen Existenz geistreich anzuschmie- 
gen. Beide, das ägyptische weit mehr noch als das römi- 
sche 1 ^^)y haben den Jahrzeitfesten grofsen Eintrag gethan, 
jene sogar deren wahre Bedeutung den späteren Geschledi- 
tem verdunkelt: allein beide liefsen sich ertragen, weil da- 
neben für die nothwendigen Jahrzeitbestimmungen durch 
einen anderen Kalender gesorgt war. Erst das acilische 
Gesetz mit seinem verunglückten Reforraversuch machte 
den römischen ofßciellen Kalender wahrhaft unbrauchbar; 
denn die Zeittheilung läfst sich am Ende jede Willkür ge- 



100) So wandeltea bei den Aeg^tern die Feste der Wioter- 
wende, der Frählings- und Herbstgleiche, des Endes der Nilflnth den 
Kreislauf durch die Jahreszeiten mit (Lepsius Ghronol. 1, 192). 



74 DAS BAUBRNJAHR. 

fiAai, nicht aber die Unsich^hett über die Läng^ dar 
kommende Jahre, die damit einrifs. CSaesar half endlieh, 
indem er den bestehenden officiellai und den bestehenden 
Bauemkalender zusammenschmohci^i), jenem die Tag- 
ond Monatsnamen, die äufsere Einrichtmig und Theihmg 
der Monate und, so weit thunlich, die Monatslängen, femer 
den IHatz der Schaltung und die ofßciell datirten Feste ent- 
lehnend, diesem die Wirlänge, den Schaltcyclus und Schalt- 
tag, die Jahrpuncte und St^merscheinungen. Doch ist diese 
Verschmelzung nicht völlig gelungen. Die Himmelsdaten 
im officiellen Kalaider zu finden scheint den Römern An- 
stofs gegeben zu haben: Ciceros Scherz ist bekannt, dafs 
die Leier jetzt nach Verordnung aufgehe > ^^), und bemer- 
kenswerther noch ist es, dafs yon den auf uns gekomme- 
nea römischen Kalendern des officiellen Jahres nur der 
sehr alte in Venusia gefundene und der antiatische Him- 
melsdaten auffuhren ^^^), dagegen der Bauemkalender, mit 
gmnger Umgestaltung nach dem neuen julianischen Jahre, 
nach wie vor daneben in Gebrauch blieb. Indefs darauf 
kam wenig an; im Ganzen genommen haben wenige legis- 
latorische Reformen so yollständig ihren Zweck erreicht 
wie die caesarische des Kalenders. 

Denn erst in dem hier dargelegten Zusammenhang tritt 



101) Den richtisea Gedanken, dafs der rSmiscbe Rnsticalkalender 
auf einem Sonnenjahr beruhe und schon vor Caesar in Gebrauch 
gewesen sei, hat bereits Pontedera antiq, p. 244 fg. ausgeführt, aber 
in einer Weise, dafs das Wahre in dem Meere von leeren und nichts- 
nutzigen Hypothesen gleichsam verschwindet. 

102) Plutarch Caes, 39. Er traf, denn die Leier ging in Italien 
nicht am 5. Januar auf, auf welchen der Dictator sie citirt hatte, 
sondern am 5. November (Ideler über die Fasten des Ovid, Abb. 
der Berliner Akademie 1822/3 S. 145.) 

103) Ideler 2, 140 übersah die AusDahmen. 



DAS BAUERNJAHR. 75 

die Einßihnmg des jidianischeii, das heifst des jetzt gülti- 
gen SoDimijahrs in das richtige Licht Bas Mondsonnen- 
und überhaupt das Wandeljahr ist, weltgesdücfatiidi be- 
trachtet, ein Uebergangsstadium zwischen dem Mondmo- 
nat und dem freien den Jahrzdten sich stetig anschmie- 
genden Sonnenjahr: es ist, wie jeder Uebei^angszustand, 
ebenso unyermeidlich wie unbequem. Alle Nation^ des 
Alterthums haben mit dem Wandeljthr sich Jahrtausende 
beholfen und gemüht und doch mit keiner Astronomie 
dessen radicalen, die praktische Unbrauchbarkeit noth- 
wendig in sich schliefsenden Fehler, die fühlbare Abwei- 
chung von den Jahrzeiten aufzuheben vermocht lo*). 
'Wenn alle Völker einerlei Monate hätten', schrieb Galen, 
'so würde Hippokrates den Arktur, die Pleiaden, den Hund, 
'die Nachtgleichen und Sonnenwenden nicht erwähne; 
'er würde sich begnügt haben zu bemerken, dafs zum 
'ßeispiel im Anfang des Monats Dios die Luft von dieser 
'oder jener Beschatfenh^eit sei. Da indessen diese ßezeich- 
'nung nur die Makedonier verstanden haben würden, nicht 
'aber die Athener und die ülw'igen Völkar , so zog er , um 
'allen nützlich zu werden, die Nennung der Nachtgleiche 
'derjenigen des Monats vor.' Es ist heute so geworden, 
wie der verstandige Mann es wünschte , und zwar einfach 
dadurch, dafs Nachtgleichen und Sonnenwenden die Angel- 
puncto des Kalenders selbst geworden sind. Eine Jahr- 



104) Das aegyptische Wandeljahr, von denen, die es ordneten, 
ohne Zweifel als freies und festes Sonnenjahr angelegt (A. 100), wurde 
Wandeljahr dadurch, dafs man znr Zeit seiner Einfdhrang den 
Sonnenlauf nicht gehörig kannte nnd späterhin sich eigensinnig ge- 
gen die Intercalation bornirte. Dem Mondsonnenjahr ist es ver- 
wandt, insofern es mehr noch als dieses gegen die Jahreszeiten sich 
gleichgültig verhält. 



76 DAS BAUERNJAHR. 

Ordnung, wdche d^ Mond ganz aufser Acht läfst und, 
ledij^h der Sonne folgend, die Schaltung auf dasjenige 
Minimum beschränkt, welches erforderUch ist um jedem 
Jahr eine ganze Tagzahl zuzutheilen, das 'natürliche Jahr', 
wie es treffend genannt wird , ist die einfachste und wirk- 
samste Losung eines allgemein menschlichen Bedürfnisses 
und hat darum mit derselbe Nothwendigkeit wie das 
Handwerksgeräth und die Arzneimittel über die Grenzen 
derjenigen Nation hinaus, die es zuerst aufzustdien gewür- 
digt worden war, sich yerbreitet, die unzähligen conventio- 
nellen Gemeindekalender {anni civiles) überflügelt und ver- 
schlungen und sich zu dem erhoben, was es jetzt ist, ein 
Völker- und Weltjahr. Es war im Stillen des heliupolita- 
ntschen Heiligthums, wo vor Jahrtausenden zu diesem 
grofsen Bau der Grundrifs entworfen ward. In Aegypten 
ist das natürliche uns unter dem Namen des Kaiser- 
oder des alexandrinischen geläufige Jahr seit unvor- 
denklich früher Zeit im gemeinen Gebrauch der Land- 
wirthe wie der Astronomen gewesen * o 3), wie denn auch 
das Neujahr dieses festen Jahres und die Yollendung des 
vierjährigen Cyclus daselbst früh durch religiöse Feierlich- 
keiten ausgezeichnet worden sind * ^^), — Es bleibt dahin- 
gestdlt, in wie weit die älteren Ansetzungen namentlich der 
Fixsternauf- und Untergänge von Hesiod an auf eigenen in 
Griechenland angestellten Beobachtungen beruhen oder 
von Chaldäern und Aegyptern herüber genommen wor- 
den sind; hier ist noch, wenn einmal ein^ zweiter Pe- 
tavius aufstehen sollte, ein reiches Material herrlicher Auf- 
klärung uralter weltgeschichtlicher Internationalbeziehun- 



105) S. Beilage IV. 

106) Lepsias Chronol. der Aegypter 1, 154. 



DAS BAÜERNJAHR. 77 

gen. Vollständig soll nicht lange vor Alexander dem Grofsen 
£iidoxos von Knidos, ein jüngerer Freund und Studien- 
genosse Piatons, nach mehrjährigem Verkehr mit den 
schweigsamen Geweihten von Hehupolis, den Schatz ge- 
hoben und den heliupolitanischen Sonnenkalender färseine 
Nation bearbeitet haben. Es ist möglich, ja wahrschein- 
lich, dafs er dabei auch ältere griechische und chaldäisdie 
Wahrnehmungen benutzte und von seinem Eigenen hinzu- 
that; die Wegwerfung der fünf Epagomenen nnd die Ver- 
theilung aller 365 Tage in die zwölf Monate ist wahrsdiein- 
lich nicht ägyptisch; allein dafs sein Kalender im Wesent- 
lichen auf dem heliupolitanischen beruht, beweist unwider- 
leglich die darin gesetzte Sonneujahrläuge, der vierjährige 
Cyclus und vor allem das Hundsstenmeujahr. Auch in 
Griechenland wurde der Sonneujahrkalender zunächst so 
wenig wie in Aegypten officieU eingeführt ; aber wie viel er 
gebraucht ward , zeigen deutlich einerseits die bekannten 
Bemühungen der attischen Astronomen ihrem Mondson* 
nenjahrkreis die Jahrzeitepochen einzufügen, andererseits 
die durch die Griechen vermittelte Verbreitung der Sonnen- 
jahrordnung nach Vorderasien und nach Italien. Das syro- 
raakedonische Sonnenjahr mit seinem um die Herbstnacht- 
gleiche fallenden Neujahr und seinen zwölf nach der Eklip- 
tik abgemessenen, auch wohl danach benannten Monaten 
erscheint zwar zuerst in der Zeit nach Christi Geburt an- 
statt der älteren kleinasiatischen Mondsonnenjahre i <> 7) und 
über seine Entstehung ist keine Kunde auf uns gekommen; 
aber es ist dasselbe sidierUch nicht eine Nachbildung 
des juKanischen Jahres, sondern eine ältere gleichartige 



107) Ideler 1, 412 fg. Böckh epiprapbisch - chronol. Studien 
S. 106. 



78 DAS BAUERnJAHR. 

ebenfalls aus dem gemeineo eudoxisdi^ Bauernkalender 
hervorgegangene Bildung« — Daljs in Italien der eudoxische 
Bauernkalender lange vor Caesar im Gebrauch gewesen ist, 
denke ich erwiesen zu haben. Caesar ist es gewesen , der 
den letzten so unendlich einfachen und darum so unendlich 
grofsen Schritt that das Jahr des Bauern zum Jahr des 
Staates zu machen; es ist eine Vorsehung darin, dafs sein 
Name noch h^te an demselben hängt und fär alle Ewigkeit 
an demselben hangen wird. Der Dichter hatte Recht, als 
er ihn sagen lieljs : 

media inter proelia semper 
stellamm caelique plagis superisque vacavi 
nee mens Eadoxi vincetar fastibus annus i o 8) 

und guten poetischen Grund den grofsen Staatsmann für 
seine Kalenderreform gerade an derselben Weisheitsquelle 
schöpfen zu lassen, aus der einst Eudoxos geschöpft hatte. 
Aber dafs der Dlctator, um den bäuerlichen Kalender sei- 
ner Heimath zum ofßciellen zu erheben, Studien in 
Alexandreia gemacht hat, ist eine nur von einigen spätem 
Griechen * oo) berichtete Anekdote, die man künftig wird 



108) Lucan. 10, 185 fg. 

109) Appian der Alexandriner 2, 154; Dio Cass. 43, 26, viel- 
leicht beide aus keiner anderen Quelle als dem Dialog Caesars ond 
des gelehrten Aegypters bei Lucan. Was Macrobius (1, 16, 39 vgl. 
14, 3) sagt, dafs Caesar in seinen astronomischen Schriften wie bei 
seiner Kalenderreform ah Aegyptüs discipUnis hausit, ist ganz 
richtig; doch beweisen die Anföhmngen (gesammelt in Nipperdeys 
Caesar p. 757 sq.) ans seinem den Kalender begleitenden Edict (denn 
etwas anderes wird die sogenannte Schrift de astris nicht sein), dafs 
er, wie begreiflich und wie auch Ammianns (26, 1, 13) sagt, vorzuga- 
weise aus griechischen Astronomen, nicht aber unmittelbar aus 
aegyptischen Quellen schöpfte. Dafs sein Astronom Sosigenes (vgl. 
Reimams zu Dio a. a. 0.) ein Alexandriner gewesen, finde ich 
wohl bei den Neueren, aber nicht quellenmäfsig belegt. 



DAS BAUERNJAHR. 79 

ZU ihres Gleichen stellen müssen. Das julianische Jahr ist 
in einem ganz anderen und tieferen Sinn ein ägyptisches, 
als ihn dieses Geschichtchen von der beiläufigen Einstudi- 
rung einer damals jedem gebildeten Mann wohlbekannten 
Einrichtung bei einem zufalligen Aufenthalt Caesars in 
Alexandreia damit verbinden möchte. Es ist wahrscheinlich, 
dafs das von Caesar gegebene Beispiel dazu beitrug den 
analogen syromakedonischen Sonnenjahren gröfsere Ver- 
breitung zu verschaffen, und gewifs, dafs das analoge feste 
Jahr in Aegypten durch Augustus officielle Geltung erhielt. 
Das Princip des julianischen Jahres beherrschte die ganze 
römische Welt und nur wo der römische EinfluTs nicht 
hinreichte, bei den Persem und Orientalen, hat das nicht 
nach den Jahrzeiten orientirte Jahr, theils das ägyptische 
Wandeljahr, theils das freie Mondjahr sich im Gebrauch 
behauptet. Erst als im Westen wieder der Rückschlag des 
Ostens sich geltend machte , kam hier das freie Mondjahr 
neben dem Sonnenjahr wieder in Gebrauch und hat nament- 
lich im duistlichen Festkalender bis auf den heutigen Tag 
sich behauptet» 00*). 



109») S. Beilage X. 



u. 

DAS AMTSJAHR. 

Nachdem die Lebenslänglichkeit des höchsten Amtes 
in Rom beseitigt war, wurden die Beamten auf ein Kalen- 
derjahr gewählt, so dafis sie vom Kalendertage ihres Amts- 
antritts bis zu dem dem nächsten gleichen Kalendertag vor- 
hergehenden in Funktion blieben. Es ist dies für die spä- 
tere Zeit allbekannt, aber auch für die frühere ausdrücklich 
bezeugt > i^) und durch eine grofse Anzahl später aufzu- 
führender einzelner nur unter dieser Voraussetzung sich 
erklärender Thatsachen bestätigt, auch seit langem allge- 
mein angenommen. Wo nun dafür gesorgt war, dafs die 
Jahrescollegien in regebrechter ununterbrochener Reihe sich 
ablösten , fiel die einzelne Amtirung zwar nicht oder nur 
zufallig mit dem Kalenderjahr zusammen, aber es konnte 
doch, wenn man nur den Unterschied des — kalendarisch 
eigentlich gleichgültigen — Neujahrs- und des Antritts- 
tages im Auge behielt, jede Amtirung auch als Kalenderjahr 
angesehen werden. So yerhielt es sich mit dem Volkstri- 
bunat, dessen Antrittstag seit dem J. 305 unverrückt der 
zehnte December geblieben ist^ < i). Dagegen war die Ab- 



110) Liv. 3, 38 vgl. 36. 

111) Becker 2, 2, 263. Auf die erste Wahl von 261 wird man 
dies nicht beziehen dürfen. 



DAS AMTS JAHR. Sl 

lösupg der obersten und eponymen Beamten einer Menge 
von Zufälligkeiten und Schwankungen unterworfen, welche 
vollständig darzulegen die Beschaffenheit unserer Quellen 
bei weitem nicht gestattet, deren Spuren aber es dennoch 
nicht überflüssig ist so weit möglich zu sammeln. Die hi- 
storische Richtigkeit dieser Ansetzungen bleibt dabei ganz 
aus dem Spiel. Es erweckt kein günstiges Vorurtheil da- 
für, dafs dieselben in der halb sagenhaften Zeit zahlreich 
sind und hier offenbar in den Chroniken, aus denen Livius 
und Dionysios schöpften, die vollständige bis auf den Tag 
genaue Reihe vorlag, dagegen von der Alliaschlacht an bis 
auf die punischen Kriege die Daten äufserst spärlich flie- 
fsen. Indefs wenn die älteren derselben auch zum Theil 
erfunden sein sollten, so ist dies wenigstens in einer Zeit 
geschehen, die von der Beschaffenheit des älteren römi- 
schen Amtjahrs noch eine lebendige Vorstellung gehabt 
hat. — Vor allen Dingen ist bei dieser Untersuchung der 
wichtige gewöhnlich nicht genug beachtete Unterschied des 
älteren freien und des späteren fixirten Antrittstages im 
Auge zu behalten. In der früheren Zeit galt die einfache 
Regel, dafs jedes Jahrcollegium das Recht und die Pflicht 
habe ein Kalenderjahr, vom Tage des factischen Antrittes 
an gerechnet, im Amte zu bleiben, wo denn natürlich jede 
aufserordentliche Verfrühung oder Verspätung des Ein- 
tretens eines einzelnen Collegiums den Antrittstag zurück 
oder vorwärts schob. In der späteren Zeit der Republik 
steht das Amtsneujahr dagegen wesentlich ebenso fest wie 
das kalendarische. Es kann zwar wie dieses durch eine 
legislative Mafsregel verschoben werden, aber wenn zufällig 
ein CoUegium früher als es sollte zu functioniren aufhört, 
tritt das folgende darum nicht früher an; wenn umgekehrt 
ein Collegium seinen Antritt verspätet, tritt dasselbe da- 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. ß 



82 DAS AMTSJAHR. 

rum nicht später ab^ ^ ^). Die Interregnen, durch welche in 
beiden Fällen zunächst die Lücke gefüllt wird, fallen chrono- 



112) Nach älterem Rechte also kann, da der Wegfall eines Mit- 
glieds das CoUegiam nicht aufhebt und die Amtsfrist nicht dem Indi- 
viduum , sondern dem Coliegium gesteckt ist, wohl für einen einzel- 
nen Beamten eine Ersatzwahl eintreten , obgleich auch dies in frü- 
herer Zeit häufig unterblieb; der nachgewählte Beamte tritt dann 
natürlich ein in die laufende Amtszeit. Aber ein Collegium für das 
andere zu sufficiren ist nicht möglich, ohne damit einen neuen anruis 
zu beginnen. Keine wahren Ausnahmen sind Fälle wie 245 und 578, 
in denen wohl beide eponyme Consuln starben, aber das Collegium 
doch niemals zu existiren aufhörte, und der von 303, da die Wahl 
der acht Manner zu den zwei schon regierenden wohl wesentlich als 
Gooptation zu fassen ist (S.92). Ebensowenig begegnet, wie dies im 
VI. Abschnitt bei Erörterung der Lustrenfrist weiter dargethan ist, 
Suffection eines Censorencollegiums ; hier kamen sogar die Singular- 
suffectionen bald aus der Uebung und trat bei Wegfall des einen 
Collegen in der Regel die Abdication des andern ein. — Nachdem 
der Tag des Amtswechsels fest geworden, war man freilich genöthigt, 
wenn das Collegium des laufenden Jahres vor der Zeit weggefaUen 
war und man nicht bis zum Jahresschlufs die Interregnen fortwähren 
lassen wollte, ein Collegium für den Jahresrest zu bestellen und in 
der Rechnung für beide Collegien nur ein Jahr in Ansatz zu brin- 
gen. Wenn also rechtlich gültig erwählte und eingesetzte Beamte 
(denn dies sind auch die magistratus vitio creatt: Varro 6, 30, 
Becker 2, 2, 52) vor der Zeit niederlegen, weil aus irgend einem 
Grunde der göttliche Segen nicht auf ihnen zu ruhen scheint (so 
z. B. Liv. 5, 17 und die Stellen A. 179; Becker 2, 1, 308), so werden 
sie natürlich darum nicht weniger als Eponyme gezählt, wenn jedoch 
eine solche Abdankung sehr bald nach dem Antritt stattfand, sie 
und ihre Nachfolger zusammen nur als ein ganzes Collegium ge- 
rechnet Es ist dies der älteste Fall collegialischer Suffection ; doch 
ist das früheste sichere Beispiel der Art das bekannte vom J. 592, 
denn das ähnliche vom J. 310 ist nachweislich erdichtet (S. 93) und 
das unter dem J. 361 nach den unsicheren Spuren der capitolinischen 
Tafeln restituirte mindestens zweifelhaft. Es ist nicht abzusehen, 
was auch in andern Fällen vorzeitiger Erledigung staatsrechtlieh 
einem solchen Verfofaren entgegengestanden haben sollte. Dennoch 



DAS AMTSJAHR. 83 

logisch betrachtet von selbst den betreffenden Eponymen 
zu. Das Magistratsjahr mit fixirtem Antrittstag ist von dem 
Kalenderjahr also nur im Neujahrstag verschieden und 
kann demselben wesentlich gleichgeachtet werden; wie ja 
auch das heutige Kalenderneujahr eben hervorgegangen ist 
aus der Uebertragung des Amtsneujahrs auf das Kalender- 
jähr. Dagegen das Magistratsjahr mit freiem Antrittstag ist 
nichts anderes als die zwischen dem factischen Antritt und 
dem factischen Rücktritt liegende Frist; es ist also zwar 
nicht leicht länger, aber oft kürzer als das Kalenderjahr 
und stellt wegen der dazwischen ausfallenden Interregnen 
nicht einmal eine chronologisch fortlaufende Reihe dar, so 
dafs es dem Kalenderjahr von Haus aus incongruent ist 
und nur durch legale Fiction einem solchen gleichgesetzt 
werden kann. Darum ist es für die römische Chronologie 
eine CardinaUrage, wann das Magistratsneujahr iixirt ward; 
und darauf vor allen Dingen ist die Untersuchung zu rich- 
ten. — Vorher aber wird es nicht überflüssig sein den tech- 
nischen Begriff, den in der Magistratschronologie das Wort 
annus hat, genau festzustellen. £s bezeichnet dies nicht das 
Kalenderjahr — denn wo der Beamte im Amt triumphirt, 
ist ihm stets die ihm eigene Jahrzahl beigeschrieben, wäh- 
rend, wenn damit das betreffende Kalenderjahr gemeint 
wäre, noUiwendig wenigstens ebenso oft die des Folgejahrs 
stehen müfste. Sollte z. B. das capitolinische Jahr CCCIY 
das Kalenderjahr vom 1. März bis 27. Schaltmonat be- 
zeichnen, innerhalb dessen am 13. Dec. die Consuln Yale- 



wnrde es vermiedeD, obwohl mehrmals; z. B. 546. 672 dazu Ver- 
tniassmig war, und erst im J. 711 entschlofs man sich dazu nach 
dem FaU der beiden Coosaln Hirtins und Pansa, worauf dann seit 
Angastas die der Republik so gut wie unbekannten CoUegialsuffee- 
tionen die gesetzliche Regel der Kaiserzeit wurden. 

6* 



S4 DAS AMT&IABR. 

rius und Horatius antraten, so triumphirten sie am 13. 24. 
Aug. 305, nicht, wie doch in der Tafel steht, 304. Es be- 
zeichnet der anntis also die Amtszeit, aber nicht schlecht- 
hin, da er nie auf den König oder Zwischenkönig bezogen 
wird, sondern die Amtszeit des auf ein Kalenderjahr ge- 
wählten , wenn auch vielleicht kürzer oder länger funclio- 
nirenden eponymen Collegiums. Das zweite Decemviral- 
collegium bUeb über anderthalb Jahre in Funktion; die Be- 
amten des J. 352 dankten 2^ Monate vor dem Schlafs 
ihres Kalenderjahrs ab ; nichts desto weniger gilt den Fa- 
sten sowohl jene neunzehn- wie diese zehnmonatliche Frist 
weder mehr noch weniger als die gewöhnliche Einheit des 
Kalenderjahrs. Es ist also dieses Fastenjahr, insofern es 
in seiner ursprünglichen Bedeutung gesetzt und nicht in 
der später zu erörternden übertragenen als Kalenderjahr 
verwendet wird , ein gewöhnlich ungleich aus zwei Kalen- 
derjahren ausgeschnittener, in der älteren Zeit des freien 
Amtsantrittes meistentheils, in der späteren des fixirten im- 
mer und mit rechtlicher Nothwendigkeit, von zwei gleichen 
Kalenderdaten eingeschlossener Zeitraum. Daraus folgt also, 
dafs das Neujahr dieses Amtsjahres mit jeder zufalligen, 
später mit jeder gesetzlichen Verschiebung des Antritts- 
tages ein anderes ward ; und dies bestätigt die Reihenfolge, 
in der mehrere demselben Jahre angehörige Daten in der 
Triumphaltafel verzeichnet sind : 



J. d. St. 
Varr. 


Antiittstag. 


Triumphaltage. 
14 Schaltm. 




394 




15. März _ Ö.Sept 




445 




15.0ct. -13. Nov. 




450 




24. Sept. -29.0ct- 




461 




13. Jan. -13.Febr. 




474 




l.Febr. -10. Juli 




488 




26. Sept. - 5. Oet. - 1 Febp. 


-5. Febr. 



DAS AMTSJAHR. 85 



J.d.St. 
Vmt. 


Antrittstag. 


Triamphaltage. 


513 




4.0ct. - 6. Oct- I.März -4. März 


521 




l.Febr. -IS.März 


587 


15. März 


27-29.NOV. - l.Dec. -n.Febp. 


720 


1. Jan. 


30.Jani - 3.Sept-12.0et. 



Sie fugt sich keinem festen Neujahrstag, weder dem kalen- 
darischen des 1. März, noch dem der Acren von Erbauung 
der Stadt und von Vertreibung der Könige am 21. April 
und 13. Sept., harmonirt aber vollkommen mit der An- 
nahme, dafs in dieser Zählung mit dem jedesmaligen An- 
trittstag des Collegiums das neue Jahr beginnt ^ ^^), Es folgt 
also hieraus für die Zeiten, wo das Amtsneujahr sonst 
nicht bekannt ist, dafs es nicht zwischen zwei Triumphal- 
daten desselben Jahres gefallen sein kann, also z. B. 474 
nicht zwischen 1. Febr. und 20. Juli, 513 nicht zwischen 
4. October und 4. März. Aber auch hievon abgesehen fin- 
det die Untersuchung über die Amtsneujahre, zu der wir 
uns jetzt wenden, eines ihrer wichtigsten Hulfsmittel in 
dem officiellen und datirten Yerzeichnifs der Triumphe, 
indem dasselbe sorgfaltig die vor und nach der Amtsnieder- 
legung gefeierten Siegesfeste unterscheidet * ^ ^) und diese, 
zwar nicht gerade in der ältesten Zeit der Sommerfeldzüge, 
wohl aber etwa von der Mitte des vierten Jahrhunderts an, 
regelmälsigi ^ ^) und oft nachweislich erst gegen das Ende 



113) Dies bemerkt aach Brb'cker Unters. S. 329. 

114) Triumphe nach Niederlegangp des Amtes fanden übrigens 
vor 427 gar nicht, in den folgenden zwei Jahrhunderten nicht häufig 
statt. 

115) Natürlich kommen auch jetzt noch Sommerfeldzüge und 
Triumphe in der Mitte der Amtszeit vor, nachweislich z. B. 488. 
513, was Vorsicht nöthig macht. Die Daten proconsularischer 
Triumphe geben für diese Untersuchung keine Ausbeute, da wenn 



86 DAS AMTSJAHR. 

der Amtszeit gefeiert wurden. Es sind die Triumphaldaten 
in dieser Hinsicht namentlich von Bredow» ^ ^) verständig 
benutzt, von neueren Bearbeitern desselben Gegenstandes 
dagegen, wie von Becker^^^*) und A. Mommsen^^'), 
häufig unbillig vernachlässigt oder gar ignorirt worden. 

245—260: 13. Sept ' 

Die ersten Consuln traten nach Angabe des Diony- 
sios^ »s) an im 1. Jahr der 68. Olympiade, unter dem 
Archontat des Isagoras, TerrdQwv firjvdiv elg tdv iviav- 
tÖv ixetvov vTtokeinoixiviov. Es fragt sich, welches 
Neujahr Dionysios hier im Sinne gehabt hat. Gewifs nicht 
das attische, wie dennoch Manche angenommen und den 
Amtsantritt der ersten Consuln danach in den März gesetzt 
haben* * s»). jenn obwohl Dionysios seinem Jahre das nach 
der gangbaren Gleichung entsprechende Olympiaden- und 
Archontenjahr beizufügen pflegt, hat er doch seine Annalen 
nach römischen Jahren geordnet und konnte nicht, ohne 
darauf besonders hinzuweisen , die Monate attisch zählen. 
Unter den vielen römischen Neujahren aber wird man 
wahrscheinlich, wie es auch gewöhnlich geschieht* * ö), an 
das zur Zeit des Dionysios geltende Kalenderneujahr, also 



das Amt einmal verlängert wurde, es eben so häufig, ja häufiger auf 
eine Feldzugsfrist als auf kurze Zeit prorogirt ward. 

116) 'Zu welcher Zeit des Jahres traten die römischen Consuln 
ihr Amt an'? in seinen Untersuchungen über alte Geschichte (Altona 
1800) 1, 138—184. 

116a) Handb. 2, 2, 94— 102. 

117) Rom. Daten S. 21 fg. altröm. Zeitrechnung S. 57 fg. 

118) 5, 1. 

118a) ScheiflTele röm. Jahrb. S. 61. A. Mommsen röm. Daten 
S. 22. 

119) Becker Handb. 2, 2, 95. Schwegler R. G. 2, 99. 



DAS AMTSJAHR. 87 

d^i 1. Jan. zu denken haben; theils weil die Auflassung 
eines ältereren Gonsuljahres als zurückgerechneten juliani- 
schen zwar nicht historisch, aber chronologisch richtig und 
den Späteren geläufig ist , theils weil nur unter der Vor- 
aussetzung, dafs die Vertreibung der Könige in den Sept. 
fiel, die fräheren und späteren Daten desselben Schrift- 
stellers sich erklären: die Erscheinung der letzten Vor- 
zeichen der herannahenden Revolution im Frühjahr vor- 
her* 1 9*). die Angabe, dafs 254 nach dem Tode des einen 
Consuls am dritten Tage nach den römischen Spielen (im 
Sept. * 2 0) sein College *die übrige kurze Zeit' allein im Amte 
geblieben sei^^o»). endlich der ganz entscheidende Be- 
richt, dafs die Consuln des J. 260 kurz vor dem gesetz- 
lichen Endtermin ihres Amtes die Wahlen ihrer Nachfolger 
vornahmen und darauf zum 1. September, früher als die 
bisherigen Consuln {ß'orxov r) TÖTg TrqatiqoiQ ed-og ^v), 
dasselbe niederlegten* ^i), wozu man noch den freilich 
nicht von Dionysios, sondern von Plutarch* 22) berichte- 
ten mit dem Amtsantritt am 1. März durchaus nicht ver- 
einbaren Todestag des Brutus 28. Februar fügen kann. 
Es sind also entweder die Kaienden oder die Idus des 
September von Dionysios gemeint, denn es steht fest, dafs 
die Consuln nur am Neu- oder am VoUmondstag ihr Amt 
antreten können; unter diesen beiden Tagen aber entschei- 



119a) Diooys. 4, 63. A. Mommsen durfte dies nicht für seine 
Auffassung anführen; ein vor dem 1. März erschienenes Wahrzei- 
chen würde mit mehr Recht ein winterliches heifsen. 

120) Später wurden sie vom 4 — 19. Sept. gefeiert; welches der 
ursprüngliche Festtag war, ist nicht bekannt. 

120a) Dionys. 5, 57. 

121) Dionys. 6, 49. 

122) PopUe.9. 



88 PAS AMT8JAHR, 

det der Zasammenhang der eben mitgetbeilten Angabeo 
für den späteren. Diese Iden des September des J. 245 
sind auch anderweitig ein bedeutsamer Tag in der römi- 
schen Chronologie: es ist der Tag, an dem der Gonsul M. 
Horatius den capitolinischen Tempel einweihte ^ ^ ^). Wenn 
diese älteste Angabe mit der jüngeren den Horatius nur als 
Ersatzconsul auffahrenden in Widerspruch tritt, so ist 
die letztere eben augenscheinlich eine spätere Interpo- 
lation ^ 2 3&). die innere Unmöglichkeit, dafs der durch die 
Revolution ans Ruder gelangte Consul mit jener Weihe des 
fertig vorgefundenen Tempels sein Amt begonnen haben 
soll, kommt nicht in Betracht bei einer Erzählung, die im 
besten Fall Sage ist' 24). — Was sonst von angeblichen 
Daten der Königsflucht und des Antritts der ersten Gonsuln 
sich vorfindet, beruht lediglich auf alten oder neuen Mifs- 
Verständnissen 12^*). Das aber scheint offenbar, dafs in 



123) Platarch PopUc, 14. Lir. 7, 3. 

123&) Bekanntlich nennt der bei weitem älteste Gewährsmann 
Polybios (3, 22) als eponyme Consnln dieses J. Bratns und Hora- 
tius ; die Namen des Lucretius, Tarquinias, Valerius Poplicola sind 
wohl erst im siebenten Jahrhundert in die Fasten dieses Jahres hin- 
eingelogen worden. 

124) Dionysios 5, 35 und Tacitus hist 3, 72 haben aus dieser 
Ursache die Tempelweihe in das zweite Consulat des Horatius 247 
verlegt, Bredow S. 147 sich dadurch bestimmen lassen den Amtsan- 
tritt nach den Iden des September anzusetzen. 

124&) Wenn Plutarch q, Rom, 19, also Varro, jedoch nicht als 
eigene Meinung, als Datum dieses Amtsantritts den 1. Jan. nennt, 
so ist die Absicht für ganz junge Einrichtungen uralte Vorbilder 
nachträglich zu schaffen unverkennbar. — Die Ansetzung der Kö- 
nigsflucht auf den 24 Febr. (Ovid. fast 2, 6S3fg. Fest. v. regifu- 
gium p. 278 Müll.) ist nichts als ein schon von Verrius Flaccus ge- 
rügtes Mifsverständnifs des reg\fugtum, das auf diesen Tag fällt: es 
geht nicht auf die Flucht der Tarquinier, sondern auf eine al^jähr- 



DAS AHTSJAHB. 89 

d^ älteren und rdn^^n Ueberiiefening die Revokition 
zeitlos war; denn dafs der 15. September zunächst der 
Tag der Tempelweihe und auf den Amtsantritt nur spMer 
übertragen ist, wird auch dem einleuchten, dem die Ur- 
sadi^ dieser Uebertragung nicht klar sind. — Die Trium- 
phaldaten dieses Zeitraums (250 , ^6. Mai — 251, 3. und 
4. April) ?ereinigen sich ohne Mühe mit dem Antrittsdatum 
des 13. Sept. 

261—271?: L September » ^s), 
272-- 274: 13. September! 
275—291: 1. August 

Wenn die Consuln bis 271 am 1. September antraten, 
so schoben für 272 die beiden Interregnen den Antritt vor 



lieh wiederkehrende Opferhandlung, nach deren Beendigung der 
K^nig, der sie voUzog, sich eilig vom Comitium za entfernen hatte 
(Schwegler 2, 99. Marquardt Handb. 4, 266). — In dem Mifsver- 
ständoifs der dem 24. März und 24. Mai im Kalender beigeschriebe- 
nen Noten Q. R. C. F. (Ovid./twf. 5, 727. Verr. Place, kal. Pram. 
24. März) hat derselbe Irrthum. in zweiter Potenz wiederkehrend, 
zwei andere wo möglich noch nichtigere Tarquinierfluchttage er- 
zeugt. — Uebrigens konnte auch der Tag der Königsflucht nicht 
wohl als der des Antritts der ersten Consuln angesetzt werden. — 
Wenn endlich Brutus am 1. Juni für glückliche Vertreibung der 
Tyrannen ein Gelübde löst (Macrob. sat 1, 12, 31)^ so hat dieser 
Tag damit gewifs nicht^ wie A. Mommsen (röm. Daten S. 23) meint, 
als der seines Amtsantrittes bezeichnet, sondern der lunius etymo- 
logisirt werden sollen. 

125) Diouys. 6, 49. Die in aller Weise verwirrte Angabe des 
Lydus de mag. 1, 38, dafs der erste Dictator T. Marcins [T. Lar- 
ciiis Dictator 253 oder 256] anfangs die ersten Consuln Titus und 
Valerius [Consulatvon 246?] wieder habe wählen lassen, dann nach 
deren Abdication andere am 1. Sept. ernannt habe, bleibt billig auf 
sich beruhen ; es ist nicht viel weniger unkritisch solche Nachrich- 
ten zu benutzen als zu verfassen. 



90 DAS AHT8JAHR. 

auf die Iden des September ^ ^ ^), im J. 274 der um zwei 
Monate ?or der Zeit erfolgte Rücktritt des überlebenden 
Consuls und die darauf folgenden Interregnen ilm zurück 
auf die Kaienden des August^^^). Dieser vermuthlich 
durch Rechnung gefundene Antrittstag ist bezeugt als län- 
gere Zeit stehend * ^ ®) und insbesondere für 278 ^ ^ o) und 
291 1 3 0). _ Die Triumphaldaten (268? Mai odw Juni — 



126) Diooys. 8, 90. Man beachte, dafs der AntritUtag Kalen- 
den- oder Idustag sein mufs. 

127) Dionys. 9, 13. Der Gonsul dankte ab um die Iden des 
Jali; worauf Interregnen eintraten; also erfolgt der Amtsantritt 
nicht vor dem 1. August 

128) Liv. 3, 6 : kaL SextiUbus ut tunc principitem anni cigeba- 
tttr consulatum ineunt — Das Datum der Schlacht an der Cremera 
war, nach der besser beglaubigten Ueberlieferung, dasselbe wie das 
der Alliaschlacht, der 18. Juli (Liv. 6, 1. Tac. bist. 2, 91); wenn 
Ovid (fast. 2, 195) dafür den 13. Febr. nennt, so hat er wahrschein- 
lich den Auszugstag mit dem Schlachttag verwechselt. Livius 2, 52 
scheint allerdings anzunehmen , dafs die Schlacht nicht lange nach 
dem Amtswechsel stattgefunden ; doch wird man Daten dieser Art, 
die so leicht verschieden gewendeten Versionen angehören können, 
kaum combiniren dürfen. A. M. ist A. Mommsen altröm. Zeitr. 
S. 58. 

129) Denn das hat Dionysius gemeint, wenn er datirt 'etwa um 
das Sommersolstitium im SextiF (9, 25), worüber Beilage VIII zu 
vergleichen ist. — Noch hebt Bredow S. 148 mit Recht hervor, dafs, 
wenn nach Dionysios Erzählung (9, 61) die Consuln des J. 289, 
nachdem sie bis um die Erntezeit im Felde gestanden, der Gomitien 
wegen nach Rom zurückkehren, dabei gleichfalls an den Amtswech- 
sel vom 1. August gedacht ist 

130) S. A. 128. Bredow S. 150 macht richtig geltend, dafs bei 
der nach Dionysios (9, 67) um den 1. Sept 291 beginnenden und 
das ganze Jahr wüthenden Pest, die dann unter den folgenden Con- 
suln aufhört (9, 69), ebenfalls an das mit dem 1. Aug. beginnende 
Magistratsjahr gedacht werden mufs. 



DAS AMTS JAHR. 91 

279, 1. Mai — 280, 15. März) passen zu dem Amtsantritt 
im Herbst. 

292 — ...: 13. August. 

Die CoDSuln des J. 291 starben im Amte; nachdem 
einige Interregnen verlaufen waren, erfolgte die Neuwahl 
am 11., der Amtsantritt also ohne Zweifel am 13. Au- 
gust ^^0. 

.... 295--304: 15. Hai 

Dieser Antrittstag ist abermals bezeugt als längere Zeit 
stehend ^ ^ 2). wann er aufkam, ist nicht bekannt ^ ^ 3); dafs 
er schon 295 bestand, machen die Triumphaldaten von 
diesem Jahre (2/7. und 13. Mai) wahrscheinlich; ausdrück- 
lich angegeben finden wir ihn für 304 ^ ^ *). Zwar scheint 
damit sich nicht recht zu vertragen, dafs die für 303 ge- 
wählten Gonsuhi nach ihrem Amtsantritt > ^ ^) abdankten 



131) Liv. 3, 8: cum aliquot interregna exissent, P, Faleriui 
Pubhcola tertio die quam interregnum inierat consules creat L, 
Lucretium Tricipiünum et T, Feturium Geminum {sive äle Fetu- 
stus fuit) ante diem III idus Sexiües, ConstUatum tneunt tarn sa- 
tis valida dvitate u. s. w. Man pflegt den Satz nach Jtiit zu schlie- 
Tsen und dies als den einzigen Fall anzuführen, wo die Gonsuln 
nicht am Neu- oder Vollmondstag angetreten seien. Allein das Da- 
tum des Livius scheint sich vielmehr auf die Wahl zu beziehen, so 
dafs der Interrex am dritten Tage seines Amtes diese veranstaltete, 
am folgenden niederlegte und am Tage darauf die Consuln antraten. 
DaTs die Wahl in dieser Zeit dem Antritt unmittelbar vorherzuge- 
hen pflegte^ ist bekannt. Uebrigens kann es sein, dafs Livius sich 
selber versah. 

132) Liv. 3, 36: Idus tum Maiae soüemnes ineundis magUtra- 
tibus erant. 

133) Die Ergänzungswahl im Dec. 294 (Liv. 3, 19) entscheidet 
nicht. 

134) Liv. 3, 36. 38. Dionys. 10, 59. 

135) Das sagen ausdrücklich Liv. 3, 56, 9 und Dionys. 10, 56. 



92 DAS AMTSJAHR» 

um dem Decemvirat Platz zu machen ; man sollte meinen, 
daijs dadurch der Antrittstag sich hätte verschieben müssen. 
AUdn da die beiden zurücktretenden Consuln zugleich die 
beiden an der Spitze des CoUegiums stehenden Decemvirn, 
Consulat und Decemvirat aber qualitativ das gleiche Amt 
sind, hat man wahrscheinlich die Ernennung der acht 
übrigen Gollegen nur als eine Erganzungswahl und den An- 
trittstag der Consuln als den des Gollegiums betrachtet ^ ^ ^). 

305—352: 13. Dec. 

Dafs das zweite DecemviralcoUegium über den gesetz- 
lichen Tag des Rücktritts 14. Mai hinaus im Amte blieb, 
ist bekannt. An welchem Tage sie wirklich niederlegten, 
wird nirgends gesagt, folgt aber daraus, dafs nach ihrer 
Abdankung erst die Yolkstribunen, darauf, offenbar un- 
mittelbar nachher, die Consuln ernannt wurden ^ ^ ^) : denn 
da der Amtsantritt der Tribunen bekanntlich am 10. De- 
cember erfolgte, müssen die Consuln an dem nächsten 
darauf folgenden zum Amtsantritt geeigneten Tag, also am 
13. Dec. angetreten sein. Damit stimmt aufs Beste über- 
ein, dafs dieser Tag als der für diesen Zeitabschnitt ge- 
wohnliche Antrittstag bezeichnet ^ 3®) und insbesondere 
für die Jahre 311.» 3»), 331 »*o) y^d 352 >*i) bezeugt 



Aach konnte der Beamte vor dem Antrittstag wahrscheinlich eben 
so wenig resigniren wie der Erbe vor der Delation ; der Fall der 
Option (Liv. 39, 59) , auf den Becker (2, 2, 50. 53) sich für die ent- 
gegengesetzte Meinung beruft, ist wesentlich verschieden. 

136) Vgl. Becker 2, 2, 134. 

137) Liv. 3, 54. 55. 

138) Liv. 5, 9. 11. 

139) Dionysios 11, 63. 

140) Liv. 4, 37. 

141) S. A. 138. 



DAS AMTSJAHB. 03 

wird , wie denn auch die Triomphaldaten dieser Zeit (305, 
13. und 24. Aug. — 311, 4. Sept.) sich damit wohl ver- 
tragen. — Sdiwierigkät aber macht das Jahr 310. Für 
dieses Jahr, heifst es, wurden Kriegstribunen ernannt; die- 
selben aber hätten am 73$ten Tage ihrer Amtsföhnmg, 
also zum 1. März, als fehlerhaft gewählt ihr Amt nieder- 
gelegt und die an ihrer Stelle erwählten Consuln L. Papirius 
Mugillanus und L. Sempronius Atratinus für den Rest des 
Jahres dasselbe verwaltet * * ^). Zwar mit dem ordentlichen 
Amtswechsel am 13. Dec. streitet dieser Bericht so wenig, 
dafs er vielmehr denselben voraussetzt; aber es liegt darin 
ein viel bedenklicherer Widerspruch gegen die Grundlagen 
unserer Untersuchung, indem hier offenbar ein nicht blofs 
factisch, sondern gesetzlich fixirtes Amtsneujahr vorausge- 
setzt wird. Indefs die Ueberlieferung selbst steht nichts 
weniger als fest. His eonsulibm, sagt Livius, cum Ärdeati- 
hus foedus renovatum est, idque monnmmti est constdes 
eos illo anno fuisse, qut neque in annalibus priscis neque 
in Uhris magistratuum inveniuntur ' * ^); credo, quod tri- 



142) Diooys. 1 1 , 62 nennt den 73. Tag, Liv. 4^ 7 den dritten 
Monat ihrer Amtsführung. Vom 13. December bis znm 28. Februar 
eines gemeinen Jahres verfliefsen nach älterem Kalender allerdings 
73 Tage. Wer aber so rechnete, scheint weder den diesem Jahre 
zukommenden Schaltmonat in Ansatz gebracht noch die Interregnen- 
tage berücksichtigt zu haben. Die offenbar der Auffassung des Li- 
vius und Diouysios widerstreitende Annahme, dafs Mugillanus und 
Atratinus nicht den Jahresrest, sondern ein volles Kalenderjahr im 
Amte gewesen, hat Bredow S. 152 zu ganz unrichtigen Folgerun- 
gen geführt 

143) Auch in den capitoliniscben Fasten und bei Fabius (Dio- 
dor.) scheinen nur die Kriegstribune gestanden zu haben. Man 
beachte auch, dafs bei dem Gonsul L. Papirius Mugillanus 327 we- 
der der Chronograph noch Livius (4, 30) selbst die Iteration be- 
merken. 



94 DAS AMTSJAHR. 

bum militum inttio annt fuerunt, eoperinde ac sitotum an- 
nwn in imperio fuerint suffectis üs conmUbus praetermissa 
nominacansulum horum, Idcinms Macer auctor est et in foe- 
dere Ärdeatino et in linteis libris ad Monetae inventa. 
Aehnlich erzählt Dionysios, dafs in den meisten romischen 
Annalen entweder blofs Tribmien oder blofs Consuln ge- 
nannt seien, in wenigen beide, alg i^fieig ovx avev XoyL- 
Ofiov avy%(ncecLd'ifie&<Xj Ttunevovreg di Toig ix twv 
leQcüv Te Ttat aTCod^irmv ßißhav fiaQTVQiaig — worauf 
des ardeatischen Bundesvertrages gedacht wird. Offenbar 
fand man in der Zeit der historischen Forschung einen 
sehr alten Vertrag zwischen Rom und Ardea auf, dessen 
römische Beamtennamen man in der Magistratsliste ver- 
geblich suchte und die man hier unteii)rachte, weil nach 
dem Confilict mit Ardea 308. 309 die Erneuerung des 
Bündnisses in das Jahr 310 zu passen schien > ^^). Dabei 
übersah man einerseits, dafs die ältere Republik weder der- 
artige Abdicationen v^gen fehlerhafter Wahl noch subro- 
girte GonsulcoUegien kannte (A. 112), andrerseits, dafs im 
J. 338 allerdings zwei Kriegstribune mit consularischer 
Gewalt M. Papirius Mugillanus und A. Sempronius Atrati- 
nus in den Fasten begegnen, die höchst wahrscheinlich die 
gesuchten consularischen Beamten sind. Sie mögen in der 
Urkunde praetores genannt und diese allgemeine Bezeidi- 
nung des Oberbeamten falschlich als ältere Bezeichnung 
des Consuls gefafst worden sein. An diesen verzeihlichen 
Fehler schlössen sich dann unverzeihliche Lügen: nicht 
blofs Nebenumstände der angeblichen Abdication wurden 
nach den bekannten Vorfallen späterer Zeit mit allem 



144) Liv. 3, 71. 72. 4, 1. 9. 



DAS AMTSJAHR. 95 

i. D^il von Namen und Daten weiüaailig dargestellt i^^), 

I sondern auch die Autoritäten hinzuerfunden — d^mi so 

f gewifs jener Vertrag mit Ardea alt und ädit war, ebenso 

( gewifs legen jene ,heiligen und geheimen Rollen', auf deren 

1 Autorität hin diese Beamten dem J. 310 zugewiesen worden 

), sind, hier falsches Zeugnifs ab; wobei allerdings die Autori- 
tät weder der leinenen Bücher gewinnt, noch ihres Expo- 

r nenten Licinius Macer ^ ^ ^), noch seiner nicht ganz, aber 



I doch noch immer allzu gläubigen Ausschreiber Livius und 

f Dionysios. — Indefs wir sind mit diesen Betrugereien noch 

I keineswegs am Ende. Unter dem folgenden Jahre (311) 

bemerkt Livius ^ ^ ^ ) : Idem hie annus censurae indtium fmU 

Cum a primortbus civitatis spretm honor esset, 

Papiriwn Semproniumque , quorum de cansulatu dubita- 
batur^ ut eo magistratu parum solidum cormdatHm ex- 
plerentf'censiä agendo poptdus suffragiis praefecit; censo- 
res ab re appeUati sunt. Desselben Berichts gedenkt 
Cicero in einem Briefe an L. ^Papirius Paetus^^®): 

145) Vgl. Liv. a. a. 0.: viiio creati honore abiere, quod C, Cur^ 
ims, qui eondfUs eorttm praqfu»eratf parum rede tabemaeuhan ee- 
pisset mit Val. Max. 1, 1, 3: a Ti. Graccho ad coüegium augtirum 
Utteris ex provincia müsisy quibus sigtdficahat se — animadver- 
Usse viUo tabemcundum captum comitäs conttdaribus quae ipse 

fedsset, eaque re ab auguribus ad senatum relata^ iussu eins — se 
eonsulatu abdicavenmt und die andern Erzählungen dieses Vorfalls, 
aach bei Gran. Lidnianus p. 11 ed. Bonn. 

146) Cicero war sein Freund nicht, aber er hat ihm schwerlieh 
zu viel gethan, als er (de leg. 1, 2, 7) das ungewöhnlich scharfe Ur- 
theil schrieb: nam quid Maerum numerem ? cuius loquadtas habet 
aHquid arguHantm, nee id tarnen ex iUa erudita Graeeorum oopiOf 
sed ex UbrarioUs Latmis. In orationibus autem multa sed mepta 
datio (die Hdschr. multas inepius datio), summa impudenUa. 

147) Liv. 4, 8, womit Dionys. 11, 63 and Zonar. 7, 19 über- 
einkommen. Vgl. Niebahr 2, 462. 

148) adfam. 9, 21. 



96 BAS AMTSJAHR. 

Qui tibi vmit m mmtem negare Papirium quemqtum 
unquam nisi plebeium fuisse? Fuerunt emm patricii 
mmorum gentium, qnorum princepiL. Papirius MugtUa- 
nw, qui cemor^ ^^) cum L. Sempronio Ätratino fmt, cum 
antea conml cum^eodem fmsset, annis poat Romam con- 
ditam CCCXIL Dafs diese Cen^ur nur erftmden war um 
das erfund^e Gonsulat zu ergänzen, sagt LJTius so ziem^ 
lieh geradezu. Es. ist ,nun allerdings möglich, dafs die fal- 
schen Namen sich an eine echte, die Eniennung der ersten 
Censoren, vielleicht ohne deren Namen zu nennen, unter 
diesem Jahre berichtende annalistische Notiz angeschlossen 
^!d9«n; aber manche Gründe machen es weit wahrschein- 
licher, dass nicht diese, sondern die demnächst beim J. 319 
genannten Censoren in der That die ersten gewesen sind. 
Denn dazu palst nicht blofs vortrefflich, dafs die Censoren 
des J. 319 das Gebäude einrichteten, in welchem seitdem 
die Schätzung abg^alten ward, sondern es föUt auch in 
ihre Zeit das Gesetz des Dictators Ham^cus Aemilius 
Mamercinus, durch das anerkannter Mafsen die Dauer der 
Censur auf 18 Monate festgestellt wurde* ^o). es liegt nahey 
darin dasjenige Gesetz zu erkennen, welches die Censur 
ub^haupt ins Leben gerufen hat. Zwar erscheint in der 
Fassung, die wir jetzt lesen, die Erzählung so gewendet, 
dafs das Gesetz die allzu bedenkliche Fünfjährigkeit der 
Censur beseitigt und ihre Dauer verkürzt habe. Allein wer 
einmal die Censur höher hinaufrückte, war schlechterdings 



149) In der Handschrift ist eonsul und cenaor vertauscht. 

150) Liv. 4, 22: Eo anno C, Furmt Pacilus et M. Geganiut 
Macermus censores viUam pubk'cam in eampo MerUo probaventnt 
ibique primum census popuU est actus, Zonar. 7, 19. Dafs die 
CcDsoren Pacilus und Macerinns bei dem J.^Bld, der Diotator Ae- 
milius bei 320 steht, kommt natürlich nicht in Betracht. 



DAS AMTSJAHR. dT 

genöthigt dem aemiüschen Gesetz eine andere Wendung zu 
geben, und wie es mit dieser FönQährigkeil selber steht, 
werden wir später noch sehen ; hier genügt es zu erinnern, 
wie wenig die Furcht vor der Censur sich reimt mit der 
'res a parva origine orta* ' * ' ). Dafs der ganze Bericht die 
demokratische Parteifarbe der letzten Zeit der Republik 
trägt, und dafs bei der damaligen Reaction gegen die sul- 
lanischen unter Anderem auch die Censur beseitigenden 
Ordnungen dieses Amt nicht blofs wiederhergestellt ward, 
sondern höchst wahrscheinlich die 'althergebrachte' Fünf- 
jahrigkeit erhielt, wird demjenigen, der die römische Re- 
volutionszeit und Macers Parteistellung insbesondere kennt, 
als ein weiterer Beweis dafür erscheinen, wie man damals 
zu sehr praktischen Zwecken antiquarische Lügen in 
Umlauf zu setzen verstand ^^^). — Hier also, haben wir 
nach dem falschen Consul G. Papirius Mugillanus einen 
gleichnamigen falschen Censor; noch ein dritter falscher 
Beamter dieses Namens dürfte der wahlleitende Interrex 
G. Papirius Mugillanus 334 sein. Dieses Jahr, wird er- 
zählt' 5 3)^ soll zum gröfsten Theil durch Interregnen aus- 
gefüllt sein; was insofern auflallt, als man dann eine Ver- 
schiebung des Antrittstages erwarten sollte und dieser doch 
nach wie vor der 1 3. December bleibt. Aber dies ist Kleinig- 
keit; von ganz anderem Gewichte ist es, dafs hier eine die 



151) Zooar. 7, 19: rJQX^v S^ t« fxh ngeÜTa xal t« nXevraia 
Inl nevrastCav, h dk t^ fiiatp XQ^^V ^^^ "r^etg i^afirfvovs, Cic. 
de leg", 3, 3, 7 : censores — magUtratum qtänquennium habento. 
Meine Gesch. 3, 92. 

152) Ob gleichzeitig die Censuszahlen aas der Zeit der frühe- 
ren Republik entstanden sind, bleibt dahingestellt; an ihrer Unächt- 
beit kann kein Zweifel sein. 

153) Liv. 4, 43. 

Mommsen, Chronologie. 8. Aufl. 7 



98 DAS AMTSJAHR. 

loterregneDwahi verhindernde tribunicische Intercession be- 
gegnet* s*) — eine staatsrechtlich wie praktisch gleich 
unsinnige Vorstellung, über welche die alten Tribunen des 
fünften Jahrhunderts gar sehr die Köpfe geschüttelt haben 
möchten, die aber recht bezeichnend ist für Macer und sei- 
nes Gleichen, buchgelehrte Demokraten voll bornirten Glau- 
bens an die allmächtige tribunicische Gewalt, für deren 
Wiedererweckung von den Todten sie täglich auf dem Markt 
und im Senate stritten. Wir haben also guten Grund auch 
diesen Interrex dem Consul und dem Censor nachzusen- 
den. — Aus welchen Gründen das kurze Interregnum von 
413**5) den Antrittstag nicht verschob, lafst sich nicht 
ausmachen. 

353— . . .: L Oetober. 

Die Beamten des J. 353 traten vor der Zeit am 1. Oe- 
tober ihr Amt an* ^^). Ob und wie die verfrühte Abdica- 
tion der Eponymen des J. 357^ ^ ?) Q^d der nicht hinrei- 
chend aufgeklärte Umstand, welcher für das J. 361 vier 
Consulnamen in die Fasten gebracht hat ' * ^), den Antritts- 
tag verschoben^ ist nicht bekannt. 



154) Liv. a. a. 0.: res publica a consulibus ad interregnum, we- 
que id ipsuin (natn coire patricios tribuni prohibebant) sine ingenÜ 
certamine, redit. Der ganze römische Staatsorganismus raht dar- 
auf, dafs, wenn curulische Magistrate fehlen, die Patricier von 
Rechtswegen, unberufen und also auch ungehindert, zusammentre- 
ten den Interrex zu bestellen. Dafs der Senat dazu wie zu jedem 
andern gesetzlich nothwendigen Act auffordern konnte, versteht 
sich; aber eine rechtliche Nothwendigkeit diesen Senatsbeschlufs 
abzuwarten bestand sicher nicht. 

155) Liv. 4, 51. 

156) Liv. 5, 9. 11. 

157) Liv. 5, 17. 

158) Wir wissen darüber nichts, als dafs die capitotinischen 



I>AS AMTSJAHR. ( "Ül^^'^®'*^^^ 

363—364 . . .: 1. Juli 

Der Antritt der Eponymen des J. 363 am 1. Juli war 
durch den vorzeitigen Rücktritt ihrer Vorgänger bedingt 1 * ®). 
Zu diesem Tage pafst ferner die unmittelbare Verbindung, 
in die der Magistratswechsel 363/4 und die Schlacht an 
der Allia (18. Juli) in den Annalen gebracht werden » ^^) 
so wie die offenbar noch in dasselbe Magistratsjahr gesetzte 
Vertreibung der Gallier nicht lange vor dem 5. Juli'ß*). 
Schwerlich indefs hat dieser Antrittstag, der, wenn die Ka- 
lenderjahrzeiten den wirklichen nur einigermafsen ent- 
sprachen, höchst ungeschickt lag, längere Zeit Bestand ge- 
habt. Die Interregnen 364/5» 02) und 366/7 »ß 3) §0 wie 
die sogenannte Anarchie mit Interregnum' ^^) haben den 
Antrittstag ohne Zweifel verschoben; dafs er im J. 394 
nicht mehr bestand, beweist die Triumphaltafel, insofern 
sie das Amtsneujahr zwischen den 15. März und den 5. 
Sept. zu setzen verbietet. Für die nächste Zeit fehlen die 
Daten; die Triumphaltage 15. Mai 396; 1. Juni 397; 3^. 
Juni 400 scheinen auf ein Amtsneujahr im Hochsommer 



Fasten in diesem Jahre die bei Livins erwähnten Consaln erst in 

zweiter Linie nannten und sie einleiteten mit einer Notiz: nL 

In e, [l. facti sunt] u. s. w. 

159) Liv. 5, 32. 

160) A. Mommsen rb'ro. Daten S. 30. 

161) Varro 6, 18 (vgl. Marquardt Handb. 4, 267). Damit hän^ 
auch Gamillus jährige Dietatur (Liv. 6, 1. Plutarch Com. 31) zu- 
sammen; die Sage liefs ihn gleich nach der AUiaschlacht dieselbe 
übernehmen und bald nach der Vertreibung des Feindes sie nieder- 
legen. Unvereinbar damit ist freilich die ältere Notiz, dafs die Be- 
lagerung etwa sieben Monate gewährt habe, wonach Plutarch (Com, 
30) den Abzug der Kellen auf den 13. Febr. setzt. 

162) Liv. 6, 1. 

163) Liv. 6, 5. 

164) Liv. 6, 36. 

7* 



100 DAS AMTSJAHR. 

hinzuweisen; das etwa 40lagige Interregnum 398/9 ><^»), 
das etwa 55tagige 401/2» ß^), das zehntägige 402/3 > «') 
so wie andere uns nicht bekannte Störungen mögen man- 
cherlei Veränderungen hervorgerufen haben. 

• • • • 404 ••••*!• AftrZ« 

Der Amtsantritt am 1. März folgt aus dem am 17. Febr. 
404, kurz vor dem Ablauf der Amtszeit, von dem Consul 
dieses Jahres gefeierten Triumph* ^^). — Es fehlai dann 
wieder längere Zeit alle positiven Angaben; die Triumphal- 
daten dieser Zeit — 1. Febr. 408; 21. und 22. Sept. 411 ; 
18. Mai 414; 13. Jan. 415; 28. und 29. Sept 416; 15. 
März 419 — deuten auf starke Schwankungen; wir wissen 
von einem Interregnum 410/1 »^o)^ von Yerfrühung des 
Amtsantritts 413/4* ^ o), von einem 25tägigen Interr^num 
420/2«'»). 

.... 426 . . . .: LJulL 

Für das Jahr 425 ist der Amtsantritt am 1. Juli be- 
zeugt* ' ^); von da an aber fehlen durch mehr als ein Jahr- 
hundert bis zum Anfang des hannibalischen Krieges alle 



165) Liv. 7, 17. 

166) Liv. 7, 21. 

167) Liv. 7, 22. 

168) Liv. 7, 22 und die Triamphaltafel bei diesem J.; Bredow 
S. 162. Dafs bei den Quirinalien nur an das bekannte Fest dieses 
Namens gedacht werden darf, zeigt schon die Vergleichung der 
Triumphaltafel 393. 432. 587 , die in bemerkenswerther Weise nur 
bei diesem Tage , aber bei diesem regelmäfsig, statt des Kalender- 
tages das Festdatum gebraucht Beckers (2, 2, 99) Vermuthang, dafs 
der 28. Juni gemeint sei, ist von A. Mommsen (altr. Zeitr. S. 57) 
Bit Recht abgewiesen worden. 

169) Liv. 7, 28. 

170) Liv. 8, 3. 

171) Liv. 8, 17. Das Jahr 421 ist DicUtorenjahr. 

172) Liv. 8, 20. 






DAS AMTSJAHR. 101 

ausdruckliehen Zeugnisse. Das ungemeine Schwanken der 
Daten in der Triumphaltafel, die fast allein hier einigen 
Anhalt gewährt, durch die nächsten fünfzig Jahre» ^ 3) er- 
giebt das negative, aber darum dennoch sehr wichtige Re- 
sultat, dafs bis dahin der Antritt der Eponymen sich noch 
nicht fixirt hatte; bestimmtere Resultate ihr zu entnehmen 
ist bedenklich, obwohl zum Reispiel danach 435 — 459 der 
Amtswechsel offenbar im Herbst stattgefunden haben mufs. 
Von Ereignissen, die den regelmäfsigen Amtswechsel zu 
stören geeignet waren, sind hervorzuheben das 70tagige 
Interregnum 426/7 » » ^ ) , die Reschleunigung des Amtsan- 
tritts der Consuln für 434» ^*); das zehntägige Interreg- 
num 455/6» ' ß) und das Interregnum 462/3 ^ ^ ^). 

c. 478 bis 531: IMai? 

Die consularischen Triumphaltage dieser Epoche » ^ ^) 



173) Die Daten der voo 425 bis 477 im Amt von Eponymen ge- 
feierten Triumphe sind 1. März 425—17. und 18. Febr. 432—21. 
August 435 — 1. Jali 440 — 13. Angust 442 — 5. nnd 13. Aogust 
443 — 13. Nov. 445 (nominell Proconsulartriumph , aber in der 
That consalarischer, da das Dictatorenjahr 445 politisch mit 444 
zusammeofalU) — 29. Juni 448 — 5. Oct. 449 — 24. Sept. nnd 29. 
Oet. 450 — 24. Sept. 455 — 13. Nov. 456 — 4. Sept 459 — 27. 
und 28. März 460 — 13. Jan. und 13. Febr. 461 — 5. März 472? 
(möglicherweise Proconsulartriumph) — 1. April 473 — 1. Febr. 
474 — 13. Dec. 476 — 5. Jan. 477. — Die proconsularischen 
Triumphe fallen auf 1. Mai 428 (Consul 427) — 1. August 464 
(Consul 462) — 10. Juli 474 (Consul 473). 

174) Liv. 8,23. 

175) Liv. 9, 8. 

176) Liv. 10, 11. 

177) Liv. 27, 6. 

178) 17. Febr. 478 — . . . Febr. und 1. März 479 — 17. Febr. 
481 — 23. Jan. 487 — 26. Sept. (Sommerfeldzng) , 5. Oct. (defsgi.), 
1. und 5. Febr. 488 — 1. Nov. 490 (Sommerfeldzug) — 17. März 



102 DAS AMTSJAHR. 

fallen, mit Ausnahme dreier augenscheinlich auf Somnier- 
feldzuge zurückgehender, sämmtlich zwischen den 18. Jan. 
und den 13. April, so dafs der Amtsantritt nothwendig 
damals im späten Frühjahr, wahrscheinlich am 1. Mai er- 
folgte; während er dagegen noch im J. 474 nicht zwischen 
dem 1. Febr. und 10. Juli, also nicht am 1. Mai stattge- 
funden hat. Zu jenem Ansatz stimmt es, dafs di« Consuln 
des J. 531, nachdem sie am 10. und 12. März triumphirt 
hatten, vor der Zeit abzutreten genöthigt wurden ' ^ »). Ob 
diese Ordnung blofs factisch oder bereits rechtlich fixirt 
war, steht dahin; doch ist das Letztere wahrscheinlicher, 
da das Aufhören der höchst wahrscheinlich zur Deckung 
der Interregnen eingeschobenen Dictatorenjahre mit 453 
dafür spricht, dafs seit dieser Zeit Consuln- und Kalender- 
jahr sich nur durch den Anfangstermin unterschieden, also 
ein chronologisches Deficit in der Magistratsliste nicht mehr 
entstehen konnte. 

532 bis 600 : 15. März. 

Für die Zeit 537 fg. ist der 15. März als Termin des 
Amtwechsels durch zahlreiche Zeugnisse festgestellt ' ^oj, 



491 — 1. Schaltmonat 494 — 11. März 495 — 18. Jan. 497 — 
1. April 501 ■— 13. April 502 — 1. und 4. März 513 — 13. Schalt- 
monat 518 — 10. März 519 ■— 1. Apr. 520 — 1. Febr. und 15. März 
521 — 5. März 523 — 5. März 529 — 10. und 12. März 531. — 
Auch Bredow a. a. 0. S. 165 hat hieraus denselben SchMs ge- 
zogen. 

179) Plutarch Marc. 4. Liv. 21, 63. Zonar. 8, 20. 

180) Als allgemeiner Antrittslag dieser Epoche Liv. 31, 5 ; be- 
sonders für 537 (Liv. 22, 1) — 539 (Liv. 28, 30) —543 (Liv. 26, 1) 
— 544 (Liv. 26, 26) — 545 (Liv. 27, 7) — 551 (Liv. 30, 39) — 
554 (Liv. 31, 5) - 555 (Liv. 32, 1) — 566 (Liv. 38, 5) — 570 
(Liv. 39, 52) — 571 (Liv. 39, 45) — 574 (Liv. 40, 35) — 576 (Liv. 
41, 6) — 577 (Liv. 41, 8) — 583 (Liv. 42, 22) — 586 (Liv. 44, 19). 



DAS AMTSJAHR. 103 

während er andrerseits im J. 521 sicher noch nicht be- 
stand » 8 ; <^afs die Verfrühung des Amtsantritts mit dem 
schon erwähnten vorzeitigen Abgang der Consuln des J. 
531 zusammenhängt, ist demnach mehr als wahrscheinUch. 
Dafs dieser Termin auf jeden Fall ein rechtlich feststehen- 
der war, zeigt die Festhaltung desselben trotz des Todes 

der Eponyihen 546 im Amte und der Interregnen 537/8 ' ® 2) 

und 552/318 3). 

Seit 601: 1. Januar. 

Die Bedeutung dieser Antrittsänderung ist anderswo 
erläutert und namentlich gezeigt worden, dafs der Consul 
zwar am 1. Jan. in sein Amt, aber nicht vor dem 1. März 
in sein Imperium eintrat ' ® *). Es lag in den Verhältnissen, 
dafs das so viel wichtigere Amtsneujahr das des Kalenders 
im gemeinen Leben überwog und man schon im Laufe des 
siebenten Jahrhunderts sich mehr und mehr gewöhnte den 
1. Januar als Jahresanfang zu betrachten; doch ist im 
Gemeindekalender der Januar erst durch Caesar förmlich 
an die Spitze gestellt worden' ®*) und hat die Rechnung 



— Damit stimmen die wenigen Daten von Consulartrinmpben dieser 
Zeit: 1. März 532 — 4. März 538 — Ende Febr. oder Anf. Schalt- 
monat nnd 19. Scbaltmonat 5S8. 

181) Der Consnl dieses J. triumpbirte im Amte am 15. MÜrz. 

182) Liv. 22. 33. 

183) Liv. 30, 39. 

184) Rechtsfrage zwischen Caesar und dem Senat S. 12 fg. — 
Wenn Ovid.fast 3, 147 vom 1. März sagt: 

Htnc eiiam veteres miti tnemorantur honores 
jid gpatium beUi, perfide Poene^ ttä 
so dürfte der dritte punische Krieg 605 gemeint und die Angabe^ 
dafs um diese Zeit der Amtsantritt auf den 1. Jan. gekommen sei, 
von dem Dichter dahin mifsverstanden sein, dafs er bis dahin an dem 
alten Kalendernenjahr stattgefunden habe. 

185) Was anderswo (Rechtsfrage S. 13) hieröber gesagt ist, ist 



104 DAS AMTS JAHR. 

nach dem Märzneujahr wenigstens in Militärverhältnissen 
sogar bis in die Kaiserzeit hinein sich behauptet. 

Das Ergebnifs dieser Untersuchung ist also, dafs das 
römischeAmtsjahr von Haus aus das römische Kalenderjahr, 
nur mit verschiedenem Anfangstag, gewesen ist; dafs durch 
die Feststellung dieses Anfangstages wahrscheinlich seit 
dem pyrrhischen Kriege sich die Amtsjahrreihe mit der 
Kalenderjahrreihe ins Gleiche gesetzt hat, bis endlich das 
Amtsneujahr durch Caesar in den Kalender eingeführt 
wurde und damit Amts- und Kalenderjahre vollständig zu- 
sammenfielen. 

Zu sehr verschiedenen Resultaten ist dagegen A.Momm- 
sen 1 ® ^) gelangt. Das älteste römische Jahr, oder was den 
Späteren als solches gegolten, sei nichts gewesen als das 
griechische Mondsonnenjahr nach metonisch-kallippischem 
Cydus, also ein gemeines Jahr von zwölf 29 — SOtägigen 
Monaten und 354 oder 355 Tagen mit einem jedes zweite 
oder dritte Jahr am JahresschluTs hinzutretenden ebenfalls 
29 — 30tägigen Schaltmonat. Die Amtsdauer der Consuln 
sei nach diesem Kalender in der Weise abgemessen worden, 
dafs man dem Jahrescollegium nicht ein Kalenderjahr, son- 
dern blofs zwölf Kalendermonate (ein 'kurzes Mondjahr') 
gegeben habe, so dafs also in einem dreizehnmonatlichen 
Jahre die am 1. März antretenden Consuln am letzten Fe- 
bruar abgetreten, ihre Nachfolger am 1. des Schaltmonats 



nar wahr für den praktischen Gebraach jygl. noch Varro 6, 12f|^., wo 
die Feste vom Jannar an aufgeführt werden, und 33: si a Martio ut 
aniiqui eonsHtuenmt nutneres), Dafs die officieUe Jahrtafel bis aaf 
Caesar den März voranstellte; zeigt Beilage V; und auch Gensorin 
21, 7 sagt: ew die kal, lanuariamm lüUus Caesar anni a se eofi- 
stituti/ecit principitcm. 

186) S. A. 117. Besonders röm. Daten S. 31. 32. 33. 40. 41. 52. 



DAS AMTSJAHR. 105 

an- und am letzten Januar des nächsten Jahres ahgetretai, 
somit auf 33 Kalenderjahre 34 eponyme JahrcoUegien ge« 
kommen seien. Diese Ordnung liege unseni Fasten bis 
zum J. 383 zu Grunde ; einzelne weniger sorgfaltige An- 
tiquare hätten des kurzen Mondjahres sich indefs auch 
später noch bedient. Unentschieden bleibt es dabei, ob es 
jemals in Rom dergleichen Jahre gegeben oder ob wir es 
nur mit einer Pfaantasmagorie etwa des Fabiu9 oder des 
Yarro zu thun haben, die die alte Ueberlieferung nach 
dem metonischen Cydus und dem 'kurzen Mondjahr' zu- 
rechtgemacht hatten. — Diese Ansicht geht also im Ganzen 
auf die alten seit Idelers ' ® ^) Widerlegung fast verscholle- 
nen Sätze von de la Nauze zurück und ignorirt oder ver- 
wirft so ziemlich die gesammte Ueberlieferung der älterai 
römischen chronologischen Technik. Nachdem indefs an 
ihren Aufbau so viel Fleifs gewandt worden ist, wird es 
nothwendig die hauptsächlichen Gründe zusammenzu- 
stellen , wefshalb sie zurückzuweisen ist. Einmal sind die 
beiden hier angenommenen Jahre, sowohl das metonische 
wie das sogenannte kurze Mondjahr, als römische nicht 
blofs vollständig unbezeugt, sondern sogar unmöglich. 
Denn der Kalender, den wir in historischer Zeit in Rom 
finden , ist notorisch weder der metonische noch aus die- 
sem abgeleitet; und was A. Mommsen das kurze Mondjahr 
nennt, findet sich allerdings in Rom, aber als zehnmonat- 
liches Jahr, wodurch natürlich ein gleichartiges zwölfmo- 
nathches ausgeschlossen ist. Nicht besser stellt sich dies, 
selbst wenn man die wahrlich starke Zumuthung sämmt- 
Uche Tagdaten der ersten vier Jahrhunderte Roms für 
cydische Träumerei zu erklären sich gefallen lassen wollte; 



187) 2, 95 fg. 



n 



106 DAS AMTSJAHR. 

denn es ist ebenso wenig nachgewiesen , dafs das meto- 
nische Jahr einem römischen Archäologen als das des 
Numa gegolten habe oder auch nur habe gelten können. 
Die ungemeine Schwierigkeit von einer derartigen Rech- 
nung, sei sie nun acht oder gemacht, zu der später ge- 
bräuchlichen zu gelangen hat der Urheber der neuen 
Theorie selber wohl gefühlt, aber nicht beseitigt * ® **). — 
Ferner scheint es kaum gehörig erwogen, wie eng und 
nothwendig der Wechsel der jährigen Beamten an die Wie- 
derkehr des gleichen Kalenderdatums geknüpft ist Dies 
konnte, um von den späteren Yerhältnissennichtzu sprechen, 
schon das Volkstribunat zeigen, dessen Antrittstag vom 
Decemvirat an bis in die Kaiserzeit unveränderUch der 
gleiche war; es liegt auf der Hand, dafs die übrigen Amts- 
antritte danach ebenfalls von Datum zu Datum zu rechnen 
sind und die Ursache , warum wohl die früheren consula- 
rischen, aber nicht die tribunicischen schwankten, lediglich 
gesucht werden darf in der bekannten Thatsache, dafs es 
wohl consularische, aber nicht tribunicischeinterregnen gab. 
Den Unterschied der Jafareslänge mufste man bei Zinsen 
und Pachtungen berüdisichtigen; aber wenn die Erwägung, 
dafs 'es an sich gerechter gewesen sei ein Collegium dem 
'andern und ein Amtsjahr dem andern gleichzustellen', die 
Römer bestimmt hat ihren Amtswechsel völlig in Geheim- 
nifs zu hüllen und, nach dem eigenen Geständnifs A. 
Mommsens, jede Vorherbestimmung des Rücktrittstages 



188) Wenn die sogenannte Anarchie defshalb als Grenze ge- 
wählt worden ist, weil von da an keine chronographischen Kniffma- 
chereien, Dictaturen von längerer Dauer u. dgl. m. begegnen (S. 40), 
so ist das entschieden falsch. Wer kennt denn nicht die Dictatoren- 
jahre 421. 430. 445. 453, die, wenn irgend etwas, chronographi- 
sche Nothhälfen sind? 



DAS AMTSJAHR. 107 

anders als mit dem metonischen Parapegma in der Hand 
unmöglich zu machen, so haben die Römer damit etwas 
sehr Albernes gethan. — Es ist femer geltend zu machen, dafs 
die ganze frühere Auseinandersetzung über das römische 
Amtsjahr, deren Hauptsätze gewifs unangreifbar und auch 
nichts weniger als neu sind, mit der Auffassung A. Momm- 
sens im schneidendsten Widerspruch steht; ich hebe nur 
zweierlei hervor. Erstens ist das Jahr der Magistratstafd 
nicht das Kalender-, sondern das Amtsjahr; es ist also un- 
möglich auf 33 Jahre jener Tafel 34 eponyme CoUegien 
zusammenzuschieben > ®^). Zweitens setzt A. Mommsens 
System offenbar ein- für allemal fixirte Antrittszeiten vor- 
aus; denn wenn bei jeder zufalligen Yerfruhung des Rück- 
tritts oder Verspätung des Antritts der Anfang des kurzen 
Mondjahres sich verschob, also zum Reispiel ein CoUeghim, 
das zum 1. Juli antreten sollte, bei aufserordentlichem 
Rücktritt des vorhergebenden am letzten April bereits am 
1. Mai eintrat, so kann nicht davon die Rede sein den 
cyclischen Dodekameniden durch Nachrechnung auf die 
Spur zu kommen. Nun aber ist doch nichts gewisser, 
als dafs der Amtsantritt und Rücktritt der Consuln in älte- 
rer Zeit nicht unwiderruflich an ein bestimmtes (festes oder 
cyclisches) Neujahr geknüpft war, sondern der Antrittstag 
ledighch durch die factischen ZufaUigkeiten , der Tag des 
Rücktritts aber durch den des Antritts bestimmt ward. 
Wenn femer die alten Gewährsmänner berichten, dafs die 



189) Wie aber soll diese Annahme Licht bringpen über die riith- 
selhafte fönijährige Anarchie (röm. Daten S. 31)? Hätten die Fa- 
sten nach Sonnenjahren gezahlt; so hatten ihre Ordner Ursache aof 
fünf 33jährige Cy den fünr€ollegien herauszuwerfen; aber wie konnte 
man darum, weil man fünf CoUegien zu viel hatte, fünf nicht mit 
CoUegien besetzte Sonnenjahre einfügen? 



108 DAS AMTS JAHR. 

Antrittstage der Constdate, obwohl nicht rechtlich fixirt, 
doch thatsächlich längere Zeit auf demselben Datum stehen 
blieben {dies solkmnis) und die lliatsache, dafs z. B. von 
275 bis 291 am 1. August, von 305 bis 352 am 13. De- 
cember angetreten ward, diese an sich schon durchaus 
glaubwürdige Meldung über allen Zweifel erhebt, so muXs 
d^ neue Versuch aus eben diesen Daten zu beweisen, dafs 
der Antrittstag alle 2 bis 3 Jahre um einen Kalendermonat 
zurückwich, mehr kühn genannt werden als glücUich. 
Ebenso unvereinbar mit dem System der kurzen Mondjahre 
ist es, dafs der Amts Wechsel nicht blofs auf den Neumonds-, 
sondern auch auf den Yollmondstag fallen kann: denn die 
metonische Dodekamenis führt den Anfang z. B. vom 1. 
Schaltmonat 245 auf 1. Febr. 247. 24S, 1. Januar 249. 
250. 251, 1. Dec. 252 u. s. w., niemals aber auf einen 
Idustag. Es wird hiernach kaum erforderlich sein das 
cydische Gespinnst im Einzelnen aufzudröseln und dessen 
Willkür und Nichtigkeit darzuthun; um so weniger, als 
dessen Urheber eine Reihe wichtiger Daten, z. B. den Con- 
sularantritt 305 und auffallender Weise sämmtliche aus den 
Triumphalfasten zu entnehmende Thatsachen, übersehen, 
andere, namentlich gleich das Antrittsdatum der ersten 
Consuln, falsch angesetzt hat, überdies vielfach irre geführt 
worden ist durch die Vorstellung, als müsse, wo Livius den 
Antrittstag angiebt, dabei immer ein Wechsel desselben oder 
doch irgend etwas Absonderliches angenommen werden — 
eine Vorstellung, welche durch die in der dritten Dekade 
vorkommenden rein zufalligen Erwähnungen des damals 
längst solennen Antrittstags hinreichend wiederlegt wird. 
Die Zahlenübereinstimmung, auf der schliefslich die neue 
Hypothese ruht, istauchkeineswegs von der Art, dafs sie den 
nüchtern Nachprüfenden stutzig machen kann. A. Momm- 



DAS AMTSJAHR. 109 

sen nimmt für seinen Cyclus ein doppeltes Epocbenjabr 
an, das der Erbauung und das der Vertreibung, und gestat- 
tet sich bei jedem theils capitoliuische tbeiis varronische 
Zählung undReduction entweder nach dem März- oder nach 
dem Januameujahr. Dazu kommen die aufserordentlichen 
Hülfsmittel. So pafst der für 363 angegebene Antritts- 
tag zwar nicht auf dies Jahr, aber wohl auf 364. So wird 
der Bericht, dafs die Behörden von 352 statt am 12. Dec. 
vielmehr am letzten September abtraten, dahin umgeändert, 
dafs sie statt am letzten October vielmehr am letzten Sep- 
tember abgetreten seien. So wird endlich eine seltsame so- 
genannte Intercalation ersonnen, wodurch es möglich ge- 
macht wird in die metonische Jahrreihe einmal ein juliani- 
sdies Quadriennium einzulegen' ^o). — Man begreift es 
wohl, dafs ein Forscher, der von den wohlgeordneten 
griechischen Archontaten und Olympiaden aus auf das 
römische Gebiet übertritt, die hier bis in verhältnifsmäfsig 
späte Zeit hinab herrschende Roheit und Verwirrung nicht 
ertragen kanu, und, um sie zu beseitigen, zu den ver- 
zweifeltsten Hülfsmitteln greift ; aber wie bestechaid und 
sdieinbar Licht io das Dunkel bringend dergleichen Sy- 
steme auch sein mögen, so werden sie doch vor der un- 
J)efangenen Kritik niemals Stich zu halten vermögen. 



190) Rom. Datea S. 33. 34. Altröm. Zeitr. S. 71. Intercalation 
eines Monats heifst hier, wenn ich anders die nicht ^anz deutliche 
Barstellang richtig auffasse, nicht, was man sonst darunter versteht 
und allein darunter verstehen kann , die Einschiebung eines aufser- 
ordentlichen Monats in den Kalender, sondern die Erstreckung der 
Amtszeit auf einen Monat mehr bei übrigens ordentlichem Kalender- 
lauf, so dafs diese Intercalation also nicht dem Kalenderjahr an- 
gehört, sondern der auf das Kalenderjahr aufgezogenen und ei- 
ner selbstständigen Intercalation schlechterdings unfähigen Dode- 
kamenis. 



112 DAS BEAMTENVERZBICHNISS. 

anticipirten julianischen Bissexte *^*), sich in der Tafel 
erhalten hahen; und da diese Liste zwar von einem kaum 
des Lateinischen kündigen Menschen , aber aus dem capi- 
tolinischen Originaltext selbst bis auf dessen Schreibfehler 
genau ausgezogen ist^^'), so ist die Tafel des Chrono- 
graphen vor allen anderen geeignet einer künftigen kriti- 
schen Fastenausgabe zu Grunde gelegt zu werden. 



194) Diese standen ancb in den Fasten des Ausonius (p. 52 ed. 
Bip.): 

Fort erit, ut lustrum cum se cumulaverit isUs , 
Cof\fectam Proculus iignet Olympiadem 

und in dem Verzeicbnifs der Consuln der Kaiserzeit, womit Euse- 
bius seinen ersten Theil schlofs (1 p. 397, vgl. p. 9. 395 Ancher): 
conß^ruum est — de consuUhus proprie singtäis mentionem facere 
appositis etiam Olympiadibus mterea exactU. Denn die Olympia- 
den dieser Zeit sind die julianischen Schaltquadriennien. 

195) Die Uebereinstimmong der Liste des Chronographen mit 
den capitolinischen Fragmenten ist oft, namentlich von ßorghesi^a- 
sti 1; 18 und sonst, hervorgehoben worden. Wohl der merkwür- 
digste Fall der Art ist derjenige, aus dem Bröcker (Unters. S. 333) 
gerade im Gegentheil die Unabhängigkeit des Chronographen von 
den Steinen beweisen will. Hinsichtlich des einen Consuls des J. 435 
herrscht in den Berichten grofse Verwirrung. Die capitolinischen 

Consularfasten haben nur L, Papirius , die Triumphal tafeln 

L. Papirius Sp. f. L. n, Cursor cos. III; der Chronograph von 354 
schreibt Murillano III; Livius 9, 1 5 bemerkt : Seqtdtur — alius er^ 
ror: Cursome Papirius — contintiato magistratu consul tertium 
creatus sit an L. Papirius Mugiümius et in cognomine erratum 
Sit. Die übrigen in Betracht kommenden Quellen nennen das Cogno- 
men nicht. Man könnte meinen, dafs hier einige Chroniken das dritte 
Consulat des L. Papirius Cursor, andere das des L. Papidus Mugil- 
lanus ohne Iterationsangabe verzeichnet hätten und die capitolini- 
schen Fasten jenen, der Chronograph diesen folge. Allein dabei 
bleibt es unerklärt, wie der letztere dies Consulat als das dritte 
bezeichnen konnte, während er doch in dieser Zeit von keinem Con- 
sul Mugillanus weifs, dagegen unmittelbar vorher (434) Cursore II, 



DAS BEAMTENYERZEICHNISS. 113 

3) Die lateinischeD Fasten des Idatius ^ ^ ^) und die 
griechischen der Paschalchronik (sog. fasti Sicult), Beide 
Texte sind wesentlich identisch i^^). Der lateinische ist 
relativ besser > ®®) und vollständiger, wie er denn auch al- 
lein von den Dictatoren- und Kriegstribunencollegien we- 
nigstens den Ausfall bezeichnet; durch die griechische 
Sprache ist er nicht durchgegangen ' ^ 0). Die griechische 
Bearbeitung ist nicht blofs mit der äufsersten Unwissen- 
heit gemacht 2 0)^ sondern auch durch gedankenlose Ein- 



bald nachher (439) Cursore ////und (441) Cursore V vermerkt; so 
dafs jenes MurüUmo III ^anz offenbar in diese Reibe gehört. Viel- 
mehr stand also in den ursprünglichen Fasten dieses Jahres L, Pa- 
pirius Sp,/. L. n. Cursor 11 f^ woraus aber der Goncipient oder der 
Eingn^ber des capitoHnischen Exemplars durch Schreibfehler ge- 
macht hatte L. Papirius Sp.f. L. n, Mugiüanus III. Der Chrono- 
graph hat den Fehler getreulich wiederholt, Livius denselben wahr- 
genommen, oder geschwankt, ob das €ognomen verschrieben sei 
oder die Zahl ; dafs der Fehler in jenem steckt, zeigen die Trium- 
phaltafeln. 

196) Abgedruckt im Chron. Pasch, ed. Bonn. 2, 147; dazu Du- 
cange daselbst 2, 49. — Eine ganz ähnliche Liste war diejenige, de- 
ren sich am Ende des 4. Jahrhunderts Sextus Rufus c. 2 bedient hat; 
auch in dieser waren die Consuln mit Namen aufgeführt, dage- 
gen die Decemvirn - und Kriegstribunenjahre wie die der Anarchie 
nur der Zahl nach verzeichnet. 

197) S. Ducange a. a. 0. 2, 48 fg. 

198) Freilich enthält auch er die seltsamsten Verstöfse ; so wird 
ans dem Consulat 488 FaMo Pietore et Pera bei Idatius Fabio et 
pictore et poeta! 

199) Das zeigt die Beschaffenheit der Namen jedem, der solche 
RHekübertragungen nur einmal in der Hand gehabt hat. Dafs die 
Verwandlung eines Sophus in einen Sapiens das Gegentheil beweist» 
sieht Bröcker a. a. 0. S. 265 ein, nicht aber ich. 

200) Dictator zum Beispiel ist ävTiygaifevg (zum J. 430), Es 
ist dies wenigstens insofern nützlich zu wissen, als auch dadurch 
die Priorität unseres lateinischen Textes bewiesen wird. 
Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. lg 



114 DAS BEAMTENVERZEICHNI8S. 

• 

reihung der stark , namentlich um alle Kriegstribunenjahre 
verkürzten Consularliste in die Olympiadenfolge weiter ver- 
dorben 2^1). Mit Beseitigung der durch Yergleichung der 
beiden Listen zu hebenden Fehler ^ ^ ^) sind ihnen gemein- 
schaftlich die Auslassung der Jahre 248. 249. 289. 291. 
341. 342. 394. 400—402. 421. 464. 484, unzähliger Ver- 
derbnisse zu geschweigen. Dennoch liegt diesen Listen 
eine aus den capitolipischen Fasten ausgezogene, also der 
Liste des Chronographen gleichartige, keineswegs aber die 
Liste des Chronographen selbst zu Grunde. 

Das was der Jahrtafel und den aus ihr geflossenen 
Listen und Angaben gemeinschaftlich ist, ist die Auffüh- 
rung, resp. Mitzählung der vier sogenannten Dictatoren- 
Jahre 42t. 430. 445. 453 2 3), welche in den Chroniken 
nicht blofs in der Erzählung, sondern auch in der Zählung 
durchgängig übergangen werden. Die Ursache dieser Ver- 
schiedenheit liegt auf der Hand. Jene vier Jahre sind nicht 
blofs lediglich der chronologischen Ausgleichung wegen 



201) Dadurch sind die ersten Consuln auf das dem J. d. St 314 
entsprechende Olympiadenjahr gerathen. Für die pyrrhische Zeit 
kommt die Gleichung ziemlich aus , verschiebt sich aber nachher 
aufs Neue. Vgl. Clinton fast. Hell. 2 introd. p. IV — X. 

202) Der griechische Text hat die Kriegstribunenjahre 303. 
304. 310. 316. 321. 322. 328—330. 332. 334—340. 346—360. 363 
— 387 und das Dictatorenjahr 453 übergangen , 458. 459 doppelt 
gezählt und 388. 389 umgestellt. Der lateinische Text lafst das J. 
278 aus und hat die Lücke 316 als zweijährig bezeichnet, ferner das 
fehlende Jahr 332 an seiner Stelle weggelassen und dagegen die 
Lücke 334 — 340 zu acht Jahren angesetzt, endlich 363 — 387 statt 
16 Tribunen-, 5 magistratlosen und 4 Tribunenjahren 18 Tribunen-, 
4 magistratlose und ... (ausgefallene Zahl) Tribunenjahre gezählt. — 
Die Fasten nach 500 d. St. sind hier unberücksichtigt geblieben. 

203) Es wird nützlich sein die darüber erhaltenen Angaben hier 
zusammenzustellen : 



Dlg BEAMTEnVBRZEICHHUS. 



L-|:S'^ä,e 






""Sil! 
ä|4l 



»tili 



ili 
111 



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JIJ 



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.1 ? i 



i «e a- 



I 4^ 



116 DAS BEAMTENVERZEICHNISS. 

eingefügt, sondern auch dieser Zweck mit berechneter 
Offenlieit dargelegt worden. Die fraglichen Dictaturen sind 
keineswegs erdichtet, sondern finden sich vielmehr in der 
Chronik ebenfalls mid an demselben Platze, nur dafs sie 
hier wie billig zu den vorhergehenden Consulaten gestellt 
sind. Wenn sie in der Jahrtafel der augusteischen Zeit 
von ihren Consulaten gelöst und als Jahrdictaturen auftre- 
ten, so ist das keine historische Fiction, da eine solche 
weder staatsrechtliche Unmöglichkeiten, wie Dictaturen 
ohne Consulat und von Jahresdauer sind, so hätte aufstel- 
len noch aus unserer Ueberlieferung so völlig hätte ver- 
schwinden können. Vielmehr ist es ein leicht erklärhches 
Mifsverständnifs der traditionellen Kalendermacherei. Ohne 
Zweifel waren in der ursprünglichen Jahrestafel die vier 
Jahrcollegien 420. 429. 444. 452 aus chronologischen 
Gründen jedes für zwei Jahre angesetzt, wobei man den 
Umstand , dafs auf diese Jahre Consulate und Dictaturen 
fielen, äufserlich mit benutzte; woraus dann die späteren 
Kalenderschreiber jene Dictatorenjahre gemacht haben. 
Eine derartige Ausgleichung ist so wenig eine Fälschung 
wie zum Beispiel die Ansetzung der Regierung Alexanders 
des Zweiten in dem ägyptischen Königskanon auf zwölf 
Jahre statt auf sechs, ja wie unsere ganz auf demselben 
Princip beruhende Kalenderschaltung. Ohne Zweifel hatte 
dieselbe ihre guten Gründe und sicherlich weit zuverlässi- 
gere als diejenigen waren, woraus die Jahre der Anarchie 
hervorgingen; aber eben weil jene Jahre sich nicht wie 



Hiogedeutet ist auf diese Jahre noch bei Rafas ep. 3 : sub consvUbiiSj 
inter quos nonnunquam et dictatores fuerunt, und bei Eusebius 
(cbron. 1, 395 Auch.), in dessen Fasten tribuni plebis ac deinde di- 
ctatores et rursum constdes standen. Hieraus sind die ähnlichen 
Angaben im Kanon 2, 205 und bei SynceHus 1, 451 Bonn, geflossen. 



DAS BEAMTENYERZEICHmSS. 117 

diese in das Gewand halb historischer Fiction hüllten, son- 
dern rein und klar als das auftraten was sie waren, konn- 
ten die Chronikenschreiber sie nicht brauchen. 

n. Die Chroniken. 

1) Die Fasten des Livius sind uns theils in dem erhal- 
tenen Theüe seiner Annalen überliefert, theils bekanntlich 
in der Chronik des Cassiodorus^^^); wogegen die aus 



204) Das sagt er selber am Scfators: A Bruto et Tarqumio us- 
qtie ad conmlaium vestrum, staut ex T, Livio et Aufidio Basso et 
PaschaU virorum clarorum auctoriate firmato (nithi firmata) eol- 
legimus, anni sunt MXXXl; aod dasselbe bekundet die wesentlicbe 
UebereiDstimmoog seiner Tafel und gelegeotlicb beigefügten Notizen 
mit den entsprechenden livianischen Angaben, aoch in offenbaren 
Verseben, zum Beispiel in der Bezeichnung des J. 310 mit den von 
Macer erfundenen Gonsuln und in der Auslassung der eponymen Col- 
legien 264. 265. Nichtsdestoweniger hat Bro'cker Unters. S. 174 fg. 
den Beweis angetreten, dafs Gassiodors Consularfasten nicht ans 
Livius geflossen seien, tbeils weil die Notizen über die latiniscfaen 
und römischen Könige nicht mit Livius stimmen , theils weil der 
Consul des J. 567 nicht, wie bei Livius, G. Flaminius, sondern G. 
Flaminins Nepos heifse, was auf ein nach der Art der capitoliniscfaen 
Fasten bei mangelndem Gognomen das Wort nepos voll ausschrei- 
bendes Original hinführe, theils weil' Gassiodor den Aufidius Bassus, 
'insofern derselbe gleichzeitig mit Livius gelebt hat, natürlich nur 
'als Quelle für die Gonsuln solcher Jahre benutzen können, die auch 
'in Livius angegeben waren; und das Paschale wird sicherlich 
'nicht da erst begonnen haben, wo Livius endet, sondern lange vor- 
über; die Daten Gassiodors über die assyrischen, latinischen und rö- 
mischen Könige können nur ihm entnommen sein.' Damit verhält 
es sich nun folgendermafsen. Die Angaben über die latinischen und 
römischen Könige hat Gassiodor freilich nicht aus Livius ; aber es 
hat dies auch niemand behauptet noch behaupten können , da diese 
Notizen, die Hrn. Bröcker zufolge 'nur aus dem Paschale entnom- 
men sein können', wörtlich aus Hieronymus abgeschrieben sind, Gas- 
siodor auch zum Ueberflufs diesen ausdrücklich citirt. Die zweite 
Angabe ist geradezu nicht wahr; in dem cuspinianischen Text, den 



ItS DAS BEAMTENVBRZEICHNI88. 

der letzteren abgeleiteten des Marianus Scotus höchstens 
nur für gelegentliche Berichtigung des cassiodorischen 
Textes ^0'), die nur zum kleinsten Theil aus Livius, mei- 



Herr Bröcker benutzt haben will, steht unter dem bezeichneten Jahr 
(p. 239 ed. 1552) nichts als M, j4emüiui et G, Flamintus und nicht 
anders lesen Fornerius , Garet und überhaupt alle mir bekannten 
Ausgaben Cassiodors. Dieser Kritik, welche über die Glaubwürdigkeit 
der altrömischen Geschichte Untersuchungen anstellt, ist die Logik 
angemessen, dafs zwei Männer ihre Gescbichtswerke defshalb mit 
demselben Jahre schliefsen müssen, weil sie Zeitgenossen sind, und 
daTs Cassiodor oder seine Quelle, wo sie etwa vergleichen konnten, 
auch wirklich verglichen. Es ist ganz überflüssig darauf hinzu- 
weisen , dafs nach dieser Stelle Cassiodors wie nach manchen an- 
deren Spuren Bassus höchst wahrscheinlich die Annalen des Livius 
fortsetzte wie der ältere Plinius dann wieder die des Bassus. — 
Herr Bröcker bemerkt einmal (S. 270), dafs seinen Lesern bei sei- 
nen Untersuchungen zu Muthe werden würde, wie wenn sie 'in ei- 
nem knarrenden Wagen durch tiefen Sandboden' geschleppt wür- 
den; wir können nicht widersprechen, aber es ist Selbsttäuschung, 
dafs man darum auch gründlich sei, weil man sich langweilig weifs. 

205) Dieser irische Mönch, der im J. 10S2 in Mainz starb, giebt 
als seine Quelle durchgängig Cassiodor an und mit diesem stimmen 
auch, von Verkürzungen abgesehen, seine Consularfasten vollstän- 
dig überein, so weit der von Waitz kritisch hergestellte Text reicht 
(mon. Genn. Script V, 481 f.) Dieser Text zeigt zugleich, dafs der 
frühere Herausgeber Herold (Basil. 1559) die Fasten des Mönchs 
durchcorrigirt und daraus ein dem cuspinianischen und panvinischen 
verwandtes Verzeicfanifs gemacht hat; und obwohl die zwei ersten 
Bücher des Marianus uns bis jetzt noch allein in dem Heroldschen 
Text bekannt sind, ist doch damit für jeden Verständigen schon 
jetzt das Räthsel gelöst, wie unter Anderm die Consuln der J. 264. 
265 mit ihren vollständigen sonst nur aus Dionysios bekannten Na- 
men in die Fasten des Scotus gekommen sind. Herrn Bröcker frei- 
lich hält dies nicht ab für das, was er Mie Glaubwürdigkeit der alt- 
römischen Geschichte' nennt, unter seinen anderen zwanzig bis drei- 
fsig unmittelbaren Fastenzeugen neben Livius auch den Mainzer 
Klosterbruder abzuhören. 



DAS BEAMTENTERZEICHNIS8. 119 

stens aus späten und verwirrten Jahrtafeln geschöpften 
Einzelangaben bei Eutropius und bei Orosius kaum irgend 
einmal von Nutzen sein können. — Schon in Livius 
Origmaltext und also auch bei seinen Ausschreibem fehlen 
die eponymen CoUegien von 264. 265.2 6) 378; seinen 
Quellen indefs können sie nicht gefehlt haben , da sie spä- 
terhin bei Livius mitzählen. Noch weniger kann daran ge- 
zweifelt werden, dafs die in unserem Text des Livius feh- 
lenden, aber von Cassiodor verzeichneten Collegien von 
248 und 439 nur durch die Schuld derjenigen fehlen, aus 
deren Händen wir die erste Dekade haben empfangen müs- 
sen 20 7), Wenn also eine wirkliche Differenz zwischen 
den Fasten der Chroniken und der Zeittafel hier nicht vor- 
liegt, so sind dagegen nicht blofs aus zufalligem Versehen 
von Livius die vier Dictatorenjahre nicht mitgezählt, dage- 
gen das Regiment der zweiten Decemvim, das, wie gezeigt 
ward (S. 92), neunzehn Monate währte, nicht mit der 
Jahrtafel für ein, sondern für zwei Jahre angesetzt wor- 
den 2®®). Hieraus ergiebt sich, verglichen mit der Zäh- 



206) Möglicher Weise ist dieser Fehler schon älter; denn die 
Consuln des J. 300 nach der Erbauung, 56 nach der Vertreibung 
werden bei Cicero (de rep, 2, 35) in das 54ste Jahr nach der Ver- 
treibung gesetzt. Freilich sind die Jahrzahlen gerade in diesem 
Buche von Cicero sehr ungenau angegeben. Auf keinen FaU aber 
würde man daraus mehr folgern dürfen als eine durch einige Chro- 
niken fortgepflanzte zufällige oder absichtliche Abweichung von der 
älteren in der Zeittafel und von Dionysios, ja sogar in Livius eige- 
ner späterer Zählung festgehaltenen Ueberlieferung. 

207) Ohne das Jahr 248 mitzuzählen kommt man mit keiner 
Jahrangabe des Livius aus ; das J. 439 wird von ihm 9, 28 deutlich 
vorausgesetzt. Niebuhr 1, 596. 2, 624 fg. hat gewifs geirrt, wenn 
er beide strich. 

208) Liv. 3, 28. Ebenso rechnen Cassiodor und Cic. de rep. 
2,37. 



120 DAS BEAMTEN VERZEIGHNISS. 

luDg der Jahrtafel und mit Beräcksichtigung der be- 
kannten Differenz des capitolinischen und varronischen 
Ansatzes der Königszeit, das folgende Schema der Ab- 
weichungen zwischen der Jahrtafel- und der Chroniken- 
zählung : 



J. d. St. 
letztes J. der Könige .... 
erstes J. der Repablik . . . 
zweites Decemviraljahr . . 
drittes Decemviraljahr . . 
gallische ßelageruog .... 

erstes Dietatorenjabr .... 



zweites Dietatorenjabr . . 



drittes Dietatorenjabr 



viertes Dietatorenjabr 



Jabi 


tafel. 


Chroniken. 


cftpitol. 


varron. 


capitol. 


varron. 


243 


244 


243 


244 


244 


245 


244 


245 


303 


304 


303 


304 


•- 


~— 


304 


305 


363 


364 


364 


365 


419 


420 


420 


421 


420 


421 


— 


— 


421 


422 


421 


422 


428 


429 


428 


429 


429 


430 


— 




430 


431 


429 


430 


443 


444 


442 


443 


444 


445 


— 


— 


445 


446 


443 


444 


451 


452 


449 


450 


452 


453 




__ 



453 454 450 451 



Also die Rechnung der Chroniken stimmt mit der 
Jahrtafel bis zum varronischen Jahr derselben 304, ist 
dann bis 420 ihr um ein Jahr voraus, stimmt wieder bis 
429 und bleibt darauf bis 444 um ein, bis 452 um zwei, 
seit 454 um drei Jahre hinter der Jahilafel zurück. — 
Mit diesen nicht willkürUch angenommenen, sondern aus 
dem Gang der Chronik selbst entwickelten Ansätzen stim- 
men die Jafarzahlen bei Livius mit einer einzigen Aus- 
nahme vollständig überein; nm* dafs er bis zum yier- 



BAS BEAMTENVERZEICHNISS. 12t 

tea Buch capitolinisch ^^^), vom fünften an varro- 
nischa 10) zählt. 

2) Dionysios, der Verfasser einer vergleichenden Chro- 
nographie^ * i), rechnet in seiner Geschichte wesentlich 
wie Livius, das heifst nach varronischem Ansatz der Kö- 
nigszeit auf 244 Jahre 2 ^ ^) und mit Einrechnung des drit- 
ten Decemviral-2 » 3) und Weglassung der vier Dictatoren- 
jahre^ ^ ^). Darum stimmen his zum Decemvirat seine An- 



209) Das rarronische Jahr 303 ist ihm 302 (Liy. 3,32); denn 
die Mifsdeutung, dafs hier vom Wahl-, nicht vom Antrittsjahr der 
Decemvirn die Rede sei, ist am so weniger zulässig, als die Decem- 
vira nicht in dem Vorjahr, sondern in dem nach ihnen benannten ge- 
wählt worden sind (oben S. 92). Das varronische Jahr 310 ist 
ihm gleichfalls 310 (Liv. 4, 7); doch wird, da er sonst überall das 
dritte Decemviraljahr berücksichtigt, auch bei dieser Ziffer der ca- 
tonische Ansatz der Königszeit zu Gründe liegen. 

210) Das varronische Jahr 364 ist bei Livius (5,54) 365 ; das Jahr 
399 ist 400 (Liv. 7, 18),* das Jahr 490 ist 487 (Liv. 31, 1, wo statt 
der überlieferten offenbar falschen Zahl quadringenti septuaginta 
octo zu schreiben ist quadringenti octoginta Septem); das Jahr 505 
ist 502 (Liv. ep. 49; vgl. Censorin. 17, 10); das Jahr 554 ist 551 
(Liv. 31, 5 nach der Bamberger Handschrift); das Jahr 601 ist 598 
(Liv. ep. 47) ; das Jahr 605 ist 602 (Liv. ep. 49). Die einzige Stelle, 
die sich diesem System nicht fügt, ist Liv. 34, 54 (daraus Val. Max. 
2, 4, 3), wo mit den Worten ad annum qtängentesimum [qvinqua- 
gesimum] octavum das varronische Jahr 560 bezeichnet wird. Ob 
hier 558 für 557 verrechnet oder verschrieben ist, bleibt dahinge- 
gestellt; die Regel steht fest. 

211) 1, 74 und dazu Casaub. Wahrscheinlich umfafste auch dies 
Werk wie seine Archäologie nur die älteste Zeit. 

212) Dionys. 4, 85. 5, 1. 

213) Dionys. 11, 1. Dasselbe zeigt die Olympiadenrechnung. 
Das Consulat des P. Curiatius und Sex. Quinctilius 301 Varr. ist ihm 
Ol. 82, 1 (10, 53), das erste Kriegstribunat 310 Varr. Ol. 84, 3 (11, 
61); zwischen beiden liegen also neun Jahre, während die Jahrtafel 
nur acht zählt. 

214) Dies läfst sich zwar nicht belegen, da dieser Theil seines 



122 DAS BEAMTEN YERZEIGHNI8S. 

Sätze mit der varronischen Zählung oberem ^ ^ ') ; wogegen 
das Jahr 362 sich ihm auf 363 ^ i «), das der AUiaschlacht 
364 sich ihm auf 365^1 ^), das Anfangsjahr des ersten 
punischen Krieges 490 auf 487 der Stadt ^ i ^) gestellt bat 
W^n ihm dennoch das varronische J. 746 nicht, wie man 
erwarten sollte, 743, sondern 745 ist^ ^^), so liegt die Ur- 
sache davon in einer noch zu Dionysios Zeit nicht völlig 
beseitigten merkwürdigen und folgenreichen Incongruenz 
der römischen und der attischen Magistratsliste. Eine wenn 
nicht gleichzeitige, doch auf jeden Fall sehr alte und nicht 
auf Rechnung beruhende Ueberlieferung setzte die Schlacht 
an der AUia unter den Archon Pyrgion, also dessen Magi- 
stratur gleichzeitig dem Kriegstribunat der drei Fabier^ 2 o). 



Werkes fehlt, aber es versteht sich von selbst uod geht ans der 
RechooDg hervor. 

215) So für 260 (Dion. 6, 34), für 270 (DioD. 8, 83), für 300 
(DioD. 10, 53). 

216) Diooys. 1, 74 aus den censorischeo Büchern. 

217) Diese setzt er (1, 74) unter den Archon Pyrgion, also 
Ol. 98, 1 ; welches Olympiadenjahr, da ihm Ol. 7, 1=:J. d. St. 1 war^ 
ihm 365 d. St. gewesen sein mufs 

218) Dieses setzt er (1, 8) Ol. 128, 3, was nach derselben Rech- 
nung auf 487 d. St. führt. 

219) Tavra dk, sagt er 1, 3 von Roms siegreichem Dasein, 
Tiivte xal T€TTaQaxovT(x ^'Jij tiqos roZg IntaxoaCotg trtaCv iaxiv 
eis vndrovg KXavdiov N^qtova t6 Stvnqov vnaravovra xa\ TIC- 
aayya KaXnovgviov, oV xara rriv tqCttjv inl ralg ivevrjxovra 
xal ixarbv oXvfxnidaiv äne^eCxd-rjaav. Diese Consuln bezeich- 
nen das laufende J. d. St. 747 Varr., Ol. 193, 2; Dionysios scheint 
aber nach vollen Jahren, das heifst bis auf 746 d. St., Ol. 193, 1 
einschliefslich die Dauer Roms bestimmt zu haben. 

220) Dionys. 1, 74: ij KsXtöjv ^tpo^og, xa^* rjv ri^PfofiaCav 
noXig idXü), avfKffov htui aj^s^bv vno ndvrtov a(>/ovTO' I^^i}- 
vriöi IIv(yyC(ovog yeviad-ai xard rb 7tq(OT0V trog Ttjg bySorig xai 
tyvevrixoar^g oXvfjLnCadog. 



SU 
DO 



DAS BBAMTENYERZEICHNISS. 123 

^ Andererseits war naturlicher Weise der Synchronismus der 
^ Consuhi und Archonten wenigstens seit dem sechsten Jahr- 
^ hundert der Stadt unmittelbar und allgemein bekannt. 
^^ AUein der ältere und der jüngere Synchronismus stimmten 
^ nicht uberein; denn von dem Kriegstribunat der Fahler bis 
^ auf das varronische Jahr 746 zählte die römische Liste, 
k beide eingeschlossen und die vier Dictatorenjahre nicht 
mitgezählt, 379 eponyme Collegien, dagegen vom Archon- 
tat des Pyrgion bis auf das des varronischen Jahres 746 (Ol. 
'ht 193, 1), beide ebenfalls eingeschlossen, die attische Liste 
'^ 381 Archonten2 2 1). So konnte Dionysios für das als er 
^ schrieb letztvollendete Jahr entweder, die römischen Epo- 
") nymen zählend, 364+379=743, oder die griechischen 
Eponymen zählend, 364 + 381=745 finden, und den 
letzteren Ansatz hat er gewählt. Auf diesem inneren Wi- 
derspruch der beiden Listen beruht es, dafs bei Dionysios 
00 auch die sicher synchronistisch festgestellten Thatsachen 
sich um zwei Olympiadenjahre zurückschieben, wie zum 
^ Beispiel der Anfang des ersten punischen Krieges notorisch 
r, I nicht OL 128, 3, sondern Ol. 129, 1 fallt; doch scheint der 
griechische Rhetor, der da, wo es möglich ward Geschichte 
'' zu schreiben, seine ^Archäologie' schlofs, auf die Incon- 
graenz selber kaum aufmerksam geworden zu sem. Hätte 
er die Nebeneinanderstellung beider Listen bis auf die Ge- 
genwart fortgeführt, so hätte er freilich wohl merken müs- 
sen, dafs er, die Dictatorenjahre mitzählend, zwei römische 
Collegien zu viel, sie nicht zählend zwei Archonten zu wenig 
hatte. Die Synchronismen, auf denen jene Rechnung ruht, 



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221) Niebnhr 2, 624%. kommt, von derselben Beobachtung aus- 
gehend, zu etwas verschiedenen Ansätzen^ weil er, nach meiner Mei- 
nung willkürlich, das Consulat 439 für untergeschoben hält 



124 DAS BEAMTENTERZEICHNISS. 

konnten darum dennoch beide vollständig richtig sein und \ 
waren es vennuthlich; der Fehler lag offenbar darin, dafs 
wohl die griechischen Archontate, aber keineswegs die rö- 
mischen ConsularcoUegien ohne weiteres einem Kalender- 
jahr gleichgesetzt werden durften. Um äufserlich ins Gleiche 
zu kommen, mufste man entweder irgendwo nach dem 
Kriegstribunat der drei Fabier zwei römische Consular- oder 
Dictatorenjahre streichen oder zwei Archonten hinzufugen. 
Jenes ist nicht geschehen, so nahe es auch lag die vier 
Dictatorenjahre auf zwei herabzusetzen^ ^ ^) ; offenbar stand, 
als man den Fehler bemerkte, die römische Liste schon so 
vollkommen und ofüciell fest, dafs man sich nicht getraute 
an ihr zu rücken. So blieb nichts anderes übrig, als zwei 
Archonten zuzusetzen, oder, was auf dasselbe hinauskam, 
den Archon Pyrgion statt mit den drei Fabiem mit ihren 
zweitnächsten Nachfolgern zu gleichen, die Alliaschlacht 
also von Ol. 98, 1 auf Ol. 97, 3 zu rücken, wodurch dann 
selbstverständlich alle vorhergehenden römischen um zwei 
Olympiadenjahre höher zu stehen kamen und schliefslich 
bei Einrechnung des dritten Decemviraljahrs das erste Jahr 
der Republik von Ol. 68, 1 auf Ol. 67, 3, das erste der 
Stadt von Ol. 7, 1 auf Ol. 6, 3 sich schob. Es wird spä- 
ter zu zeigen sein, dafs und wann dies geschah. 



222) Mao sache nicht etwa dario , dafs Piso die zwei Consalate 
447. 448 wegliefs (Liv. 9, 44), einen roben Ausgleichnngsversacb. 
Piso hätte vielmehr zwei Consulate einschieben müssen , da er die 
Dictatorenjahre sicher nicht zählte; die Annahme, dafs er diese mit- 
gezählt and der Ausgleichung halber zwei Consalate gestrichen 
habe, würde mehr als anwahrscheinlich sein. Anch die zwei in der 
diodorischen Liste zwischen 297/8 und 326, 7 eingelegten CoIIegien 
können nicht aus diesem Grunde eingeschoben sein, da man, um die 
Alliaschlacht auf das Jahr des Archon Pyrgion zu bringen, nach, 
nicht vor dem Kriegstribunat der Fabier einschieben mufste. 



DAS BEAMTENVERZEIGHNISS. 125 

3) Die Fasten Diodors sind von grofser Wichtigkeit, 
da sie ohne Zweifel aus den Annalen des.Fabius herstam- 
men ; leider sind sie indefs durch die unglaubliche Einfalt 
und noch unglaubUchere Gewissenlosigkeit dieses elende- 
sten aller Scribenten so zerrüttet, wie die folgende Tabelle 
sie übersichtlich darlegt. 

J. d. St. _ nach gangbarer nach Diodors 

Varr. ^^r C r. oiympiadenrechnung2 2 3) Gleichung 

268 486 73,3 75,1 anticip. 6 Jähre 

271 483 74,2 75,4 „ „ „ 

[Gonsuln C. Julias Jnlus Q. Fabius VibulaonsII 
u. c. 272feblen]2**). 
273 481 74,4 76,1 „ 5 „ 

296 458 80,3 81,4 „ „ „ 
[Archon Chaerephaoes Ol. 82, 1 fehlt] 

297 457 80,4 82,2 „ „ „ 
[Coosnln L. Qnioctius Cinclonatus, M. Fabhis 

Vibalaoas eiogescboben]***) 

298 456 81,1 82,4 „ 7 „ 
[Drittes Decemviraljahr fehlt] 

326 428 88,1 89,4 „ „ „ 
[Gonsuln L. Qainctias, A. Sempronius einge- 
schoben]*'*) 

327 427 88,2 90,2 „ 8 „ 
330 424 89,1 91,1 „ „ „ 



223) Dabei ist die Alliaschlacht nach der jüngeren Gleichung Ol. 
97, 3 angesetzt und sind gemäfs der Jahrtafel das dritte Decemviral- 
jahr nicht, wohl aber die Dictatorenjafare gerechnet. 

224) Offenbar nichts als ein durch die Aufeinanderfolge von 
sieben Fäbü FihuUani veranlafstes Versehen. 

225) Die INamen scheinen aus den Gollegien 294. 295 zusam- 
mengelesen. Ob Diodor das Collegium einschob, um das ausgefal- 
lene von 272 zu decken oder aus blofsem Versehen , bleibt dahin- 
gestellt. 

226) Die Namen scheinen ans dem Kriegstrlbunat von 329 zu- 
sammengestoppelt. Uebrigens gilt, was in A. 225 bemerkt ward, 
auch hier. 



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126 DAS BEAMTENVERZEICHNI8S. 

J. d. 8t. p, nach gangbarer nach Diodors 

Varr. ^^^ ^' Olympladenrechnang Gleichung 

[Die eponymeo GoIIegien der fünf Jahre 331 
bis 335 fehlen]"») 
336 418 90,3 91,2 anticip. 3 Jahre 

364 390 97,3 98,2 
[Die eponymen Collegien der fünf Jahre 360 

bis 364 wiederholt]««») 

365 389 97,4 99,4 
379 375 101,2 103,2 

[Vier von den fünf Jahren der Anarchie 380 

bis 383 fehlen] 

384 370 102,3 103,3 

386 368 103,1 104,1 

[Kriegstribone A. Cornelius Gossus II and Col- 

legenu. c. 387 fehlen]»*») 

388 366 103,3 104,2 

[Die eponymen Collegien 406 — 409 umgestellt : 

407. 408. 409. 406.] 

420 334 111,3 112,2 

[Dictatorenjahr421 fehlt] 

422 332 112,1 112,3 „ 2 



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227) Die hier von Diodor verübte Manipulation hat nach Bor- 
ghesis {fasti 2, 168) Vorgang Niebuhr (2,629) klar dargelegt Dafs 
die Alliaschlacht unter dem Archon Pyrgion stattgefunden, fand 
Diodor ohne Zweifel bei Fabius bemerkt und wurde dadurch auf die 
Verschiebung der beiderseitigen Magistratslisten aufmerksam. Er 
warf darum am Anfang seines dreizehnten Buches fünf JahrcoUegien 
heraus, flickte aber, als gewissenhafter Schelm, dafür hinter der 
Alliaschlacht am Schlüsse des fünfzehnten Buches fünf andere wie- 
der ein, so dafs er allerdings glücklich wieder auf dieselbe Höhe 
der Gonfusion zurückgelangte. Indefs that er des Guten nicht genug: 
er hätte, um das Tribuoat der Fabier auf den Archon Pyrgion zu 
lenken , sechs Collegien auswerfen müssen ; da er eines zu wenig 
nahm, gelangte er damit auf dessen Nachfolger Theodotos, was wei- 
ter zu ändern ihm offenbar der Mühe nicht werth schien. 

328) Das CoUegium hat mit dem voraufgehenden zwei Namen 
gemein und konnte also leicht ausfallen. 



DAS BEAMTBffVERZEIGHNISS. 127 

J. d. St. ^. nach gangbarer nach Diodors 

Varr. * Oljnnpiadenrechnung Gleichung 

[Die Consnln 425 n. c. fehlen in der Lücke 

1 7, 84 mit dem Archon Hegemoo] 
[Die Consnln 427 u. c. nebst dem Archon So- 

sikles nicht von Diodor, sondern von einem 

spätem Corrector 17, 112 eingeschoben, am 

die alte Lücke 17, 84 zo fdllen] 

429 325 113,4 114,2 anticip. 2 Jahre 

[Dictatorenjabr 430 fehlt] 

431 322 114,2 114,3 „ 1 „ 

[Die Consnln 432. 433 fehlen in der Lücke mit 

den Archonten Archippos und Neaechmos] 

444 310 117,3 117,4 „ „ „ 

[Dictatorenjabr 445 fehlt] 

446 308 118,1 stimmt. 

696 58 180,3 1 80,1 »»•) retard. 2. J. 

Die ursprüngliche Quelle des Fehlers ^ 3 o) liegt darin, 
dafs Diodor zwei auch sonst bei ihm unterscheidbare Quel- 
len vermischte. Er excerpirte den Fabius, benutzte aber 
daneben, obv^ohl wie es scheint nur für die Gründungs- 
tafep3 1)^ eine spätere Roms Gründung auf Ol. 7, 2 statt 



229) Diodor 1, 4. 

230) Wesentlich dieselbe Erklärung steUt Niebnhr 1, 299 aof. 

231) Er möchte anfser der Ziffer 244rür die Kbnigsjahre (A. 233) 
nor was über die albanischen Könige p. 546 und fr. XIX steht, an- 
derswoher entlehnt haben , und zwar mit ausdrücklicher tadelnder 
Hinweisung auf Fabius ; hier freilich konnte dieser, der von der al- 
banischen Königsreihe noch nichts wufste, nicht zum Führer dienen. 
Sonst scheint in der That alles, was über ältere römische Geschichte 
bei Diodor steht, einfach aus Fabius abgeschrieben ; eine Zusammen« 
steUung dieser nicht sehr umfänglichen Nachrichten, die in der 
jetzigen Einreihung zu benutzen ebenso mühsam wie verdriefslich 
ist, wäre dankenswerth. 



128 DAS BEAMTENVERZEICHISISS. 

mit Fabius auf Ol. 8, 1^3 2), die Königszeit auf 244 statt 
mit Fabius auf 240 J. ansetzende Schrift^ ^ ^). Nun brachte 
er, Fabius ausschreibend, das erste Jahr der Stadt auf OL 
8, 1 ; allein statt das erste Jahr der Republik 240 Jahre 
später Ol. 68, 1 zu setzen, wie, offenbar nach Fabius, 
Polybios thut2 3 4), wodurch er mit dem 121sten Jahre 
der Republik oder dem der Alliaschlacht richtig auf Ol. 98, 
1 angelangt sein wurde, rechnete er 244 Jahre auf die 
Königszeit, wodurch ihm das erste Jahr der Republik auf 
Ol. 69, 1 sich gestellt hat*^'). Die weiteren absichtlichen 
oder zufalligen Auslassungen und Einschiebungen sind von 
keiner Bedeutung; wohl aber wird hienach nichts im Wege 
sein auch bei Fabius die gleiche EponymenUste und die 
gleiche Zählweise vorauszusetzen, die von Livius und Dio- 
nysios befolgt worden ist. Dafs Diodor das dritte Decem- 
viraljahr nicht zählt, ist, besonders wenn man sein Ver- 
fahren bei der Anarchie vergleicht, kein Grund dessen 
NichtZählung auch bei Fabius anzunehmen; dasUebergehen 
der Dictatorenjahre findet sich auch hier wieder. 

4) Noch erscheint die annaUstische Zählweise in den 
wenigen mit Jahrzahlangaben versehenen reinen Fragmen- 
ten der älteren Chroniken. Wenn Cassius Hemina und 
Gellius das Jahr nach der Alliaschlacht als das 363ste be- 



232) Diodor bei SynceU. 1, 366 ed. Bonn.; Eusebias 1, 386 
Aocher; Fabias bei Diooys. 1, 74; Syncell. 1, 365; Solin. 1. 

233) Diodor bei Eusebios i, 392. Hier ist die doppelte QoeHe 
recht deutlich, da die einzelnen Summen der Königsregierungen 240 
J. betragen, die Königszeit aber auf 244 J. gesetzt ^ird. 

234) Polybios 3, 22 setzt das Consulat des Brutus und Horatins 
28 J. vor Xerxes Landung in Griechenland Ol. 75, 1, also Ol. 68, 1. 

235) Das folgt daraus, dafs ihm das 24. Jahr der Republik Ol. 
75, 1 ist. 



DAS BEAMTENTEBZEICHNISS. 129 

zcidin«i2 3 6)^ SO geht, unter der unten (S.141) zu recht- 
fertigenden Voraussetzung eines Ansatzes der Königs zeit 
auf 241 Jahre, diese Jahrzahl auf die gemeine annaUstische 
Zählung zurück. Es würde danach, im Uebrigen die livia- 
nische Jahrzählung vorausgesetzt, von 454 an die Zählung 
dieser Chroniken um 6 Jahre hinter der varronischen zu- 
rückbleiben, wozu es ziemlich gut stimmt, dafs das fan- 
nische Aufwandgesetz vom J. 593 Varr. 'secundum Gellii 
rationem' in das J. 588 kam 2 3 z). Dagegen weifs ich 
nicht zu erklären, wie Piso das varronische Jahr 596 als 
600, das erste des siebenten Jahrhunderts der Stadt hat 
bezeichnen können^ss). 

Die in der Litteratur zerstreuten Jahrzahlangaben im 
Einzelnen zu sichten liegt aufserhalb der Grenzen dieser 
Untersuchung, die vielmehr die Mittel an die Hand geben 
soll sie richtig zu verstehen und zu behandeln. Darum be- 
schränken wir uns hier darauf den Unterschied der Zeiten 
hinsichtlich der Datirung hervorzuheben. Es liegt in der 
Sache, dafs es zwar dem Chronisten freistand nach Magi- 
stratsjahren, gleichsam den Capitelüberschriften seines 
Werkes , zu zählen , im Uebrigen aber nicht die Chronik, 
sondern die Jahrtafel der eigentlichen Jahrzählung zu 
Grunde zu legen war. So haben es auch die Römer prak- 
tisch gehalten, wie das für die ältere Zeit am deutlichsten 
die später zu erörternden saecularen Reihen, für die spätere 
die gesammte gute Litteratur zeigt: jede capitolinisch oder 
varronisch angesetzte Jahrzahl beruht auf der Jahrtafel und 



236) Macrob. sat 1, 16, 22. 

237) Macrob. sat. 3, 17 (2, 13), 5 nach der handschriftlichen 
Lesung. 

238) Censorin 17, 13 (A. 376). Lachmanns Verbesserung scheint 

unzweifelhaft. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 9 



130 BAS BEAMTBrfVERZEICHNISS. 

es zählen nach ihr Varro^a«), Cicero, Plinius, Fronti- 
nus^^o^^ A. Gellius und überhaupt ohne Ausnahme die 
Schriftsteller der besseren Zeit^ * ^). Dagegen vom vierten 
Jahrhundert an reifst in den Jahresangaben die ärgste 
Verwirrung ein, theils dadurch, dafs aus den Chroniken 
ausgezogene Listen, wie die verlorene des Ausonius vom 
J. 3832*2) und die noch vorhandene des Cassiodor vom 
J. 519 n. Chr., anfangen zur Zeitbestimmung neben der 
Jahrtafel gebraucht zu werden, was in der guten Zeit durch- 
aus nicht begegnet noch begegnen durfte, theils und vor 
allem durch fahrlässige Redaction und fahrlässigen Gebrauch 

239) De re nut. 1, 2, 9 nenot er das Jahr 609, iibereinstim- 
mend mit der gewöbolicbea Zählung, das J. 365 nach Vertreibang 
der Könige. 

240) Nach der handscbpiftlicben Lesung ist ihm 481 das varro- 
roniscbe Jahr 482 {de aquis c. 6), 608 das Jahr 610 (c. 7), 627 das 
Jahr 629 (c. 8), 719 das J. 721 (c. 9), 790 das J. 791 (c. 13), 806 
das J. 803 (c. 13), worin doch wohl nichts weiter steckt als mehr- 
fach verschriebene Jahrzahlen capitolinischer Acre. 

241) An Rechen- und Schreibfehlern ist natürlich kein Mangel; 
wo aber eine bedeutende Abweichung auftritt, pflegt auch sonst 
Grund zu sein der Angabe zu mifstrauen. Die Bezeichnung des 
varronischen Jahres 400 mit 385 bei Nepos oder auch nur Solinus 
c. 40 ist seltsam, aber die ganze Stelle fehlt in vielen Handschriften. 
Kastor (bei Euseb. 1, 327 Auch.) soll bis auf 693 der Stadt, 449 der 
Rönigsflucht 460 Consuljabre zählen ; aber es scheint dies eine In- 
terpolation der von Eusebius selbst 1, 396. 2, 205 von der Königs- 
flucht bis auf Caesar gefundenen Zahl. 

242) Dafs diese aus lateinischen Annalisten excerpirt war, sagt 
er selbst p. 51 Bip.: 

Digessi foütos et nomina perpeiis aevi 
Sparsa iacent LaUam si qua per kütortam. 
Die Vermuthung liegt nahe, ob die Fasten Cassiodors nicht eben die 
des Ausonius und von jenem nur fortgesetzt sind; doch stimmt dazu 
nicht, dafs das J. 519 nach Chr., 1272 Varr., welches nach Ausonius 
1258 d. St. sein würde, bei Cassiodor vielmehr 1275 d. St. ist. 



DAS BEAMtENTERZEICHNlSS. 13 J 

der einen wie der anderen Liste. Dem Ausonius war das 
Jahr seines Consulats, 379 n.Chr., 1132 Varr., das lUSte 
der Stadt2*3); also waren ihm vierzehn Jahre unterwegs 
verloren gegangen. Cassiodor zählte vom ersten Consulat 
his auf das des J. 519 n. Chr., statt der 1028 Jahre der 
Tafel, indem Weglassungen und Einschiebungen sich gro- 
fsentheils compensirten, minder unrichtig 1031 Jahre^^^). 
Die von Eusebius, wie der armenische Text zeigt, dem Ka- 
non beigefugten Jahre der Stadt stimmen für die ersten 
drei Jahrhunderte ziemlich gut, wofern man nur den An- 
satz der Königszeit auf 240 Jahre beachtet, laufen aber von 
da an ganz ins Wilde 2 * s). Wie des Idatius Liste beschaf- 
fen ist, ward früher schon dargelegt; und selbst in der ver- 
hältnifsmäfsig correcten des Chronographen von 354 ist 
ein Consulat ausgefallen. Unter solchen Verhältnissen kann 
es nicht Wunder nehmen, wenn mit unseren emendirten 
Listen die Jahrzahlangaben nicht auskommen, die zum 
Beispiel bei Eutropius und häufiger noch bei Orosius be- 
gegnen. In den letzteren^ * ß) hat man 'eigenthümliche Fa- 



243) S. seine poetischen Zogaben dazo p. 51 Bip. 

244) Die Fehler seiner Fasten steUt znsammen Clinton fasii 
Born, 2, 180. 

245) Richtig sind die Ansetzangen der Regillerschlacht 254 (258 
Varr.), der Secession 256 (260 Varr.), der Emeaerang des Tribanats 
300 (304 Varr.) ; dagegen Tällt die AUiaschlacht 362 (364 Varr.), der 
praenestiniscfae Krieg 373 (374 Varr.), der Krieg gegen Marser, 
Umbrer and Paeligner 443 (446 Varr.), Regulos Erfolge 492 (498 
Varr.), Metellas Consulat 500 (507 Varr.), Capuas Einnahme 540 
(543 Varr.) a. s. w. Dergleichen Verwirrungen sind doch belehrend 
fär die Beschaffenheit der derzeitigen chronologischen Handbücher 
and demnach für den Werth der daraus geflossenen Angaben. 

246) Sie sind zusammengestellt in der verdienstlichen Arbeit 
von Mömer de Orosii vita p. 72 sq. 

9* 



132 DAS BEAMTEN TBRZEICHNI8S. 

Sien' erkennen wollen^*^) und allerdings retardiren die- 
selben wenigstens vom gallischen Brande bis zum hanni- 
balischen Krieg mit wenigen Ausnahmen um fünf bis acht 
Jahre gegen die varronischen; allein offenbar liegt darin 
nichts weiter, als dafs Orosius eine schlechte etwa der 
cassiodorischen ähnliche Jahrtafel, worin die vier Dicta- 
toren- und die Jahre 264. 265. 378 ausgefallen waren und 
die also um sechs Jahre gegen die varronische Ziffer zu- 
rückblieb, nachlässig gebraucht hat. Man hat hier, und 
hier nicht allein, späte Confusion für uralte Weisheit ge- 
halten; während doch in der That aus diesen Ziffern nichts 
zu lernen ist, als dafs die Zeitbestimmungen aus dieser 
Epoche nach Stadtjahren^*«) eine Fehlerweite von einem 
Jahrzehend und mehr in sich schliefsen. 

Das Gesammtergebnifs dieser Untersuchung ist, dafs 
das römischeBeamtenverzeichnifs, so wie es uns vorliegt, in 
allem Wesentlichen in der hannibalischen Zeit und vielleicht 
schon früher dem römischen Publikum vorlag und dafs 
spätere Aenderungen, die auf die Jahrzählung von EinfKifs 
wären2*o), darin schlechterdings nicht nachweisbar und 
sehr wenig wahrscheinlich sind; dafs aber dies Beamten- 
verzeichnifs, wie es einem doppelten Zweck, der Jahr- 
zählung und der Geschichtschreibung diente, so auch zwei 



247) Niebnhr 2, 632. 

248) So z. B. die Angahe des ArDobins 2, 71, dafs bis auf seine 
Zeit gegen 1050 Stadtjahre verflossen seien. 

249) Vertanscbungen der Flamen ond sonstige Abweicfaungen 
begegnen freilich häufig (Liv. 2, 21. 54. 4, 23 nnd sonst); aber eben 
ihnen sieht man es an , dafs die Chronikenschreiber zwar sich das 
Mögliche herausnahmen, aber doch an der überlieferten Reihenfolge 
und vor allem an der überlieferten Zahl nicht zu rücken wagteo. 
Man hätte damit ja die laufende Jahrzahl verschoben, die zwar 
nicht wie bei uns, aber doch gebraucht ward. 



DAS BEAMTEN VERZEIGHNISS. 133 

Yerschiedenen Zählweisea, einer kalendarischen und einer 
annalistischen unterlag. Sieht man, wie man mufs, ab 
theils von den rein individuellen und zufälligen Verderb- 
nissen, theils von der nur im Ausdruck verschiedenen, in 
der Sache keineswegs sich widersprechenden Ziffernsetzung, 
theils von der aus den minder stetigen Königszahlen auf 
die republikanische Jahrzählung refiectirten Schwankung, 
so kommt man zu dem Resultat, dafs unseren sämmtlichen 
kalendarischen und annalistischen Quellen ein und das- 
selbe in den Zahlen ganz, in den Namen wesentlich festge- 
haltene Eponymenverzeichnifs zu Grunde liegt. Dessen 
durchgängige historische Zuverlässigkeit folgt daraus frei- 
lidi noch nicht; diese stände vielmehr weit fester, wenn 
zwei ursprünglich verschiedene bald divergirendebald über- 
einstimmende Ueberlieferungen vorlägen. Aber darauf aller- 
dings werden wir schliefsen dürfen und müssen, dafs für 
das Beamtenverzeichnifs unsere Quellen von Fabius an 
zurückgehen auf eine ältere der lilterarischen Zeit vorauf- 
g^ende und von chronologischer Ausgleichung die Spuren 
tragende Redaction. 



DIB RÖMISCHE KÖNI68T1FEL. 135 

daDs gerade die neben Fabius ältesten Gewährsmänner yon 
ihm abweichen, der Sikeliote Timaeos, der sein Geschidits- 
werk im J. 492 d. St schlofs, die Gründung Roms der 
yon Karthago gleichzeitig, also 38 J. vor Ol. 1, 1 oder 
814 y. Chr. ansetzt 2^^), Cincius, der als nädistältester 
römischer Historiker neben Fabius angeführt zu werden 
pflegt, Ol. 12, 4 für das Gründungsjahr erklärte (A. 232), 
Ennius endlich yon Entstehung der Stadt bis auf seine 
Zeit (t 585) 700 Jahre mehr oder minder zählte. Allein 
was diesen letzten Ansatz betrifft, so wird dessen unten 
(S. 153) zu gebende Erklärung vielmehr zeigen, dafs En- 
nius lediglich der gewöhnUchen Rechnung folgte. Die auf 
Cincius Namen gestellte Nachricht läfst kaum eine andere 
Auffassung zu, als dafs hier zwei Saecula späteren augu- 
steischen Ansatzes oder 220 Jahre auf die Königszeit ge- 
rechnet worden sind und stellt sich somit zu den anderen 
Beweisen, die in den angeblich cincischen Meldungen Nach- 
richten aus dem sechsten Jahrhundert zu erkennen ver- 
bieten ^^^). Endlich was Timaeos anlangt, beweist seine 



252) Dionysios 1, 74. 

253) Vgl. Beilage XI. Zwar verlaufen von Ol. 12, 4 bis Ol. 
67, 4 nicht 220,^ sondern 221 Jahre ; allein dafs Cincius nicht Ol. 
13, 1, sondern 12,4 setzte, hängt mit dem verschiedenen Anfang des 
römischen Jahres derStadtgründnng and des attischen zusammen. Je- 
nes begann bekanntlich am 21. April (Censorin. 21,5), dieses um dea 
1. Juli. Nun ist zwar die von Censorinus a. a. 0. vorgeschriebene 
ond bei den Griechen wie bei den Römern durchgängig befolgte 
Gleichung diejenige a poUori, so dafs diejenigen Jahre, die fast zehn 
Monate miteinander gemein haben, sich gleichgesetzt werden; ob- 
wohl genau genommen 21. April bis Ende Juni eines solchen römi- 
sehen Jahres in das voraufgehende Olympiadenjahr, 21. April bis 
Ende Juni eines solchen griechischen Jahrs in das folgende Jahr der 
Stadt fkllen. Wenn A. Mommsen (Beiträge S. 201 fg.) eine zwie- 



136 DIE ROmSGIE KdNIGSTlFEL. 

Angabe natürUch nidits weiter, als <kifs er das Geschicht- 
chen von dem Lid^esyerhabniss zwischen dem troisehen 
Aeneias und der phönikischen Dido vernommen hatte und 
darum das ihm nicht überlieferte Grändungsjafar Roms 
dem karthagischen gleichsetzen zu können meinte 2^^), 

fache GleicbuDgsweise annimmt und die eine bei den griechischen, 
die andere bei den römischen Schriftstellern vorzugsweise ange- 
wendet glaubt, so hat BÖckh (epigr. chron. Stud. S. 136 fg.) dies 
widerlegt. Vor aHem bei jener nur etwa zweimonatlichen Diffe- 
renz ist es wenig wahrscheinlich, dafs man die Gleichung jemals an- 
ders als a po/2on vorgenommen haben soll, wofür belehrende Ana- 
logien die Behandlung der älteren christlichen Neujahre gewährt. 
Wohl aber ist, wenn es sich nicht um die Gleichung des Jahres, 
sondern um die eines zwischen den 21. April und den letzten Juni 
fallenden Tages handelte, von genauen Rechnern, wie Cincius eben 
einer war (Liv. 7, 3), jene Differenz berücksichtigt worden. — 
Im Allgemeinen sind demnach die Gründnngsjahrzahlen so zu ver- 
stehen , dafs dasjenige Olympiadenjahr dem Jahre 1 d%r Stadt ge- 
glichen wird, in welches zehn Monate des letzteren fallen, der 
Gründungstag also, der 21. April dem vorhergehenden Olympiaden- 
jahr angehört; wie dies auch gewöhnlich angenommen wird (Ide- 
ler 2, 159. Böckh C. I. Gr. 2, 330) — Clintons Widerspruch (fasU 
HelL 1, 136) beruht nur auf den Jahrzahlen des Dionysios, in die 
weder er noch sonst Jemand sich bisher zu finden gewufst hat. Nur 
Cincius setzt, nach dem Gründungsact datirend, denselben Ol. 12,4; 
J. J d. St. wird ihm Ol. 13, 1 gewesen sein. 

254) Da Timaeos die Fabel von der Dido erzählte und sie die 
Gründerin Karthagos nannte {fr. 23 Müll.), so ist der Schlufs unab- 
weisbar, dafs die bei ihm gleichzeitige Gründung der beiden grofsen 
Nebenbuhlerstädte mit der Aeaeiasfabel zusammenhängt und ihn, 
wie den Aelteren überhaupt, Aeneias als Gründer von Rom galt. 
AUerdings liegt darin ein Widerspruch, dafs er die Zerstömog 
Troias 417 Jahre vor die erste Olympiade setzte (Censorin. 21, 3) 
und doch Aeneias Irrfahrten ihm in das J. 38 vor derselben fallen, 
allein die letztere Setzung bezieht sich zunächst nur auf das Grün- 
dungsjahr Karthagos und kann aus karthagischen Quellen stammen, 
die Accommodirung an die hellenische Mythenchronologie aber ver- 
säomt worden sein. 



DIE RÖMIBCra: KdNIG8TlFBL. 137 

nimmerniehr aber, dafs zu seiner Zeit der Ansatz von 240 
Königsjahren dem römischen PontificalcoUegium nicht be- 
reits vollkommen hat feststehen können. — Nicht blofs 
die Liste der sieben Könige von Rom, sondern auch die 
denselben im Einzelnen und im Ganzen zugeschriebenen 
Jahre treten in unserer Ueberlieferung mit einer so auf- 
fallenden Festigkeit auf, dafs man geneigt sein mufs, nicht 
etwa sie für geschichtlich zu halten, aber wohl ihren Ur- 
sprung nicht auf Fabius zurückzuführen, sondern auf eine 
ältere vor die litterarische Epoche fallende Redaction des 
sagenhaften Stoffes, auf die älteste im Schofse des Ponti- 
ficalcollegiums entstandene und zu verschiedenen Zeiten 
ergänzte und umgearbeitete Stadtchronik. Zu Grunde liegt 
dieser Königstafel ohne Zweifel die römische Geschlechter- 
berechnung, indem drei Geschlechter auf ein Saeculum, auf 
sieben also 233^ Jahre gerechnet werden, woraus die Zahl 
240 nur abgerundet sein wird, vielleicht mit Rücksicht 
darauf, dafs die Magistratstafel halb so viele Jahre ^'s) 
vom ersten Jahr der Republik bis zum gallischen Rrande 
zählte. Die einzelnen Regierungslängen sind ohne Zweifel 
willkürlich angesetzt, um einen täuschenden Schein ge- 
schichtlicher Richtigkeit zu erhalten; wer die gleichartigen 
römischen Zahlenfictionen, zum Reispiel die ältesten Trium- 
phaldaten und Schatzungsziffern, bei sich erwogen hat, 
wird jeden Versuch darin Absicht und System zu erkennen 
von vom herein abweisen. 

Die Königstafel liegt in zwei zwar wenig, aber doch be- 
merkbar von einander abweichenden Fassungen vor, die 



255) Wem es Verg^oägen machl^ dafs die Zahl 120 bei den R$- 
■lern auch etwas ^bedeutet', der erinnere sich der Fläehenmafte 
und des Geschiohtchens bei Gensoria. c. 17 a. E. 



138 



DIE r5mI8€HE KÖNIGSTAFBL. 



genau festzustellen keineswegs unnütz ist. Wir stellen die 
ältere Ueberiieferung und die späteren Modiicationen ne- 
ben einander. 



Romulos 37 

Nmna (2)+39 



>TuUus Hostilius . . 

Ancas Marcins . . . 

Tarqniiiiiis Prisciu . 

. Servias TuUius . . 

Tarquinius Superbus 



Aeltere Liste SpStere Modifieationen 

Regierimgsjahre Jahre d. St. 

1— 37 

38— 78 43 
32. 79—110 
23 111—133 24 
38- 134—171 
44 172—215 
25- 21fr— 240 



38— 80 

81—112 

113—136 
137—174 

175—218 
219—243 



240 



oder mit ÄDrechnuDg 
des InteiregDeDJahrs 
nach Romnlus Tode 



241 



243 



1 



244 



241 



244 



Am reinsten, obwohl nicht ganz vollständig, giebt die 
ältere Liste Cicero ^^^), wobei er auf die bei Numa schwan- 



256) Er giebt dem Romnlus 37 (2, 10), dem Nqma 39 (2, 14; 
wo die Richtigkeit der Zahl undequadraginta noch besonders durch 
Augustinus de civ, dei 3, 9 verbürgt, also nicht etwa in unum et 
quadraginta zu ändern ist), dem Ancus 23 (2, 18), dem Tarquinius 
Priscns 38 Jahre (2, 20), rechnet ferner für die Zeit von Numas 
Tode bis auf das erste Jahr des J^arguinius^Superbuuzngpfäbr 140 
(2, 15; genau 32^254^B-^44-|-l = 138pu"nd rdr die ganze Kö- 
nigszeit 'reichlich 240 Jahre' (2, ^0: regiis quadt4iginta annü et 
dueentis pauUo cum interregnü /ere ampUus praeteriOs) und 
gleicht endlich den Regierungsantritt des letzten Königs mit (dem 
Anfang) der 62sten Olympiade (2, 15), indem, da er mit Fabius J. 
1 d. St. -^01. 8, 1 setzt, 216 sich ihm auf Ol. 61, 4 stellt. Das 
Fragment bei Nonius p. 526 |M. : itaque tUa praechira consHtuUo 
Ramukj cum ducentos annos et XX fere firma mwisutset — kann 
auf die ersten Ausschreitungen des Tarquinius Superbus geben. — 
Uebrigens ist Cicero der einzige, der die 240jährige Dauer der 
Rönig^zeit ausdrücklich bezeugt; denn Hieronymns 240 Jahre be- 
ruhen auf Addition (meine Quellen des Hier. S. 671). Indefs geht 



\ 



/ 

/ 1 



DIE RÖMISCHE KÖNI68T1FBL. 139 

kenden Zahlen hindeutet und als seinen Gewährsmann Po- 
lybias nennt, der sie ohne Zweifel aus Fabius entnahm. 
Wesentlich dieselben Zahlen haben ferner Diodor ^ ' 0» ^^^ 
sich auch hier als treuen Vertreter des Fabius bekundet, 
und der Chronograph von 354^^^), nur dals dem Numa 
Cicero 39, Diodor und der Chronograph 41 Jahre zuthei- 
len. Für diesen Widerspruch mufs es indefs, da die Ge- 
sammtsumme au^h von Cicero auf 240 Jahre angesetzt 
wird, irgend eine Lösung gegeben haben; und vielleicht 
läfst sich dieselbe noch wiederfinden. Bekanntlich wird in 
den römischen Chroniken in der Zwischenzeit zwischen 
Romulus und Numa die Institution des Interregnums hi- 
storisirt; es hätten, so lautet die Erzählung, im Jahre nach 
Romulus Tode die sämmtlicben hundert Senatoren ab- 
wechselnd jeder fünf Tage die Herrschaft geführt, bis das 
Yolk, des Wechsels müde, wieder einen König begehrt 
habe 2 5 9). Wenn, wie es allen Anschein hat, dieser Be- 



dieselbe Zahl nicht blofs aus den einzelnen Ansätzen Diodors and 
des Chronographen hervor , sondern auch daraus, dafs Diodor, dem 
Fabius folgend, mit dem ersten Jahr der Republik auf 68, 1 hätte 
kommen sollen (oben S. 128). 

257) Bei £usebius 1, 392 Aucher; woraus die Listen des Euse- 
bius im Kanon so wie die des Hieronymus, Syncellus, Cassio- 
dorns u. s. w. abgeleitet sind. Der Schreibfehler im diodorischen 
Text 33-^33 statt 32-}-23 für TuUus und Ancus berichtigt sich 
aus Eusebius Kanon ; wogegen in diesem wieder, offenbar durch ein 
Versehen des Eusebius, das sich auf seine Ausschreiber fortge- 
pflanzt hat, den beiden letzten Regierungen 34-f--35 statt 44-|-25 
Jahre zngetheilt sind. .tu 

258) In meiner Ausg. p. 645. DiKh Schreibfehler sind Ancus 
XXXVI statt XXm, Tarquinius Priscus XXVIO statt XXXVffl, 
Si^vius XLV statt XLIV Jahre gegeben. Das verwirrte Verzeieh- 
nifs daselbst p. 657 ist unbrauchbar. 

259) Am unbefangensten erzählt die Geschichte Livius 1, 17: 



140 DIE B^IBCKE K^NtfiSTlFeL. 

ridit ebenso schon in der ältesten Stadtchronib stand, so 
ist es wohl erkürUch (heils, dars Numas Regierung auf 39 
Jahre angeseilt und doch mit Rückeicht auf jenes minde- 
stens 500t3gige Interregnum in der Summirung für 41 
Jahre gerechnet, Üieils dafs bei tabellarischer Zusammen- 



DIE ROMIflCflE KÖNIGSTAFBL. 141 

nlTs. — Wichtig ist es festzustellen, wie lange nach Fa- 
bius diese Liste in Umlauf geblieben ist. Wir begegnen 
ihr, mit der unwesentlichen Modification, dafs das [nter-* 
regnenjahr noch dnmal mitgezählt wird, bei den Anna- 
listen aus den ersten Decennien des siebenten Jahrhunderts 
Gellius und Cassius Hemina - ^ ^). Sie findet sich ferner, 
wie gesagt, bei Polybios, obwohl schon hier gemischt mit 
jüngeren Ansätzen ^ ^ i ), und in ähnlicher Weise bei Dio- 
dor, wo er den Fabius, und bei Cicero, wo er den Poly- 
bios ausschreibt, femer in dem eusebischen Kanon, der 
nach alter Weise 240 Jahre für die Königszelt zählt, und 
noch in dem nachconstantinischen Kalenderbuch. Der ur- 
sprünglichen Liste, wie sie bei Fabius stand, mufs also 
etwa um 600 der Stadt eine modificirte zur Seite getre- 
ten sein, welche dann jene im Laufe des siebenten Jahr- 
hunderts w^igstens aus der eigenüichen Litteratur ver- 
drängte. 

Wenden wir uns zu dieser jüngeren Liste, welche die 
Regierung des Numa um 2, die des Ancus um 1 Jahr und 
dadurch die Summe entweder auf 243, oder, mit Berück- 
siditigung des Interregnenjahres, auf 244 erhöht, so findet 
sich diese bei Livius und Dionysios so wie in den von 
ihnen abhängigen Schriftstellern der Kaiserzeit Plutarch, 
Solinus, Eutrop, Zonaras u. A. m.; sie ist so verbreitet 
und die Zahlen so zweifellos festgestellt, dafs es überflüssig 
ist die Belege dafür zusammenzustellen. Uns begegnet 



260) Oben S. 128 fg. 

261) Denn die KöDigszableo, die Cicero nach ihm angiebt, pas- 
sen nimmermehr zu dem Gründungsjahr Ol. 7, 2, sondern nur zu 
Ol. 8, 1. Auch hat Polybios für die römische Chronologie nach- 
weislich neben der Chronik des Fabius die Pontificaltafel seiner 
Zeit benutzt. 



142 DIB RÖMISCHE KÖNI€8T1F£L. 

diese Ansetzung zuerst in den Pontificaltafeln, welche Po- 
lybios sah 2 <^ 2)^ iuk] bei Cato. Denn wenn jene ak das 
erste Jahr der Stadt OL 7, 2 ansetzten, so müssen sie, da 
das erste Jahr der Republik ihnen Ol. 68, 1 war, auf die 
Kdnigszeit 243 Jahre gerechnet haben; und wenn Cato 
zwar das Grundungsjahr nicht nach Olympiaden angab, 
aber den Zwischenraum von Troias Fall bis auf Roms 
Gründung auf 432 Jahre berechnete, so kommt dies auf 
dasselbe hinaus 2^^). — Was dazu Veranlassung gab etwa 
ein Menschenalter nach Fabius Numas Regierung von 39 
od^ 41 auf 43 und die des am kürzesten regierenden 
Königs Ancus von 23 auf 24 Jahre zu erhöhen, hegt im 
Dunkeln; bei einer neuen Redactlon des Pontificalbuches, 
wie deren wahrscheinlich zu yerschiedenen Zeiten mehrere 
stattgefunden haben 2<^^), mag man die 'reichlich 240 
Jahre ^ genauer und mit sorgfaltiger Berücksichtigung der 
sämmtlichen Interregnen auf 243 festgestellt, zugleich auch, 
von den Consularfasten her gewohnt die Interregnen auf die 
Magistratsjahre zuzuschlagen, die Einzelsätze angemessen 
erhöht haben. — Wie dem auch sein mag, jene Sätze und 
Gleichungen haben das ganze siebente Jahrhundert hin- 
durch , allerdings neben und oft gemischt mit den älteren 
des Fabius, im Staate und in der Litteratur vorgeherrscht. 
Die 243jährige Königszeit ist die Basis der ofßciellen Jahr- 
tafel der augusteischen Epoche und damit der sogenannten 



262) Dionys. 1, 74 nach Niebnhrs schöner Verbesserang. 

263) HiervoD genauer im folgenden Abschoitt. Hier genügt es 
zn erinnern, dafs höchstens darüber gestritten werden kann, ob 
Cato das Gründangsjahr in Ol. 7, 1 oder in Ol. 7, 2 setzte ^ d. h. ob 
er 244 oder 243 Jahre auf die Künigszeit rechnete. 

264) R. 6. 2, 453. Gewifs sUnd zu Fabius Zeit in der Ponti- 
ficaltafel noch nicht das olympiadische Gründungsjahr. 



^ 



DK RÖMISCHE KÖNI«8T1FBL. 143 

capitoUnischen oder catonischen JahrzShlung, die in der 
officiellen Datirung der Kaiserzeit überwiegt ^<^^). Der 
Gleichung i. d. St. 1 = Ol. J, 2 begegnen wir bei Q. Lu- 
tatius Catulas Consul 652 ^ ß o)^ Jq des Nepos vor 700 her- 
ausgegebener Chronik ^ ^ ^), in Ciceros im J. 700 geschrie- 
benen Buchern vom Staat ^^®), endlich im achten Jahr- 
hundert bei Diodor2 6 9). ß^i dieser Rechnung war das 
Interregnenjahr zwischen Roniulus und Numa nicht mit in 



265) Nacb capitolinischer Zählnof datirte Nerva deo von ihm 
errichteten Tempel der Freiheit (Gmt. 246, 1; meine epigraph. 
Analekten, Berichte der sächs. Ges. 1850 S. 300). Nach dieser 
wurde das Millennium der Stadt {gefeiert und noch Victor {de Caes, 
28) beklagt, dafs nicht in dem capitolinischen Jahre 1100 ein ähn- 
liches Fest stattgefunden habe. Dagegen feierte Claudius das Fest 
des 800jährigen Bestehens der Stadt nach yarronischer Rechnung. 
Auf den Sacerdotalfasten sind, oft auf derselben Tafel, die Jahres- 
zahlen bald capitolinisch, bald varronisch (Borghesi memorie deW 
Inst f. 307 fg.); ja auf den capitolinischen Fasten selbst ist der 
Nachtrag von Domitian varronisch datirt. Ob die Münzen Hadrians 
(EckhelQ,bO\)mit anniojDCCCLXXminatiaU) urb(is) P(anUbu$r) 
eir(censes) con(stituii) und Antoninus Pius Feier des J. 900 capitoli- 
Disch oder varronisch zu verstehen sind, ist nicht bekannt. — Die 
Privatinschriften, auf denen diese Aera vorkommt, wie Grut 39, 5; 
Fabrett. 88, 165, sind falsch. 

266) Solin. c. 1. 

267) Solin. a. a. 0. CatuUus erwähnt bekanntlich seine Chronik 
in der 700 bekannt gemachten Gedichtsammlung (meine R. G. 3,313. 
593). — Wenn die Ansetzung des Homer auf J. vor der ersten Olym- 
piade 124, J. vor Roms Erbauung 100 mit Recht beide auf Nepos zu- 
rückgeführt werden (in der von Hieronymus ausgezogenen Schrift de 
origine gentis Ramanae, meine Quellen des Hier. S. 690), so müfste 
er Roms Erbauung vielmehr in Ol. 7, 1 gesetzt haben; aUein die 
Vergleichung mit G«ll. 17, 21 macht das ganze Citat überhaupt ver- 
dächtig. 

268) de rep, 2, 10. 

269) Oben A. 232. 



144 DIB RÖMISCHE KONIGSTAFEL. 

Ansalj gebracht, und aus gutem Grunde; es steckte bereits 
in der Erhöhung der Regierungsjahre Numas. Spätere, 
denen die Gründe der Rechnung nicht mehr deutUch wa- 
ren und die jenes Jahrinterregnum in den Annalen fanden, 
in der Zählung vennilsten, meinten defshalb auch hier der 
Königszeit noch ein Jahr zulegen zu müssen, wodurch 
diese auf 244 Jahre, die Gleichung des ersten Jahres auf 
OL 7, 1 kam. Wer femer die früher erörterte Incongruenz 
der römischen und der attischen Eponymen von dem Jahre 
des gallischen ßrandes ab wahrnahm und defshalb das 
Tribunat der Fabier von Ol. 98, 1 auf Ol. 97, 3 zurück- 
schob , dem ging auch das Gründungsjahr noch um zwd 
Jahre weiter, also auf Ol. 6, 3 zurück. Wer nicht anna- 
listisch, sondern nach der Zeittafel zählte, also das dritte 
Decemviraljahr ausliefs, kam im ersten Fall auf Ol. 7, 2, 
im zweiten auf Ol. 6, 4. — Die Rerechnung der Königszeit 
auf 244 Jahre ist die gangbare der Kaiserzeit ^ ^ o), die dar- 
auf beruhende sogenannte varronische Jahrzählung bei den 
Schriftstellern der Kaiserzeit gebräuchlicher als die ältere 
und wird auch neben dieser nicht selten auf ofQciellen 
Denkmälern gefunden (A. 265). Die Gleichung J. d. St 
1 = Ol. 7, 1 findet sich bei Dionysios (schrieb 747) und 
seinen Ausschreibem ^ ^ ' ), hat aber übrigens keine grofse 



270) 244 Jahre recbaen auf die Köni^szeit Livios 1, 60; Diony- 
sios 4^ 85. 5, 1; Gensorin. 17, 12; Diodor. bei Euseb. 1, 392 and 
Kastor das. 1, 396. Zu Grunde liegt derselbe Ansatz der Jabrzäh- 
long des Verrius Flaccus {kal, Pra6n,), des €ensprinus, in der Re- 
gel auch der des älteren Plinias undi>ei Anderen mehr. — Wenn 
die Spätesten (Eutrop. 1, 8 und aus ihm Hieron. zum J. 1504; Oros. 
2, 4; Solin. 1 ; Augustin de c. d. 3, 15; Lydus de mag;, 1, 29) wieder 
243 Jahre nennen, so kann das ebenso gut zufällige wie absichtliche 
Vernachlässigung des Interregnenjahres sein. 

271) Nämlich bei Solinus 1 und bei Eusebius, der übrigens, wie 



DIE RÖMISCHE KÖNIGSTAFEL. 145 

Verbreitung gefündeD. Um so allgemeiner angenommen 
ersdieint vom achten Jahrhundert der Stadt an die Glei- 
chung J. d. St. 1 = Ol. 6, 3; zuerst 2 » 2) in dem um 707 
verfafsten 273^ annaUs des Atticus, einem mit historischen 
Notizen versehenen und die Synchronismen stetig benlck- 
sichtigenden Verzeichnifs der römischen Eponymen 2'*), 
das besonders seiner chronologischen Genauigkeit wegen 
gelobt wird ^ 7 5^, £ine Arbeit wie diese, ausgeführt von 
einem sorgfaltigen Rechner und genauen Kenner der grie- 
chischen Verhältnisse, mufste nothwendi^ die Aufdeckung 
jener Incongruenz herbeiführen und darf mit Sicherheit 
bezeichnet werden als die Quelle der Neuerung. Cicero, 
dem die Schrift gewidmet war, nahm die darin empfohlene 
Gleichung an ^ ^ ^) und legte sie schon 708 mit auscirück- 



er im ersten Tbeil seiner Chronik die betreffenden Stellen ans Dio- 
nysios und Diodor neben einander stellt, so auch im Kanon 2, 175 
Ancb., am beiden gerecht zu werden, die Jahre der Stadt von Ol. 7, 
1, die des Romuius von Ol. 7, 2 an laufen lafst. Daraus schöpfen 
wieder die späteren Chroniken, wie z. B. Marcellinns p. 335 Rone. 
Ol. 7, 2 angiebt. Das Chron. Pasch. 1, 204 Bonn, nennt gar Ol. 7,4. 

272) Bei Solin. 1. 

273) Das Werk umfafste tmtiontm septingentorutn memoriam 
(Cic. orat 34, 120) und nahm Bezug auf Ciceros 703 bekannt ge- 
machte (Dmmann 6, 85) Schrift vom Staate (Cic. Brut. 5, 19). In 
dem 708 geschriebenen Bmttis (c. 3) erwähnt Cicero den armaHs 
als eine litterarische Neuigkeit. 

274) Foliimen quo magUtratus ordmavit nennt es Nepos {Att. 
18), hinzurdgend: nulla lex neque pax neque bellum neque res il- 
lustris est popuU Rotnani, quae non in eo suo tempore sit nofata. 
Belege geben Cicero ad yltt. 12, 23, 2, Nepos ^OTiit. 13, 1. Dafs die 
Praetoren und Volkstribunen nicht darin aufgeführt waren, zeigt 
Cicero ad y4tt. 13, 30, 3. 32, 3. 16, 13 c. Die Berücksichtigung der 
Synchronismen deutet Cicero Brut. 3, 15. 10. 11. verständlich an. 

275) Cic. Brut. 3, 14. 15. 

276) Bei Solin. a. a. O. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 10 



146 DIE RÖMISCHE RÖNIGSTAFEL. 

lieber Berufung auf Atticus seinen Jahrzahlsälzen zu 
Grunde^ ^ ^). L. Tarutius aus Firmum berechnete, in ei- 
ner um dieselbe Zeit herausgegebenen und wahrscheinlich 
dem Varro zugeschriebenen Abhandlung, mit Zugrunde- 
legung des von Atticus angenommenen Olympiadenjahres, 
astrologisch Tag und Stunde der Erbauung der Stadt ^ ^ ^). 



277) Cic.BruL 17,22. 

27S) Plntarch {Rom, 12) erzählt aasföhrlicu^ dafs Varro einem 
im Gebrancbe der 'Tafel' wohlerfahrenen und ihm befreundeten 
Mathematiker Tarutius die Frage vorgelegt habe, ob nicht, wie aus 
Tag und Stunde der Geburt des Menschen dessen Schicksale, so auch 
umgekeht aus den Schicksalen des Romulus Tag und Stunde sei- 
ner Geburt sich berechnen liefsen. Tarutius habe auch dies Problem 
muthig gelöst und nach Erwägung des Lebenslaufes und der Todesart 
des Romulus gefunden für seine Conception die Stunde einer totalen 
SonnenfinsternifS; die dritte des 23. Choiak 01. 2^ 1 (vgl. Dionys. 2, 
56); für seine Geburt ^ .Sonnenaufgang des nächstfolgenden 21. 
Thoth; für Erbauung der Stadt die Stunde einer auch von dem 
epischen Dichter Antimachos aus Teos erwähnten Mondfinsternifs 
zwischen der 2. und 3. des neunten Pharmuthi Ol. 6, 3. Die Tafel 
{nCva^), von der Plutarch spricht, kann wohl nur ein Verzeichnifs 
der Sonnen- und Mondfinsternisse mit griechisch - ägyptischer Dati- 
rung gewesen sein, wie ein solches von dem samischen Astronomen 
Konon um 500 Roms nach ägyptischen Beobachtungen zusammenge- 
stellt ward (Seneca fuit quaest 7, 3, 3; Lepsius Chronol. 1, 5S). 
Mit Hülfe einer solchen Tafel wird man die Finsternisse vom J. 37 
bis 351 der Stadt nachträglich in das römische Stadtbuch eingetra- 
gen haben (Ctc. derep. 1, 16), was, nachdem man einmal die be- 
rühmte vom 21. Juni 400 v. Chr. in der Tafel wie im Stadtbucb ge- 
funden hatte oder zu haben glaubte, durch blofse Datenrednction 
geschehen konnte. Dabei trug man freilich in dasselbe nicht die in 
Rom, sondern die etwa in Alexandreia sichtbaren Finsternisse ein ; 
allein denen, von welchen jene Manipulation ausging, kann man sehr 
wohl zutrauen , dafs sie dies übersahen oder absichtlich ignorirten. 
Die Finstemifsdaten des Tarftius halte ich darum auch für alt und 
echt; nur kann es freilich nicht Wundernehmen, wenn sie sich für 
Rom nicht verificiren (Petavius doctr. temp, 9, 55); eher mögen es 



DIE RÖMISCHE KÖNIGSTAFEL. 147 

Yarro eodlidi, mit Atticus wie mit Tanitius befreundet^ 
widmete nicht blofs jenem seine Bucher 'über die Lebens- 
weise des rdmisdien Volkes*^ und überschrieb nach ihm 
seine Abhandlung *von den Zahlen', sondern bestimmte 
auch in seinem 711 verfafsten Werke de gente populi Ro- 
mani nach den Ansätzen und Rechnungen des Atticus und 
des Tarutius das Alter der Stadt 2^^). In der Kaiserzeit 



ägyptische oder babylonische Beobachtungen sein. De^ Taratius 
Berechnungen erwähnt auch Cicero in einem 710 geschriebenen 
Werke [de div.^, 47, 98) : L. Tarutius Firmanus famäzaris noster, 
in primis Chaldaicis rationibus eruditus, urbis eiiam nostra€ na- 
talem diem repetebat ab äs PariUbus , quibus eam a Romulo cati" 
ditam accepfmus, Rontamque, in iugo (d. h. im Zeichen der Wage) 
cum esset luna, natam esse dicebat nee eins f ata canere dubitabat 
Maniiius 4, 773: qua (Libra) condita Roma, Solinus c. 1: Romu- 
lus auspieato fundamenta mtprorum tec«. ^aodeviginU natus annos 
XL kal, Maias hora post secundam ante tertiarn plenam, sicut L. 
Tarruntius prodidit mathematicorum nobiUssimus, love in piscibuSf 
Saturno Fenere Marte Mercurio in scorpione, sole in tauro, luna 
in Ubra constituUs. Lydns de mens. 1, 14, ebenfalls auf Tarutius 
sich berufend, stimmt in Gründungstag, Jahr (obwohl er neben Ol. 
6, 3 auch eine verdorbene fabische Zahl, Ol. 8, 2 nennt) und Stunde, 
nennt aber andere Sternbilder: riUov fihv rav^^i, aekrivrig Sk mstq- 
d^ivfpf Kqovov dl Cvytp) Jiog dh XiovTi,ZiQ€og Cvy^, jttpQodltrig 
TavQ(pf ^Egfiov XQi(li. Auch Plinius schöpfte für sein 18. Buch ex 
TarutiOf qtd Graece de astris scripsit, — Es ist nützlich diese *vis 
maaima erroris \ wie Cicero sie nennt, einmal beisammen zu sehen. 
279) Amob. 5, 8: Farro in Ubrorurn quattuor primo, quos de 
gente conscriptos Romani populi dereUquit, curiosis computationi" 
bus edocet ab düuvH tempore ad usque HirU constdatum et Pansae 
(711) annorum esse iniHa nondum duo, Vergl. Gell. \, 16,3.: 
Varro in XFII humanarum: Ad RomuU initium plus mille et cen- 
tmn annorum est; in welcher älteren vor 709 bekannt gemachten 
Schrift er anderen Rechnungen gefolgt sein kann. Censorinus21,4: 
De tertio tempore ( d. h. über die Epoche von Roms Erbauung bis 
auf die Gegenwart) fuit aUqua dissensio in sex ^septemve tan- 

10* 



148 i>k: römische königstafel. 

ist diese Gleichung und die daran sich knüpfende Rech- 
nung die bei weitem vorherrschende geworden ^ ® ^) , wie 
sie denn auch heute noch den gewöhnlichen Jahrzahlen zu 
Grunde liegt. — Die Zeittafelgleichungen Ol. 7, 2 und Ol. 
6, 4 sind aus dem Alterthum nicht überliefert^s-i); uns 
ist die letztere geläufig, da unsere Handbucher mit dem 
varronischen Ansatz der Königszeit die Zeittafelzählung zu 
verbinden pflegen. 

Diese Untersuchung über die römische Königstafel und 
das Grundungsjahr Roms kann nicht das Verdienst in An- 
siftTich nehmen historisch Wahres aufgedeukt oder auch 



tummodo annis versata (gemeint sind die SchwaokungeD von Ol. 
6, 3 bis Ol. 8, 1 ) ; sed hoc quodcunque caUginis Varro diseussit et 
nunc diversarutn civitatium conferens temporär nunc defectus eo- 
rumque mtervaUa retra dinumerans eruit verum lucemque ostendit, 
per quam numerus cerius ?ion annorum modo sed et dierum perspid 
possit Secundum quam rationem — hie annus, cuius velut indeae 
et ütulus est Pn et PonÜani consulatus (238 n. Chr.), ab Olym- 
piade prima miUensimus est et quartus decimus ex diebus dum- 
taxat aestivis, quibus agon Oiympicus celebratur; a Roma autem 
condita nongentesimus nonagensimus primus, et quidem ex Parili- 
busy unde urbis anni numerantur. Aus derselben varronischen 
Schrift schöpften Plutarch, Solinus und Lydus ihre Nachrichten 
über Tarutius. 

280) Das Gründnngsjahr Ol. 6, 3 findet sich aufser bei den oben 
Genannten bei Vellei. 1, 8, Eutrop. 1, 1, Oros. 2, 1 (Ol. 6) und Ly- 
dus de mens. 1,14. 

281) Man könnte freilich annehmen, dafs Atticus^ nach der Zeit- 
tafel rechnend, für J. 1 d. St. auf Ol. 6, 4 kam, aber, da die beiden 
ersten Monate dieses römischen Jahres in 01.6,3 fielen (A.253), die 
Gründung in dieses Jahr setzte. Allein diese Annahme ist darum 
verwerflich, weil Ol. 6, 3 überall auftritt nicht so sehr als historische 
Jahrzahl, sondern als historische Gleichungszahl, an die die Rech- 
nung sich anlehnt, so z. B. sehr deutlich bei Velleins 1, S: sexta 
Olympiade post duo et viginti annos quam prima constituta fuerat. 



DIE fiÖMISCHB KÖN16STAFBL. 149 

nur historisch Unwahres beseitigt zu hab^; denn sdt audi 
die Thorheit kritisdi geworden ist, wird bekanntlich an 
die Königszät nur noch mit Abzug der Zahlen geglaubt 
oder zu glauben geglaubt Aber auf den Entwickelungs- 
gang der römischen Annalistik wirft die Bildung und Um- 
bildung des Königszahlengewebes, wenn ich nicht irre, ein 
helles Licht Man kann es hier verfolgen, wie an den festen 
Kern des Magistratsverzeichnisses der Nebelschweif der 
Fabulirung sich heftet und derselbe allmählich eine gewisse 
Festigkeit und Individualität bekommt; wie dann in ver- 
schiedenen Epochen, namentlich durch Cato und durch 
Atticus, die griechische Synchronistik äuTserlich an die rö- 
misdie Ueberlieferung herangebracht und durch die 
schlimmste aller Akrisien, die scheinhafte Kritik nach und 
nach das Unechte verputzt, das Echte zerrüttet wird. Be- 
lehrend ist es, wie langsam dieser Prozefs sich vollendet; 
selbst so ganz äufserliche Dinge wie das Nebeneinanderle- 
gen der Consular- und Ardiontenliste mangeln noch in der 
Ciceronischen Epoche und Atticus einfache Wahrnehmung, 
dafs jene zwei Namen mehr zähle als diese, ist eine Auf- 
sehen machende litterarische Entdeckung. So begreift man 
freilich, wie die römischen Annalisten die griechischen 
Synchronismen so seltsam vernachlässigten oder mifs- 
brauchten; wie Gellius und Licinius Hacer den Getreide- 
kauf in Sicilien 262 auf König Dionysios den Aelteren 
(reg. 348 — 387) beziehen konnten 2 s 2); wie die Erzählung 
von dem Verkehr des Philosophen Pythagoras mit dem 
König Numa , die übrigens bei aller chronologischen Un- 
möglichkeit Elemente des Wahren enthält, nicht blofs von 



282) Dionys. 7, 1. Die 'alteren Annalisten erwähnen das Fac- 
tom ohne den König zn nennen (Liv. 2, 34). 



150 DIE RÖMISCHE KÖNIGSTiFEL. 

dem ahen Fabius^®^), dem dergleichen wohl anstand, 
sondern noch von den Chronisten der sullanischen Zeit ^ s 4) 
als historische Thatsache berichtet ward, bis dann ein ganz 
gelehrter Mann die Verwechselung des samischen Pythago- 
ras mit dem gleichnamigen Lakonen, der allerdings zuNn- 
mas Zeit im Yerzeichnifs der olympischen Wettlaufsieger 
ügurirte, glücklich entdeckte und mit angemessenem 
Scharfsinn daraus die Wahlverwandtschaft zwischen Rom 
und Sparta erklärte 2® 3). So begreift man auch, warum 
ein Buch wie dasjenige Diodors theils so lächerlich verun- 
glückte, theils dennoch solchen Beifall fand. Bis in die 
Zeit des Augustus hatte die halb kindische, halb schul- 
meisterliche Stadtgeschichtenschreiberei ohne Nebenbuhler 
den Platz behauptet und Polybios grofsartigen weltge- 
schichtlichen Standpunkt vollständig überwuchert; die 
'historische Bibliothek', die, freilich in ihrer Art, den Ge- 
danken der griechisch-römischen Universalgeschichte wie- 
der aufnahm, ist in dieser Gattung wie wahrscheinlich das 
schlechteste so auch wahrscheinlich das erste Buch. 



283) Diodor p. 549. Das Stadtbuch nannte Pytbagoras nicht 
(Cic. de rep, 2, 15). 

284) Liv. 40, 29. 

285) Plut. Num, 1. 



V. 

DIE ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 

Die albanische Königstafel unterscheidet von der römi- 
schen sich hauptsächlich dadurch, dafs sie nicht in unsern 
Schulen auswendig gelernt zu werden pflegt und daher 
weder pädagogische Rücksichten noch kindliche Remini- 
scenzen hier der historischen Kritik ins Handwerk gegriffen 
haben. Für die Geschichte der römischen Historiographie 
indefs gewährt diese jüngere Königstafel als Kriterium der 
jüngsten Fabulirungsepoche zwar nicht den gleichen, aber 
doch gleichartigen Nutzen wie die ältere, imd es ist darum 
nidit überflüssig auch diese in ihrer Entstehung zu ver- 
folgen. . 

Die älteste sagenhafte Dichtung knüpfte den Ursprung 
Roms in der einheimischen Erzählung an Alba, in der si- 
cilischen an Troia an^^^^); doch ist dieselbe in Rom wie 
in Sicilien entweder überhaupt zeitlos geblieben oder es 
sind doch ihre chronologischen Ansetzungen für uns ver- 
schollen. Wo unsere Ueberlieferung beginnt, in der zwei- 
ten Hälfte des sechsten Jahrhunderts der Stadt, erscheinen 
die albanische und die troische Ursprungssage bereits mit 
einander verschmolzen. Feste Ziffern mangeln auch hier 
noch, aufser dafs, gemäfs der Sage von der Sau und ihren 



286) R. G. 1, 4a6fg. 



152 DIE ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 

dreiTsig Ferkdn, die Gröndung Albas von Fabius/^®') in 
das dreifsigste Jahr nach der Landung des Aeneias gesetzt 
ward. Dagegen haben Fabius 2 s 8),Naevius und Ennius 2 s o) 
den Romulus zum Sohne des Mars und der Ilia, der Toch- 
ter des Aeneias und Schwester des Askanlos gemacht, so 
dafs also die im sechsten Jahrhundert stehende Erzählung 
von albanischen Königen nur Aeneias, Askanios, Amulius 
und Numitor gekannt und von Aeneias Landung bis auf 
Roms Gründung drei Geschlechter oder ein Saeculum ge- 
rechnet haben wird. Ennius ^ ^ ^) vielbestrittene Zeilen: 



287) Bei üiodor/r. XfX. Die Stätte, an der die Sau wirft nnd 
wiedergefunden wird, ist das künftige Alba longa; die Stätte, wo 
sie geopfert werden sollte und von der sie entläuft , wird Lavinium 
gewesen sein; der einfache Sinn der Sage ist, dafs die Troer hier 
nur ihren Lande- und vorläufigen Wohnplats, ihre bleibende Stätte 
aber in Alba finden sollen. Noch bei Cato lautet die Sage wesent-* 
lieh gleich ; später wird sie anders gewendet. Vgl. Schwegler R. G. 
1, 283 fg. 

288) Dies geht deutlich hervor aus Diodor fr, XIX: ^vtoi [ikv 
oiv rejv avyyqaifitov nXavrjd-ivTeg vniXaßov rovs 7Z€Qi tov *i\ü- 
fivlov ix Trjg AiveCov ^vyajQog yevvti&^via xexnxivai rrjv *P(w- 
firjv. Diodor, der sonst sich darauf beschränkt den Fabius auszu- 
schreiben, folgt doch in der Erzählung von den albanischen Königen 
nicht ihm, obwohl er gleich darauf mit seinem Namen eine Varlan- 
tenerzählung anfuhrt (tisqI ^k rrjg nQoarjyoQCag ravrrjg 4>dßiog 6 
rag ^PcjfxaCcjv nqu^ug ccvtxyQcixpag aXlfog fiSfivd^oXoyrjxev) j son- 
dern einer jüngeren, Roms Gründung auf Ol. 7, 2 ansetzenden 
Quelle. Es hat daher die höchste Wahrscheinlichkeit, dafs der zu 
Anfang getadelte Schriftsteller eben auch kein anderer ist als Fa- 
bius. Danach wird auch der Ungenannte, den Dionysios t, 73 als 
den zweiten in der Reibe der römischen Zeugnisse aufführt, eben- 
falls Fabius sein. Andere geringere besonders griechische Berichte 
dieser Art fuhrt Schwegler 1, 401 fg. auf. 

289) Servius zur Aen. l, 273. 6, 778. Ennius^. ann, 1 n. 33 
Vahlen. 

290) Varro rfe r. r. 3, 1, 2; Ennius/»*. ann. r. 493 Yahlen. Das 



DIE ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 153 

S^ptmgenti sunt paUUo pius aut mimu anni, 
Augutto augurio postquam incluta eondita Roma est 

scheinen demnach dahin verstanden werden zu müssen, 
dafs von dem hohen Götterwahrspruch, der mit Laviniums 
Gründung auch zu Rom den Grund gelegt hat, bis auf des 
Dichters Zeit (f 585) ungefähr sieben Saecula verstrichen 
seien. 

Diese Erzähking nahm keine Rücksicht auf die grie- 
chische conventioneile Sagenchronologie, wie dies begreif- 
lich ist, wenn sie herrührt von ihrem ältesten litterarischen 
Gewährsmann, dem Fabius, einem Zeitgenossen des Era- 
tosthenes (479 — 560), und nothwendig, wenn dieser sie, 
was er wahrscheinlich that, der um ein bedeutendes älteren 
officiellen Stadtchronik entnahm. Nach jener würde man 
vielmehr auf ganz andere Ziffern gekommen sein. Wer 
mit Eratoslhenes von Troias Zerstörung und Aeneias Aus- 
wanderung bis zum Jahre vor der ersten Olympiade 407, 
also Ol. 1, 1 als das J. 408 nach Troias Fall zählte ^o »), 
gelangte je nach den verschiedenen Synchronismen zwi- 
schen Olympiadenjahren und Jahren der Stadt zu folgen- 
den Gleichungen: 

J. d. St. 1 « Ol. 12, 4 x= J. nach Troias Fall 455 

- - = - 8, l = . - - 436 

- . =: - 7, 2= - - - 433 
. - « - 7, 1 -» - - . 432 

- - « - 6,3=« - - - 430 



Wahrzeichen ist hiernach die Verzehrung der Tische (Schwegler 
1, 285) und Laviniom gefafst als sacra principia populi Romani 
(Orell.2275). Varro müfste dies dann freilich miisverstanden haben. 

291) Böckh C. /. Gt, 2, 327 fg. Von römischen GewährsrnSn- 
nem reebnen von Troias Fall bis zur ersten Olympiade Censorinns 
(c. 21, 3) 407, Solinus (c. 1) 408 Jahre. 



1 54 DIE ALBANISCHE KON I6STAFEL. 

Eine solche Berechnung stellte zuerst Cato an und fand, 
dai^ die Gründung Roms 432 Jahre nach Troias Zerstö- 
rung falle 2 9 2), Es ist dies insofern zweideutig, als die 
Ziffer verstanden werden kann mit Ausschlufs oder mit 
Einschlufs des Gründungsjahres, welches Cato olympia- 
disch nicht angab. Indefs ist oben bewiesen worden, dafs 
der Ansatz der Königszeit auf 244 Jahre und, was dasselbe 
ist, des Grundungsjahres auf Ol. 7, 1, dem gesammten 
siebenten Jahrhundert noch fremd ist, vielmehr bis auf 
die varronische Zeit 243 Königsjahre gezählt und die Grün- 
dung in Ol. 7, 2 gesetzt wird. Es kommt hinzu, dafs Era- 
tosthenes bei seiner Rechnung das erste Olympiadenjahr 
ausgeschlossen, demnach Cato die daran sich anschUe- 
fsende Ziffer wahrscheinlich nach demselben Princip ge- 
funden hat. Insofern scheinen Diodors Gewährsmann, 
der hier nicht Fabius ist, und Solinus^os)^ indem sie J. 1 
d. St. als J. 433 nach Troia bezeichnen, Catos Meinung 
richtiger aufgefafst zu haben als Dionysios, der zwar, inso- 
fern er selbst den Königen 244 Jahre gab, folgerichtig J. 1 
d. St. = Ol. 7, 1 == nach Troia 432 ansetzte, aber entwe- 
der sich ungenau ausgedruckt oder geirrt hat, wenn er 
Cato dieselbe Gleichung beizulegen scheint. — Die übrigen 
möglichen Ansetzungen sind nicht zu belegen. Wohl aber 



292) Dionys. 1, 74: Kariov ^h üoQXiog 'EXXrivixov fihv ovx 
OQtC^tj^Qovov inifielrig ^k y€v6fi€Vog, ei xalrig alXog, eig rriv 
awccycDyrjv trjg ttQxctioXoyovfiivrig larogCag treaty änotpalvet 
dval xttl jQidxovra xal.reTQaxoaCoig vareQOvaav tc5v *Ilicixc5v. 
6 dh XQovog ovTog avctfxerQrjd-elg raig ^EQCixoa^ivovg XQovoyQa- 
(ftaig xarä ro nQmov hog nCnret, r^g ißdofxrjg ^OlvfinidSog, 
Vgl. 1, 71. 2, 2. 

293) Diodor fr. XIX, SoUdus c. 1, wo freUich das GroDdangs- 
jahr Ol. 7, 1 Dicht stimmt. 



bIB ALBANISCHE KOIflGSTAFEL. 155 

finden sich daför noch bei späteren und ungenaue Ge- 
währsmännern eine Anzahl meist auch diplomatisch nicht 
gehörig beglaubigter Zahlen ^ ® * ), wdche wahrscheinlich alle 
nur herrühren aus falschen oder falsch gebrauchten syn- 
chronistischen Tabellen; dafs einzehie derselben auf eine 
andere als d^ eratosthenische Zeitbestimmung von Troias 
Fall zurückgehen, ist möglich, aber wenig wahrscheinlich 
und auf jeden Fall nicht hier der Ort den griechischen 
Wertb dieser innerhalb der römischen Chronologie völlig 
gleichgültigen Daten zu untersuchen. 

Die chronologische Unvereinbarkeit der beiderseitigen 
Zablensetzungen war also seit dem Ende des sechsten Jahr- 
hunderts den römischen Annalisten bekannt; doch scheint 
davon zunächst kein weiterer Gebrauch gemacht worden 
zu sein als etwa dafs man es unterliefs Romulus als Aeneias 
Enkel aufzuführen und es dem Leser freistellte sich zwi- 
sc^n Askanios und Amulius die erforderliche Anzahl von 
Königen in Gedanken zu ergänzen. Von einer latinisch- 



294) 439 Jahre bei Lydas (demag^A,!) angeblich ans Cato und 
Varro, was von jenem gewtfs, von diesem wahrsch^nlich falsch ist. 
— 437 Jahre bei Velleius (1, 8). — 431 Jahre bei Easebius 1, 392 
(wo von Aeneias bis Romulus CCCCXL VIII— schreibe CCCCXXVIII 
— , von Troias Fall bis auf Romulus zuerst CGCGXXXI, nachher 
CCCCXLI gezählt werden, aber in der Snmmirung die letzte Zahl 
wieder richtig als CCGGXXXI auftritt) in Listen, die aus den frü- 
her mitgetheilten diodorischen Zahlen zusammengestellt sind. — 
424 Jahre Syncell. 1, 367 Bonn. — gegen 420 Jahre Amobius (2, 
71). — 417 Jahre Lydus (de mag. 1, 1) angeblich nach Kastor, Afri- 
canus und Ensebius, was auch wohl falsches Gitat ist. — 414 Oros. 
2, 4. — 394 Eutrop. 1, 1. — 360 Servius zur Aen. 1, 267. Wie 
dergleichen Setzungen entstanden, kann man an Eusebius sehen, 
wo z. B. im armenischen Text das erste Jahr des Aeneias J. Abr. 
839, das erste des Romulus J. Abr. 1265 ist, also der danach Rech- 
nende den lateinischen Können 426 Jahre geben mofs. 



t56 DIE ALBANISCHE KÖMIGSTAFBL. 

albaiiischen Königsliste wissen die röBiischen Chronisten 
des ganzen siebenten Jahrhunderts nichts^^^); die frühe- 
sten Spuren davon finden wir, wie Nid[>uhr2^^) treffmd 
hervorhob, im letzten Drittel des siebenten Jahrhunderts 
bei untergeordneten römischer Geschichte sich in ihrer Art 
befleifsenden hellenischen Litteraten, zuerst bei Cornelius 
Alexander, genannt Historia oder Polyhistor (um 673 d. St), 
auf den schon die alten Gelehrten derartige Berichte der 
augusteischen Zeit zurückführten^^') und der ganz der 
Mann dazu war zugleich gegen die Gesetze der Fiction und 
gegen diejenigen der Historie sich zu versündigen^^®); 
sodann höchst wahrscheinlich bei dem Chronographen Ka- 
stör, der sein Geschichtswerk mit dem J. 691 schlofs^^o). 
Aus dieser Quelle ist ohne Zweifel der homerische Name 
des Vaters des Anchises, Kapys in die Liste gekommen so 



295) Wenn ^Cattius in primo amiaUum^ den Homer und Hesiod 
ansetzt Süvns Mh<Me regnantäms annis post bellum Troianum plus 
C atque LX (Gell. 17, 21, 3), so mag dabei an den als Redner und 
Dichter bekannten Cassins Severos zn denken sein oder an einen 
andern Scribenten der Kaiserzeit, nimmer aber an Cassins Hemina. 
Die Citate in dem allerdings, wenn auch nicht in der Neuzeit, ge- 
fälschten Bnche de origine gentU Romanae kommen nicht in Be- 
tracht. 

296) R. 6. 1, 226. 

297) Servins znr Aen. 8, 330: Hie (Uviusi Alexandrum sequi- 
tur qui dütit Tyberinum CapeÜ ßlium venantem in hune fluvium 
ceddisse etfluvio nomen dedisse, 

298) Meine R. G. 3, 562. 592. Die Brachstücke in den fiagm. 
hisL Graec, 3, 230, worin auch ähnliche Fabulirang über MarserkS- 
nige begegnet. 

299) Bei Euseb. 1, 396: Romanorum reges singiUaHm exposm- 
mus, iniUum fadentes ab yienea — et in y4muUum Süvinm dedu- 
ximus. Das konnte nur sagen, wer eine Liste gegeben hatte; 
aofserdem deutet der Name der Silvli, der hier meines Wissens am 
frühesten genannt wird, auf die spätere Fabel. 



DIE ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 157 

wie der geringe Anekdotenvorrath, weicher an die einzel- 
nen Namen sich angesetzt hat, namentlich die beiden ety- 
mologischen Geschichtchen, dafs der Berg Aventinus von 
dem daselbst begrabenen König Aventinus, der Tiberflufs von 
dem in ihm ertrunkenen König Tiberinas benannt seien. 
Beide hat schon Varro, wahrscheinlich aus Kastor, beiläufig 
erwäbnt^^^o). Erst seitdem Anfang der augusteischen 
Zeit sind die vierzehn albanischen Könige des Silvierge- 
scblechts^*^') der gemeinen römischen Ueberlieferung er- 
worben. Sie finden sich bei Livius im ersten Buch3 2) 
(veröffentlicht 727—729), bei VirgiPo^) (^ 735)^ bei Dio- 
dor^o*) (schrieb eine Weile nach 710), Dionysios^os) 
(sdirieb 747), Vwrrius Flaccus^^^^), Ovidius^o»), um der 

300) Varro de LI. 5, 30: Sunt qui Tiberim priscum nomen 
Latinum AWulam vocitatwn litteris tradidenmt, posterius propter 
Tiberintim regeln Latinorum mutatum, quod ihi interierit, nam hoc 
eius ut tradtmt sepulcrum. §.43. AvenOnum — alü ab rege Aven^ 
tino AlbanOy quod ibi sit sepultus. Auch die Rea kommt, wohl zu- 
erst, bei ihm vor 5, 144. ; — Den Kastor hat Varro beoutzt (Augu- 
stinus de civ. dei 21, 8, 2). — Ich weifs nicht, warum Lachmaon (de 
fönt. Livü 1;51) das Fragment aus Varro LXFI humanarum (Non. 
t*. duodevicesimo p. 100 M.; Gell. 5, 4): mortuus est anno duo et 
vicesimo; rex fuit annos XXI auf den König Proca bezieht, von 
dem nichts gesagt wird, als dafs er 23 Jahre regierte. 

301) Denn Aeneias und Askanios werden nicht als albanische 
Könige gezählt, sondern als latinische oder lavinische (Servius zur 
Aen. 6, 760 fg.; Chronogr. von 354 S. 645). 

3ü2) Diodor fr. XIX, wo man beachte , was schon Aucher be- 
merkt hat, dafs kis subdit Worte des Eusebius sind, nicht Diodors, 
also das Folgende keineswegs Fabius gehört. 

303) Aen. 6, 760%. 10,50. 

304) 1,29. 

305) 1, 64. 65. 70. 71. 

306) Festus t*. Silvi p. 340 ; aucb im Auszug v. Albula p. 4, 
Aventinus p. 19, Tiberis p. 366. 

307) fast. 4, 37—53, vgl. met. 14, 609—622. 



158 DIE ALBANISCHE KÖNI6STAPBL. 

Späteren nicht zu gedenken^ ^ ^), unter denen nur derCbro- 
nograph von 354 wegen einer eigenthümlichen Umände- 
rung der Liste Aufmerksamkeit verdi^nt^^^). Dabei ist 
bemerkenswerth, dafs bei den wahrsdieinlich ältesten Ge- 
währsmännern, Livius und Virgil, denen Pompeius Tro- 
gus sich anschliefst, die Dauer der einzelnen Königsregie- 
rungen nicht angegeben, sondern nur für Aeneias 3, für As- 
kanios 30, für die albanischen Könige bis auf die Gründung 
Roms 300 Jahre gerechnet werden^ • ^) — Ansätze, welche 
offenbar auf die hergebrachte troische Chronologie keine 
Rücksicht nehmen, sondern lediglich aus Zahlenspielerei, 
möglicher Weise nicht ohne Einflufs der ItOjährigen au- 
gusteischen Saecula hervorgegangen sind^''). Dagegen 



30S) Strabon 5, 3, 2 p. 229 Cas., insofern er von A^Ibas bis aof Roms 
Gründaog 400 Jahre rechnet; Appian 1, 1 Schw.; Dio fr. 4, 10; 
Zonaras 7, 1 ; die Schrift des sogenannten Victor de origine genUs 
Romanae und die gleicbbetitelte von Hieronymus aasgezogene (die 
Fragmente gesammelt in meinen Qaellen des Hier. S. 689); Victor 
viri üL 1 ; die aas Diodor geflossenen Listen des Basebius, Hierony- 
mus, Cassiodor und SynceUus (letztere zerrüttet); Servius zur 
Aen. 6, 760 fg. u. A. m. 

309) Mit Weglassung des zwölften Königs Aremulns Silvias 
ist hier zwischen Amulius und Romulus hinzugefügt: Renius Süvius 
regnavit XFIL Eum Romulus interfecit. 

310) Am bestimmtesten giebt diese Ansetzungen Virgil ^ait. 1, 
263 fg. (vgl. Servius zu 1,272), wodurch die beiläafigen Erwähnun- 
gen Liv. 1, 29 und Justin. 43, 1, 13 erst verständlich werden. 

311) Niebuhr R. G. 1, 227 sieht zwar auch willkürliche, aber 
altlatinische Ansetzuogen in diesen 3 -f- 30 -f- 300 Jahren, wobei 
übersehen ist, dafs man die Zahlen bei Virgil und Livius nicht los- 
reifsen kann von der bei denselben erscheinenden auch nach Nie- 
buhrs eigenem wohlbegrüadetem Urtbeil nichts weniger als altlati- 
nischen Königsliste , und dafs Askanios 30 Regierungsjahre — tri- 
gutta tnagnos volvendis mennhis orbes imperio expMnt — gar 



BIE ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 159 

erscheint von Diodor und Dionysios an eine Liste, welche 
die Dauer der samnitlichen sechzehn Königsregieningen 
einzehi auffuhrt und zu der Summe von 432 Jahren ge- 
langt^ 1 2) — augenscheinUch eine nach der catonischen 



nichts gemein haben mit den dreifsig Jahren , die nach der schon 
von Fabins berichteten Sage zwischen Lavinioms and Albas Grün- 
dang verfliefsen. — Für die Saecalarbeziehuagen könnte man noch 
Virgil vergleichen Aen. 12, 826: sint Albani per saeciila reges. 

312) Die Liste ist: 1) Aeneias 3-)-3; 2) Askanios 38; 3) Silvias 
29; 4) Aeneas Silvias 31 ; 5) Latinas Silvias 51 ; 6) Alba Silvias 39; 
7) Epitos Silvias 26; 8) Capys 28; 9) Calpetas 13; 10) Tiberiaas 
Silvias 8; 11) Agrippa 41; 12) Aremalos Silvias 19; 13) Aventinos 
37; 14) Proca Silvias 23; 15) Amalias 42; 16) Namitor 1 (denn das 
zweite Jahr Namitors ist das erste der Stadt: Dionys. 2, 71). Wir 
haben diese Liste aas drei Qaellen : aas Diodor, von dem Easebios, 
Hieronymas, Cassiodor, Synkellos abhängen, aas Dionysios and aus 
dem Chronographen von 354. Die beiden ersten weit älteren Ge- 
währsmänner stimmen im Wesentlichen überein, so dafs die viel- 
fach abweichenden Zahlen des dritten nar aaf Willkür oder Verse- 
hen berahen können. In der einzigen Discrepanz zwischen den dio- 
dorischen and den dionysischen Zahlen, indem bei Latinas Silvias 
dort 50, hier 51 Jahre angegeben sind, entscheidet für die letztere 
Zahl theils das Zeagnifs des Chronographen, theils die von Diodor 
selbst angegebene Samme 433. lodefs macht diese Schwierigkeit, 
da man bei dem diodorischen Grüodangsjahr dafür 432, bei dem dio- 
nysischen sogar 431 erwarten sollte. Der Urheber des Verzeich- 
nisses scheint, vom Gründangsjahr Ol. 7, 2 aasgehend, dies dem er- 
sten Jahr des Namitor gleichgesetzt za haben ; Dionysios wird man 
von dem doppelten Versehen nicht freisprechen können theils das 
erste Jahr des Namitor aas Uebergenaoigkeit mitgezählt, theils das 
in Folge der Verschiebang des Gründangsjahres Roms von Ol. 7, 2 
aaf Ol. 7, 1 wegzulassende Jahr fortgeführt za haben, so dafs das 
zweite Jahr Namitors oder das erste Roms, Ol. 7, 1 , welches ihn 
als das 432ste nach Troia zählt, in der That nach seinen Einzelan- 
sätzen das 434ste sein würde, kh bemerke dies, nicht weil für die 
römische Chronologie darauf etwas ankommt, sondern weil es bei 



160 DIB ALBANISCHE KÖNIGSTAFEL. 

Berechnung der Zwischenzeit zwischen Aeneias und Ro- 
mulus zur Ausfüllung der chronologischen Tabellen ange- 
legte Fiction, welche übrigens in den Namen mit der frühe- 
ren wesentlich stimmtet 3). — Auffallend bleibt dabei 
nicht sowohl der Trug an sich, sondern die rasche und all- 
gemeine Verbreitung, welche derselbe vom Anfang der Kai- 
serzeit an gefunden hat Allein die Ursache liegt nicht fem. 
Bekanntlich fährten die Julier, wenigstens seit Caesar, ihre 
Herkunft zurück auf Venus und Anchises^ ' *) und durch 
diesen auf die aeneadischen Könige von Latium und Alba : 
der eponyme Heros Julius war bald Askanios selbst, bald 
ein Bruder des Askanios ^ ^ ^), bald ein Sohn desselben, 
welcher, während der Thron an Silvius kam, entschädigt 
wurde mit dem fortan in seinem Geschlechte erblichen 
Priesterthum' ^ <^). Ohne Zweifel wurde, etwa um die Zeit 
der Schlacht hei Actium, unter Benutzung der älteren Fa- 
bulirung von latinisch- albanischen Königen, dieser neue 



der Berechnung des dionysischen oder vieiraehr catooischen Jahres 
der Zerstörung Troias erwogen zu werden verdient. 

313) Doch heifst der siebente König bei Livius Atys, bei Dio- 
dor, Diooysios (nach der richtigen Lesung), Ovid u. A. Epitus. 

314) Caesar in der Leichenrede auf seine Tante (bei Sueton. 6): 
a Feuere luUi, ctäus gentis familia est nostra, Gaelius ad fam, 
8, 15 fin.: Feuere prognatus. 

315) Livius 1, 3. Virgil. Aeu. \, 268 und sonst. Schwegler R. 
G. 1, 337. 338. 

316) Diodor fr. XIX. Dionys. 1,71: "lovltp ^k dvrl t^s ßaai- 

XsCag tfQcc rig i^ovaCa nQoafri^rj xccl Tifirj , ijv hi xal ets 

ifjik t6 i$ auTov yivog ixagnovro. Wahrscheinlich ist hier der 
gentilicische Dienst gemeint, dem die bekannte Inschrift Orell. 
1287 {Fediovet patrei genteiles luUei — leege j^lbana dicata) an- 
gehört und aus dem später die Augustalsodalen hervorgingen. An- 
dere SteUen bei Schwegler 1, 337. 



DIE ALBANISCHE KÖI>i IG STAPEL. 161 

Stammbaum des regierenden Hauses verfertigt und es hatte 
seine guten Ursachen, dafs die Kritik sich an denselben 
nicht wagte, sondern die dürre Namenreihe in der Prosa 
wie in den Versen aller loyalen Unterthanen des julischen 
Kaiserhauses erscheint. 



Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 1 1 



VI. 

DIE LUSTRA. 

Lustrum^ das heilst die Sähnung, bezeichnet technisch 
die nach Vollendung der Schätzung stattfindende Sühnung 
der Gemeinde und, da diese in gewissen Zwischenräumen 
wiederkehrt, auch die hiedurch abgegrenzte Frist. Dafs 
nun dieser Zwischenraum von jeher eine normale Länge 
gehabt hat und nicht etwa ehemals beliebig veränderlich 
gewesen ist, geht schon daraus hervor, dafs der Sprachge- 
brauch mit dem Worte lustrum durchaus den Begriff eines 
festen und zwar quinquennalen Zeitabschnitts verbindet; 
allein die Dauer des Lustrum ist dennoch damit nicht aus- 
reichend bestimmt. Bekanntlich schwankt die römische 
Sprache in dem Gebrauch der Zahlwörter unter zehn, na- 
mentlich der Ordinalzahlen in einer für uns auffallenden 
Weise zwischen AusschHefsen und Einrechnen des Ter- 
mins, bis zu dem gezählt wird; bei gleichmäfsig interval- 
lirten Fristen von neun oder weniger Zeiteinheiten ist 
die letztere Ausdrucksweise sogar, namentlich in älterer 
Zeit, die gewöhnliche und vorwiegende. Wie jeden dritten 
Tag' den Römern bedeutet 'einen Tag um den. andern'; wie 
die achttägige Woche ihnen der 'Neuntag' ist; wie die 
Olympien, die capitolinischen Agonen von den besten und 



DIE LUSTRA. 163 

genauesten Schrirtsteilern Quinquennalfeste genannt wei- 
den ^ 1 '), so konnte auch das quinquennale lustrum ebenso 
gut, wo nicht besser, von einem vierjährigen Zeitabschnitt 
verstanden werden wie von einem fünfjährigen und ist in 
der That nicht minder für das Vier- wie für das FunQahr 
gebraucht worden^ Wenn die erstere Bedeutung die selt- 
nere ist, so möchte man sie dennoch defshalb für die ur- 
sprüngliche halten, weil nach dem eben erwähnten Sprach- 
gebrauch man weit leichter dazu kommen konnte aus dem 
Yierjahr mifsverständlich ein Fünfjahr zu machen als um- 
gekehrt. — Aber es stehen uns sichrere Quellen zu Gebot 
als der schwankende Sprachgebrauch um die ursprüng- 
liche Lustralfrist zu bestimmen. Die censorischen Ver- 
zeichnisse, unvollständig erhalten wie sie sind^ i »), zeigen 



317) Cicero de orat S, 32, 127. Sueton Dom. 4. SUtins stlv. 4, 
2, 62. CeosoriD. 18, 4. 13. Bei grb'fseren Zahlen von zehn ab än> 
dert sieh der Sprachgebrauch ; ich weifs kein Beispiel, dafs man hier 
bei wiederkehrenden Fristen den Termin, bis za dem gezählt wird, 
mitgerechnet and anders gesprochen hätte als die decimo, die triee- 
simo, anno centesimo. Auf a, d. XFii kalendas u. dgl. m. darf man 
sich dagegen nicht berufen. 

318) Die Lustrationsdaten, so weit sie in den capitolinischen 
Fasten sich erhalten haben, sind : . . . . J. d. St. 280 Varr. 1. f. VIII 

361 1. f. XVI 391 1. f. XX 436 1. f. XXV; 442 1. f. 

XXVI; 447 1. f. XXVII 460 1. f. XXX ... 474 L f. XXXH 

489 1. f. XXXV 502 1. f. XXXVII; 507 1. f. XXXVIH 

520 1. f. XL; 524 1. f. XLI; 529 1. f. XXXXH 550 

1. f. XXXXV; 555 1. f. XXXXVI; 560 1. f. XXXXVH; 565 1. f. 
XXXXVni; 570 1. f. XXXXVIHI; 575 1. f. L; 580 1. f. LI; 585 1. 
f. Lü; 590 1. f. LHI; 595 1. f. LIIH; 600 1. f. LV; 607 1. f. LVI; 

612 1. f. LVÜ; 618 1. f. LVIH 646 1. f. LXIII Die 

nicht auf den capitolinischen Tafeln verzeichneten Lustra sind, zu- 
mal bei der auf zwei oder drei ConsulAte sich vertheilenden censo- 
rischen Amtszeit, oft nicht mit Sicherheit auf das Jahr zu be- 
stimmen. 

11* 



164 DIE LUSTRA. 

doch mit hinreichender Bestimmtheit einerseits, data zwi- 
schen CensurundCeDsurüberhauptlieiQ gesetzliches InlervaU 
bestand 3 ■ °), sondern nurzwischenLustrum und Ltutrum, 
andrerseits daTs dieses in der älteren Zeil bis in den Anfang 
des sechsten Jahrhnnderts hinab nicht von rünr zu Tünr, 



DIE LUSTRA. 165 

welchen die allerdings nicht seltenen fünfjährigen defshalb 
nicht in Betracht kommen, weil das Intervall offenbar nidit 
absolut, sondern nur als Minimalintervall gesetzlich fest- 
stand und daher auch sechsjährige und noch längere 
Fristen mehrfach vorkommen. Erst als im hannibalischen 
Kriege die Verhältnisse dazu drängten die bis dahin unor- 
dentlich abgehaltene Schätzung zu reorganisiren und ihre 
Fristen zu regeln, wurde, gleichsam als Compensation für 
die strengere Einhaltung des Intervalls, dasselbe von vier 
auf fünf Jahre erhöht und in dieser Weise die Gensur nun 
mit früher unbekannter Regelmässigkeit fortgeführt, bis 
die beginnende Revolution das Institut erschütterte und 
bald völlig verschlang. Auch von dieser Seite her also be- 
stätigt es sich, was früher (S. 96) von einem ganz andern 
Standtpuncte aus sich herausstellte, dafs die Censur ur- 
sprünglich keineswegs fünfjährig, sondern achtzehnmonat- 
lich gewesen ist; fünfjährig ist sie in dem Sinne, dafs ihre 
Festsetzungen regelmäfsig auf fünf Jahre Gültigkeit behiel- 
ten, erst seit dem hannibalischen Kriege, in dem Sinne, 
dafs die Gensoren fünf Jahre fungirten, erst bei der Wie- 
derherstellung im J. 684 geworden. 

Wenn also das Lustrum, das heifst die Schätzung und 
die Sühnung der Gemeinde, ursprünglich von vier zu vier 



— Uebcr die finde 546 in msequens lustmm gelobten Spiele (Liv. 
27, 33) schwanken die Berichte ; nach dem einen wurden sie Anfang^ 
550, nach dem andern Anfang 552 gefeiert (Liv. 30, 2. 27). — 
Allerdings giebt es auch ein sicheres Beispiel eines dregährigen 
Lustmm, das 27ste nämlich vom J. 447, da das 28ste, nach den auf 
der capitolinischen Tafel erhaltenen Resten, unzweifelhaft in das J. 
450 zu setzen ist ; allein diese Censur des Q. Fabius Maximus Rul- 
lianus war eine aufserordentliche patricische Reaction gegen Appius 
revolutionäre Censur 442 und scheint darum in anomaler Weise 
verfrüht worden zu sein. 



166 DIE LrSTRA. 

Jahren eintreten sollte, so wird man nicht anstehen, das- 
selbe mit dem grofsen Jahr der R5mer, der vierjährigen 
Schaltperiode in Verbindung zu bringen. Dafs beiderlei 
Institutionen innerlich zusammenhängen, leuchtet ein, und 
wenn wir fanden (S. 15), dafs der pythagoreische Kalen- 
der in der sagenhaften Datirung dieser Epoche mit weit 
mehr Recht servianisch würde genannt werden können als 
numanisch, so stimmt es dazu recht wohl, dafs die Sage 
das Lustrum auf Servius zurückführt ^^^). Dabei muTs, 
was aber auch an sich schon mehr als wahrscheinlich ist, 
das vierjährige Intervall gedacht werden als ursprünglich 
nicht minimal, sondern absolut und nur durch spätere 
Zerrüttung zu einem mindestens vierjährigen geworden. 
So erklärt sich die Zählung der Lustra, wie die Fasten und 
die Chroniken ^-^) sie zeigen. Sie tritt in den römischen 
zahlenfeindHchen Aufzeichnungen so vereinzelt und fremd- 
artig auf, dafs sie einen Zweck gehabt zu haben scheint 
und ist doch, wie die Lustren geschichtlich erscheinen, 
zwecklos. Aber man begreift, wie dieser Gebrauch auf- 
kam und ebenso die damit wahrscheinUch zusammenhän- 
gende vielleicht recht alte Sitte nach Lustren zu rech- 
nen 3 2 3)^ wenn die Lustren ehemals die römischen Olym- 
piaden gewesen sind. Wenn endlich die römischen Spiele, 
wie es scheint, erst spät ein regelmäfsiges Jahrfest gewor- 
den und lange Zeit rechtlich unstet und votiv geblieben 



321) Liv. 1, 42. 44 uad sonst Val. Max. 3, 4, 3: (TuUio) quater 
Itutrum condere owfitigit, 

322) Liv. 3, 24. 10, 47. 

323) Gewisse von Qoioquennalen präsidirte Collegien zählen ste- 
hend nach Lustren ( Orelii-Henzen 46. 820. 3891. 4064. 6520. 7200 
und besonders Henzen BuÜett. 1849 p. 101 fg.), womit wahrschein- 
lich funQährige gemeint sind; doch fehlen dafür sichere Beweise. 



DIE LOSTRA. 167 

sind ^^ ^), so legt dies, zumal da sie entschieden den Olym- 
pismen nachgebildet sind ^ ^ »), die Vennuthung nahe, dafs 
das Lustrum nicht immer blofs in Gebeten und Opfern 
(suovetaurilia) bestanden haben, sondern anfanglich mit 
diesem Spiele verbunden gewesen sein mögen. 

Einen praktisdien Gebrauch dieser Schaltlustren für 
Fixirung und Regulirung der römischen Jahrzählnng ver- 
mögen wir freilich nicht nachzuweisen. Es ist nicht un- 
wahrscheinlich, dafs die Königszeit wie im Bauwesen so 
auch in anderen Dingen weiter gewesen ist als die spätere 
Adelsherrschaft und dafs unter dem Einfilufs dieser die re- 
gelmäfsige Folge der Lustren und damit der Werth dieser 
Institution verschwand. Aber sie ist nicht auf immer v^- 
schwunden. Die Häupter der Demokratie nahmen die Ge- 
danken der Königszeit wieder auf; Caesar vor allem 3^^) 
ist in semer eigenen und der Auffassung seiner Partei we- 
sentUch der Testamentsvollstrecker der alten Könige und 
vor allen Dingen des trefflichen die Armen und Schwachen 
beschirmenden und defshalb von der patricischen Coterie 
ermordeten Königs Servius TuUius. Die ganze Schilderung 
der servianiscben Einrichtungen bei Dionysios ^ ^ : Ab- 
wälzung der Staatslasten von den Armen auf die Reichen, 
Yertheihing des gemeinen Ackers unter die Besitzlosen, 
Schuldentilgung aus der Staatskasse, Abschaffung der 
Schuldknechtschaft, geschriebenes Gesetzbuch, Criminal- 



324) Liv. 1, 35 : soüemneg, deinde anntä fnansere ludi, Romani 
magnique varie appeUaU, Mao übersieht gewöhnlich, dafs ludi sol- 
lemnes und hidi anntä GegeüsÜtze sind: die Spiele wurden zuerst 
factisch gewöhnlich, spater rechtlich stehend. 

325) Meine R.G. 1,211. 

326) Vgl. meine R. 6. 3, 463. 

327) Besonders 4, 9. 11. 25. 40. 



n 



168 DIE LUSTRA. 

Justiz in der Hand des Königs, Civiljustiz durch Geschwo- 
rene, ist nichts als das'historisirte Programm der Demo- 
kraten des siebenten Jahrhunderts; ja berühmte Worte 
Caesars werden geradezu dem König Servius in den Mund 
gelegt 3 2®). Wie unbequem es auch den Antiquaren fallen 
möge, dafs der historische Besen durch so ehrwürdige 
Spinneweben fährt, so wird es doch wohl eine Thatsache 
sein, dafs Macer und seines Gleichen ex commentariis Ser. 
Tullii ungefähr ebenso referirt haben wie späterhin ex 
commentariis C. Caesaris Antonius. Unter solchen Ver- 
hältnissen war es natürUch , dafs auch Caesars Kalender- 
reform gegeben und genommen ward als Wiederherstel- 
lung der alten einfachen und trefflichen, aber unter dem 
Regiment des Adels entstellten und verdunkelten serviani- 
schen Ordnungen und namentlich der römischen Lustral- 
olympiaden. Censorinus^^^), nachdem er von der grie- 
chischen Pentaeteris oder Olympiade gesprochen, fahrt 
fort: idem tempus annimagni (d. h. der Schaltperiode) Ro- 
manis fuit, quod lustrum appellahant, ita quidem a Ser. 
Tullio institutum, ut quinto quoque anno censu civium ha- 
hito lustrum conderetur, sed non ita a posteris servatum. 
Nam cum inter primum a Ser. Tullio conditum lustrum et 
id quod ab imp. Vespasiano V. et T. Caesare IIL cos, fac- 
tum est, anni interfuerint paulo minus DCL, lustra tarnen 
per ea tempora non plura quam LXXV^ 3 oj g^nt facta et 



328) Man vergleiche Caesars Worte (bei Cic. pro Marc, 8, 25): 
saUs diu vel naturae vixi vd ghriae mit Servius bei Dion. 4, 1 1 : ß^ 
ßCiarai rj^rj fxoi xal tiqoq aQsrrjv xal nQÖg ev^o^Ccev äno/Qü&VTtfg, 

329) 18, 1^15. 

330) Borgbesi in seioer Abhandlnng suU' ultima parte deüa serie 
de' censori Romani bat gezeigt, dafs nach dem letzten in den capito- 
linischen Fasten verzeichneten Lustrom, dem 63. des J. 646, nur 



DIE LUSTRA. 169 

poftea pUme fieri demerunt. Rursus tamm annus idem 
magnus per Capitolinos agonas coeptus est diUgentius ser- 

9 

vari, quorwn agonum primm a Damtiano institutus fvit 
duodecimo eius et Ser. ComeUi Dolabellae conmlatu. Mit 
der diesem Torzüglichen Schriftstdtter eigenen Klarheil ist 
es hier ausgesprochen, da£s die älteste römische Schaltpe- 
riode servianisch, nicht numanisch sei, dafs sie mit dem 
Lustrum zusammenfalle, dafs dies ursprünglich jedes vierte 
Jahr begangen, diese Regel aber in der republikanischen 
Zeit in Unordnung gekommen sei, endlich dafs Caesar und 
die späteren Kaiser in dem julianischen Schaltcydus und 
den daran sich knöpfenden FeierUchkeiten einigermafsen 
dies alte Lustrum wieder aufgenommen haben — welches 
alles früher einzeln entwickelt und gerechtfertigt worden 
ist. Wenn demnach die julianische Schaltordnung sich 
selber, und in gewissem Sinn mit Recht, als eine Wieder- 
herstellung der servianischen Lustra gab, so haben durch 
einen seltsamen Zufall die Pontifices sie gleichsam beim 
Wort genommen und in ähnlicher, nur umgekehrter Weise 
wie diese mifsverstanden. Denn wenn bei der Ausführung 
der servianischen Schaltfeier guinto quoque anno an die 
Stelle des gemeinten vierten das fünfte Jahr getreten war, 
so wurde bei der Ausübung der julianischen Schaltung 
quarto quoque anno ein volles Menschenalter hindurch an- 
statt des gemeinten vierten das dritte Jahr zum Schaltjahr 
gemacht 3 3 1). — Fortan wird histrum zwar im Allgemein 



nenn: 652. 657. 668. 684. 726. 746. 767. 801. 827 gefolgt sind. 
Wenn daher Censorinns nicht anderen Ansetzungen gefolgt ist^ 
was kaum anzunehmen sein wird, so ist LXXV in LXXII zu ändern. 
331) Ideler 2, 131. Ein ähnliches officielles Interpretationsver- 
sehen hinsichtlich der Worte gtimfu« qtUsque ebenfalls ans guter Rai- 
serzeit rügt Hyginus de Um. const p. 173. L., mit der Bemerkung: 



170 DIE LUSTRA. 

nen von einem funQährigen Zeitraum v^^tandeo, gemäfs 
der in der späteren republikanisdien Zeit aufgekommenen 
falschen^ aber authentischen Interpretation, dagegen gemäfs 
der ursprünglichen von Caesar wieder aufgenommenen von 
einem vierjährigen dann, wenn das Wort in bestimmter 
Beziehung auf den julianischen Kalender gesetzt wu*d ^ ^ -). 



erat sane mterpretatio legis huius canbigua, nisi eorwfn tempo^ 
rttm fermae sextum quemque Unätem laüorem haberent — Un- 
gUubiicber Weise haben daon , als Augnstus , um die falsche Deu- 
tung des quarto quoque anno von einer dreijährigen Frist zu besei- 
tigen, vorschrieb quinto quoque anno einzuschalten, seine Zeitge- 
nossen dies wieder mirsverstandlich als Fünfjahrfrist genommen. 
Denn wenn Ovid fast. 3, 163 sagt: Is (Caesar) deeies senos ter een" 
tum et quinque diebus lunxit et e pleno tempora quinta die. Hie 
anni modus est; in histrum accedere debet Quae eonsummatur par^ 
tibus una dies — , so pflegt man zwar hier, gegen die Handschriften, 
tempora quarta zu ändern. Allein dafs des Dichters fünfjährige 
Olympiaden oder Lustren ex Ponto 4, 6, 5 {In Scythis nobis quin- 
quennis olympias acta est,' iam tempus lustri transit in alterius) 
und trist, 4, 10, 95 [Postque meos ortus Pisaea vinctus oliva j4bs' 
ttderat deeies praemia victor equvs ) in der That in unserem Sinn 
fünfjährig gedacht sind, steht durch die wohlbekannten Zeitverhält- 
uisse unumstöfslich fest; und obwohl hier durch eine neue Confusion 
gar noch die pisaeische Olive hineingemengt ist, kann doch der Grund 
der unerhörten Ansetznng nur darin gefunden werden, dafs sich der 
Dichter Olympiaden und julianische Lustren mit Recht gleich lang 
und sehr mit Unrecht die letzteren fünfjährig dachte. 

332) Plinitts braucht A. n, 2, 47, 122 lustrum von dem juliani- 
sehen, 2, 47, 130 von dem eudoxischen Quadriennium, welches eben 
auch das julianische ist. Anderswo wird lustrum von den capitoli- 
niscben Agonen gesetzt, deren Beziehung zu der julianischen Pe- 
riode Censorinus hervorhebt, so bei Statins (silv. 4, 2, 62: saepe 
coronatis iteres quinquermia lustris; vgl. Sei*vius zur Aen. 1, 283: 
lustris] quinquenniis ; et bene olympiadibus computat tempora) und 
in einer Inschrift (I. N. 5252 « Orelli 2603 » 4052: Ronuut certa- 
mine sacro iovis CapitoUni luslro sexto — 106 n. Chr. — coronatus 
est inter poetas LaUnos), Wo eine solche Beziehung zum juliani- 



DIE LCSTRA. 171 

Was die Feieriichkeit der Lustration selbst anlangt, so 
scheint Caesar nicht dazu gekommen zu sein hierüber etwas 
zu ordnen. Augustus Absicht ging wohl dahin jedes fünfte 
Lustrum durch eine solche Ceremonie auszuzeichnen, da 
seine drei Lustrationen in das l8te, 38ste und 59ste julia- 
nische Jahr fallen 3 3 3); doch kam dies bald wieder aufser 
Gebrauch. Erst seit den im J. 839 d. St., 86 n. Chr. von 
Domitian gestifteten und seitdem in jedem dritten Jahr 
eines julianischen Quadrienniums gefeierten capitolinischen 
Agonen oder Olympien ^ 3 4) ^ard die römische Schalt- 
periode wiederum durch eine römische Feierlichkeit be- 
zeichnet, die zwar schwerlich als eigentliche Lustralfeier 
angelegt, aber doch wenigstens zu dem Lustrum in Be- 
ziehung gesetzt war 3 3»). 



sehen Kalender nicht obwaltet, wird man bei Schriftstellern der 
guten Zeit vierjährigen Lastren nicht begegnen. Erst dem späten 
Sprachgebrauch, z. B. bei Ansonias (A. 194), Sidonius Apollinaris, 
Servins n. A., fällt lustrum ganz mit olympias zusammen, woraus 
die verwirrende Gewohnheit dieser verwirrten Zeit griechische 
Olympiadenzählung mit julianischen Quadriennien zu verknüpfen 
hervorgegangen scheint (vgl. Ducange zum ehr. Pasch. 2. p. 45 ed. 
Bonn.). 

333) Die Perioden würden sein 1 — 18, 19— 38, 39— 58; dafs 
bald das letzte Jahr der alten, bald das erste der neuen das Jahr der 
Feier ist, hat Analogien in der Ansetzung der Saecularfeste. Wird 
der annus c(n\fu$ionis mitgezählt, was nicht gerade verkehrt ist 
(s. Beil. V), so wird die erste Periode 19jäbrig. Uebrigens kommen 
die Jahre der augusteischen Lustra 726. 746. 767 weder auf die wirk- 
lichen Schalljahre (727. 745. 765) noch auf die normal richtigen 
(725. 745. 765) genau aus. Die Gorrectur der Schaltung und die 
Umnennung des Sextilis 746 gehören mit dem zweiten Lustrum zu- 
sammen. 

334) C. l. Gr. 2810 b. 5804 und die daselbst angef. Belege. 

335) Das zeigt aufser Censorin. a. a. 0. die Inschrift A. 332. 



vn. 

DIE SAECÜLA. 

Das Saeculum ist bekanntlich der längste Zeitabschnitt, 
der in römischer Sprache und römischer Sitte als eine 
Einheit fixirt worden ist. Der Gedanke Scaligers und 
Niebuhrs die römische Zeitrechnung von demselben ab- 
hängig zu machen ist ein so einfacher und nahe liegender, 
dafs jede Untersuchung über die römische Chronologie, 
welche das Saeculum bei Seite liegen läfst, als unvollstän- 
dig und unmethodisch geführt getadelt werden mufs. Ver- 
suchen wir zunächst den keineswegs einfache Begriff die- 
ses Wortes zu bestimmen. 

Saeculum ^ ^ 0) ist, wie gubemaculum, piaculum, ohstor- 
cfidum, pertculum, subligaculum und zahlreiche verwandte 
Bildungen beweisen, ein innerhalb der römischen Sprach- 
entwickelung entstandenes wahrscheinlich aus einem Terbal- 
stamm hergeleitetes Wort, welches, wie vin(c)culum,po(t)' 
culum, einen Consonanten vor dem Suffix eingebüfst ha- 
ben kann. Dies führt auf saepire, welche Wurzel in 
temporaler Verwendung wiederkehrt in dem sicher von 



336) Dafs die Ableitoog von secare mit der feststehenden 
SchreiboBg taecuhttn gänzlich unvereinbar ist, brancbt wohl kaum 
noch bemerkt zo werden. 



BIE SAECULA. 173 

saepire nicht zu trennenden saepe. Danach entspricht also 
saeculum etymologisch ungefähr uns^'er^ette von Jahren'; 
und damit stimmt der Sprachgd)rauch insofern überein, als 
das Wort für sehr verschiedene eine längere Reihe von Jahren 
umfassende Zeiträume verwendet wird (A. 359). Aus die- 
ser allgemeinen Bedeutung ist die technische, welche die 
romischen Chronologe dem Worte saeeulvm beilegen, ab- 
gegrenzt. Diese Bedeutung aber ist selber wieder eine 
zwiefache. Die gesammte römische Zeitmessung trägt den 
Stempel davon, dafs das Pontificalcollegium, von dem sie 
ausging, sich mit Mathematik wie mit Jurisprudenz zu be- 
fassen, beide aber streng zu sondern gewohnt war. Wie 
dem physischen (annus vertens, naturalis) das Kalender- 
jahr (annus civilis) ^^^^), dem physischen Mond- oder 
Sonnemonat (mensis naturalis) der Kalendermonat (men- 
sis civilis) ^ ^ ^), dem physischen Tag (dies naturalis) der 
juristische (dies civilis) ^^^) gegenüberstehen, so vnirde 



336 &) Censorin. 18, 2. 19. Verwandt, aber Dicbt ^anz identiscb 
ist das annufn civiHter numerare (Dig. 50, 16, 134) oder der annus 
civilis (GeU. 3, 2) der Juristen in dem Sinne eines Complexes von 
365 auf einander folgenden dies civHes, worüber zu vgl. Rechtsfrage 
zwischen Caesar und dem Senat S. 18. 

337) Censorin. 21. 

338) Dies eivüis bezeichnet den Kalendertag von Mitternacht bis 
Mitternacht (Varro de re rust. 1, 28; PUn. A. n. 2, 77, 188), welcher 
sich vom physischen unterscheidet theils durch seine ungleiche 
Lange, indem im julianischen Schai^ahr ein 2X248tiindiger Tag, 
in dem älteren sogar ein Tag von 28X2^ Stunden vorkommt (S.50 
A. 72), theils durch seine gesetzlich festgestellte Untheilbarkeit, 
weshalb zwei am Morgen und am Abend desselben Kalendertages 
geborene Menschen rechtlich als gleichzeitig geboren angesehen 
werden (Gell. 3, 2. Dig. 2, 12, 8). Der physische Gegensatz ist 
der immer gleiche und unendlich theilbare Zwischenraum von Mit- 
ternacht zu Mittemacht; es ist nicht genau, wenn Censorin. 23 und 



174 DIE SAECULA. 

auch von den alten Reditsetzern das physische und das 
juristische Saeculuni unterschieden. Jenes ist der zwischen 
einem bestimmten Kalendertag und dem Todestage des 
Langsllebenden der an jenem Ausgangstag lebenden Ge- 
meindemitglieder mitten inne liegende Zeitraum; er ist 
nothwendig ungleich und sein Endtermin für die Zukunft 
nicht mit rechtlicher Festigkeit zu bestimmen, sondern 
nur durch unmittelbare Beobachtung zu finden, wie dies 
ja beides ursprünglich auch für die physischen Monate und 
Jahre galt. Selbst diese empirische Feststellung des End- 
termins ist, zwar bei Gemeinden von beschränkten Ver- 
hältnissen nicht unmöglich , aber dennoch schwierig und 
unsicher, wefshalb dem unvollkommenen menschlichen 
Wissen hier göttliche ßelehrung durch Blitze und Himmels- 
zeichen zu Hülfe kommt Das juristische Saeculum dage- 
gen ist seinem Wesen nach gleichartig und fest begrenzt, 
indem es beruht auf einer durch Beobachtung der durch- 
schnittlich längsten Lebensdauer gefundenen und rechtlich 
ein für allemal festgestellten Jahrzahl. Durchgängig wur- 
den hundert Jahre als Saeculum angesetzt, wobei man 
sieher nicht die höchstmögliche Lebensgrenze des Menschen 
überhaupt, sondern vielmehr diejenige höchste Lebensdauer 
auszudrücken meinte, welche von einer gegebenen nicht 
allzu kleinen Anzahl von Individuen nach Wahrscheinlich- 
keitsrechnung jedesmal wenigstens eines erreichen wird^ ^ ^). 



Macrobias 1, 3, 10 unter dem jenem dies ewüU geg^enöbersteben- 
den dies natttraUs den Zeitraum von Sonnenanfj^ng bis Sonnenun- 
tergang verstehen. 

339) Die klare Auseinandersetzung bei Gensorinus c 17 l'afst 
nidhts zu wünsehen iibrig ; die sonst in Betracht kommenden Stel- 
len werden später erwogen werden. leh bemerke hier nur, dafs auch 
die Juristen lehren: ceniwn annosfinem vitae tong^aevt homims esse 
(Gaius/%. 7, ], 56.) 



DIE 8ABCULA. 175 

Versuchen wir die praktische Anwendung zu finden, welche 
von diesen physisch oder juristisch begr^fizten Saecnla 
gemacht worden ist, so ist auszugehen davon, dafs der 
Anfang des Saeculum ebenso wie der des Jahres willkürlich 
ist. Zwar in der späteren Abstraction fangt, wie das Jahr der 
römischen Gemeinde mit dem Tage der Pariiien, so auch ihr 
Saeculum mit demselben Tage des ersten Jahres an; aber 
es liegt im Begriff beider Zeitabschnitte, dafs sie auch Ton 
jedem andern Tage an gerechnet werden können und 
darum nicht weniger gleichmäfsig verlaufen. Es hat der 
richtigen Auffassung des Saeculum in alter wie in neuer 
Zeit nichts mehr geschadet, als dafs man den Zusammen- 
hang des Saeculum mit dem Ursprünge Roms sich als 
einen zum Wesen desselben gehörenden gedacht hat; wäh- 
rend es doch deutlich ist oder sein sollte, dafs die con- 
ventioneile Fixirung eines bestimmten Jahres für die Grdn- 
dung Roms weit jünger ist als dieser uralte Begriff. Ratio- 
neller wenigstens wäre es gewesen das Saeculum an die ser- 
vianische Emsetzung der Schätzung anzuknüpfen und da- 
rin das 25ste etwa durch besondere Feierlichkeiten ausge- 
zeichnete Lustrum zu erkennen; allein von dieser Anwen- 
dung des Saecularbegriffs findet sich keine Spur. 

Die älteste Saecularfeier ist als solche früh in Verges- 
senheit gerathen. Die erste grofse Pestilenz, deren unsere 
Jahrbüdier gedenken 3^<)), brach unter den Consuln des 
J. 291 bald nach ihrem Amtsantritt (1. Aug.) um den An- 



340) Die KindbetteriniieDepideiiiie , deren Dionysios 9, 40 bei 
dem J. 282 gedeckt, könnte, auch wenn sie besser beg^airibigt würe, 
nicht als allgemeine Pestilenz betrachtet werden. Dasselbe gilt von 
der Notiz bei L4v. 3, 2 vom J. 288, aus der Gros. 2, 12 eine Pest 
herausgelesen hat Vgl. auch Dienys. 7, 68. 



176 DIE SAECULA. 

fang des September aus und endigte, nachdem sie beide 
CoDsuhi, zwei Auguni, den Obercurio, die meisten Tribu- 
ns und den vierten Tbeii der Senatoren weggerafft und 
ein ganzes Jabr gewäbrt hatte, erst durch den Beistand 
der vom Senat mit Gelübden versöhnten Götter im folgen- 
den Jahre 292 bald nach dem Amtsantritt der Consuln 
(13. Aug.)^*0« Welcher Art die Gelübde waren, wird 
nicht erzählt; wohl aber findet sich bei den J. 391 und 491 
in den capitohnischen Fasten ein dictator clavi figendi 
c(msa verzeichnet, der aufser diesen Jahren nirgends in 
hinreichend beglaubigter Weise auftritt ^^ 2^, Bei dem 
ersten Jahre berichtet femer Livius ^ * ^), nachdem er von 
Krankheiten und Ueberschwemmungen erzählt hat: repett- 
tum ex seniorum memoria dicitwr pestilentiam quondam 
davo ab dictatore fixo sedatam. Ea religione adductus 

senatus dictatorem clavi figendi causa dici iussit . Lex 

vetuita estpriscis litteris verhisque scripta, ut qui praetor 
maximus sit idihus Septemhrihus clavum pangat; fixa fuit 



341) Liv. 3, 6 (daraus Gros. 2, 12); Dionys. 9, 67. 68. Oben 
A. 131. 

342) Dem an sich schon verdächtigen Bericht über die angeb- 
lich durch Giftmischerei erzeugte Pest und die dadurch veranlafste 
Ernennung eines Dictators clavi figendi causa im J. 423 fügt der 
einzige Gewährsmann Livius (8, 18; daraus Val. Max. 2, 5, 3 und 
Oros. 3, 10, wahrscheinlich auch Augustinus de civ. deiS, 17, 2) 
selber bei: nee otrmes auctores nmt. Der Dictator C. Poetelius 
Libo Visolns ward den Fasten und den meisten Berichten zufolge im 
J. 441 rei gerundae causa ernannt; doch fugt Livius (9, 28, vgl. 34) 
hinza: Qui captae deeus Nolae ad eansulem irakunt^ adiciunt — 
PoeteUum — pestäenOa orta clavi figendi causa dictatorem dictum. 
Bemerkenswertb ist es, dafs das J. 441 zwischen den beiden Säca- 
laijahren das fünfzigste ist 

343) 7, 3. 



DIB SABGULA. 177 

dextro lateri aedis lovis optimi maxmi, ex qua parte Mi- 
nervae templum est. Eum clavumy quia rarae per ea tem- 
para litterae erant, notam numeri annorum fuisse ferunt, 
eoque Mmervae templo dicatam legem, quia numerus Mi- 
nervae inventum sit. Yolsiniis quoque clavos indiees nu- 
meri annorum fixes in templo Nortiae Etruscae deae eomr- 
parere diligens talium monumentorum auctor Cincius af- 
firmat. Horatius consul ea lege templum levis optimi 
maocimi dedieavit anno post reges exactos-^ a consuUbus 
postea ad dictatores, quia maius imperium erat, sollemne 
davi figendi translatum est. Intermisso deinde more digna 
etiam per se visa res, propter quam dictator crearetur. 
Es geht aus dieser Stelle klar hervor und ist auch sonst 
überliefert, dafs unser Gewährsmann, das heifst Cincius, 
sich diese Nägel als jährlich einzuschlagende gedacht 
hat 9 ^ ^); aber es ist nicht minder klar, in welche unend- 



344) Festus ep. p. 55 : Clavus armalU appellabatur quifigehatur 
in parieUhus sacrarum aedtum per annos singulos, ut per eos nu- 
merus coJUgeretur €mnorum\ ohne Zweifel auch aus Cincias.— Liv. 
6, 41 : omitto LicUiium SewUumquey quorum annos in perpetua po- 
testate tanquam regum in CapitoUo numeratis gehört nicht hierher, 
sondern ist von Weifsenborn mit Recht auf die Inschriften der Kö- 
nigsstatuen auf dem Gapitol (Becker Handb. 1, 408 A. 812) bezogen 
worden. — Noch mag daran erinnert werden, dafs die öfter, z. B. 
von Müller Etr. 2, 330 versuchte Zurückrdhrang der angeblichen 
Jahresnägel auf einen verwandten ländlichen Gebrauch unrichtig ist 
Man meinte sie zu finden in den Versen Petrons 135: 
At partes circa palea satiatus inani 
Fortuitoque luto; clavus numerabat agresiis. 
Allein hier sind die eompendiösen Kalender gemeint, auf denen 
durch Umstecken des Knopfes der jedesmalige Wochen- und Mo- 
natstag angegeben wird (s. meine Abb. über den Chronographen von 
354 S. 569). Eben darauf geht wahrscheinlich Cic. adAtt. 5, 15, 1: 
Laodiceam veni prid, k. Sext; ex hoc die clavutn antti movehis. 

Hommsen, Chronologie. 2. Aufl. 12 



178 DIE SAEGllLA. 

liehen Schwierigkeiien diese Aimahme yerwickelt. Es ist 
kaum glaublich, dafs diese in einer schrifUichen, auf jeden 
Fall erst in der republikanischen Zeit abgefafsten Tempel- 
ordnung 3^^) Yorgeschriebene religiös bedeutsame und 
praktisch wichtige, auch dem Bericht zufolge längere Zeit 
hindurch ausgeübte Ceremonie schon im J. 391 lange Zeit 
unterlassen und in Vergessenheit gerathen war. Es ist 
noch weniger glaublich und völlig unbezeugt, dafs, wie es 
Livius doch darstellt, eine Zeit lang Jahr fär Jahr ein Die- 
tator clavi figendd causa ernannt worden sei. Beinahe 
unmöglidi aber ist es, dafs, als man dann jenen Gebraudh 
wieder aufnahm , er nicht blofs seiner urspränglichen Be- 
deutung, sondern auch seiner herkömmhchen Fristen be- 
raubt und nicht als Jahmagel-, sondern als ganz willkür- 
liche und beliebige Nageleinschlagung behandelt word^i 
smn soll. Dagegen erklärt sich alles sehr einfach durch 
die Annahme, dafs die römische Gemeinde nach der grofsen 
Pest des J. 291 ihren Göttern gelobte in diesem und fortan 
in jedem hundertsten Jahre am 13. Sept. , als dem Tage 
der Weihe des Stadttempels 3*6), in die Wand der der 
Göttin des Gedächtnisses heiligen Kapelle einen Saecular- 
nagel einzuschlagen; dafs die neuen Consuln bald nach 
ihrem Amtsantritt (13. Aug.) diese Ceremonie vollzogen 
und zugleich zu ewigem Gedächtnifs eine Tafel an dem 
Tempel aufstellten, die nach je 100 Jahren an demselben 
Tageden jedesmaligen höchsten Beamten der Gemeinde ^ * ^) 



345) Denn lex ist hier nicht Volksschlafs , sondern , wie so oft, 
die schriftlich abgefafste Tempelordnimi^, der Stiftongsbrief; vgl. 
z. B. Orelli-Henzen 2489. 2490. 6121. 

34«) Plutarch PopL 14. 

347) D. h. Consul, Dictator oder Interrex, wie es eben fiel. 
Etwas anderes kann praetor maximus nicht heifsen. 



DIE 8AECULA. 179 

die Reiche Ceremonie vollziehen hiefs; dafs, als das erste 
Saecularjahr, das heifst, eben wie bei der späteren Feier 
der Stadtsaecula, das letzte Jahr des alten Saeculums heran- 
kam, die scrupulöse Wortauslegung der römischen Juristen, 
um hinsichtlich des ^höchsten Beamten' ja nichts zu ver- 
sehen , einen Dictator zu diesem Zweck zu ernennen be- 
liebte; dafs in derselben Weise die Ceremonie auch 491 
vollzogen ward; dafs man aber später, nach der thatsäch- 
Uchen Abschaffung der Dictatur um die Mitte des sechsten 
Jahrhunderts, nicht mehr sich im Stande fand diese Em- 
schlagung in solenner Weise zu vollziehen und also davon 
Abstand nahm, zugleich aber auch, um nicht die kitzUche 
Religiosität des römischen Publikums ohne Noth und 
Zweck aufzuregen, die ganze Institution in Schweigen und 
Vergessenheit begrub, die dann späterhin Mifsverständnisse 
und Mifsdeutungen herbeiführten. Unzweifelhaft konnte 
ein solcher Gebrauch für die Feststellung der Chronologie 
wichtig werden; aber an sich hat der Nagel gewifs mit dem 
Jahre nichts zu thun, sondern steht in seiner natürlichen 
und wohlbekannten Bedeutung der Schicksalsfestung, in 
welcher er als Attribut der 'grausen Nothwendigkeit' , der 
Fortuna, der Atropos bei römischen Schriftstellern und auf 
italischen Bildwerken begegnet. — Erst die abergläubische 
Archäologie der augusteischen Zeit hat die alte Nagelein- 
schlagung wieder aus der Vergessenheit gezogen. Es ist 
uns zwar nicht überliefert, dafs sie in einem einzelnen 
Falle vollzogen worden; wohl aber finden wir, dafs im J. 
752, als Augustus dem neuen Tempel des Mars Rächer 
die Vorrechte des capitolinischen Jupiter- und der sonsti- 
gen höchsten Staatsheiligthümer verlieh, darunter auch das 
der Nagelschlagung mit inbegriffen war; wobei der 'höchste 

Beamte', den Anschauungen dieser Zeit gemäfs, als ein 

12* 



180 BIE 8ABCULA. 

Mann von censorischem Range gefafst wird ^ ^ ^^). Ohne 
Zweifel hängen diese Anordnungen mit den antiquarischen 
Ermittelungen des Cincius und gleichartiger Forscher eng 
zusammen. 

Weit bekannter, aber wenig besser verstanden ist die 
zweite Saecularreihe, die, wie jene von dem jedes hunderte 
Jahr wiederkehrenden Einschlagen des SchicksalsnageJs auf 
dem Capitol, ausgeht von den den unterirdischen Göttern 
Dis und Proserpina auf dem terentinischen Felde bei Rom 
Jedes hunderte Jahr gefeierten Spielen ^ 4 8). Es wird 
zweckmäfsig sein die sicher historischen und die unglaub- 
lich grofse und in vieler Hinsicht wichtige Hasse fictiVer 
Daten, die um jene sich gesammelt hat, nach den zwei 
Systemen, aus denen sie hervorgegangen sind, zu son- 
dern3 4o). 

ä) Die unzweifelhaft erste Feier so wie überhaupt die 
Einrichtung dieser terentinischen Spiele gehört in das Jahr 
5053 5 0^. Die Fassung des Gelübdes, uti ludi centesimo 



347*) Dio 55, 10: tjIov t€ avr^ vno rdv TtfirjTevaavrcov nqog^ 
nriywad-ai. 

348) Die solenue BenennoDg dieser Spiele ist Itidi saectdares 
Ditis patrü (Fest. v. terentum p. 350) oder ludi Terentird Diti 
pcUri et Proserpinae (Varro bei Ceosor. 17, 8); die BezeichnuDg 
lueU ;saeculares ist nur die des gemeinen Lebens. 

349) y%h Ideler 2, 82 fg. und besonders die Abhandlung K. L. 
Roths über die römischen S'acularspiele Rh. Mus. N. F. 8, 364 — 376, 
die die Untersuchung zwar nicht erledigt, aber doch wesentlich ge- 
fordert hat. 

350) Liv. ep. 49; Gensorin. 17, 10; tchoL Cruq. zuHoraz eann, 
saee. z. A.; Augustinus de civ. dei 3, 18; endlich Zosim. 2, 4 nach 
Roths (S. 372) einleuchtend richtiger Verbesserung der verdorbenen 
Zahl, die zugleich beweist, dafs Zosimus aus Livius schöpft. Eine 
interessante Folge dieser Neuerung, die von da an regelm'äfsige 
Verzeichnung der öffentlichen Prodigien in der Chronik hat Bemays 



DIE SAEGULA. 181 

^c quoqne anno fierent^ * ' ), hätte die Wiederholung derselben 

'D im J. 605 nöthig gemacht; allein sie i^erschob sich nach 

^ den Aussagen dreier gleichzeitiger Gewährsmänner aus uns 
unbekannten Gründen bis zum J. 608^ ^2). Demselben 

i^ Systeme gehören femer die Fälschungen an, welche die 

te erste Saecularfeier in das J. 3053^3)^ die zweite in das J. 
if 

n ' 

3 Rh. Mus. 12,436 aufgedeckt. — Alle glaubwürdigen Gewährsmän- 
i ner-scbiMern die Spiele als eioe ueue EinrichCuDg ; wenn Augusti- 
nus sie als Instauration einer verschollenen betrachtet, so hängt dies 
c;it den bekannten Erdichtungen älterer gleichartiger Festlichkeiten 
zu eng zusammen, um irgend Glauben zu verdienen. 

351) Varro bei Censor. 17, 8: Cum midta portenta ßerent et 
murus ac turrts quae sunt inter portam CoUinam et Esquüinarn de 
caelo tacta essent, et ideo Kbros Sihyümos Xviri [nicht Xf^ virt] 
adissent, renuntiarunt uti Diti patri et Proserpmae ItuU Tarentim 
in cmnpo Martio fierent tribus nocUbus et hosUae furvae immola- 
rentur utique ludi centesimo quoque anno fierent. Schol. Cruq. zu 

Horaz carm, saec. : Ferrius Flaccus' rqfert Carmen saeculare et sa- 

crifiewm institutum, intra annos centum^ et decem [vielmehr schrieb 
Verrius centum, s. Festus v. saeculares ludi p. 328. 329] Diti et 
Proserp'inae primo hello Punico Xvirorum, responso , cum iussi es- 
sent Uhr OS Sihyllinos inspicere oh prodigium, quod eo heUo accidit, 
nam. pars murorum, icta ftdmine cecidit; atque ita responderunt 

^ bellum adver sus Carthaginietises prospere geri posse, si Diti et 

' Proserpinae triduo, id est tribus diehus et tribus noctibus continuisj 

ludifuissent celebrati et Carmen cantatum inter sacrificia. Hoc au- 
tem accidit Ap, [vielmehr P, ] Claudio Pulchro cos, 

' 352) Piso, Cn. Gellius, Cassius Hemina bei Censorin. 17, 11. Es 

ist auffallend, dafs Roth S. 375 diese Zeugnisse mit dem des Antias 
(unten A. 355) auf eine Linie gestellt hat. 

353) Diese bezeugt allein Eusebius zum J. Abr. 1565, dem 61. 
nach Vertreibung der Könige (2, 211 Aucher; Syncell. 1,470 Bonn.) 
iv^Ptofiri xkagCiov [verschrieben von Eusebius statt atixlaQlcov, s. 
Seal. z. d. St.] aycjv ixatovtasTrig rJx^V TtqfStog. 



1S2 DIE SAECULA. 

4063 5 4), die vierte in das J. 6053 ' *) setzen. AuTserdem 
wird noch eine erste private Feier zeitlos erwähnt'»*). 
Von einem Versuche diese Saecula an die Gründung Roms 
anzuknüpfen begegnet nirgends eine Spur: im Gegentheil 
erscheint das Fest in der hierin überaus festen Sage als ein 
zwar uraltes, aber ursprünglich gentilicisches der Vaterier, 
durch eine in diesem Hause in fernster Zeit erfolgte wun- 
derbare Heilung veranlafst und auch nachdem es eine Ge- 
meindefeier geworden war, doch geknüpft an die berühmte- 
sten Namen des valerischen Geschlecht!: an L. Valerius 
Poplicola Consul 305, den Friedensstifter nach der Decem- 
viraLrevolution und an den Helden der samnitischen Kriege 
M. Valerius Corvus, Consul zum ersten Male 406; womit 
auch die Abweichung von 405 auf 406 zusammenhängt 
Dagegen dürfte es nur ein freilich sehr altes Verschen sein, 
wenn an die Stelle des Consuls von 305 L. Valerius Popli- 
cola der erste Consul P. Valerius Poplicola bald in seinem 
ersten (245), bald in seinem vierten Consulat (250) gesetzt 
wird3 3 7); denn dafs die ursprüngliche Fabulirung so ans 
der Reihe der saecularen Zahlen ausgewichen sei, ist sehr 
unwahrscheinlich. — In der Kaiserzeit ist diese Reihe ver- 
schollen. 

b) Die stehende Formel, mittelst deren der Herold das 



354) Gensorinus 17, 10; Zosim. 2, 4; Fest. v. saeculares ludi 
p. 329 M. Die überall verdorbene Jabrangabe bat oacb Lachmanns 
Vorgang Rotb S. 371 glücklich festgestellt. 

355) Valerius Antias, Varro und Livius bei Censorin. 17, 11, 
die beiden letzteren ohne Zweifel aus dem ersten schöpfend. Schon 
die Harmonie dieser Zahl mit den übrigen zeugt gegen sie. 

356) Val. Max. 2, 4, 5. Zosim. 2, 1 fg. 

357) Fest., Val. Max., Censorin., Zosim. a. a. O. Das Jahr 250 
setzt Plutarch Popl. 21. 



DIE 8AGGULA. 183 

Volk ZU dieser Feier berief, 'einem Feste beizuwohnen, das 
keinLebender geschauthabe noch zum zweiten Male schauen 
werde'^^®), legte das Bedenken nahe, ob der gangbare 
Durchschnittssatz für das Saeculum von 1 00 Jahren auch 
hoch genug sei. Es ist möglich, dafs da, wo keine Ge- 
lubdeformel band und das Saeculum, ähnlich wie das 'Ge- 
sdilecht' der Griechen ^ ^ *), blofs als quasihistorische Zeit- 
bestimmung in Betracht kam, schon längst höhere An- 
setzungen sich geltend gemacht hatten, wie sie die 
später zu erwähnenden physischen Saecula der Etrusker 
von 119 bis 123 Jahren an die Hand gaben^^^). Indefs 
mangdn sichere Spuren aus der republikanischen Zeit; 
denn bei der alten Setzung, die den König Tullus im J. 110 
der Stadt vom Blitz erschlagen liefs (S. 138), könnte man 
zwar an die das Ende des ersten Saeculum anzeigenden 
Himmelserscheinungen, allein eben so gut auch an irgend 



358) Suet. Claud, 21: vox praeami» mvitanÜM more soUemni 
ad kidos quoM nee speetasset quisquam nee gpectahtrus esset He- 
rodian 3, 8. Zosim. 2, 5. Dasselbe stand in dem darauf bezäg^Hcheo 
SeDatsbeschlofs p. 163 Spang^.: neque ultra quam semel tUUmor- 
[taU spectandos], 

359) GaoE richtige setzt Herodian 3, 8 das saeculum (aitov) 
gleidi drei Geschlechtern {yhV^aC)'^ wo kein Mifsverständnifs za 
fürchten ist, wird saeculum sogar für das g^riechische y^v^u gesetzt 
(Plin. 16, 44, 250. Censorin. 17, 2. Servius zur Aen. 8, 508). Be- 
lehrend ist der Vergleich der verschiedenen für das (xeschleeht von 
den Griechen aufgestellten Dnrchscbnittssätze (33'/s, 30, 27, 25 
Jahre) sowie der Vergleich der römischen saecnlaren mit den aUe 
dreifsig Jahre gefeierten patavinischen Spielen (Dio 62, 26). 

360) Die in A. 80 erwähnte Ansetzang der höchsten möglichen 
Lebensdauer aof 120 Jahre mag aus alter Zeit stammen, ist aber 
wie manche ähnliche fär das Saeculum nicht unbedingt zu gebrau- 
chen, da dies kein absolutes, sondern ein relatives und dnrchschnitt- 
lidiea Maximum ist. 



184 DIE SAB€ULA. 

etwas Anderes oder gar nidit gedacht haben; und auf des 
Cincius 220jährige Rönigszeit dürfte noch aus andern Ur- 
sachen kein grofses Gewicht zu legen sein. Dagegen fin- 
den wir zuerst in einer 711 verfafsten varronischcn Schrift, 
sodann ähnlich in der 714 gedichteten vierten Ekloge Vir- 
gils mit dem dieser Zeit eigenthümlichen zahlenspielenden 
Mysticismus die bekannte Erzählung von den vier Wdt- 
altern dahin gewendet, dafs gemäfs einem sibyUinischen 
Spruch nach 4 Jahrhunderten oder 440 Jahren die Palin- 
genesie, das ist die Wiedervereinigung der abgeschiedenen 
Geister mit ihren Körpern, eintreten und mit dem ersten in 
der neuen Weltepoche geborenen Knaben das goldene Zeit- 
alter an die Stelle des eisernen tretwi werde^öi). Es ist 



361) Varro de gente populi Romani (bei Augustinus de civ. dei 
22, 28 ; über die Zeit der AbfassuDg A. 279) : Genethliaci quidam 
scripsenmt esse in renascendis hominibiis qtiam appelUmt Tcali/y- 
yevealttV Graeci; hanc scripsenmt confici in annis numero qtia- 
dringentis quadragintay ut idem corpus et eadetn anima^ quae fue- 
rint coniuncta in homine aUquando, eandem rursus redeant in con- 
iuncUonem, — VirgU ecl. 4, 4: 

Ultima Cumaei venit iam canninis aetas ; 

Magnus ab integro saeclorum nascitur ardo. 

und dazu Probus: SihyUa — Cumana — post qtmttuor saecula na- 

Xi/yyev€a£ccv futuram cecimt — ganz richtig, wie die Vergleichuag 

der varroniscfaen SteUe zeigt, während Servius, getäuscht dureh die 

äufserliche Aehnlicfakeit des vulcatischen Orakelsprucbs (A. 373), 

irrig an das zehnte Saeculum denkt. Ebenso heifst es nachher v. 7 : 

Tu modo nascenti puero, quo ferrea primum 

Desinet ac toto surget gens aurea mundo, 

Casta fave Lucina; tuus iam regnat Apoüo. 

wo in der von Servius passend zur Erläuterung angeführten Stelle 

des Nigidips: Quidam deos et eorum genera temporibus et aetaä^ 

bus, inter quos et Orpheus: primum regnum Saturni, deinde lovis, 

tum Neptuni, inde Plutonis; nonniUii etimn, ut magi, aiunt ApolH'- 

nis Jore regnum — die vier Weltalter wieder deutlich hervoptre- 



DfB SABCULA. 185 

in unserer üd[>erlieferung und war Yermuthlich schon in 
dem Orakel selbst nicht klar, an welchen astronomischen 
oder politischen Ausgangspunct diese vier Saecula geknöpft 
sein sollten; das aber leuchtet ein, dafs die Theologen 
schon dieser Zeit gewohnt waren das Saeculum zu HO 
Jahren anzusetzen. Unter derartigen Einflüssen stand die 
berühmte augusteische Saecularfeier vom J. 7373 2) mj^ 
die damit zusammenhängende oflficielle Fälschung, wodurch 
vier fruhere3ö3) angeblich in den J. 298, 408, 518 und 
628 begangene Saecularfeste, lediglich zur Motivirung des 
fünften von 7373«*), in die Acten des Quindecimviral- 



ten. Welcher Ehe damals gehofften Spröfsling Virg^il in diesem 
schönen Gedicht gefeiert hat, ist hier nicht zu antersnchen ; dafs er 
aber nicht, wie Roth S. 366 meinte, an die 705 versäumten ond da- 
mals etwa nachzuholenden terentinischen Saecularspiele gedacht 
hat, scheint mir einleuchtend. 

362) Actenstücke: das Sibyllenorakel bei Phlegon macroh, 6 
und Zosim. 2, 6, das ich nicht mit Roth für das von Virgii in der 
vierten Ekloge gemeinte halten kann, da von der Palingenesie keine 
Silbe vorkommt, sondern einfach eingeschärft wird die Spiele zu 
feiern 

— onoTttV ixr^xi,axog txij XQ^^^^ ävd-QiOJioiai 
C(orj$f etg hacHv ixarbv dixa xvxXov odivoiv» 
Femer die Fragmente der Senatsbeschliisse p. 163 Spang. ; das 
Festgedicht des Horaz; Münzen bei Eckhel 5, 299. 6, 102; die ca- 
pitolinischen Fasten a. E. — Berichte bei Sueton Oct. 31 ; Censorin. 
17, 11 ; Dio 54, 18; Zosim. 2, 4. 

363) Diese Daten finden sich aus den earmnentarä XFmrum 
bei Gensorinus 17, 10. 11, die Spiele 518 auch in den capitolinisehen 
Fasten , wo sie auf Befehl Domitians ungefähr an der betreffenden 
Stelle am Rande nachgetragen sind. 

364) Freilich bleibt es schwer zu erklären, warum die Feier 
nicht 738, sondern das Jahr vorher stattfand. Dafs die kaiserliehe 
Gommission unwissend genug gewesen sei den annuM cor^futiomM 
doppelt zu zählen, wie Roth S. 367 vermuthet, ist kaum gUublich ; 



t86 DIE SABCULA. 

coUegrams hineingesetzt wurden. Denn man wird es jetzt 
yersteben, warum zwischen der angeblich ersten und die- 
ser augusteischen Saecularfeier gerade 440 Jahre hegen 
mufsten; man feierte ja, jenes verbreitete Orakel benutzend, 
die Pahngenesie der Welt, das neue goldene Zeitalter, wie 
es der Dichter in schickUcher Mäfsigung bezeichnet: 

wm Fides et Pax et Homos Pudarque 
priscus et neglecta redire Firtus 
audet apparetque beata pleno 
Copia eomu. 

Aber keineswegs war es dabei beabsichtigt den bestehen- 
den Charakter der Saecularfeier umzuwandeln und dieselbe 
an etwas anderes anzuknüpfen als an die Einsetzung der 
terentinischen Spiele. Auch nach dieser ungewandelten 
Festchronik fallen die beiden ersten Festlichkeiten in Ya- 
l^ierconsulate und werden die Saecularspiele von 298 aus- 
druckhch als die ersten bezeichnet, wie dies namentUch 
die capitolinischen Fasten darthun. Offenbar blieb es also 
bei der alten Tradition, dafs das Fest aus einer Hausfeier 
der Yalerier hervorgegangen sei, und trat dasselbe in keine 
Verbindung mit der Gründung der Stadt; wie dies auch 
schon das Stillschweigen des sibyllinischen Orakels so wie 
des Festgedichts über diese so wichtige Beziehung genü- 
gend beweist^ös), — Dieses augusteische System fand 



eber mSchte flian meinen, dafs sie es als gleichgültig ansah, ob die 
Feier im letzten Jahre des alten Saeculam oder im ersten des neuen 
stattfand. 

365) Diese Wahrnehmung, dafs die ältere wie die jüngere 
Reihe der saeeularen terentinischen Spiele nirgends an die Stadt- 
gründnng angeknüpft ist, und die bestätigende Bemerkung Censo- 
rins 17, 12, dafs von Saecularspielen ans der Königszeit sich nir- 
gends eine Nachricht finde (woneben die Stiftung der Saecular- 



DIE SABGULA. 187 

zwar bei den Zeitgenossen Widerspruch^ ^ ^\ ist aber den- 
noch für die Folgezeit mafsgebend geworden. Von Domi- 
tian wird es ausdrücklich gesagt, dafs er dem augusteischen 
System zufolge seine Feier ansetzte^®^); es wird als eine 
geringe und zuföllige Verfrühung angesehen worden sein, 
wenn sie statt im J. 847 schon im J. 841 stattfand. Die 
Zahlen bezeugen dasselbe für die Spiele des Severus 
9578 6 8), Dafs far das Jahr 1057 eine Saecularfeier von 
Maximianus vorbereitet ward, aber nicht zu Stande kam, 
wahrscheinlich weil man einsah , daüs das Jahr nicht das 
rechte sei, deuten die Münzen an^^^); Zosimus beklagt 



spiele durch Numa bei dem schoL Cruq, zu Horaz earm. saec. z. A. 
kaem der Erwäbnang werth ist), zeigen unwiderleglich, dafs es 
nichts als ein Spiel des Zufalls ist, wenn die erste Feslfeier 505 
denen, die die RSnigszeit auf 240 Jahre ansetzten, in das erste 
Jahr des sechsten Jahrhunderts der Stadt fiel (Lachmann de fonL 
Livül, 2S) und wenn man, von 298 zurückgehend, mit zwei llOjäh- 
rigeo Saecula auf das Todesjahr Numas kommt (Schwegler R. 6. 
1, 557). 

366) Livius bei Gensorinus 17, 1 bemerkt gerade bei Gelegen- 
heit der augusteischen Feier: ludos saectilares centenmo quoque 
anno (is ernm terminus taecuU) fieri mos. Er kennt keines der 
von den Quindecimvirn fingirten Daten. Ebenso lehrte Verrius 
Fiaccus, wie er es von Varro (/. /. 6, 11) gelernt hatte, ohne sich 
um die neue Theorie zu kümmern. 

367) Capit. Fasten; Sueton Dom. 4; Tacit onit. 11, 11; Mar- 
tial 4, 1, 7 und Statins «/r. 1, 4, 17. 4, 1, 37, welche Hofpoetea 
artig die Feste als terentinische charakterisiren ; Censorin. 17, 11 ; 
Zosim. 2, 4 ; Eckhel 6, 383. 

368) Censor. 1 7, 1 1 ; Herodian 3, 8 ; Zosim. 2, 4 ; Eckhel 7, 185. 

369) Die äufserst seltene Münze dieses Kaisers mit saeculares 
Augg. (Eckhel 8, 20) wird am einfachsUn so aufgefafst, dafs diese 
Feier im Werke war, aber wieder aufgegeben ward, weil man sich 
überzeugte, dafs das SaecuUm nicht auf 100, sondern auf 110 Jahre 
anzusetzen sei. — Was Gallienus (reg. 1006 — 1021) bei seinen 



188 DIE SABGULA. 

68, dafs ZU der ordentlichen Zeit im J. 1067 die Feier un- 
terblieb ^ ^o). Endlich spielten in die Feier der consulari- 
sehen Spiele 1157 Erinnerungen an das alte Saecularfest 
hinein, obwohl eine Saecularfeier damals keineswegs statt- 
fand^ ^0* ^^^ sieht, dafs in den spätesten Zeiten wohl 
wieder ein gewisses Schwanken in die Saeculartheorie die- 
ser Feier kommt und der im gemeinen Sprachgebrauch 
festgehaltene ältere Durchschnittssatz hie und da auftaucht; 
aber zu einer wirkHchen Abweichung vom 11 0jährigen 
Saeculum ist es doch nicht gekommen. Auch an der über- 
lieferten Beziehung dieser Feier hat man unwandelbar bis 
zuletzt festgehalten und diese Saecularspiele niemals als 
Feier der Stadtgründung aufgefafst. 

Dagegen eine an die Stiftung der Gemeinde anknüpfende 
saeculare Reihe ist zunächst überliefert für die etruskische 
Nation (nomen Etrmcum) und scheint aus einer an den 
Aruns Veltumnus gerichteten prophetischen Belehrung der 
Weissagerin Begoe herzurühren, welche in Rom im J. 666 
in Umlauf gesetzt ward. Die Prophetin mufs die Ent- 
stehung der etniskischen Nation in das Jahr 848 v. Chr. 
gesetzt haben, wenn ihr zufolge deren siebentes Saeculum 
im J. 666 Roms zu Ende ging; denn die vier ersten wur- 
den von ihr, offenbar weil es hiefür an Beobachtungen fehlte. 



SaecalarmÜDzen (Eckhel 7, 409) Wahnsinoiges sicfa gedacht haben 
mag, ist nnbekannt und ancb gleichgültig. 

370) 2, 7. Dafs die Spiele auch 1057 hätten stattfinden können, 
sagt er keineswegs. 

371) Claadian de FL cons, ffonorü v. 390: 
Speetandosque tterum nuUi cdehrantia ludos 
Cireumflexa rapit centenus saectda consul, 

Tillemont frist des emp. 5, 535. Pagins düs. kypat, p. 187, proL 
p. XI. 



BIB SABGÜLA. 189 

nach dem Durcbschmttssatz auf je 100, das fünfte, sechste 
und siebente dagegen, unzweifelhaft nach bestimmten To- 
desfUlen oder Blitzbeobachtungen, auf 123, 119 und 119 
Jahre angesetzt^ ' ^). Dieselben oder doch gleichartige 



372) Censorin. 17, 6: Haec (die den Saecularwecbsel begleiten- 
den) portenta Etrusci pro haruspieü discipUnaeque suae peritia di" 
Ugenter observata m Ubros rettdertmt. Quare in Tuscis Mstorns, 
quae octavo eorum saeeulo scriptae sunt, ut Farro testatur, et 
quot ntsmero saecula ei genU data sint et transactorum stngula 
quanta fuerint qtUhusve ostentis exitus eorum designaU sint conti- 
netur. Itaque scriptum est quattuor prima saecula annorum fuisse 
eetitenum [vgl. §. 13], quintum CXXIII, sextum XIX et C, septi- 
mum totidem, octavum tum demum agi, nonum et dedmum super- 
esse, quibus transactis ßnemfore nominis Etrusci. Platarch SuU. 
7 erzählt, dafs im Juli 666 bei heiterem Himmel ein lauter klagender 
Trompetenton gehört worden sei, was die erfahrensten Etnisker, 
darüber vom Senat befragt, auf einen Saecularwecbsel (fiiTaßoXriv 
higov yivovg xal fietaxoafirjatv) gedeutet hätten. Elvat ^hv 
yaq oxtü) t« avfinavra yivri SiatpiQOvra tolg ßCoig xal roig 
7]&€(fiv aXkriXayv, ixciarfft ^k äqxoQCad-ai xqovcdv dQi&fxov vno 
Tov d^sov au/Li7r€Qaiv6^€Vov iviavTov ixByakov nsQiodt^, xal 
otav aifTri ffj^ij likog, ixigag Iviorafiivrig xiVHO^aC tl arjf4.€iov 
ix yfjg ^ ovQavou -d-avfidaiov. Es ändere sich bei jeder solchen 
Epoche Leben und Sitte der Menschen überhaupt, namentlich aber 
die Frömmigkeit und die Weissagekunst, die bald steige, bald wie- 
der falle. Die Prophezeiung der 'Vegoia', die ausgezogen soweit 
sie die Grenzverrückung betrifft, und auch wohl überarbeitet sich in 
der gromatischen Sammlung p. 350 L. erhalten hat und die trotz der 
Zweifel MüUers (Etr. 2, 32) sicher mit Aecht als ein Bruchstück 
der von der etruskischen 'Nymphe' Begoe geschriebenen und neben 
den sibyliinischen und marcischen Weissagungen im Apoliotempel 
in Rom aufbewahrten 'Blitzlehre' {ars fulguritarum, Serv. zur 
Aen. 6, 72) gilt, weifs gleichfalls von der avaritia prope novissimi 
octavi saecuU viel Böses zu melden. — Dafs diese Berichte alle 
zusammengehören , ist um so gewisser , als Plutarchs Quelle nach- 
weislich (s. Servius zur Aen. 8, 526, Müller Etr. 2, 335) Varros 
Schrift de saecuHs (vielleicht ein einzelnes Buch der anUquitates 



190 DIE 8AECULA. 

Saecula mögen in anderen nach Caesars Tode umlaufen- 
den etruskischeu Haruspexarakeln gemeint sein^^^). — 
Was Rom anlangt, so hat sich dort der Saecularbegriff an 
das Grundungsjahr erst sehr spät und sehr unvollkommen 
angeknüpft. Der des physischen Saeculums ist sogar, so 



kumanae, s. Merkel zu Ovids Fasten p. LXXV) ist Das gering^e 
MifsverstäDdnirs Plntarchs, dafs ihm das prope novissimum octavtan 
saeculum zom letzten geworden ist, berechtiget nicht mit Müller 
(Etr. 2, 336) seine ^grofsen Jahre' für etwas anderes als Saecola za 
nehmen ; und hienach wird, da Censorin aasdrUcklieh diese Saecala 
auf die etraskische Nation bezieht, auch das prophetische Fragment 
sich an die terra Eiruriae richtet, die platarchische Stelle ebenfalls 
nicht von römischen Saecula verstanden werden dürfen. — Der Ver- 
such A. Mommsens (Rhein. Mus. 12, 539 fg.) die etmskischen Sae- 
eularabschnitte auf Epoche machende Begebenheiten der römischen 
Geschichte zuriickzuführen beruht auf einem Verkennen der Be- 
deutung des Saeculums, das nicht durch merkwürdige Ereignisse, 
sondern durch Todesfälle und Himmelszeichen begrenzt wird und 
dessen Grenzmarken, wenn der Geschiebte überhaupt, jedenfaUs der 
Landesgeschichte entnommen sein müfsten. Auf das Einzelne ein- 
zugehen seheint nicht erforderlich. 

373) Von dem Kometen, der im J. 710 bei den zu Caesars An- 
denken gefeierten Spielen (Drumann 1, 127) erschien, soU (nach 
Servius zu Virg. Bkl. 9, 47) Augustus in Ubro secundo de memoria 
vitae suae Folgendes erzählt haben : FitkatiuM aruspex in eonUone 
dixit cometen esse qui significaret exitum nwd saecuU et ingressum 
decimi, sed quod invitis deis secreta rerum prwunOasset, statim se 
esse moriturum, et nondum finita oratione iti ipsa eontiane cond* 
dit. Hier könnten römische Saecula gemeint sein; allein es ist fast 
wahrscheinlieher, dafs wieder an die Saecula des Begoebuches zu 
denken ist, denen, nach der öffentlichen Aufbewahrung desselben 
und nach den Vorgängen von 666 zu schliefsen, aueh für Rom eine 
gewisse religiöse Bedeutung zugeschrieben worden sein mnfs« Dafs 
die Rechnungen dieses Propheten mit denen seiner Vorgänger nicht 
übereinkommen, wird schwerlieh Jemand im Ernst dagegen geltend 
machen. Uebrigens hat das ganze Gesehichtchen ein sehr apokry- 
phes Ansehen. 



DIE SABCULA. 191 

yiel wir wiss^, niemals auf Rom bezogen worden^ ' ^); es 
scheint derselbe als ein absonderlich etniskischer und mit 
der Blitzlehre eng zusammenhängender betrachtet worden 
zu sein, so dafs man noch eher sich dazu entschlofs die 
physischen saecula des nomen Etruscum für Rom mit gel- 
ten zu lassen als die des nomen Latinum zu bestimmen. 
Von den juristischen Saecula ist das augusteische 1 10jährige, 
wie schon in anderer Verbindung gesagt ward (S. 183), als 
Grnndungssaeculum nicht genügend zu belegen; Cincius 
220jährige Königszeit wird allerdings zwei Saecula vor- 
stellen sollen, ist aber schwerlich mehr als ein individueller 
Einfall wahrscheinlich eines Archäologen der augusteischen 
Zeit^ ^ ^). Dagegen das hundertjährige Saeculum, das ein- 
zige wirklich nnd ursprunglich römische, ist allerdings 
schon in republikanischer Zeit auf die Stadtgrundung be- 
zogen worden. L. Piso Consul 621 merkte in seiner Chro- 
nik bei dem Jahre, welches er als das 600ste zählte, den 
Anfang des siebenten Jahrhunderts von Gründung der Stadt 
an 3^0); und in der varronischen Zeit wurde der Stadt 



374) Oosorin. 17, 13: nostri minores naturale saeetdum quan- 
tum esset exphratum non habebant. In der sehr jungen Fabel, dafs 
Noma am Tage der Grüodang von Rom geboren sei (Flut Num, 3 ; 
Dio /y*. 6, 5; vgl. Dion. 2, 58), bat man finden wollen, dafs damit das 
erste Saecolum der Stadt scfaliefse (Niebofar 1 , 271 ; Schwegler 1, 
558) ; allein davon sagen die Fabulisten nicbts and konnten es aaeh 
nicbt, denn ein 78jäbriges Saecnlom ist ein Unding. 

375) S. Beilage XI. 

376) Gensorin. 17, 13: testis est Piso, m cuius annaH se/pthno 
scriptum est sie: Roma condita anno DC septänum (so Lacbmaan; 
die Handscbr. D sepätno) accipit (wobl in coipit zu ündem) saeeu- 
htm Ms constMus qui ptotemd sunt: M. Jemüius M, f, LepiduSf 
C, Popäius II absens. Die letzten Worte seheinen die Ueberscbrifl 
des Jabresabschnitts, was für die änfsere Einricbtnng der Annalen 
bemerkenswertb ist Vgl. Cic. adfam, 5, 12, 5 (A.394) ond S. 129. 



192 DIE 8AEGULA. 

Rom Ton einem etruskischen Wahrsager eine Dauer von 
zwölf hundertjährigen Saecula prophezeiht^ ' ^). Allein wie 
vereinzelt jene Stelle in den alten Annalen stand, sieht 
man aus der Art, wie Censorinus sie aushebt; und gar von 
einer Feier dieses Saeculums begegnet keine Spur vor der 
Zeit des bekanntlich nicht zum Vortheil seines Verstandes 
mit etruskischer Gelehrsamkeit übersättigten Kaisers Clau- 
dius, der das Schlufsjahr des achten Jahrhunderts nach 
varronischer Zählung mit Saecularspielen begingt ^ ®). Be- 
greiflicher Weise fand das römische Publicum es sehr lustig 
bei Spielen, ^dergleichen nie ein jetzt lebender Sterblicher 
zuvor geschaut habe', einen bei Augustus Saecularspielen 
thätigen Pantomimen wieder aultreten zu sehen^^^) und 
selbst die römischen Archäologen wunderten sich, wie Clau- 
dius in seinen Schriften Augustus Rechnung habe billigen 
und doch seine Saecularspiele ohne Rücksicht auf dieselbe 
ausrichten können^^^). IndeTs der gelehrte Kaiser hatte 
zwar nicht als Kaiser Recht, aber wohl als Gelehrter ; die 
Bedeutung der Saecularspiele war praktisch zerstört, wenn 
gleichzeitig mehrere Saecularreihen liefen, theoretisch aber 
liefs sich nicht absehen, warum die Saecularfeier der Stadt- 
gründung und die der terentinischen Spiele nicht jede für 
sich und von einander unabhängig, die eine nach lOOjähri- 



377) CcDsorin. 17, 15. 

378) Sueton CUmd, 21. Plin. h.n, 7, 48, 159. 8, 42, 160. Tacit. 
ann, 11, 41. Censor. 17, 11. Zosim. 2, 4. Es ist auffallend, dafs die 
Münzen des Kaisers der Saecularspiele nicht gedenken. 

379) Plin. A. n. 7, 48, 159. 

380) Sueton a. a. 0. spricht gar sehr als Laie, während der Qnin- 
decimvir TacUus a. a. 0. klar zu verstehen giebt, dafs es sich hier 
lediglieh um zwei verschiedene in ihrer Art beide gleich richtige 
Rechnungen handelt. 



DIE SACGULA. 193 

gen, die andere nach 110jährigen Intervallen stattfinden 
sollten. Die späteren Regenten konnten über eine so ein- 
fache Sache sich nicht täuschen; sie suchten nur dem 
Publicum den Unterschied der beiden Reihen deutlich zu 
machen. Als Domitian das nächste Saecularfest der teren- 
tinischen Spiele feierte, liefs er die früheren in die officiellen 
Fasten nachträglich einzeichnen , nicht aber das des Clau- 
dius, offenbar um dessen Heterogeneität handgreiflich dar- 
zulegen. Antoninus Pius beging mit glänzenden Festen 
das Jahr 900 der Stadt ^ 8 1), aber er vermied es die Feier 
irgendwie als saeculare zu bezeichnen. Als endlich die bei- 
den Philippus im capitolinischen Jahre 1000 das müiariwn 
saeculum, wie die Münzen es nennen, feierten ^ ^ 2), wurde 
diese Festlichkeit zwar als saeculare bezeichnet und nach 
dem Muster der terentinischen abgehalten, allein nicht ohne 
Grund nennt sie eine Chronik dieser Zeit zur Unterschei- 
dung von diesen saeculares veri. Diese Feier des Grün- 
dungssaeculums durch die Philippi ist, wie die des teren- 
tinischen Saeculums durch Severus, die letzte geblieben; 
dafs das capitolinische Jahr 1100 ohne Feierlichkeit vor- 
überging, wird ausdrücklich bemerkt und beklagtes 3), — 
Doch ist es nicht ganz gelungen die Verschiedenheit der 
terentinischen und der Gründungssaecula in das allgemeine 
BewuTstsein zu bringen; nicht blofs Zosimus, sondern 
selbst der sonst so genaue Censorinus zählen die Feier des 



381) Vict. Caes, 15. Darauf mag sich wohl ein Theil seiner die 
Erinnemni^en der König^szeit feiernden Münzen beziehen. 

382) Stadtchronik von 354 (p. 647 meiner Ausg.) : At saeculare* 
veros m drco maximo ediderunt. £asebius (daraus Hieronymus 
und Gassiodor) z. d. J. Victor Caes, 28. £utrop. 9, 3. Capitolin. 
Gord, 33. Gros. 7, 20. Gruter 28, 4. Münzen bei Eckhel 7, 323. 

383) Victor Caes. 28. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 13 



194 ME 8AEGDLA. 

Claudius unter d^ älteren Reihe mit auf, während sie die 
des Pius und des Philippus richtig übergehen, und diese 
Yerwimmg hat auf die neueren Darstellungen sich vererbt 
Das Resultat dieser Untersuchung für den Entwicke- 
lungsgang der römischen Zeitrechnung im Allgemeinen ist 
mehr negativer als positiver Art. Die saeculare Refiristung 
des terentinischen wie des Festes der Stadtgründung kann 
auf die Zeitrechnung im Ganzen keinen Einflufs geübt ha- 
ben, da beide hiezu viel zu jung sind. Dagegen in der sae- 
culare Nagelschlagung liegt allerdings ein Reweis dafür, 
dafs die Jahrzählung bei den Römern schon im J. 291 fest- 
gestellt gewesen sein mufs, und es wäre auch möglich, dals 
diese Nagelschlagung als chronologischer Prüfstein und 
chronologisches Correctiv benutzt worden ist. Ob wirklich 
sich Spuren einer derartigen Correction zeigen, ist jetzt in 
weiterem Zusammenhange zu untersuchen. 



vm. 

DIE ÄLTESTE FASTENREDACTION. 

Das Eponymenverzeichnifs, wie es nicht blofs uns vor- 
liegt, sondern wie es schon den Verfassern der ältesten rö- 
mischen Chroniken und den Redactoren der capitolinischen 
Fasten vorlag, ist zwar in der zweiten Hälfte spätestens 
vom J. 454 an einfach hervorgegangen aus gleichzeitiger 
Aufzeichnung der jedesmaligen Jahresbeamten, tragt aber 
in dem früheren Theil unverkennbare Spuren einer zu 
dironologischen Zwecken vorgenommenen Redaction; ja 
in gewissem Sinne beruht die ganze frühere Consularliste, 
insofern sie der Jahrzählung dient, auf einer Fiction (S. 83). 
Seit der Antrittstag der Oberbeamten sich fixirt hatte, 
konnte man, auch als derselbe noch nicht mit dem Kalen- 
derneujahr zusammenfiel, doch in der Reihe sehr wohl das 
Beamtenjahr dem Kalenderjahr ^eichsetzen. Man mochte 
auch bei den gesetzlichen Verschiebung^ dieses Antritts- 
tages in den Jahren 532, 601 und 709 sich darüber weg- 
setzen, dafs in Folge derselben die Amtsjahre 531, 600 
und 708 entweder kürzer oder länger ausfielen als ein Ka- 
lenderjahr, wie wir das aus ähnhchen Ursachen verkürzte 
Jahr 1582 unserer Zeitrechnung dennoch den übrigen 
gleich zu rechnen gewohnt sind; der römische Kalender der 
republikanischen Zeit war ohnehin so gestört, das der- 
gleichen mindere Uebelstände in der aUgememen Verwir- 

13* 



196 DIE ALTESTE FASTENREDACTION. 

ruDg verschwanden. Aber so lange der Antrittstag schwan- 
kend blieb, war eine Zählung der Jahre nach den effectiven 
Eponymen geradezu unmöglich; weit eher hätte man nach 
Königsjahren zählen können als nach den factischcm Amts- 
fristen der ConsularcoUegien. Wenn dennoch, wie dies 
ausgemacht ist, das Letztere schon früh geschah, also zum 
Beispiel das Saeculum der Nageleinschlagung hundert Ma- 
gistratsjahren gleichgesetzt ward ^ ^ ^), so beruht dies offen- 
bar auf einer juristischen Fiction, wodurch der Eponymen- 
liste irgend ein Tag als Jahranfang ein fär allemal gegeben 
und von diesem Neujahr ausgehend jedem EponymencoUe- 
gium ein Kalenderjahr zugemessen ward. Heber die hie- 
durch entstehende namentlich in den aus der Chronik aus- 
gezogenen und der Jahrtafel angepafsten Triumphalver- 
zeichnissen sehr fühlbare Incongruenz, dafs ein Consular- 
coUegium in der Reihe die Zeit z. B. vom 21. April bis zum 
nächsten 20. April des J. 305 vertrat, geschichtlich aber 
vielleicht vom 13. December dieses Jahres bis zum 12. De- 
cember des Listenjahres 306 fungirte, setzte man im prak- 
tischen Interesse sich hinweg, bis erst die Fixirung des 
Amtsjahres, dann auch die Ausgleichung des Amts- und 
Kalendemeujahrs eine wirkliche Jahrordnung an die Hand 
gab. Wenn also das römische EponymenverzeichniTs nicht, 
wie die Verzeichnisse der Olympiadensieger und der atti- 
schen Archonten, von Haus aus Jahrliste gewesen, sondern 
dies erst durch einen willkürlichen Act geworden ist, so 



384) Ein specielles Beispiel aus späterer Zeit giebt Tacitus arm. 
15, 41, wonach Einige zwischen dem gallischen Brand nnd dem ne- 
ronischen eben so viel Jahre als Monale als Tage zahlten. Zwischen 
19. Juli 364 und 19. Juli 817 liegen 417 Jahre 417 Monate und un- 
gefähr 450 Tage; durch welche Manipulation man die letzteren in 
417 umwandelte, ist nicht zu ersehen. 



DIE Xlteste fastenred agtion. 197 

wird es nothwendig zu untersuchen, ob sich nicht Spuren 
einer solchen Anpassung und Ausgleichung der Liste auf- 
finden lassen. Diese liegen in der That nicht fem. Schon 
die principielle Beseitigung der sämmüichen Interregnen 
und die ebenfalls principielle Durchzählung der Jahre bei 
nachweislichem Schwanken der Amtsfristen Ton 9^ bis zu 
19 Monaten gehören hierher; vor allem aber die Feststel- 
lung des Anfangstages der Aera und die Einfügung der be- 
kannten neun Fulljahre, der fünf magistratlosen 379 bis 
383 und der vier mit Dictatorennamen bezeichneten 420. 
429. 444. 452. 

Dafs der Anfangstag der jetzt gangbaren römischen 
Jahrzahlung, der 21. April des Jahres der Stadtgründung, 
erst in Folge der conventionellen Fixirung der Rönigszeit 
aufgekommen sein kann, liegt auf der Hand und ist be- 
kannt genug; die ältesten ausdrücklich darauf gestellten 
Jahrzahlangaben möchten die der Chronisten aus der ersten 
Hälfte des 7. Jahrhunderts Piso, Cassius Hemina und 
Gellius sein ^ » s). Sie ist hervorgegangen aus der weit 
älteren Jahrzählung von der Vertreibung der Könige oder 
vom Amtsantritt der ersten Consuln 13. Sept. des varro- 
nischen Jahres 245 und eigentlich von dieser nicht verschie- 
den; denn dafs die conventionelle Jahrzahl der Königszeit 
zu Anfang angefügt worden ist, hat keine wesentliche Be- 
deutung und selbst die Verschiedenheit der AnCangstage 
21. April und 13. September macht bei der rein fictiven 
Bedeutung dieser Neujahre wenig aus. Der Zählung nach 
Jahren der Freiheit bedienten sich die censorischen Regi- 



385) Oben S. 129. Ennius 'siebenhundert Jahre' sind nicht 
eig^entlich als Datum gemeint. 



198 DIE ÄLTESTE FASTENREDAGTION. 

gier 3 9 <^) und noch den Schriftstellern aus der letzten Zeit 
der Republik ist sie geläufig ^ ® ^). Indefs wenn das Datum 
des 13. Sept 245 der später gangbaren Zeitrechnung ohne 
Zweifel das älteste ist, von dem ab in Rom eine Aera ge- 
zählt ward, so ist doch die Bezeichnung derselben 'posi 
reges exactos' oder ^post primos consules' keineswegs die 
ursprüngliche. Flavius, wird von dem Aedilen des J. 450 
bmchtet, vovit aedem Concor diae — et — ex {pecunia) 
nmltaticia fecit in Graecostasi — inciditque in tabella oe- 
rea factam eam aedem CCIII annis post Capitolinam de- 
dicatam^^^). Es ist dies die älteste Weihinschrift in la- 
teinischer Sprache, von der Kunde auf uns gekommen 
ist, und wahrscheinlich eine der ältesten, die in Rom über- 



386) Dionys. 1, 74 bemerkt, dafs die in den censorischen Häu- 
sern bewahrten TijUTiTLXa vnofxvrifiaTa wie den übrigen Schatzun- 
l^en so auch derjenigen von 350 das Datum in folgender Art beige- 
setzt hätten : vnarivavjog A^vxCov OvaXeQ^ov TIotCtov not TCtov 
MaXXCov KttTi IT (oUvov, fisra rriv fxßoXriv rtav ßaaiX^tov ivog 
Siovti €txocfT(p xal ixccToOT^ hei. 

387) Varr. rfe r. r. 1, 2, 9: post reges exactos annis CCCLXF. 
Cic. de rep, 2, 35 : quarto drciter et quxnquagesiino anno post pri- 
mos consules, Aehnlich de rep. 2, 32. 33. Brut. 16, 62 und bei 
Ascon. in Comel. p. 75. Doch ist nicht zu übersehen, wie nahe de- 
nen, die die Jahre an Consularfasten abzählen, diese Jahrzahlbestim- 
mnng lag. Eutropius z. B. und Lydus sind nur auf diesem Wege da- 
zu gekommen von der Königsflucht zu datiren und wenn nicht das 
Zeugnifs der censorischen Gommentarien vorläge, könnte man diese 
Zählung überall auf blofse individuelle Beliebung zurückführen. 

388) Plinius h. n. 33, 1, 19 nach dem Bamb.; die Vulgathand- 
schriften lesen CCCIIIF statt CCIII. Nach unseren Fasten ist 450 
nach kalendarischer Zählung das 206te, nach der der Chroniken 
das 203te Jahr der Republik; es raufs dahingestellt bleiben, ob die 
letztere Auffassung anzunehmen oder die Ziffer verschrieben ist. 
Auf keinen Fall dürfte es rathsam sein 'auf die schwankende Lesung 
bei Plinius viel zu bauen. 



BIB ALTESTE FASTENRBDAGTlOIf. 199 

hmipt anfgesteUt worden sind; ein gewichtigeres Zeugnifs 
durfte nicht leicht gefunden werden. Ueberdies steht es 
nicht allein. Wenn Cincius den ersten Consul M. Hora- 
tius den ersten Jahresnagel auf dem Capitol einschlagen 
und Ton ihm die diese Ceremonie vorschreibende Tempel- 
ordnimg ausgehen läfst, so liegt dieser nicht richtigen Dar- 
stellung der richtige Gedanke zu Grunde, dafs die römische 
Jahresrechnung sich knöpft an die Dedication des capitoli- 
nischen Tempels. Selbst in der conventionellen Geschichte 
sind die Spuren davon unverkennbar, dafs die römische 
Jahrzählung einmal blofs von dieser Dedication und keines- 
wegs von der Vertreibung der Könige und der Gründung 
des Freistaats ausgegangen ist. Das EponymencoUegium, 
mit dem unsere Liste beginnt, ist in der ältesten uns vor- 
liegenden Ueberlieferung^^^) bezeichnet mit den Namen 
des Brutus und des Horatius, von denen in der begleiten- 
den Erzählung jener lediglich bei dem Sturz des König- 
thums, dieser lediglich bei der Dedication des Jupiter- 
tempels beschäftigt ist; ja die Fassung, dafs der Consul 
Horatius am Tage seines Amtsantritts den Tempel weiht, 
zeigt eben in ihrer vollständigen historischen Unvereinbar- 
keit mit der Revolutionserzählung ^ ^<>), dafs die letztere 



SS9\ Polyb. 3, 22. S. Beilage Xil. 

390) Die Versetzung der Dedication ans dem ersten Consulat 
des Horatius (Polyb. 3, 22. Liv. 2, 8. 1, 3. PluUrch Popl 14) in 
das zweite 247 (Dionys. 5, 25. Tacit. hüt 3, 72) trägt die Absicht- 
lichkeit an der Stirn und kann ebenso wenig in Betracht kommen 
wie die verwandte Umwandlung seines ersten eponymen Consulats in 
ein suffectes (S. 88). — Mit jener Versetzung der Tempelweihe 
ans 245 in 247 hängt wohl auch, nach Kiefslings (de Dion, Hai, an" 
tiq. auctoribus Latmis. Lips. 1858 p. 31 fg.) wahrscheinlicher Ver- 
mnthmig, das chronologische Schwanken der beiden ersten Dictaturea 
zusammen. Die, wie.Livius ausdrücklich bezeugt, ältere Ueberlie- 



200 DIE Xltbste fastenredagtion. 

den Consul Horatius gar nichts angeht, daDs dieser so wie 
die mit ihm eng zusammenhängende Dedication und deren 
Epoche machendes Datum nur durch wiUkürhche Gleich- 
setzung mit der ursprünglich zeitlosen Revolutionssage 
zusammengeklittert, der Weihe- und Aerentag in den er- 
sten Tag des freien Rom und den Antrittstag seiner neuen 
Beamten umgeschaffen worden sind, um für den Freistaat 
eine Epoche und überhaupt um einen äufserlichen Verei- 
nigungspunkt für Dichtung und Wahrheit, für fabulirende 
Ursprungshistorien und annalistische Aufzeichnung zu 
gewinnen. 

Auch in Rom also sind es, wie in Griechenland und in 
der christlichen Welt, nicht die bürgerlichen Ordnungen 
gewesen, aus welchen die Jahrzählung hervorging. Im 
bürgeriichen Leben folgen die Jahre aufeinander wie die 
Wellen auf dem Meer; die eine mag höher fluthen als die 
andere, aber alle verschwinden gleich spurlos in der ewigen 
Zeit. Nur der göttliche Gedanke, wo er plötzlich und 
mächtig hervortritt, vermag es in der fliefsend unmer glei- 
chen Reihe eine bleibende und späten Geschlechtern noch 
erkennbare Marke aufzustellen ; und eine solche ist in der 
Vorstellung der römischen Gemeinde der Bau und die 

ferung setzt die erste Dictatur in das J. 253 (Liv. 2, 18. Seh wegler 
2, 126 A. 1), die zweite Dictatnr und damit die Schlacht am See 
Regillus in das J. 255 (Liv. 2, 19) ; eine jüngere Version, die Dio- 
nysios allein und als Variante auch Livius erwähnt, jene in 256 
(Dion. 5, 70. 77), diese in 258 (Dion. 6, 2. Liv. 2, 21). Wenn 
beide einer gemeinschaftlichen ältesten Quelle, dem Stadtbuch etwa, 
folgten, in welcher die erste Dictatur auf das neunte, die zweite 
auf das zwölfte Jahr nach Erbauung des capitoUnischen Tempels 
angesetzt war, so mufsle die Verschiebung dieses Baues von 245 
auf 247 jene Datenveränderung zur Folge haben, wofern, was anzu- 
nehmen nichts hindert, die erste Rechnung das Anfangsjahr aus, 
die zweite dasselbe einschlofs. 



MB XlTESTE FA6TENREDACTI0N. 201 

Weihe des Gotteshauses auf dem capitolmischen Hügel 
geworden und geblieben. Es ist eine bedeutsame Spur 
des sacralen Charakters der Stadtgrändungsära, dafs die 
einzigen römischen Denkmäler, auf denen sie solenn ist, 
die Verzeichnisse der Priesterschaften sind. — Um den ge- 
schichtlichen Werth dieser Aera richtig zu schätzen, wird 
es zunächst nothwendig sein sie in Gedanken yon der Kö- 
nigsflucht abzulösen und die Epoche yon der Vertreibung 
der Tarquinier bis auf die Dedication des capitolinischen 
Tempels sich in der ältesten Tradition zeitlos behan- 
delt zu denken, wie wir dies yon der Königszeit selbst 
längst gewohnt sind. Wenn wir weiter fragen, welcher 
Grad approximativer Richtigkeit dieser also yon der Tem- 
pelweihe abwärts laufenden Jahrfolge beigelegt werden kann, 
so ist auf der einen Seite ebenso klar, dafs das gewählte 
Mittel die Jahre zu zählen bei der schwankenden Befristung 
des obersten Gemeindeamts in Rom ein höchst unvoll- 
kommenes war, wie auf der andern, dafs man in einer 
weit jenseit unserer Annalistik liegenden mit einer Menge 
für uns verschollener Thatsachen genau bekannten Epo- 
che die unvermeidlichen Fehler zu corrigiren bemüht ge- 
wesen ist. In wie weit das gelungen ist, würde völlig un- 
bestimmbar sein, wenn nicht drei durch astronomische 
oder historische Synchronismen mehr oder minder fest zu 
bestimmende Daten einigen Anhalt böten. Das älteste von 
diesen ist das der frühesten nach unmittelbarer Beobach- 
tung in dem römischen Stadtbuche verzeichneten Son- 
nenfinsternifs, welche nach römischem Kalender am 5. 
Juni des J. d. St. 350 vermuthlich capitolinischer Zäh- 
lung, also des varronischen Jahres 351 eintrat ^^i)^ 



391) Cicero de rep. 1, Iß: Id (soUm lunae oppositum soiere de- 



202 DIE XlTESTE FA8TENREDACTI0N. 

nadi sicherer astronomischer BesUmmuiig aber am 21. 
Juni 400 T. Chr., Ol. 95, 1 stattfand 3 »»). — Der zweite 
Synchronismus ist die oft erwähnte Gleichsetzung des Jah- 
res der Alliaschlacht, nach der gangbaren Zählung 364 
Varr., mit dem des Archon Pyrgion 388 v. Chr., Ol. 98, 
1; derselbe stammt höchst wahrscheinlich aus einem schon 
Ton Fabius benutzten siciUschen Geschichtswerk und 
scheint gleichzeitiger Kunde entnommen. Endlich drittens 
kann der spätre Synchronismus , wenigstens vom Anfang 
des ersten punischen Krieges 490 Varr. , 264 v. Chr. , Ol. 



ßeere) ne nostnim qtddem Enntitm fugit qui ut scrihit armo quin- 
quagesimo CCC fere post Romam conditam ^nonis lunU soUluna 

obsUHt etnox^ [emn. 167 Vahlen] ex hoc die, quem apud Eni'- 

räum et in maximis annaUbus consignatum videmus, superiores 
solU dqfectiones reputatae sunt usque ad illam quae noms Quhicti- 
Kbusfuit regnante Rotnulo. Das/ere bindert nicht diejenige genane 
Jahresangabe bei Cicero vorausznsetzen , welche allein zu der An- 
gabe des Tages und überhaupt zu dem Gegenstand sich schickt; 
Gcero braucht auch sonst ähnliche Wendungen, wo an Zahlenabrun- 
düng nicht zu denken ist, z. B. de rep. 2, 35, offenbar blofs weil 
die Aera selber schwankte. Dagegen fragt sich , nach welcher der 
verschiedenen Acren der Stadtgründung das 350ste Jahr berechnet 
worden ist. Die Ziffer scheint von Cicero herzurühren, der damit 
das Consulat, das er in seinen Quellen fand, ausdrücken mochte; 
er kann in den Büchern vom Staat entweder fabisch gezählt (S. 138) 
oder vielmehr die Rönigszeit 243jährig gesetzt haben (S. 143 A. 268), 
wobei er wieder dem Decemvirat 2 oder 3 Jahre geben konnte. Ick 
folge der Annahme, die mir die wahrscheinlichste dünkt 

392) Zech (astronom. Untersuchungen über die von den Schrift- 
stellern des Alterthums erwähnten Finsternisse, Preisschrift der 
Jablonowskischen Gesellschaft, Leipzig 1853 S. 58) hat zum ersten 
Mal diese Sonnenfinsternifs befriedigend bestimmt. Das Maximum 
der Sonnepfinsternifs trat wenige Minuten nach Sonnenuntergang 
ein, welche bei einer Verfinsterung von 10, 02 Zoll stattfand. Da- 
durch erhalten also die Worte des Ennius, dafs Mond und Nacht 
die Sonne bedeckt hatten, erst ihre rechte Bedeutung. 



mE ÄLTESTE FASTENREDAGTION. 203 

129, 1 an, kdnem Zweifel uateiüegen. Hieraus erhellt 
zunächst, dafs die römische Jahrzählung im Ganzen Glau- 
ben yerdient Die Uebereinstlmmung der Tagdaten mit den 
Yorjulianischen kann bei der Beschaffenheit des älteren rö- 
mischen Kalenders nur eine sehr ungefähre sein; es ist ein 
vollständig befriedigendes Resultat, dafs ein halbes Jahrhun- 
dert nach der Ralenderreform der Decemvirn der römische 
Juni eines gemeinen 355tägigen auf den astronomischen des 
365tagigen Sonnenjahres trifft. Auch die Verschiebung der 
Jahrreihe hält sich in yerhältnifsmäfsig eng^ Grenzen; 
es ist namentlich bemerkenswerth, dafs, was die Kritik, 
chronologische Ausgleichung für historischen Betrug an- 
sehend, so oft angefochten und herauswerfen zu müssen 
gemeint hat, jene neun Fülljahre ganz unentbehrlich sind, 
wenn die Schaltjahr- und Saecularreihen nicht zerrüttet 
und der Synchronismus nicht um das Drei- und Vierfache 
mehr verschoben werden soll. Im Besonderen scheint die 
DoppelzählungdereponymenCollegien419/20, 428/9,443/4, 
451/2 zu beruhen auf einer Jahrschaltung wegen ausgefal- 
lener Interregnen, die wahrscheinlich gleichzeitig oder we- 
nig später und in einigermafsen regelmäfsigen Intervallen 
geordnet ist; genau richtig kann sie nicht sein, da sie 
wie jede Schaltung auf einer Compensation beruht, aber die 
Richtigkeit der Reihe im Ganzen bis über das erste Dop- 
peljahr 419/20 hinauf, welche auch noch verbürgt wird 
durch das von 392 bis 491 laufende Saeculum der Nagel- 
schlagung, haben wir nach den uns vorliegenden Quellen 
anzuzweifeln keinen ausreichenden Grund. Dagegen mufs 
aUerdings in den früheren Zahlen ein Fehler stecken. Der 
griechische Synchronismus beweist, dafs zwischen 364 
und 490, oder, wenn man nach dem eben Bemerkten die 
Epoche von 392 bis 491 als festgestellt betrachtet, zwi- 









204 DIE ÄLTESTE FASTENREDACTION. 

sehen 364 und 391 zwei Jahre zu viel angesetzt sind; und 
dasselbe geht ebenso deutlich aus der Beschaffenheit der 
Schaltung hervor. Es werden nämlich zwischen 378 und 
384 auf einmal fünf Jahre eingeschoben 3 9 3). ^as augen- 



393) Es wird nützlich sein die darüber erhaltenen NachricbteB 
übersichtlich zusammen zustellen. Unter den Zeittafelquellen führt 
der Chronograph von 354 fünf CoUegien auf: \) Baccho solo ; 2) 
Papirio et Fivio; 3) Sacrabiense et Cellemontano; 4) Prisco et Co- 
tnimo; 5) Mameriino et solo. In den capitolinischen Fasten findet 
sich nur das Fragment: [Per annos quinque nuUus curuUs magi- 

stratus f]actus est [e]t dedicavü. 

Nach den Fasten des Idatius postea ann. ly nemo curuUs magi- 
stratus fuit. Plin. h. n. 16, 44, 235: tmno qtdfuit sine magistra- 
tibus, CCCLXXIX (die Handschriften CCCLXJX) urbü aede dedi- 
cato (vgl. Becker Top. S. 535). Von den Annalisten sagt Livius 6, 
35 : comitia praeter aediUum tribunorumque plebi nuUa sunt habita ; 
Lidnius SexUusque tribuni plebis refecti nuUas curules magistra- 
tus creari passi sunt eaque soUtudo magistratuum. — per quinquen- 

nitem urbem tenuit. c. 36. — Bemittentibus tribunis plebis co- 

miUa per interregefn sunt habita. Lydus de mag. 1, 38; ano 6k 
rov kxatoaTov TQiaxocfTOv €xtov rcSv VTiarcuv iviaurov — avaq- 
Xos ri noUg SutHh inl Trevrasr^ /^öi^ov. Vopiscus Tac. 1, 
nachdem er behauptet bat, dafs zu der Zeit der Republik die Ernen- 
nung eines Interrex nie unterlassen worden sei : video miM obüd 
posse curules magistratus apud maiores nostros quadriennium in 
rep. non fuisse tarnen non est proditum interreges eo tem- 
pore non fuisse; quin etiam verioribus historicis rqferenübus de- 
claratum est consules ab interre^bus — creatos, Eutrop. 2, 3 : 
quadriennium ita in urbe ßuant, ut pofestates ibi maiores non es- 
sent Rufus brev. 2 : sine magistratibus Borna fuit annis quattuor, 
Gassiodor chron.i per annos IUI potestas consulum tribunorumque 
cessavit Auch die lateinischen Annalen des Fabius Pictor (bei Gell. 
5, 4), schwerlich eine blofse Uebersetzung der alten griechischen 
Chronik, sagen: tum primum ex plebe alter consulf actus est, duo 
et vicesimo anno postquam, Bomam GaUi ceperunt — scheinen also 
für die Anarchie 4 Jahre zuzählen. Der «va^/Za schlechthin gedenken 
Diodor 15, 75, bei dem sie ein Jahi^ ausfiillt, und Plutarch Com, 39. 



DIE ÄLTESTE FASTENREDAGTION« 205 

scheinlicfa eine auf einen längeren Zeitraum berechnete 
und nur, weil die genaue Unterbringung nicht thuidich 
schien, hier zusammen eingelegte Fällung ist. Man wird 
nicht irren, wenn man diese aus dem Saeculum der Nagel- 
scblagung herleitet. Das Collegium, unter dem das Gelübde 
stattfand, 292 d. St., und das unter dem es gelöst war, 391 d. 
St. mufsten bekannt sein; da von dem einen zu dem andern 
und beide eingeschlossen das Beamtenverzeichniss nur 95 
eponyme Collegien ergab, so wurde es nothwendig fünf 
Jahre einzuschalten; was man nach einem Jahre that, in 
dem der Urheber der Revolution C. Licinius Galvus das 
Rriegstribunat verwaltet und wahrscheinlich ein ungewöhn- 
lich langes Interregnum stattgefunden hatte. Die Fiction 
selbst, wenn man es so nennen will, trägt ziemlich denselben 
Charakter wie die der sogenannten Dictatorenjahre: sie ist 
so wenig auf Täuschung berechnet, dafs nicht einmal, wie 
es doch mindestens hätte geschehen müssen, die fünf ein- 
gelegten Jahre bezeichnet werden als ausgefüllt durch In- 
terregnen; es sieht wieder ganz aus, als hätten die Re- 
dactoren des Verzeichnisses die Jahrschaltung zwar dem 
Eponymenverzeichnifs äufserlich anbequemt, aber den 
wahren Charakter derselben doch jedem der Verhältnisse 
einigermafsen Kundigen absichtlich blofsgelegt. Indefs wie 
dem auch sei, wir werden berechtigt sein diese Schaltjahre 



Da die besten Zeittafel- and die besten annalistischen Quellen fünf 
Jahre angeben, wie sie auch die Zahlung schlechterdings fordert, so 
ist es nicht richtig auf die vier Jahre, welche nur in trüben, wahrschein- 
lich auf das Versehen eines gemeinschaftlichen Gewährsmannes 
zurückgehenden Berichten erscheinen, irgend Gewicht zu legen. Fa- 
bius, wer er immer war, kann sehr leicht sich verzählt haben ; der- 
gleichen an den Gonsularfasten abgezählte Intervallansätze sind un- 
zählige Male um ein oder einige Jahre falsch gesetzt 



206 DIB ÄLTESTE FASTEPfREDACTlON. 

379 — 383 anzusehen als eingdegt in die ganze Reibe 
292—378. 384—391 und dürfen demnach drei derselben 
an der Stelle, wo sie stehen, festhalten, dagegen die an- 
deren zwei zwischen 292 und 364 eingelegt denken. Da- 
mit wird zugleich der älteste Synchronismus, den wir ken- 
nen, die Sonnenfinstemils des yarronischen J. 351, bis auf 
ein Jahr mit der astronomischen Bestimmung ausgeglidioi. 
Setzen wir nämlich beispielsweise (denn natürlidi kann nur 
von Exemplification, nicht von Restitution jener älteste 
Chrondogie die Rede sein) die beiden zwischen 381 und 
384 ausgeworfenen Fälljahre zwischen 350 und 351 ein, 
so erhalten wir folgende Gleichung: 



J. d. St Varr. 


V. Chr. 


Olymp. 


292 


462 


79,3 


1 
350 

(382) 

(383) 

351 


1 

404 
403 
402 
401 


1 
94,1 

94,2 

94,3 

94,4 


352 


400 


95,1 


1 
364 


1 
388 


1 
98,1 


1 
381 


1 
371 


1 
102,2 


384 


370 


102,3 



Es ist nicht die Absicht dieses Sdiema etwa zu prakti- 
schem Gebrauche zu empfehlen, zumal da es Töllig will- 
kürlich ist, an welchem Orte zwischen 292 und 351 man 
die zwei überschieTsenden Jahre einlegt; wohl aber wäre es 
anzurathen, um nicht die gesicherten Synchronismen ohne 
alle Noth zu yerändem und zu verdunkeln, von dem Jahre 
der SonnenfinstemiTs oder wenigstens von dem der Altia- 
schlacht an die ältere willkürlich verdrängte UeberUeTerung 



DIB IlTESTB FA8TENREDACTI0N. 207 

wiederfaerzusteHen uoiä die Anarchie zwar zu f&nf römi- 
schen Jahren auszusetzen, aber in der Gleichung mit der 
griechischen Aera sie nur als dreijährig zu zählen, dagegen 
in der Olympiadenreihe vor 351 zwei Jahre zu übersprin- 
gen. — Jenseit des J. 292 mangelt jede Möglichkeit der 
Controle, doch ist kein Grund an der ungeföhren Richtig- 
keit der Liste zu zweifeln. Höchstens könnte am Anfang, 
wo Fabel und Fälschung auch mit dieser uralten Liste ihr 
Spid getrieben haben mögen, einiges zugesetzt sein, um 
dem Brutus neben dem Horatius Platz zu schaffen, vid- 
Idicht auch um die Zahl der Collegien von Anfang der Liste 
bis auf den gallischen Brand gerade auf 120 zu bringen. 
Es könnte zum Beispiel das Collegium des J. 247 M. Ho- 
ratius Pulvillus, F. Yalerius Poplicola einmal das erste ge- 
wesen und später theils das Collegium des J. 246 P. Ya- 
lerius Poplicola, T. Lucretius Tricipitinys aus dem J. 250, 
wo es genau ebenso wiederkehrt, geminirt, theils das des 
Brutus und Horatius vorangeschoben sein. Indefs darüber 
ist in keiner Weise mehr zur Sicherheit zu gelangen. Das 
scheint festzustehen, dafis von der Dedication des ca- 
pitolinischen Tempels an, etwa bei Gelegenheit der darzu- 
bringenden consularischen Opfer oder aus welchem Grunde 
immer sonst, die obersten Beamten der römischen Ge- 
meinde von dem Pontificalcollegium regelmäfsig verzeich- 
net worden sind: dafs daneben, etwa durch Anzeiehnung 
der Zehnmonatfristen, wenigstens seit dem J. 292 die Zahl 
der verlaufenen Kalenderjahre in irgend einer Weise fest- 
gestellt ward und dafs man, jenes YerzeichniTs zu Grunde 
leg«id und dasselbe rectificirend in der früheren Zeit mit- 
telst der. Saecularepochen, in der späteren aus spedeller 
Kunde über das Yerhältnifs der dnzelnen Beamten- und 



208 DIE ÄLTESTE FASTEIfREDAGTION. 

der betreffenden Kalenderjahre, zu dem Jahrregister ge- 
langt ist, welches wir besitzen. 

Ueber Abfassungszeit und Urheber der römischen Epo- 
nymeidiste läTst sich natürlicher Weise höchstens vermu- 
then. In der Sache wie in der Sprache liegt es, dafs sie 
die Schicksale des römischen Kalenders getheilt hat. In 
der Sache: denn wo, wie in der römischen Gemeinde, 
das einzelne Jahr nicht durch eine Ziffer, sondern durch 
Beamtennamen bezeichnet ward, war es eine praktische 
Nothwendigkeit dem Juristen und dem Geschäftsmann über- 
haupt neben dem Yerzeichnifs der Tage des Jahres auch 
einVerzeichnifs derlndividualnamen der Jahre in die Hände 
zu geben. In der Sprache: denn der Name /os/t, das heilst 
ursprünglich Spruch- oder Gerichtstage, bezeichnet be- 
kanntlich nicht blofs den Kalender, sondern zugleich die 
Eponymenliste ^ ^ *), welche etymologisch nicht gerechtfer- 



394) Schon zu Ciceros Zeit steht dieser Sprachgebrauch fest 
pro Sßst 14, 33 consiäes — ex fasiis evellendos, y4d Att. 4, 86, 2: 
non minus longas iam m codicüiorum /ästis futurorum consulttm 
paginulas habent quamfactorum, woraus man sieht, dafs es damals 
schoo Taschenkalender mit Verzeichnissen der Consuln und zum 
JNachtragen leer gelassenem Raum gab. Ad fam. 5, 12, 5: ordoipse 
annaUum mediocriter nos reimet quasi enumeratione fastorum. 
Die Schrift de praenom. c. 2 : animadverio in consulum fastis. Leben 
des Vems c. 5 : fastis consularibus sie nomina praeseribuntur. Li v. 9, 
18: paginas in annaUbus magistratuumque fastis percurrere Ucet 
consulum dictatorumque^ denn so ist zu lesen statt magistratuum 
fasUsque, da annales magistratuum unverständlich ist, dagegen bei 
fasti eine nähere Bestimmung erwartet wird, vgl. 4, 20: quod — ve- 
teres annales quodque magistratuum Ubri [lünique]^ quos Unteos 
— Macer Lidnius dtat identidem auctores — habent. Dagegen von 
andern Listen als denen der Eponymen findet sich fasti nicht; 
fasti tribunidi, fasti triumphales ist gegen den alten Sprachge- 
brauch. Vgl. Val. Max, 8, 15, 3: explica totos fastos , constitue 



DIE ÄLTESTE FASTEMREDAGTION. 209 

tigte Bedeutung nur dadurch entstanden sein kann, dafs 
die letztere von Haus aus ein Anhang des Kalenders war. 
Auch gehören Fasten und Kalender von Venusia zusammen 
und in Antium standen das Verzeichnifs der Collegienepony- 
men und der Kalender auf demselben Stein. Es wird dem- 
nach die Zeittafel des Pontificalcollegiums aus zwei Theilen 
bestanden haben, der Eponymenliste und dem Kalender, wo- 
nd>en dann die Jahrchronik herlief. Auch tragen diese drei 
Schriftstücke die Spuren davon, dafs sie einmal von der- 
selben Hand geordnet und redigirt worden sind; denn wie 
der Jahr- und der Tagtafel hie und da kurze historisdie 
Notizen, gleichsam Verweisungen auf die Chronik beige- 
fügt sind, so ist die funQährige Anarchie, obwohl sie nur 
chronologische, nicht historische Wesenheit in Ansprudi 
nahm und in der älteren Chronik gewifs übergangen war, 
doch späterhin aus der Jahrtafel in die immer gedanken- 
loser zusammengeschriebenen Annalen eingedrungen. Dafs 
die Feststellung dieser Jahrk'ste in der ersten Hälfte des 
fünften Jahrhunderts der Stadt stattfand, bezeugt sie selber 
sehr bestimmt; die Vergleichung der Gesammtschaltung 
379 — 383 nnd der Einzelschaltungen zwischen 420 und 
453 beweist, dafs die Redaction unserer Fasten in eine 
Epoche fiel, wo die Magistraturen der samnitischen Kriege 
bis auf den Tag bekannt, die licinisch-sextische Revolution 
aber und die vor derselben liegenden Ereignisse bereits in 
eine gewisse Feme zurückgetreten waren. Auf dieselbe 
Epoche führt die bemerkenswerthe Thatsache, dafs der 
Tempel der Gedächtnifsgöttin, in dem die Beamtenverzeich- 



^ omnes cumts triumphales, wobei er offenbar an die capitoUniscben 
Verzeicbnisse denkt. 

Mommsen, Chronologie. 2. Aufl. 14 



210 DIE ÄLTESTE FASTENRBOAGTION. 

nisse aufbewahrt wurden, im J. 408 erbaut ward ^ o * *) : es ist 
sehr glaublich, dafs die Feststellung der Liste und die Er- 
bauung eines heiligen Archivs auch der Zeit nach zusammen- 
hängen. Höchst wahrscheinlich Mt in dieselbe Zeit die äl- 
teste Redaction der officiellen Pontificalchronik, durchweiche 
wo nicht die Erzählung von den sieben Königen, doch deren 
Regierungszeiten festgestellt wurden ^ ^ s). Zunächst dien- 
ten diese Arbeiten natürlich zum Gebrauch des Pontifical- 
collegiums; doch scheinen sie bald auch dem Publicum zu- 
gänglich geworden zu sein. Die bekannte Erzählung, dafs 
der curulische Aedil Cn. Flavius im J. 450 den Kalender 
den Priestern abgelauscht und öffentlich auf dem Markte 
aufgestellt habe^^^), kann allerdings nicht richtig sein, 
theils, wie schon Atticus treffend erinnerte, weil der Ka- 
lender bereits von den Decemvirn bekannt gemacht war, 
theils weil dann das ganze Unglück damit hätte gut ge- 
macht werden können, dafs der Consul die Tafel wegnehmen 
liefs. Allein sicher nicht erfunden ist es, dafs Cn. Flavius 
auf Appius Geheifs die aus den zwölf Tafeln entwickelten 
Klagformulare in ein Buch zusammengestellt und dies in 
Abschriften verbreitet hat; und da der Kalender auch zu 
den zwölf Tafeln gehörte und die Kenntnifs der gericht- 
lichen Zeitordnung dem Publicum wenigstens ebenso wich- 
tig war wie die der Formulare, so wird man ohne Bedenken 



394a) Becker Top. S. 409. Allerdings bemfaen die Untei Ubri 
ad Monetae (Liv. 4, 7. 13. 20. 23) lediglich auf dem bedenklichen 
Zeugnifs des Macer {S.94fg.); aber die Angabe, dafs alte Beamten- 
Verzeichnisse dort lagen, hat er doch schwerlich erfanden. 

395) Meine R. G. 1, 437. 

396) Piso bei Gell. 7 (6), 9. Cicero pro Mur. 11, 25. ad Att. 
6, 1, 8. 18 (oben A. 35a). Diodor 20, 36. Liv. 9, 46 (daraus recht 
albern Val. Max. 2, 5, 2. 9, 3, 3). Plin. h. n. 33, 1, 17—20. Pom- 
ponius Big. 1, 2, 7. Macrob. sat. 1, 15, 9. 



DIB ÄLTESTE FASTENRBDACTION. 211 

die dem Flavius nachgesagte Veröffentlichung des Kalen- 
ders statt auf öffentlichen Anschlag vielmehr auf buch- 
mäfsige Verbreitung beziehen dürfen. Der Censor Ap- 
pius Claudius, der diese Veröffentlichung des Kalenders 
und der Formeln veranlafste, that also genau dasselbe, was 
sein Ahnherr, der Decemvir gethan, nur dafs er zeitgemäfs 
an die Stelle der Aufstellung auf dem Markte die litterari- 
sche Veröffentlichung setzte. Dafs diese nicht so leicht 
wieder ungeschehen zu machen war, wie die Proponirung 
circa forum in alho gewesen sein würde, und dafs sie al- 
lerdings in das conservative System ein schwer zu stopfen- 
des Loch rifs, leuchtet ein. Bei der engen Verbindung 
aber, in der Tag- und Jahrtafel mit einander standen, ist 
wahrscheinlich auch die Eponymenliste ein Theil des flavi- 
schen Rechtsbuches gewesen und durch, dieses zuerst dem 
Publikum überhaupt zugänglich geworden; ja wenn Gn. 
Flavius in der Inschrift der, nach hartnäckigem Widerstand 
der conservativen Partei, dennoch von ihm consecrirten 
Eintrachtskapelle, ganz gegen die sonstige Sitte des Alter- 
thums, das Aerenjahr nannte, so möchte darin wohl eine 
leise Mahnung an das Publikum liegen , dafs der Urheber 
dieses Heiligthums es seinen Mitbürgern zuerst möglich 
gemacht die laufende Jahrzahl zu bestimmen, ohne den 

iji Pontifex darum zu bemühen. Seitdem sind Tag- und 
Jahrtafel dem römischen Publikum zugänglich geblieben; 

ri auf dem Markte aber scheint zu Giceros Zeit keine von 

° beiden gestanden zu haben, da sich sonst ohne Zweifel 
irgendwo Spott oder Freude über eine solche öffentliche 
Anschlagung des Namens äufsern würde. Es gehört zu 

f. den augusteischen Ordnungen, dafs in Rom die Reichs-, 
in den Municipalstädten deren Fasten, in beiden der Ka- 
lender in Stein gehauen öffentlich aufgestellt wurden. 

14* 



it 



212 DIE ÄLTESTE FASTEIfREDACTION. 

Hierin ist dargelegt, in welcher Weise mir die römische 
Zeitrectinung sich entwickelt zu haben scheint; und ich 
hoffe, dafs denjenigen Forschern, welche geneigt und ge- 
wohnt sind historische Probleme rein zu iixiren und ein- 
fach zu erwägen, meine Auffassung sich empfehlen wird. 
Sie geht im Wesentlichen darauf hinaus, dafs die römi- 
sche Jahrzählung von der Dedication des capitolinischen 
Tempels an geschichtlich ist^^^); dafs die yorhistorische 
Chronologie beruht theils auf der Anwendung der Ge- 
schiechterberechnung auf die zwar auch nicht geschicht- 
liche, aber früher als die Zahlen erfundene Siebenkönigs- 
liste, theils auf der Wegwerfung des zwischen der Königs- 
flucht und der Tempeldedication verflossenen längeren 
oder kürzeren Zeitraums; dafs die Synchronismen entwe- 
der, wie die der Alliaschlacht und die der pyrrhischen 
und der späteren Epoche, historisch tiberliefert oder aus 
der Anwendung dieser historischen Synchronismen auf die 
römische Jahrzählung lediglich durch Rechnung gefunden 
sind; dafs von cyclischen Zahlsetzungen keine andere Spur 
begegnet als höchstens die Abrundung der aus jenen Li- 
sten von der Dedication bis zur Alliaschlacht gefundenen 
Reihe auf 120, der Königszeit aber auf 2x120 Jahre. — 
A. Mommsen 3 9 8) dagegen geht die gesammte ältere rö- 



397) Es ist dabei ganz gleichgültig, ob das Factom, nach dem 
die Aera heifst, wirklich eine Dedication war und genau in das be- 
zeichnete Jahr fiel ; ebenso wie es für unsere Aera gleichgültig ist, 
dafs Christus wahrscheinlich nicht in dem von seiner Geburt benann- 
ten Jahre geboren ward, und gleichgültig sein würde, wenn irgend 
ein windiger Scharfsinn einmal entdecken sollte, dafs Christus 
überhaupt nicht geboren worden ist Chronologisch kommt es nicht 
an auf den Anfangspunkt, sondern nur auf die von dem beliebigen 
Anfangspunct stetig sich fortsetzende Reihe. 

398) S. besonders zur altröm. Zeitr. S. 59 fg. 



DIE ÄLTESTE FA8TENREDAGTI0N. 213 

mische ChroQologie in dergleichen durchgängig ausländi- 
schen und meist cydischen Ansetzungenauf; beispielsweise 
sucht er den Grund, warum das erste Jahr der Republik 
auf 509 vor Chr. treffe, zunächst in der ägyptischen, so- 
dann in der griechischen Zeitrechung und findet dann, da 
das genannte Jahr weder in der Hundsstern- noch in der 
kallippischen Periode irgend welche Epoche bezeichnet, 
in dem historischen Synchronismus, dafs in dies Jahr die 
Vertreibung der Pisistratiden aus Athen gesetzt wird, die 
Ursache der römischen Ansetzung — oder auch umgekehrt 
in der römischen Aera post reges exactos die Veranlassung 
zur Erdichtung jenes griechischen Ansatzes — ; wodurch er 
endlich dazu gelangt einen timaeischenCyclus aufzubauen mit 
76 jährigen vom Jahre 509 auf- und abwärts laufenden Pe- 
rioden, die wenigstens imseren alten Gewährsmännern völ- 
lig unbekannt sind ^ ^ ^ ). Aber weder erhellt die Möglichkeit, 
wie man in der Periode, in der die römische Chronologie 
spätestens sich fixirt hat, mit Sothis- und kallippischen 
Perioden operiren konnte, noch kann eine so spitzfindige 
und künstlich versteckte Fabulirung dem Varro oder gar dem 
Fabius vernünftiger Weise zugeschrieben werden, noch 
läfst bei der ebenso unlöblichen wie unleugbaren Vernach- 
lässigung der parallelen griechischen Geschichte von Seiten 
der römischen Annalisten irgend ein denkbarer Grund und 
Zweck jener mühsamen sogenannten 'Anknüpfungen' an 
griechische oder gar ägyptische Cyclen sich absehen ^^o). 



399) Dionysios 1, 74: Tifialog — ovx olS^ oTtp xavovi^ XQV' 
adfievog, 

400) Ich kaoD in dieser Hinsicht nur mich dem anschliefsen, was 
Böckh epigraph. chron. Stad. S. 112 über diese Anknüpfangsver- 
suche urtheilt: ^Die Epoche auch nicht einer im Alterthum gültig 



214 DIE ÄLTESTE FASTENREDACTION. 

Darum wird es zur Widerlegung dieser verwegenen Hypo- 
these wohl genügen auf zwei ebenso unbestreitbare wie mit 
ihr unvereinbare Thatsachen hinzuweisen: einmal dafs für 
das erste Jahr der Republik die ältere Setzung auf Ol. 68, 
1, V. Chr. 508, die des Atticus auf Ol. 67, 3, v. Chr. 510 
kam, das Jahr 509 aber lediglich in unsern gangbaren 
Handbüchern als erstes der Republik iigurirt (S. 144. 148); 
zweitens dafs die älteste und ursprüngliche, urkundlich ein 
halbes Jahrhundert vor Timaeos nachweisbare Benennung 
der Aera ab urbe condita oder post reges exactos vielmehr 
lautete post aedem Capitolinam dedicatam und dafs doch, 
bevor für deren Anfangstag die Sothisperiode und Kallippos 
und die Pisistratiden in Anspruch genommen wurden, vor- 
her nachzuweisen war, warum die Aera post aedem Capi- 
tolinam dedicatam von allen diesen hat ausgehen können, 
nur nicht von Jahr und Tag der Einweihung des capitoli- 
nischen Tempels. 



gewesenen Aera ist mit Rücksicht aaf ein kaUippisches £pochenjahr 
bestimmt worden'. 



I. 

DIE ITALISCHEN MONATE. 

(Za S. 9.) 

Unter den in Italien gangbaren Kalendern ist allein der 
römische vollständig bekannt; das Wenige, was von den 
übrigen latinisdien, den sabellischen und etruskischen 
überliefert ist, stellt die folgende Uebersieht zusammen. 
Die meisten darin enthaltenen Nachrichten sind entnom- 
men aus der von Varro angestellten Yergleichung der mu- 
nicipalen italischen Kalender ^) mit dem römischen, wor- 
aus Verrius Flaccus^), Ovidius 3), Censorinus *), Macro- 
bius ^) und Augustinus^), was sie derartiges berichten, 
unmittelbar oder mittelbar schöpften. An der Glaubwür- 
digkeit dieser Nachrichten, selbst für so früh untergegan- 
gene Gemeinden wie zum Beispiel Alba longa, ist um so 
weniger zu zweifeln, als es römischer Gebrauch war und 
eben notorisch mit Alba geschah, politisch aufgelöste Ge- 



1) pereg^iifasti bei Ovid fast 3, 88. 

2) Kai. Praen, Jan. März z. A.; Festas ep, v. MarHus p. 150, 
t. Maiut p. 134, v. Maesius 136, r. lumus p. 103. 

3) /£M*. 3, 87fg. 6, 57 fg. 

4) 20, 1. 22, 6. 10—13. 

5) SaL 1, 12, 30. 1, 15, 18. 

6) de do. dei 15, 12. 



218 DIE ITALISCHEN MONATE. 

meinwesen in ihren sacralen Functionen fortbestehen zu 
lassen. 

I. Latinische Kalender. 

a. von Alba 

dritter Mooat MarUus von 36 Tagen (Kai. Praen. ; Censorin. 22, 

6;Ovid./a**.3,87) 
Mains „ 22 ,; (Censorin. a.a. 0.) 
SextiUs „18 „ (Censorin. a. a. 0.) 
September,^ 16 „ (Censorin. a. a. 0.) 

b. von Aricia 

dritter Monat MarHus (Ovid.fast 3, 91) 

lunoniuM (Ovid. fast 6, 59 ; Macrob. 

sat, 1, 12, 30) 
Oetober von 39 Tagen (Censorin. 22, 6) 
c von Tibur lunonaUs (Oy\^,fast 6, 61) 

d. von Praeneste 

dritter Monat MarUus (Ovi^, fast. 3, 92) 

lunonaUs (Ovid. /o«^. 6, 62; Itmo- 

nius Macrob. sat. 1, 
12, 30) 

e. von Tusculnm 

Quinctitis von 36 Tagen (Censorin. 22, 6) 
Oetober „ 32 „ ( „ „ „) 

f. von Laurentum 

fünfter Monat ^arfe't/« (Ovid. fast. 3, 93; Ma- 

crob. sat. 1, 15, 18) 
lunonius {Ovid. Jast. 6, 60) 

December (Macrob. sat. 1, 15, 18) 

g. von Lavininm, dreizebnmonatlich (Augustinus de civ. dei 

15, 12) 
Iwionius (Ovid.yVwf. 6, 60) 

h. von Falerii 

fünfter Monat MarUus (Oy\A. fast 3, 89) 

II. Sabellische Kalender. 

a. von Cures Sabinorum 

vierter Monat MarUus (Oy'id. fast. 3, 94) 



DIE ITALISCHEN MONATE. 



219 



(Ovid. fast. 3, 93) 
(Ovid./a#t 3, 95) 



b. der Heroiker 

sechster Monat Martius (Ovid. /tut. 3, 90) 

c. von Ferentioum, erwähnt bei Censorinus 20, 1. 

d. der Aeqoiculer 

zehnter Monat MarUus 

e. der Paeligner 

vierter Monat MarUus 

f. der Vestiner 

^oudX Flusaris d.i. FloraUs, (Inschrift von Furfo L, 
entsprechend dem römi- N. 6011 = OrelU 2488; 
sehen Juli. vgl. unterital. Dial. S. 

340). 
^. oskischer (samnitischer) 

Monat Maesius d. i. der rö- (Fest ep. p. 136). 
mische Malus 

lU. Etruskischer Kalender. 

In dem Yocabularium des Papias finden sich die folgenden 
aus irgend einem verlorenen oder verborgenen Menologium 
ausgezogenen etruskischen Monatsnamen ^): 

f^eliianus Ethruscorum Ungua MarUus mensis 



j4mp/iilus 

Aclus 

Traneus 

Ermius 

Celius «) 

Xofer 



Tuscorum 
Tuscorum 
Tusconan 
Tuscorum 
Tuscorum, 
Tuscorum 



Ungua Malus mensis 

Ungua lunius mensis 

Ungua luUus mensis 

Ungua Augustus mensis 

Ungua September metisis 

Ungua October mensis 



Diese Uebersicht zeigt, dafs die sämmüichen latinischen 
Kalender nur in Nebendingen von einander abgewichen 



7) Nacfag^ewiesen von Bröcker im Pfailologns 2, 248. Die von 
Halm für mich verglichenen venetianischen Ausgaben 1485. 1491. 
1496 ergeben keine Abweichung. 

8) Steht zwischen Ce, so dafs CaeUus wohl nur Schreib- oder 
Dmckversehen ist. 



220 DIE ITALISCHEN MONATE. 

haben können. Die Monatsnamen sind, so viel wir sehen, 
abgesehen von den unwesentlichen Variationen lumtis, 
lunonius, lunonalis, überall dieselben gewesen ®); was von 
Varro selbst sowohl im Allgemeinen ^ ^) als auch noch be- 
sonders für die angeblich erst in Rom nacherfundeoen 
Namen lanuarius und Februarius > >) hervorgehoben wird. 
Die ursprüngliche Gleichheit der Zahl versteht sich bei dem 
lunisolaren Jahr von selbst, folgt übrigens auch aus den 
von der Ordnungsnummer entlehnten Monatsnamen; in 
dem dreizehnmonatlichen lavinischen Jahr wird der Schalt- 
monat stehend geworden sein. Die ursprüngliche Identi- 
tät der Reihenfolge so wie des Jahranfangs folgt endlich 
ebenfalls aus den Zahlnamen des fünften bis zehnten Mo- 
nats 1 ^). Indefs hat die Neujahrsetzung, unter allen ka- 
lendarischen die am längsten, schwankende , vielfachen lo- 
calen Verschiebungen unterlegen, durch welche der März 
wie in Rom so auch anderswo durchgängig von der ersten 
Stelle weggerückt worden ist; und in analoger Weise 
müssen auch durch Rücksichtnahme auf Festtage und 
Schaltungen die Monatsanfange mehrfach von ihrer ur- 



9) lunonius Ovid fast. 6, 61, Festos ep. v. lunius p. 103 Macrob. 
sat 1, 12, 30. lttno?iab's Ovid fast. 6, 63. Festus a. a. 0. 

10) Censorinns 22, 10. Farro Romanos a Latmis nomina men- 
sum acceptsse arhitratu^t auctores eonim antiqmores quam urbem 
Jmsse docet 

11) Varro bei Censorinus 22, 13: lanuarium et Februarium 
postea qutdem addttos , sed nominibus tarn ex Lotio sumpHs, Ver- 
rias Flaccus Kai. Praen. Jan. : [neque aliter appellat]ur in Lotio. Die 
Annahme, dafs diese Namen jüng^er seien, ist ein blofses Corollar 
aiis den gpanz nnmögUchen Hypothesen der Alten über das zehnmonat- 
liche Jahr (S. 47) und fallt mit diesen. 

12) Festus ep. v, Martius p. 150. Vgl. Censor. 22, 13, Macrob. 
sat. 1, 15, 18. 



DIE ITALISCHEN MONATE. 221 

sprfiDglichen Stelle weggeschoben worden sein. — In den 
dürftigen Trümmern des sabinisch-oskischen Kalenders 
begegnen theils den latinischen gleiche oder fast gleiche 
Monatsnamen, wie Martius und Maesius^ theils der ab- 
weichende Flusaris. — Die etruskischen Monatsnamen 
endlich, so weit die sehr trübe Quelle, aus der wir sie 
kennen , überhaupt ein Urtheil darüber gestattet, sind ra- 
dical verschieden und bieten mit den latinisch-sabellischen 
kaum auch nur einen Berührungspunct ^^), — Dieses Ver- 
hältnifs der Monatsnamen bestätigt also vollkommen die 
jetzt wohl altgemein herrschenden Ansichten über die itali- 
schen Stammverhältnisse, den dauernden bis in die histo- 
rische Zeit fortwährenden nationalen Zusammenhang der 
Latiner, die enge Verwandtschaft dieser mit den Sabellem, 
die Fremdartigkeit endlich des etruskischen Volkes. Ver- 
gleichen wir ferner die italischen Monatsnamen mit den 
griechischen und deutschen, so ist das Ergebnifs rein ne- 
gativer Art: es findet sich nirgends eine Spur von ver- 
wandter Namenschöpfung **). Für die Geschichte der 
Chronologie im Allgemeinen folgt daraus unwidersprech- 
lich , dafs zu der Zeit , wo die indogermanischen Stamme 
noch ungeschieden beisammen safsen, man kalendarisch 
sich auf Tag, Woche (Mondviertel) und Monat beschränkt 
haben mufs und der Begriff des lunisolaren oder blofs 
solaren Jahres so wie die daran hängende Individualisirung 



13) Nor Xofer sieht fast aus wie ein in tuskischer Weise rauh 
ausgesprochenes October, 

14) Der Versuch, die römischen Monatnamen Julius und Augu- 
stus älter zu machen als Julius Caesar und Octavianus Augustus und 
die erstere dieser alten Volksthümlichen' Benennungen mit dem ger- 
manischen Jul zusammen zu bringen (Grimm Gesch. der deutschen 
Sprache 1, 77. 106), kann unmöglich ernstlich gemeint sein. 



222 DIE ITALISCHEN ÜONATE. 

und Benennung der Jahrzwolflel damals noch nicht gefun- 
den war. Eben darum ist die Bildung der Monatsnamen 
für die Eigenthümlichkeit der einzelnen Stanmie so unge- 
mein bezeichnend. Während die griechischen Monate 
überwiegend von Göttern oder Götterfesten, selten von 
Jahrzeiteigenschaften und vielleicht niemals von der Mo- 
fsen Ordnungszahl den Namen führen, sind wenigstens 
bei dem nüchternen latinischen Stamm — über den 
sabeUischen ist in dieser Hinsicht nichts überliefert — 
ungefähr die Hälfte der Monate, Quinctilis bis Decemher, 
blofs von der Nummer benannt, die Mehrzahl der übrigen 
latinischen und sabeUischen: Äprilis, Maius oder Maesius, 
lunius > *), Floralis, lanuarius, Februarim, interkalarms. 



15) Jacob Grimm (Gesch. der deutschen Sprache 1, 76) und Preller 
(rb'm. Myth. S. 142) sind geneigt wenigstens die drei ersten auf Göt- 
ternamen zurückzuführen, sicher mit Unrecht. Denn für den äprilis 
fehlt durchaus eine entsprechende italische Gottheit, während die 
Endung das Wort mit den gewifs ungöttlichen Namen qtänciäis, 
sexiäts zusammenstellt. Auch für Maius und lunius ist es bei wei- 
tem das Einfachste auf die Wurzeln mag- und iuv- zurückzugeheti ; 
es ist in hohem Grade unwahrscheinlich, dafs der deus Maius oder 
die dea Maia unter diesen Namen so früh und so allgemein bei dem 
latinischen Stamm verehrt worden sind um einem iatinischen Monat 
den Namen haben geben zu können, und wenn dies von der Juno 
nicht zu bezweifeln ist, so führt hier wieder die Wortform lunius, 
die doch älter scheint als lunoräus und lunonaUs , wohl auf iuvare, 
iuvenis, aber keineswegs unmittelbar auf Inno. Jahrzeiteigenschaf- 
ten also liegen hier zunächst vor; wobei es sich natürlich von selbst 
versteht, dafs jeder solchen Eigenschaft ihr Göttliches inne wohnt, 
der FtoraUs ebenso gut der Blüthemond ist wie der Monat der Flora 
und insofern auch der Gottheitsbegriff als secundärer sich dazu ge- 
sellt. Aber es ist für die Auffassung der ältesten latinischen Mytho- 
logie wichtig sich es deutlich zu machen, wie in ganz anderer Weise 
dem Mars der März angehört als der Juni der Juno oder gar 
der April der Aphrodite. 



DIE ITALISCHEN MONATE. 223 

Yon kalendarischen oder Jahrzeiteigenschaften, nur ein 
einziger aber unzweifelhaft von einer Gottheit, der Monat 
des Mars, welcher Gott hier, ohne Genossen und an der 
Spitze des latinischen, wahrscheinlich auch des sabellischen 
Kalenders , bestimmter als irgendwo sonst auftritt als der 
eigentliche latinisch-sabellische, das heifst italische Stamm- 
und Nationalgott. 



II. 

DIE GRIECHISCHE TRIETERIS. 

(Zu S. 12.) 

Böckh hat kürzlich i) die Oktaeteris für den ältesten lu- 
nisolaren Cyclus der Griechen und die nach den Berichten 
der Alten derselben voraufgegangene Trieteris und Tetrae- 
teris für fabelhaft erklärt. Ich kann hierin nicht beistimmen 
und so ungern ich ein mir fremdes Gebiet betrete, ist diese 
Frage doch für den ältesten römischen Schaltcydus zu 
wichtig, als dafs sie hier mit Stillschweigen übergangen 
werden könnte. Die Angaben so kundiger und klarer Ma- 
thematiker, wie Geminos^) und Censorinus^), lauten be- 
stimmt und sehen gar nicht aus wie grammatische Auto- 
schediasmen. Dafs Herodot eine Monatschaltung Jahr um 
Jahr behauptet*) und nach einem zweijährigen Cyclus von 
abwechselnd 12 und 13 dreifsigtägigen Monaten gerechnet 
hat^), ist Thatsache; ohne Zweifel ist die Rechnung feh- 
lerhaft und hat eine so abenteuerliche Periode nie existirt, 



1) Zur Geschiebte der Mondcycleo S. 10. 63%. 

2) Itag. 6. Vgl. dazu Ideler 1, 273. 

3) c. 18. 

4) 2, 4. Das kann nicht dadurch erklärt werden, dafs die Oktae- 
teris dyadische Einschaltungen neben triadischen enthält. 

5) 1, 32. 



DIE GRIECHISCHE TRIBTERIS. 225 

aber der Fehler ist begreiflich, wenn es wirklich ein Schalt- 
system gab, in welchem 30- und 29tagige Monate regel- 
mäfsig wechselten und auch die letzteren insofern für 30- 
tägige gelten konnten, als der fehlende Tag gleichsam wie 
ausgeschaltet (ij//£^a e^mqaoifxoQ) erschien und der 
letzte Tag auch des 29 tagigen Monats dennoch 'sqiay.ag 
hiefs<^), unbegreiflich aber, wenn zu Herodots Zeit eine 
auch nur einigermafsen geordnete Oktaeteris allgemein be- 
stand. Aber zwingender noch als die gewichtigsten Auto- 
ritäten erscheint mir die in der Sache liegende Nothwen- 
digkeit. 

Jeder lunisolare Cyclus ist aufgebaut auf bestimmte An- 
setzungen des Mond- und des Sonnenlaufes; kennt man 
die ältesten derartigen Setzungen, so kennt man damit auch 
den ältesten Cyclus. Diese Setzungen nun aber sind be- 
kannt: des Mondlaufes zu 29^ Tagen, des Sonnenlaufes zu 
12^ Mondumläufen; und aus ihnen entwickelt sich mit 
innerer Nothwendigkeit nicht blofs der Wechsel 30- und 
29tägiger Monate und 12- und 13 monatlicher Jahre ,^ wie 
beides Geminos fordert^), sondern auch die oben (S. 12) 



6) Hesiod. opp. 814. 

7) c. 6 p. 31 Pet.: oi x«r« noXiv fi^vsg {?nenses civiles) ivuk- 
A«| ayovTai nkriQeig xal xoTXoi. p. 34; ot ^Iv ovv uQ/aiOL Tovg 
fu^vccg T()iaxovx)^r]fx^Qovg tjyov (nämlich, wie die vorhergehende 
SteUe zeigt, in dem weiteren Sinne, wonach »«eh die falsche Triakas 
eine Triakasist), Tovg d'k i/ußoX^fÄOvg naQ IvtavTov (d. h. Jahr 
um Jahr) * t«/^w? 6k inb Tbiv (faivofjLivtay iXey/of^^vrjg rijg aXri- 

rf^iCag ICriTovp neqCoöov u. s. w. Man wird danach in der 

Tetraeteris auch die Reihenfolge der Monate durchzuführen haben, 
so dafs, wenn das erste Jahr des Cyclus als gemeines, der erste 
Monat als voller gesetzt wird, das erste gemeine und das erste 
Schaltjahr mit vollen, das zweite gemeine und das zweite Schaltjahr 
mit bohlen Monaten begannen und der Cyclus mit einem hohlen Mo- 
nat schlofs. 

Mommsen, Chronologie. 2. Anfl. 15 



226 DIE GRIECHISCHE TRIBTERI8. 

aufgestellte nicht zwei-, sondern vierjährige Construction 
des Cyclus, indem jenem Altemationsprincip zufolge auch 
der Schaltmonat abwechselnd voll und hohl gesetzt werden 
mufste, also erst nach vier Jahren der Kreislauf sich wie- 
derholte. Dafs der Cyclus nichts desto weniger im gemei- 
nen Leben eine Trieteris hiefs, ist begreiflich; man dachte 
nur an den Wechsel der Schalt- und gemeinen Jahre, nicht 
an den verhältnifsmäfsig unbedeutenden der 384- und 383- 
gigen Schaltjahre — ganz ebenso pflegen wir unsem 
Schaltcydus uns als vierjährigen vorzustellen, obgleich er 
ein vierhundertjähriger ist. Aber wahrscheinUch haben 
später genauere Rechner gefordert, dafs man den Cyclus 
vielmehr eine Tetraeteris nenne; so dürfte sich erklären, 
wie Censorin dazu kam diese als Mittelstufe zwischen die 
Trieteris und die Oktaeteris einzuschieben, obwohl er es 
verkannte, dafs seine Tetraeteris nichts war als die mathe- 
matisch genaue Bezeichnung der Trieteris und daher — 
auf jeden Fall unrichtig — den solaren eudoxisch -juliani- 
schen Cyclus hier in die Reihe der Mondcyclen eintrug. 
Auch möchte wohl, wer die Oktaeteris für den ältesten grie- 
chischen Cyclus erklärt, die älteste römische ebenso ent- 
schieden von der Oktaeteris unabhängige als von dem grie- 
chischen Kalender überiiaupt abhängige Kalenderordnung 
kaum befriedigend zu erklären im Stande sein. 

Man hat hiegegen eingewandt, dafs eine solche Triete- 
ris sich von der Sonne allzu rasch entfernt haben würde, 
um jemals praktisch haben bestehen zu können. Es liefse 
sich füglich erwiedem, dafs der Verstand seine Grenzen 
hat, aber der Unverstand nicht; was in dieser Hinsicht 
im Alterthum möglich war, zeigt die Geschichte des rö- 
mischen Kalenders. Jedoch ist vielmehr zuzugeben, weil es 
aus der sonstigen Geschichte des Kalenderwesens klar her- 



DIE GRIECHISCHE TRIETERIS. 227 

vorgeht, dafs die ältesten Ordner der Trieteris nicht das Son- 
nenjahr von 368 1 Tagen für das naturgemäfse gehalten 
haben und nicht haben glauben können mit einer solchen 
Setzung auszureichen. Aber es darfauch aus der cyclischen 
Setzung nicht auf die astronomische Bestimmung geschlos- 
senwerden — lehrt doch das julianische, ja selbstdas heutige 
Jahr, dafs die praktische cyclische Jahrlänge stets der 
astronomisch erkannten nur unvollkommen folgt und künf- 
tigen aufserordentUchen Aus- und Einschaltungen einen all- 
mählich sich verringernden, aber nie ganz verschwinden- 
den Spielraum freiwillig läfst. Die alten Kalenderordner 
mochten das Sonnenjahr von 365, ja von 365^ Tagen recht 
wohl kennen; aber sie suchten weniger nach einer möglichst 
genauen als nach einer möglichst bequem zu handhabenden 
Setzung und verliefsen sich für die Correction derselben 
auf die auf serordentliche und, zumal anfönglich, wo die 
Einrichtung noch nicht vom Alter geheiligt war, keinem 
anstöfsige Ausschaltung. Wenn man in diesem Sinne die 
Trieteris nicht als Periode gelten lassen will, wie dies Ge- 
minos thut, so mag es sein, obwohl es nicht logisch ist die 
Anfänge der Wissenschaft von der Wissenschaft selber zu 
scheiden; aber eine nicht wissenschaftlich geordnete Oktae- 
teris sollte man sie nicht nennen, da die cyclische Setzung 
eben nur so weit reicht als die wissenschaftliche Ordnung 
und sowohl an sich als bei der Uebertragung auf andere 
Nationen der Cyclus nicht mit den hinzutretenden verstän- 
digen oder unverständigen Anomalien, sondern lediglich 
mit seinen normalen Bestimmungen in Betracht kommt. 



15' 



DIE RÖMISCHE WOCHE UND DIE DIES FASTI. 

(Zu S. 13). 

Es giebt keine andere rationelle Erklärung für die 
Woche als die aus dein Mondviertel. Die Beobachtung 
der vier Mondphasen ist so alt wie das Menschengeschlecht, 
Monat und Woche ohne Zweifel die allerälteste geordnete 
Zeitbestimmung unserer fernsten Ahnen, wie dies der rö- 
mische und selbst noch der heutige Kalender beweist, in 
denen beiden die Woche ein incongruentes gleichsam nur 
zur Erinnerung fortgeführtes Element ist. So lange die 
Zeitrechnung durch unmittelbare Beobachtung der wach- 
senden und schwindenden Scheibe bestimmt wm*de, 
mufste die Mondviertelfrist, da sie selbstverständlich immer 
in ganzen Tagen angesetzt ward, zwischen sieben und 
acht Tagen ungleich alterniren, indem der synodische Mo- 
nat 29 T. 12 St. 44', das Mondviertel ungefähr 7f Tage 
hält, so dafs das Mondjahr von 354 Tagen auf dreifsig 7- 
tägige und achtzehn Stägige Wochen auskommt. Hier- 
aus erklären sich die verschiedenartigen Ansetzungen, mö- 
gen sie nun historisch mit einander zusammenhängen oder 
aus gleichen Ursachen sich gleichmäfsig entwickelt haben. 
Der Orient kenntT^ekanntlich seit ältester Zeit die sieben- 
tägige Woche, ohne dafs meines Wissens eine Spur der 
achttägigen dort bewahrt wäre. In Griechenland ist die 



DIE BÖMISGHE WOCHE. 229 

ganze Institution wie die meisten des höchsten Alterthums 
vollständig verschollen, wenn man nicht etwa in der Pe- 
riode der Oktaeteris eine Jahrwoche erkennen will. Am al- 
t^hümlichsten und interessantesten tritt die Woche in Ita- 
lien auf. Die latinische Woche > ) ist achttägig und fuhrt da- 
von, nach dem römischen Gebrauch bei intervaUirten Rei- 
hen von Anfangs- zu Anfangsfrist beide eingeschlossen zu 
zählen , den Namen des Neuntags {nundifmm) ; allein hier 
hat sich doch eine Spur des alten Schwankens erhalten in 
der uralten Satzung, dafs der Name den Mädchen am ach- 
ten, den Knaben am neunten Tage nach der Geburt^ ge- 
schöpft werden müsse 2), das heifst dort nach Ablauf dor 
ersten siebentägigen, hier nach Ablauf der ersten achttägi- 
gen Lebenswoche. Ferner sind hier allein Spuren übrig 
geblieben von der uralten durch die ausgebildetere Zeit- 
messung sonst überall völlig beseitigten Eintheilung des 
Monats in Wochen. Denn dafs zwischen den Mondphasen 
und den Abschnittstagen des römischen Monats Beziehun- 
gen bestehen, leuchtet ein 3); um diese indefs deutlich zu 
erkennen, ist es erforderlich einzugehen auf die verwickelte, 
aber fruchtbare Untersuchung über die Gerichtstage des rö- 
mischen Gemeindekalenders. 



1) Es ist nicht der entfernteste Grund vorhanden die italische 
Woche für specifisch etruskisch zu erltlären. Vgl. S. 254 A. &1. 

2) Festus ep. v. lustncidies p. 120 Müller; Plutarch q. R. 102; 
Macrobius 1, 16, 36; Ulpian 15, 2. 16, la, wo man nonum diern nicht 
in fiominum dient ändern sollte ; denn der dies lustricus wird wohl 
bei Späteren nomincdia genannt, niemals aber nominum dies. In 
der Sache verwandt sind die feriae novendiales , das am neunten 
Tage nach der Bestattung auszurichtende Todtenmabl. 

3) Am bestimmtesten, wohl hat dies 0. Müller Etrask. 2, 324 
ausgesprochen. 



230 DIE DIES FA9TI. 

Von den römischen dies fasH, den ungebotenen bei der 
Wiederkehr des betreffenden Datums im Gemeindekalender 
mit rechtlicher Nothwendigkeit eintretenden Gerichtstagen 
die Reihenfolge auszumitteln scheint noch nicht versucht 
worden zu sein, obwohl die zahlreichen und sich gegensei- 
tig ergänzenden Steinkalender aus der Zeit des Augustus 
und Tiberius dazu genügendes Material darbieten und we- 
nigstens für die GerichtsMsten, vielleicht auch für die äl- 
teste Zeltmessung die Kenntnifs dieser Ansetzungen lehr- 
reich ist. Ich gebe im folgenden ein aus den verschiedenen 
Kalendern nach den zuverlässigsten mir zu Gebote stehen- 
den Abschriften oder Drucken ausgezogenes Yerzeichnirs, 
wobei aufser den allgemein bekannten und von Foggini 
und Orelli zusammengestellten noch ein aus Pighius Pa- 
pieren von Merkel*), ein tusculanisches von Canina ^) her- 
ausgegebenes und ein römisches wohl noch nicht gedruck- 
tes mir von Hrn. G. B. de' Rossi mitgetheiltes Fragment 
benutzt worden sind. Der fast vollständige Maffeische Ka- 
lender nach den wesentlich übereinstimmenden und ziem- 
lich gleich zuverlässigen Texten von Lafrerius ^) und von 
MerkeP) liegt zu Grunde; doch sind die Varianten aller 
für den betreffenden Tag erhaltenen Kalender vollständig 
hinzugefugt®). Die Halbgerichtstage sind durch die ihnen 



4) Zu Ovids Fasten p. XXXV. 

5) Tusculo p. 176. 

6) Stich in dessen speculum Romanae magrdficenUae. 

7) A. a. O. p. Xn sq. aus Pighius auch von mir eingesehener 
Handschrift. Die Genauigkeit des Abdrucks läfst nichts zu wün- 
schen übrig. 

8) Ausgeschlossen sind nur pHd. id. Oct = 14. OcL, der im 
Maff. Amit. Ross. £N^ aUcin in dem wenig zuverlässigen An- 
tiat. F bezeichnet ist; /// non. Nov, =» 3. Nov., der im Maff. bei 
Lafrerius F bezeichnet ist, während Pighius hier eine Lücke an- 



ftlE DIES FA8TI. 



231 



i^enthümlichen Siglen, die von Caesar dem Jahre und zu^elch den dies 
EK^tt zugesetzten Tage ^) durch einen vorgesetzten Stern kenntlich 
emacht 



Bftiyielie Datimng 


Hevtige 
Datirang 


AntoriUten 


AbwdohuigM 


k. lan. 


1. Jan. 


Maff. 




IV non. lan. 
non. lan. 

VIII idus lan. 
• IV k. Febr. 

IX k. Mart. 


2. Jan. 

5. Jan. 

6. Jan. 
29. Jan. 
21. Febr. 

2. März 

7. März 

8. März 


Maff. 

Maff. 

Maff. 

Maff. Praen. 

Maff. 


Im FAm. nnhAKfifAlinAt. 


Vi non. Mart. 
non. Mart» 


Maff. Praen. 

Maff. 


Im Praen^ 1int)eZ6icta]l6t. 


VUI idus Mart. 


Maff. Praen. 




XVn k. Apr. 
C^ B. C. F. IX k. Apr. 
k. Apr. 
rV non. Apr. 
IX k. Mai. 


16. März 
24. März 

1. Apr. 

2. Apr. 
23. Apr. 
26. Apr. 

I.Mal 


Maff. Farn. 

Maff. Praen. Vat. 

Praen. 

Praen. 

Praen. ... 


Im Maff. IP. 


• VI k. Mai. 
k. Mai. 


Maff. 
Venus. 




VI non. Mai. 


2. Mai 

7. Mai 

S.Mai 

16. Mai 


Venus. 

Venus 


Im Maff. N. 


VUI idus Mai. 
XVII k. lun. 


Maff. Venus. 
Maff. Venus. Tusc. 




Q. B. C. F. IX k. lun. 
IV non. lun. 
XVIII k. lul. 


24. Mai 
2. Juni 

14. Juni 

15. Juni 
29. Juni 

16. Juli 

5. Aug. 

6. Aug. 
14. Aug. 
19. Aug. 


Maff. Venus. Esq. 
Venus. 

TUBC. 


Im Venus. Maff. l O) N. 

Tm Anftaf W3. Im Vftvn. 


Q.ST.D.F. XVII k. lul. 
♦ in k. lul. 
XVn k. Aug. 
non. Aug. 
VIII idus Aug. 
XIX k. Sept. 
F. P. XIV k. Sept. 


Maff. Venus. 
Maff. Venus. Esq. 
Maff. Amit. Antiat. Tusc. 
Maff. Amit 


Maff. Amit. Farn. 

Maff. Amit. Antiat. Farn. 

Maff. Amit. 


unbezeichnet. 
ImFam. IP, imAntiat. F. 



giebt und Amit und Antiat. C beisetzen ; prid. non. Dec, =s 4. Dec, wo Amit. C, An- 
tiat. F, prid. id. Dee. =: 12. Dec, wo Maff. Praen. Amit. EN haben, Antiat wieder F. 
9) Macrob. sat. 1, 14, 12. 

10) Nach Lafrerius; Pighins hat ans Versehen den Nnndinalbachstaben £ wiedei^- 
holt, worans Merkel p. XXX EN macht. 



232 



•IE MBS FASTL 



i 



Rdmisehe Datirnng 



Heutige 
Datirang 



Autorit&ten 



AbweiclHiiigAli 






IV k. Sept. 
lU k. Sepi. 
k. Sept. 
non. Sept. 

VIII idus Sept. 
XVIII k. Oct. 

IX k. Oct. 

III k: Oct. 
VI non. Oct. 
non. Oct. 
VIII Idus Oct. 

XVII k. Nov. 
k. Nov. 

IV non. Nov. 
non. Nov. 
VIII idus Nov. 

XVIII k. Dec. 

III k. Dec. 
non. Dec. 
VIII idus Dec. 

XIX k. lan. 

IV k. lan. 
m k. lan. 



29. Aug. 

30. Aug. 

1. Sept. 
.5. Sept. 

6. Sept. 
14. Sept. 
23. Sept. 
29. Sept 

2. Oct. 

7. Oct. 

8. Oct. 
16. Oct. 

1. Nov. 

2. Nov. 

5. Nov. 

6. Nov. 
14. Nov. 
29. Nov. 

5. Dec. 

6. Dec. 
14. Dec. 

29. Dec. 

30. Dec. 



MaflF. Pigh 

Maff. Pigh. 

Amit 

Maff. Amit. Antiat. .... 
Maff. Amit. Antiat. Farn. 
Maff. Amit. Antiat. Farn. 

Pinc. RoBsian 

Maff. Pigh. Pinc. 

Maff. Amit. 

Maff. Amit. Antiat. 

Maff. Amit 

Maff.Amit. Antiat. Kossian. 

Amit. Antiat. 

Maff. Amit. Antiat. 

Amit. Antiat. 

Maff. Amit. Antiat. 

Maff. Amit. Antiat. 

Maff. 

Amit. Antiat. 

Amit. Antiat. 

Maff. Praen. Amit. Antiat. 

Maff. Praen. 

Maff. Praen. 



4 



In d. Abschr.d.Fam.anfl 

vorigenTag verschöbe« 

ImAntiat. u. Farn, unbea 

Im Farn, unbezeicbnet.' 



Im Maff. N», im Pigh. IbF* 
im Farn, verdorben G.hJ 



Im Antiat. C. 



Wir dürfen nach der Beschaflenheit unserer Quellen mit ziemlicher] 
Sicherheit behaupten die dies fasti der augusteischen Zeit in dieser Tafel 
vollständig vor uns zu haben. Wenn wir absehen theils von den erst' 
durch Caesar hinzugekommen, theils von sieben später zu besprechenden 
anomalen Tagen, so fugen die sämmtlichen übrigen sich dem folgendeiL 
Sdiemaein: 1 



J 



BIB DIES FASTI. 333 

ktU. postrid. kal. tum. postrid. non. ^postrid. id. 

Jao. F F F F (vitint^^) 



Febr. 


(Vit'*) 


(Vit) 


(Vit) 


(Vit) 


(Vit) 


März 


ifer.) 


F 


F 


F 


F 


April 


F 


F 


(Vit) 


ifer.) 


(Vit) 


Mai 


F 


F 


F 


F 


F 


JoDi 


(Vit) 


F 


(Vit) 


(Vit) 


F 


Juli 


(Vit) 


(Vit) 


(Vit) 


(Vit) 


F 



1 1) Der Tag ist im maffeischen und praenestinischen Kalender 
EiV bezeichoet, aber ia beiden mit der Beischrift: dies viUox. ex S, 
C. Die Bezeichnung die,s' intercisus ist nämlich insofern zweideutig, 
als dabei unbestimmt bleibt, ob der nefaste Theil des Tages viUosus 
oder foriatus , der nicht nefaste fastus im strengen Sinne oder co- 
mitial ist. Von den siebeu andern dies intercisi (10. Jan., 16. und 26. 
Febr., 13. März, 22. Aug., 14. Oct., 12. Dec.) scheint angenommen 
werden zu müssen, dafs sie halb feriati, halb comitial waren. Hin- 
sichtlich des 14. Jan. ist der erste Zweifel durch die Beischrift be- 
seitigt; es hindert nichts auch in Betreff des nicht nefasten Theils 
eine abweichende Behandlung dieses Tages anzunehmen und die Bei- 
schrift im praenestinischen Kalender (S. 235) scheint sogar darauf 
zu fähren. 

, 12) Ich ziehe es vor die Kalenderzeichen N und N^ aufzulösen 
jenes durch dies vitiosus (oder reb'giosus), dieses durch diesferiatus, 
um das zweideutige nefastus zu vermeiden und die durch jenes 
Differenzzeichen gesetzte Unterscheidung der Unglücks- und der Fest- 
tage verständlich wiederzugeben. Am besten bat über diesen Un- 
terschied Merkel zu Ovids Fasten p. XXXII fg. gebandelt, aber auch 
er hält noch fest an der ganz unbegründeten und höchst verwirren- 
den Auflösung des zweiten Zeichens durch n^astus parte; was 
schon darum nicht richtig sein kann^ weil für den 'halben Feiertag' 
neben dem dies intercisus kein Raum ist und weil dies Zeichen allen 
dies feriatif mit Ausnahme der F notirten Feralien, beigesetzt ist, 
man aber doch nicht glauben wird, dafs es in Rom keinen einzigen 
ganzen Feiertag gegeben hat. Wie die römischen Gelehrten der 
Kaiserzeit sich das Zeichen, in dem sie allerdings eine Bindung von 
N und P gefunden zu haben scheinen, gedeutet haben mögen, ist nicht 
klar.(s. Festus r. nep p. 165); höchst wahrscheinlich aber ist das 
Zeichen N* so wenig Biodung von N und P wie M/ van M und V, 
sondern es sind dies die uralten auf dem Oefafs Galassi erscheinead^n 



234 



DIE DIES FASTI. 



kal, postrid, hol, non. 

Aug. ifer.) (/er.**) F 

S«pt. F i/erM) F 

Oet (Vit) F F 

Nov. F F F 

Dee. (vü.) (Vit) F 



postrid, non. 
F 
F 
F 
F 
F 



postrid. id. 

F 
F 
F 
F 
F 



Aus diesem Schema, welches übrigens für julianische und 
voijulianische Datirung gleichmäfsig gilt > ^), gebt hervor, 



vier- and fünfstrichigen n und m , die hier in den Abkürzungen der 
Differenzimng wegen sich erhalten haben (vgl. meine unterital. Dial. 
S. 30). 

13) SoAmit.; N Farn.Antiat; C Maff. nach Pigh., aber Lafrerius 
bezeichnet eine Lücke. 

14) So Amit. Farn.; N Ant 

15) Caesars Gleichung, wie sie ans der Einschiebung bestimm- 
ter mit F bezeichneter Tage mit Nothwendigkeit hervorgeht and 
auch von Macrobias 1, 14, 11 bezeugt wird, stellt sich folgender- 

mafsen : 

April 

Julianisch 



vor Caesar 
14XVlIk.Mai.N 



14XVmk.Mai.N 



21 X 



25 VI 

26 V 

27 IV 

28 III 

29 prid. 



N 



21X1 



Tor Caesar 



25 vn 

26 VI 
C 27 V 

N' 28 IV 

C 29 lil 

C 30 prid. 

September 

jaliaBiacli 



TP 



F 

C 

C 
C. 



14XVnk.0ct.F 



14XVnik.0ct.F. 



28 m 



28 IV 

29 in 

29 prid. C 30 prid. 

Damit stimmt es, wenn Varro 6, 20 die vinaHa rusUcOy die unsere 



C 
F 
C. 



BIB DIB8 FA8TI. 235 

dafs in der augusteischen Zeit der Regel nach Gericht ge- 
halten ward an den Kaienden, Nonen und an den Tagen 
nach den Kaienden, Nonen und Idus eines jeden Monats; 
und vermuthlich lehrte dies auch Yerrius Flaccus im prae- 
nestinischen Kalender bei dem 1. Jan.: 

{ICaUndarum dies omnesfasti appe]llantur , quod iis Ucetfari apud 
[pr.f ut n^asti stmty qmbus certt\s verbis lege agi non potest, Idem 
[periinet ad dies qtä sunt pos]tridie omnis calendas, quod iis sind- 
[liter Ucetfari.] 

und bald nachher bei dem 14.: 

[Dies] 

viüosus ex s. [e. ad horam , deindefastus fit ob] 

eandem causam o[b quam post]ridie omnis calendas fasH sunt]. 

Was die Ausnahmen anlangt, so sind die Ursachen dersel- 
ben bei den Festtagen sämmtlich klar: der 1. März ist der 
Tag des Matronalienfestes, der 6. April der Jahrestag der 
Schlacht von Thapsus, der 1. August der der Ein- 
nahme von Alexandreia durch Augustus, der 2. August 
der der Gapitulation des Afranius und Petreius und der 
BesieguDg des Phamakes, der 2. Sept. der der Schlacht von 
Actium. Auch von den als vitiös ausgenommenen Tagen 
sind mehrere anderweitig als verrufen bekannt, so die Fe- 
bruartage als fallend in die Parentalien ^ ^), der 5. und 6. Juni 



Kti\endera,d.XIf^k,Sept setzen, nach der handschriftlichen, freilich 
jetzt herauscorrigirten , Lesung vielmehr a. d. XU k. Sept, datirt; 
beide Datimngen entsprechen , diese vorcaesarisch, jene jalianisch 
dem 19. August. Es ist das ein neuer und schlagender Beleg dafür, 
dafs die Schrift de Ungua latina vor der Kalenderreform verfafst 
ist Hiernach kann also der Charakterbucbstabe, der im julianisehen 
Kalender bei den auf die Iden folgenden Tagen steht, mit Sicherheit 
auf die Tage postridie idus des vorJulian ischen bezogen werden; 
denn die eingelegten Tage liegen alle beträchtlich weiter abwärts. 
16) Marquardt Handb. 4, 285 weist die Belege nach. Unzwei- 



236 DIE DIB8 FASTL 

als gehörig zu don an die Oeffhung des inneren Yestahei- 
ligthums sidi knüpfenden bösen Tagend 7). Für die augus- 
teische Zeit also sind diese Verhältnisse vollkommen deut- 
lich, und es ist auch keine Ursache zu bezweifehi, dafs in 
den Grundzügen die augusteische Gerichtstagsordnung die 
ältere republikanische wiedergiebt; doch lassen sich eine 
Reihe allmählich erfolgter Abänderungen noch erkennen. 
Eine Anzahl von Gerichtstagen ist im Laufe der Zeit in Feier- 
oder in vitiöse Tage umgewandelt worden. Dies ist nachweis- 
lich geschehen hinsichtlich des 30. Januar, den Caesar 709 
dem Kalender als dies fastus zugesetzt, Augustus aber 745 
zum Feiertag gemacht hat; hinsichtlich des 7. Mai, der im 
venusinischen Kalender fastus, in dem jüngeren ' ^) maffei- 
schen vitiös, und hinsichtlich des 14. Juni, der in dem ve- 
nusinischen und maffeischen Kalender vitiös, aber in dem 
ältesten vorhandenen, dem tusculanischen ' ^) noch fastm 



fclhaft sind die Parentalien die ersten 14 Februartage bis zu dem 
Reinigungsfest der Luperealien ; sie sind sämmtlich als dies vitiosi 
in den Kalendern bezeichnet mit der gleich zu rechtfertigenden 
Ausnahme der Iden (S. 238 A. 22). 

17) Macrob. 1, 14, 9. Kai, Maff, Praeti. h. d. Merkel a. a. 0. 
S, XVIII. 

18) Der yenusinische Kalender ist vor 752 geschrieben, also äl- 
ter als der maffeische; denn der 12. Mai, den der letztere wegen 
des in diesem Jahre gestifteten Marsfestes als Feiertag ansetzt, ist im 
venusinischen noch comitial. Auch ist er fast der einzige, der die 
Himmelsdaten auffuhrt (S. 74) ; wie denn auch die gleichzeitig ge- 
fundenen Consular- und Municipalfasten schon mit 726 schliefsen. 

19) Der tuscalanische Kalender bezeichnet nicht blo£s wie der 
venusinische den 12. Mai mit C (A. 18), sondern er giebt auch dem 
Gebjortstag Caesars 12. Juli, den der roaffeiscbe, amiterninisebe, an- 
tiatiscbe Kalender zum Festtag machen, dasselbe Zeichen. — Der 
Kalender von Antiom bezeichnet den 5. Aug. als Feiertag, was eben- 
falls auf eine inzwischen eingetretene Veränderung zurückgehen 



DIB DIES FASTI. 237 

ist. Es ist ferner bemerkeoswerth, dafs unter allen Feier- 
tagen, die in jene Gerichtstagreihen treffen, nicht ein ein- 
ziger älteste Bestandes ist; selbst das Matronalienfest ist 
erst ira J. 379 d. St eingesetzt worden, lieber die ?i- 
tiosen Tage sind wir minder genau unterrichtet und hier 
mag bei manchen der Aberglaube, der sich an sie knöpfte, 
wohl uralt sein; auf alle Fälle aber wird man mit gutem 
Grunde annehmen, dafs sämmtliche in jenen fünf Reihen 
stehende Fest- und wenigstens einzelne Ungluckstage neue- 
rer Entstehung vorher ebenfalls Gerichtstage gewesen sind 
und dafs die fünf Reihen der Gerichtstage ehemals bei wei- 
tem minder unterbrochen waren als unser augusteischer 
Kalender sie darstellt. Aber dasselbe Schicksal aus /a- 
sti nefasti zu werden hat vermuthlich noch eine sechste 
Reihe betroffen, die der Idustage, deren Fehlen jedem 
auffallen mufs und die höchst wahrscheinlich ebenfalls 
ehemals der Regel nach Gerichtstage gewesen sind. Be- 
kanntlich führte Augustus die Neuerung ein, dafs der 
Senat sich an gewissen stehenden Tagen versammeln und 
defswegen an diesen keine Gerichtssitzung stattfinden 
sollte. Nach Sueton waren diese Yersammlungstage die 
Kaienden und die Iden^o) und eine solche Ordnung 
liegt deutlich noch den in dem Kalender von 354 ver- 
zeichneten ordentlichen Senatssitzungen zu Grunde; aliein 



kann; doch ist er zu aacblässig und willkürlich redigirt, um sich 
anfihD in dieser Hinsicht zu verlassen. 

20) Oct 35. Dies meint auch Macrobius, wenn er 1 , 15, 21 die 
Kaienden und Iden zu den diesferiati zählt; sie sind, freilich nicht 
der Götter, sondern der Senatssitzungen wegen , mit W^ bezeichnet 
worden. — Die sorgfaltige Behandlung dieser verwickelten Frage 
bei Merkel a. a. 0. S. V fg. scheint dennoch nicht das Rechte ge- 
troffen zu haben. 



238 DIE DIES FASTI. 

es mufs dies von einem der späleren julischen oder flavi- 
sehen Kaiser auf die Kaienden erstreckt, von Augustus aber 
blofs hinsichtlich der Iden verordnet worden sein, da einer- 
seits nach Dio ^ <) Augustus den Senat nicht mehr als ein- 
mal im Monat von Rechtswegen zusammentreten liefs, an- 
drerseits unsere Kalender eine Anzahl Kaienden, noch als 
Gerichtstage auffuhren, dagegen sämmtliche Iden N^, d. h. 
als nicht vitiöse, jedoch den Gerichten nicht geöfihete Tage 
bezeichnen 2 2). — Wenn somit eine grofse Anzahl repu- 
blikanischer Gerichtstage aus dem augusteischen Kalender 
verschwunden sind, so sind umgekehrt wohl noch meh- 
rere hinzugekommen. Die augusteischen Kalender zeigen, 
dafs theils andere^^), theils namentlich sämmtliche Nach- 
tage der Kaienden, Nonen und Iden, nachdem sie in der re- 
publikanischen Zeit durch pontificisches Gutachten für 
vitiös erklärt worden waren^^), im Anfang der Kaiserzeit 



21) 55, 2, wo leider jetzt aus Sueton 6vo hineincorrigirt wor- 
den ist. 

22) Auch am den Iden des Juni hat der maflfeische Kalender sicher 
nicht N, wie Pighius, sondern ^P gehabt, wie Lafrerins angiebt. In 
einzelnen Monaten, besonders im Februar nnd im Juli, stehen die 
feriirten Idus einzeln inmitten einer Reihe von yitiösen Tagen und 
verrathen sich deotlich als Neuerung. 

23) Dafs der Tag der Aliiaschlacht 18. Juli in der republikani- 
schen Zeit nicht etwa blofs von übler Vorbedeutung schien, sondern 
geradezu im officiellen Kalender N notirt war, zeigen deutlich Gic. 
ad AU, 9, 5, 1 und Liv. 6, 1 (vgl. Varr. 6, 32); in unsern Kalendern 
aber steht er als comitial, obwohl das böse Omen ihm blieb. Merk- 
würdig ist es auch, dafs der Unglückstag 6. Oct., der Tag der 
Schlacht von Arausio 649 (Plutarch Luc, 27), zwar in den übrigen 
strenger redigirten Kalendern C , aber in dem antiatischen N ge- 
zeichnet ist. Vgl. überhaupt Merkel p. XXXIIT. 

24) Macrob. 1, 16, 21: pontifices statuüse postruUe omnes ka- 
lendcu nonas idus atros dies habendos ^ ut hi dies neque proeÜares 



DIE DIES FASTI. 239 

dem Geschäitsverkehr wiedergegeben worden sind. Wenn 
wir nun die sammtlichen Naehtage der Regel nach als Ge- 
richtstage finden, so müssen dieselben erst von Augustus, 
so weit nicht besondere Bedenken entgegenstanden, das 
Zeichen F'erhalten und im älteren Kalender vielmehr das 
Zeichen N gehabt haben. Danach wird man annehmen 
dürfen, dafs mit einzelnen durch besondere religiöse Rück- 
sichten yeranlafsten Ausnahmen die römischen Gerichts- 
tage der republikanischen Zeit die Kaienden, Nonen und 
Idus eines jeden Monats gewesen sind. 

Es bleiben noch die folgenden sieben anomalen dies 
fasH: 

21. Febr. — Ä.d. IX k. Mart. — Feraha, F bezeichnet. 

24. März — a. d. IX k. Apr. — quando rex comitiavity 

Worjul. JVin , /«'• 

23. April ). , a. d. )fY k. Mai. — FinaÜaurhana, Bald P, 

' J"^' ^ *^ bald NP bezeichnet. 

24. Mai — a. d. IX k. Inn. — quando rex comitiavity fas. 

Jvorjul. JXVI 

15.Jnni ). , a. d. } «rvTi 1^- 1^1* — qtumdo stercu* deUUum, 
Oul. fXVn /fl,(A.37). 

ivorjul. JXn 

. , a. d. Jytv ^- Sept. ^-FinaUarusiica, BaldF(a- 
J'"- ^^^ stus) Pirincipio), bald 

F, bald N> bez. 

23. Sept. J . j a. d. i j^ k. Oct. — mercattis. Bald F, bald PP 
'^ ' bezeichnet 

Einen gewissen Zusammenhang dieser Reihe mit dem in 
der römischen Monatseintheilung auffallender Weise man- 
gelnden vierten Wochenabschnitt zeigt schon der einfache 
Umstand, dafs diese Tage sämmtlich nach den Iden, mei- 



neque puri neque comiHales essent Gell. 5, 17. Varro 6, 29. Liv. 
6, 1. Fest. V, reHgiosi p. 278 cf. v, nonarum p. 179. Marqnardt 
Handb. 4, 64. Eine üble Vorbedentung knüpfte natürlich nach wie 
vor sich an die 'schwarzen Tage' {Oyi&fast 1, 57 u. A.). 



240 DIE DIES FASTI. 

steDS eine Woche vor dem Monatsschlufs eintreten. Es 
wird darum nothwendig zunächst zu zeigen, dafs dieser 
dem letzten Viertel entsprechende Abschnitt zwar im rö- 
mischen Kalender nicht bezeichnet ist, aber wohl im römi- 
schen Verkehr unter dem Namen nund^nae eine wichtige 
RoHe spielt. — Die römischen nundinae, wohl zu unter- 
scheiden von der achttägigen Woche oder dem nundinum^ ^), 
sind die Neuntage vor den nächsten Kaienden oder die 
Anfangstage der letzten achttägigen Woche des Monats, wie 
dies theils hervorgeht aus unmiltelbaren Beweisen ^ ^), theils 
aus der Zusammenstellung derNonen und derNundinen^ 7) 
als der Anfangstage der zweiten und der vierten vollen Mo- 
natswoche, von denen jene als Geburts-, diese als Gedächt- 
nifstage des Königs Servius TuUius begangen zu werden 
pflegten, theils aus der weitläuftigen Discussion der römi- 
schen Archäologen über den Charakterbuchstaben der 



25) Ntmdtnum üod nuridinae verhalten sich wie iiiduum und 
perendinus ; kein Römer der guten Zeit hat je gesagt comitia in 
trinas nwidinas indicere oder nundini cdebritas. Erst Ausländern 
und Späteren sind beide Wörter gleichbedeutend ; vgl. aufser den 
S. 253 A. 49 angeführten Stellen Plutarch Coriol. 19, Macrob. 1,13, 
\^, Nonius p. 214 M., Priscian 7, 9. 

26) Cic. ad Att. 4, 3, 4 in einer Art von Tagebuch: A. d. XII 

k. Dec, Milo — in campunt venit. A, d. XI in comitium Milo 

— venit. — A. d. X k., nundinae. Contio biduo nulla. A. d. FIII 
k. haec eg:o seribebam. Vgl. ad Att, 1,14, 1 : erat in eo ipso loco 
illo die nundinarum 7iavriyvqig^>>ie ein Tag aus der zweiten Hälfte 
des Januar bezeichnet wird. 

28) Macrob. 1, 16, 29 werden die Pontifices befragt, an nundi- 
narum Romanarum. nonarumque dies ferüs tenerentur. 1, 13, 18: 
populus Romanus diem nonarum natalem Ser. TuUii existimahat. 
1, 16, 33: — quia — plerique de plebe repetita Ser, TtilU memo- 
ria parentarent ei nundmis. Ferner in den Aufwandgesetzeo (S. 253 
A. 50). Man sagt auch postridie nundinas (Sueton Au^. 92) wie 
postridie kalendas. 



DIB MBS PASTI. 241 

tD. Es mmditiäe^^), weldie schon durch ihre Stellmig hinter 4er 
dieser Erörterong aber Kaienden, Nonen und lAexk die richtige 
m rö- B»iehuBg anzeigt, ror allem aber, auf die Anfangstage der 
röffli- achttigigen Woche bezogen, 'ganz sinnlos sein wärde, da 
diesen als Wandeltagen gar kein fester Charakterbuchstab 
zukommt. Eine Beziehung dieser Nundinen nun zu dem 
dies fasti ist schon durch ihren Paralldismus mit dm drei 
an^m Phasmtagen gegeb^i und es ist überdies ausdrück- 
lich bezeugt, dafs das hortensische Gesetz die Nundinen zu 
dies fasti gemacht habe^^); gewifs mit Recht dürfen wir 
also jene aus den Kalendern gefundene Reihe mit den Nun- 
dinae zusammenbringen. Das seltsame Schwank^i der 
Chara&terbuchstaben darin ist nur eine Bestätigung mehr, 
da ja eben über die Bezeichnung der nundinae die Meinun- 
gen im höchsten Grade getheilt waren und wir sie bei 
Schriftstellern zu den $comitialen, den fasH und den nefasti 
gerechnet finden. Indefs ist einleuchtend die Reihe nicht 
gleichartig und bedarf es für die einzelnen Tage und Be- 
zeichnungen besonderer Untersuchung, die freilich nicht 
auf alle, aber doch auf manche der hier sich aufdrängenden 
Fragen im Stande sein wird Antwort zu geben. 

Am klarsten stellt sich das Yerhältnifs der zwei Tage 
des 24. März und des 24. Mai, denen unzweifelhaft der 
Name a. d, IX. kaL oder nundinae zukommt und denen 
der Kalender die merkwürdige sicher noch unter den Köni- 
gen abgefafste Note beisetzt: quando rex comitiavit, fas. 
In der republikanisehen Zeit hatte der Opferkönig nach 
Verrichtung gewisser religiöser Handlungen sich auf dem 
Comitium einzufinden, worauf die Gerichtssitzung be- 



28) Macrob. 1, 16. 

29) Macrob. 1, 16, 30. 

Mommsen, Chronologie. S. Aufl. 16 



242 I)K 1ME8 FASII. 

gattn3<>). Aber die Worte ktonennur bedeuten, dafs di» 
Gericht beginnt, nacbdem der K6nig die Genieinde¥<^- 
samnlung geschlossen hat^ >): und ofifenbar ist, nachdefii 
der zu jeder Yerh«adlung mit der Gemeinde rechtUch un- 
föhige^ 2) Opferkönig an die Stelle des Königs gekommen 
war, sein Erseheinen auf dem Comitium an die Stelle der 
Berufung und SdiliefsuBg der Curiatcomitien getreten. 
Danach yersamroelte sich also die älteste römische Vo&s- 
gemeinde von Rechtswegen zu ungebot^em Ding zweimal 
im Jalnre, am 24. März und am 24. Mai. Von diesen rö- 
n^chen März- und Maifeldem haben auch noch andere 
Spuren sich erhalten. Zweimal im Jahre und nicht öfter 
war Gelegenheit vor den versammelten Curien ein Testa- 



30) Varr. 6, 31: Dies qui vocatur sie: ^quando rex comitiavit, 
fas^ dictus ab eo, quod eo die rex sacrifieiolus it (Hdschr. dicat) 
ad comitium f ad quod tempus est nqfas, ab eo fasy itaqne post id 
tempus lege actum saepe, Verr. Flaccus hol. Praen. 24. März: 
hunc diem pleriqtte perperam interpretantes putant appeUarli], 
quod eo die ex comitio fugerit [rex^ n]am neque Tarquinius ahiit 
ex comitio u[rbis] et aUo quoque mense eadem sunt [notata idem' 
que s]ignificanti qu[are potius Heere iudioi\a ßeri indioaliur ita, 
quando rex ad comitium ierii], Festns ep. p. 259: 'quando rex co- 
mitiavitf/as^ infastts notari solet et hoc videtur significare: quando 
rex sacrificulus divinis rebus perfeetis in comitium. vetiit. Die zer- 
störten und meist unsicher oder falsch ergänzten Stellen bei Festns 
p. 258. 278 (vgl. MeriLel zu Ovids Fasten p. XXXVII) ergeben, so 
wie sie verständlich sind, nichts IXeues, aufser dem Vertretungsrecht 
des Pontifex: [huius diei\ pars ante[rior nqfas habetur y donee rex 
Sacra facit]y posterior fasy [cum iis perfeetis in comitium venif\, Si 
qui» alius pro rege [iussu eius venit ut pon]tyex, tum is dies [item 
fastus fif\. 

31) Vgl. Varro 6, 91 : comitiatum populum Romanum vocet — 
praeco ; §. 93 : ad comitiatum vocatur populus. Denn se ist dort 
und hier zu lesen. 

32) Plutarch q, R. 63. 



ME DIES PASTI« 243 

m^it zu errichten 3 3); es ist begreiflkh, dafs die etwa 
sonst noch stattfindenden aufserord^tlicfaer Weise gela- 
denen Curiatcomitien sich nur mit denjenigen Gegenständen 
beschMtigten, für die sie berufen waren, und die Testa- 
mentserrichtung auf die beiden solennen Versammlungen 
beschränkt blieb. Die beiden in den Kalendern unter dem 
23. März und d^n 23. Mai als grofse Gemeindefeste ange- 
setzten Tubilustrien sind o£Penbar nichts als die religiöse 
Vorfeier der Landtage, die Reinigung und Weihung der 
bei d^ Eröffnung derselben zu blasenden Pfeife ^ ^). End- 
lich die uralte schon zur Zeit der Curiatcomitien beste- 
hende 3^) Sitte die Gemeinde in trinum nundinum, d. h. 
auf den 24sten Tag ^ <^) zu entbieten und zugleich die Ver- 
handlungsgegenstände bekannt zu machen wird einfach so 
zu erklären sein , dafs es üblich war an den Kaienden des 
März und des Mai bei der Abrufung des Monats die bevor- 
stehenden Landtage in Erinnerung zu bringen und dabd 



33) Gaius 2, 101. 

34) Des iubus {iuba) oder des lituus (vgl. Verrius Flaccas kal 
Praen, 23. März und Becker 1, 421 A. 841); denn mit diesem wurde 
der Landtage eröffnet (Varr. 5, 91; Becker-Marqnardt 2, 3, 89 A. 
339). Man verwechsele dies ErÖffnungssigpnal nicht mit der Ladung 
durch Heroldsruf. 

35) Becker-Marquardt 2, 3, 56 fg. 

36) Die gangbare Ansetzung des trinum ntmdimmi auf 17 Tage 
beruht lediglich darauf, dafs man verkehrter Weise sich gewöhnt 
bat unter nundinum nicht die Woche , sondern den Anfangstag der 
Woche zu verstehen. Vielmehr wird hier, wie bei triduum, trino- 
etium^ triennium, durchaus nach aUgemeiueD Regeln zu entscheideB 
sehi, ob die letzte Frist anfangend oder voll gedacht ist; das Letz- 
tere ist Regel und zum Beispiel sicher im Edict de Bacch, v. 22 : 
haiceuteiin oovenHmiid exdeicatis (nämlich durch öffentlichen An- 
sehlag) ne minut trinum noundmum. Vgl. die bantiniscbe Tafel 
Z. 31 : [tr]tnum nondin[um\, 

16* 



244 ME I^IES PA8T1. 

zugleich die zur Berathung stehenden Gegenstände anzu- 
zdgen. — An zweien Nundinen also, den beiden feierlichen 
Landtagen war eine Gerichtssitzung wo nicht gesetzlich 
vorgeschrieben, doch gestattet und üblich; denn freilich 
liegt es nicht in den Worten, dafs der König nach dem 
SchhiTs des Landtags Gericht halten muTste, sondern nur, 
dafs er nach demselben Gericht halten konnte, so dafs 
der Tag also am näcbstenilem dies intercisus verwandt ist, 
mit dem er auch bei Yarro zusammengestellt wird ^ '). Da- 
gegen sind die Nundinen des Februar, das allgemeine Ge- 
dächtnifs- und Todtenfest ^ ^), als dies fastus unzweifelhaft 
und als solcher im Kalender bezeichnet. — Von einem 
Theil der übrigen Tage a. d. IX, k> dürften die Nundinen 
versdioben sein. Es fallen nämlich die Tage a. d. IX, k. 
des vorjuliauischen Kalenders im April zwischen die Parilien 
und die Yinalien, im JuU zwischen die Neptunalien und die 
Furrinalien, im August zwischen die Consualien und die 
Yolcanalien, im December zwischen die Angeronahen und 
die Laralien. Nun aber war es ein durch den ganzen 
ältesten römischen Festkalender beinahe ohne Ausnahme 
durchgeführtes Princip niemals zwei bürgerliche oder re- 
ligiöse Yersammlungen der Gemeinde unmittelbar auf ein- 
ander folgen zu lassen, offenbar um den Bauer nicht länger 
als vom Morgen zum Abend von seinem Hof entfernt zu 
halten; und es lag somit nahe die Markttage mit dem vor- 



37) Yarro 6,31. Ygl. S. 233 A. 11. Dasselbe gilt noch siclierer 
von dem 15. Juni: quando stereus dtlatum^fas, das beifst wo nach 
der Reinigung des Vestatempels der Gerichtssitzung nichts mehr im 
Wege stand. 

38) Ohne Zweifel knüpft hier der Gebrauch an nicht blofs an die- 
sen, sondern an allen Nundinen das Gedächtnifisfest des Servius 
zu begehen. 



Die DIE« FAST!. 245 

begehenden oder dem fdgendea Festtag zusammenzu- 
legen. Dies ist nachweislich im April geschehen, wo in 
einigen Kalendern die Yinalia urbana F bezeichnet sind, 
etwa auch im August, indem man vielleicht anstatt der we- 
nig besuchten Consualien oder Yolcanalien den Gerichtstag 
anf die lebhafteren Yinalia rustica verlegte; dasselbe kann 
vom Juli und December gelten, da bei dem Schwanken der 
Nundinaltage zwischen den Gharakterbuchstaben N^ und F 
es leicht zufallig sein kann, dafs bei den oben bezeichneten 
Festtagen dieser Monate in unseren Fragmenten noch kein 
F sich gefunden hat. — Aus einem ähnlichen Grunde 
mochte im September der Nundinalgerichtstag vom 22. 
auf den 23. als den letzten Tag der grofsen viertägigen 
Messe verlegt worden sein; man konnte guten Grund ha- 
ben diesen Gerichtstag erst dann eintreten zu lassen, wenn 
die Marktgeschäfte sich ziemlich abgewickelt hatten. Dieses 
theilweise Abkommen der nundinae von dem achtletzten 
Monatstag mag wohl Yeranlassung gewesen sein sie nicht 
gleich den anderen drei regelrechten Monatsabschnitten in 
den Gemeindekalender aufzunehmen. — Dafs in den vier 
noch übrigen Monaten Nundinae ebenfalls stattfanden, ist 
kein Grund vorhanden zu bezweifeln und für den Novem- 
ber bis auf den Tag, für den Januar im Allgemeinen durch 
Cicero (A. 26) bezeugt; die betreffenden Tage a. d. IX. 
(jul. XL) k. Febr. = 22. Jan. , a. d, IX. Q\A. X.) k. lul 
== 22. Juni, a. d. IX. k. Nov. = 24. Oct., a. d. IX. (jul. 
XI.) k. lan. :;= 22. Dec. sind in unseren Kalendern einfach 
als comitiale bezeichnet. — Nehmen wir nun die Frage 
wieder auf, wie die Nundinae rechtlich charakterisirt ge- 
wesen seien, so waren sie eigentliche feriae, gottesdienst- 
liche Gemeindefeiertage sicher nicht, sondern, mit Yarro 
zu reden, *der Menschen, nicht der Götter wegen eingesetzt' 



246 DIE DIES FASTI. 

eben wie die Kairaden, Ndnen und Mos ^ 9). Dafg es ur- 
sprünglich gestaitet, ja an einigen von ihnen geboten war 
die Gemeinde zu berufen, ist eben gezeigt worden; zu die- 
sem comitialen Grundeharakter pai^t es, dafs an den bei- 
den hauptsächiidien Yersammlungstagen das Gericht allem 
Anschein nach nur zulässig, nicht rechtlich noth wendig 
war und dafs vier andere Nundinaltage in unsern Kalendern 



39) Die Pontifices bescbiedeo In diesem Sinne den Augur Bles- 
salla nundinas sibi/erüu non vülenund Titus (Cincius?) zählte in 
seiner Schrift de ferüs die Nundinae nicht unter denfertae, sondern 
blofs unter den dies soUemnes aur(Macrob. 1, 16, 28). In diesem 
Sinne sind auch unsere Kalender redigirt. Freilich sagen Andere 
das Gegentheil oder scheinen es zu sagen, so Varro (bei Servius zu 
Virgil Georg. 1,275): antiquos mmdina* feriatis dtebus agiere in- 
stituissef quo facilius commercü causa ad urbetn rusUci commea- 
rent, und, offenbar ebendaher, Festus p. 173 Müll.: nundinas feria- 
tum dietn esse voluerunt antiquiy ut rustici convenirent mercandi 
vetidendique causa eumque n^astuntj ne, [si\ Uceret eumpopulo agi, 
interpeUareniur nundinatores und ep. p. 86: (Jeriae) aUae erant 
sine die Jesto ut nundinae; ferner Cornelius Labeo /. I, fastorum 
(bei Macrob. 1, 16, 29 vgl. 5) nundinis ferias esse und Granius 
Licinianus /. //. (bei Macrob. 1, 16, 30): nundinis lovis ferias esse^ 
si quidetn flofninica omnibus nundinis in regia iovi arietem soleat 
immolare. Dergleichen gottesdienslliche Handlungen, die zum Bei- 
spiel an den Nonen ganz ähnlich vorkommen (Becker-Marquardt 2, 
3, 61 A. 206), genügen natürlich nicht um den Tag in die Reihe der 
eigentlichen religiösen Gemeindefeste {feriae pubUcae) zu ver- 
setzen; die älteren Gewährsmänner, namentlich Varro, wollten 
auch wohl nicht sagen , dafs die nundinae als solche feriae seien, 
sondern, was ganz richtig ist, dafs man sie, der Bequemlichkeit des 
Publicoms wegen, möglichst auf </te« /sruih' gelegt habe. Dies hat 
Festus mifsverstanden und, weiter getäuscht durch die im Allge- 
meinen richtige, aber eben hinsichtlich der Feralien eine Ausnahme 
eidende Regel, dafs dies feriatus und dies nqfastus (im engeren 
Sinn ) gleichbedeutend seien, den nicht blofs den Kalendern, sondern 
allen übrigen Autoritäten widerstreitenden Satz aufgestellt, dafs 
die nundinae dies nqfasH seien. 



ME DIES FASTI. 247 

G bezeichnet sind, ja ein Beispiel einer an den Nundinae 
des Januar gebalt^en YolksTersammlung ?orkonimt^<>). 
Danach kann das hortensiscbe Ges^z vom J. 467 nicht 
den Nondinae überhaupt den Cbarakterbudistaben F hei- 
gdegt und nicht unbedingt die Comitien an denselben un- 
t^^sagt^ 1), sondern höchstens die nundinae in irgend ei- 
ner bestimmten Bezdchnung zu dies fasti umgestempelt 
haben. Nun beobachten wir aber eine derartige Bezeich- 
nung der Nundinaltage nur bei denjenigen von ihn^[i, die 
zugleich, sei es durch den Namen wie die Feralien, sei es 
durch die schwankende Bezeichnung F oder N^, sich als 
Gemeindefeiertage ankündigen; und es ist auch ein dies 
feriatus, der zugleich fastus ist, eine solche Anomalie, dal^ 
man an sich schon geneigt sein muTs dies auf ein positives 
Gesetz zurückzuführen. Höchst wahrscheinlich also hat 
das hortensiscbe Gesetz vielmehr den Grundsatz aufgestellt, 
dafs alle durch religiöse Rücksichten dem Gerichtsverkehr 
entzogenen Nundinaltage Gerichtstage sein sollten. Hier- 
aus läfst ^ich auch erklären, wefshalb man bei den Feralien 
nicht, wohl aber bei den beiden Vinalien und dem letzten 
Mefstag in der Bezeichnung mit F geschwankt hat; denn 



40) Cie.adAtt. 1, 14, 1. 

41) Granius Licinianus a. a. 0.: lege Hortetisia effectutn, ut 
(nundinae) fastae essent, uU rustici qui nundinandi causa in urbem 
veniehant Utes componerent. Julius Caesar /. XFI. auspiciorum 
(bei Macrob. 1, 16, 29): nundinis contionem advocari {non) posse, 
id est cum poptdo agi ideoque nundinis Romanorum haberi comiOa 
non posse. Plinius h, n. 18, 3, 13: nundinis urbem revisitabant ei 
ideo comitia nundinis haberi non licebat, ne plebs rustica avocttrc' 
tur, Festus p. 173 Mull. (s. o. A. 39). Diese Stellen sind nicbt 
gerade falsch, aber zu allgemein, indem sie das, was für einen Tbeil 
der nundinae rechtlich festgesetzt, für einen andern üblich war, als 
aUgemeinen Rechtscharakter hinstellen. 



248 DIB DIES FAST4. 

bei Jenea fielen die imndmae wirklich a. d. IX. k., hier 
aber waren sie verschoben und mochte es nach dem Wort- 
laut des hortensischen Gesetzes zweifelhaft sein, ob dassdbe 
auch auf diese nur uneigentlich nunddnae genannten Tage 
Anwendung leide. — Auf alle Fälle scheinen die Nundinae, 
moditen sie nun in den Kalendern C, F oder N^ bezeichnet 
sein, praktisch Gerichtstage gewesen ^^) und auch durch 
das hortensische Gesetz dieser Gebrauch wohl erweitert 
und befestigt, aber keineswegs zuerst begründet worden 
zu sein. Bekanntlich wird den zwölf Tafeln zufolge der 
Schuldner nach der Addiction noch 60 Tage in Haft ge- 
halten und inzwischen trtnis 7iundini8 continuis vor den 
Praetor geführt; tertiis nundinis, hiefs es dann, partis se- 
conto ^^), Es ist sprachlich und sachlich nicht wohl 
möglich hier das nundinum zu verstehen, da die Vorfüh- 
rung vernünftigerweise nicht auf Wochen, sondern auf 
bestimmte Tage anzuberaumen war und auch der Praetor 
und das Publicum ja gar nicht von nundinum zu nundi- 
num auf dem Markt sich versammelte. Wenn dagegen 
die nundinae gemeint sind, so wird einerseits die Mafs- 
regel zweckmäfsig, da sie ja die Lösung durch Bürgerhülfe 
herbeiführen sollte und daher die Vorführung verständig 
auf die allgemeinen Bürgerversammlungen verlegt ward; 
andrerseits entwickelt sich daraus von selber die sechzig- 



42) Trebatius /. /. reUgionum (bei Maorob. 1, 16, 28): nundinü 
magistratum posse manu mittere uidiciaque addicere, Uebrigens 
scheint die Gerichtsbarkeit überhaupt nur an den dies vitiosi, dage- 
gen an den dies feriati nur die contentiöse geruht zu haben und 
zum Beispiel eine Freilassung auch an den letzteren statthaft ge- 
wesen zu sein (Feslus v. nep p. 165 MüllJ, offenbar weil/cm» vim 
cmquamfieripiaculare est (Macrob. 1, 15, 21.) 

43) Gell. 20, 1, 46. 



DiB MES PASTI. M9 

Ulgige oier viehiH^ zwehnonatiiehe Frist alis dk denUMr 
k&rzeste zwiseh^i Addiction und EKecotion, immer vor- 
ansgeseizt, dafs die Nundinakage auch Gerichtstage waren. 
D^im wenn jene am 24. März statlgefunden hatte, so 
konnten die drei Vorführungen an diesem Tage, am 23. Aprii 
und am 24. Mai erfolgen und das Urtheii also nach zwei 
Monaten die Rechtskraft beschreiten. Man wird also auch 
hierin eine Bestätigung dafür finden dürfen, dafs der Kö- 
nig und d&r Consul seit ältester Zeit an den Nundinaltagen 
auf dem Markt Gericht zu halten gewohnt war. 

Wenden wir, nachdem also das Thatsächliche festge- 
stellt ist, uns zurück zu der Erörterung, um deren willen 
diese Untersuchung angestellt ward, so tritt der praktische 
Gebrauch der uralten Wochentheilung des Monats jetzt in 
das gehörige Licht. Die römische und ohne Zweifel jede 
latinische Gemeinde war seit ältester Zeit, schon als man 
dieselbe noch blofs nach dem Moüdmonat und dessen 
Yierteln mals , gewohnt an den vier Phasentagen des Mo- 
nats od^ den Anfangstagen der 7 — Stägigen bürgerlichen 
Woche sich zu yersammeln. Die Ansetzung der Yersamm- 
loBgstage, das heifst der Wochenläflge mag man etwa in 
der Art sidi d^ken, dafs, wenn der König die Phase wahr- 
nahm, er sie abrief und damit die Gemeinde von selber auf 
den nächsten Tag entboten war. Vielleicht schon früher, 
jedenfalls mit der Einführung des pythagoreischen Kalen- 
ders trat an die Stelle dieses schwankenden ein zwar un- 
gleicher, aber ein für allemal fest bestimmter und getheil- 
ter von dem Mond und dessen Phasen nicht zunächst ab- 
hängiger Monat; er zerfiel wie bisher in vier Wochen, 
allein die erste zählte jetzt im 31tagigen Monat sechs, in 
allen übrigen vier, die dritte in der Regel neun, nur im 
28tägigen Februar acht und im 27tägigen Schaltmonat sie- 



2M U£ MBB FAS«. 

beDy die zwetee und, von au&^ordentüo^D Yerlegiuigeii 
abgesehen, auch die vierte durchgängig acht Tage^^^ — 
seltsame und deutlich mit der PariUtAtsscheu zusammen- 
hängende (S. 13) Setzungen, aus denen aber sidi erklärt, 
warum in der Regel nur einmal im Monat die Wodienlänge 
abgekündigt ward (S. 16) und wie der zweite und der vierte 
Phasentag zu dem Name 'Neuntage' (das ist nonae, notm^- 
nae, novendinae) gekommen sind. Die Yersammlungstage 
waren damit von selber gegeben und eine Anfrage bei den 
kalenderkundigen Pontifices konnte nur vorkommen theUs 
hinsichtlich der nur nach Einsicht des Kalenders bestimm- 
baren Gerichtstage der künftigen Monate, theils insofern, 
als einzelne Gerichtstage wohl schon früh zu Festtagen 
(nefasH) wurden und damit ausfielen. — Indefs war der 
Zweck dieser vier Versammlungstage nicht durchaus der 
gleiche. Die Kaienden und Idus waren wesentlich Gerichts- 
tage; dafs das Gerichthalten als das hauptsächliche Amt 
des Königs und die Neu- und Yollmondgerichte als die or- 
dentlichen angesehen wurden, ist vermuthlich in der Vor- 
schrift enthalten, die den Antritt des Oberi)eamten an die 
Kaienden oder Idus band (S. 91 A. 131). An den Nonen 
versammelte sich die Gemeinde ursprünglich, um den Kö- 
nig die in den Monat fallenden Gemeindefeste abkündigen 
zu hören; womit es offenbar zusammenhängt, dafs kein 



44) Man kann dies auch so ausdrücken , dafs die Kaienden stets 
a, d. FII oder a, d. V nonas, die Iden in der Regel a. d, XFTII, zu- 
weilen XFII oder XFI kalendas, die Nonen n. d. IX idus ^ die 
Nondinen a. d, IX kalendas fallen, wobei Anfangps- und Endtemta 
durehgängpig beide mitgezählt sind. In Caesars Kalender wurde 
die Wochentheilung noch ungleicher, indem die von ihm 30- und 
31tägig gemachten Monate, wenn die Nnndinen regulär fielen, dritte 
Weeben von 10 bis 11 Tagen bekamen. 



ME MCS FASTI. 251 

ekiäges Gemeüiddest lUestefi Bestandes in die Tage zwi- 
sdien Raleackii ium] Nonen fallt ^ 9). Auf die Nundin^ des 
Ukrz^ das heilst aof die Frühüngsnachtgldche, und auf die 
des Mai fielen die beiden grofsen (vemekidev^^animlaDgen; 
9ber auoh an den Nundinen der übrigen Monate versam- 
mdte man sieh in der Hauptstadt zur Erledigung der Y^- 
kehrsgeschäfte, was zur Folge hatte, dafs sic^ an den Nah- 
men der ntmdinae früh die Vorstellung des Marktes knüpfte. 
Spätere, wenn auch theiiweise vielleicht schon in unvor- 
d^tlich früher Zeit eingetretene Erweiterungen, wie sie 
theils die zunehm^de Menge der Prozesse, theils die Um- 
wandlung einzelner Gert<dits- und Festtage hervorrief, smd 
die Aufnahme der Nonen und der sämmtlichen Nundinen 
unter die gesetzlich oder factisch ständigen Gerichtstage. 
Die Aenderungen der Verfassung griffen in diese Verhält- 
nisse nicht wesentlich ein; die beiden feierlichen Königs- 
dinge verwandelten sich zwar in leere Ceremonialhandlun- 
gen des Opferkönigs und nicht viel wesenhaftere Curiatco- 
mitien unter Vorsitz des Pontifex, aber hinsichtlich der 
Gerichtstage blieb es wesentlich bei der bisherigen Ord- 
nung. Nur dafür wurde auf gesetzlichem Wege gesorgt, 
dafs die dem Bauer bequeme Verbindung dee Monatmärkte 
mit Gerichtssilzungen nicht gestört werde durch unbe- 
queme Ausdehnung der Heiligung des Feiertags. — Aus 
der Gesaramtheit dieser Ordnungen erklärt sich endßch, 
warum bis auf das pinarische Gesetz von Jahre 2S2 die 



45) Varro 6, 13. 28. Festus p. 258 v. Q. R. C. F. Macrob. sat. 
1, 15^ 12. Servius zur Aeo. 8, 654. Man beachte, dafs die Popüfa- 
gien so wenig wie das Regifugium zu den Gemeindefesten im stren- 
gen Sinne des Wortes zählen. 



252 DIB »lES PASTI. 

Gerkhtsfrist durchaus eine dreifsigtagige war ^ «). Seb«t* 
yerstliidKeh konnte dieselbe nur von einem ües fastus za 
einem dies fashis laufen; ui^ wenn man, wie dies keine 
Schwierigkeit hat, die dreifsig Tage so versteht, dafs ^ne 
Monatfirist vom Datum zum Datum gemeint ist, so ist dies 
im besten Einklang damit, dafs der Regel nach die ywr 
Monatsabschnitte zugleich Gerichtstage gewesen sind. 

Noch bleibt die Frage übrig, wekhe Bedeutung neben 
diesen vier ungleichen Wochenabschnitten des römischen 
Monats, deren Anfangstage Kaienden, Nonen, Iden und 
Nundinen sind, dem immer gleichen durch den ganzen 
Kalender laufenden achttägigen nundinum und dessen An- 
fangstag zugekommen ist. Das nundmwm, scheint in der 
That nur gedient zu haben als ein verkürzter Ausdruck bei 
Fristbestimmungen und nur zu diesen Zweck die acht 
Nundinalbuchstaben im Kalender angemerkt gewesen zu 
sein ^7); man sagte statt acht Tage kurzer nwfidmum und 
erleichterte sich die Abzahlung, indem man von dem Aus- 
gangstage an mittelst der Buchstaben blofs die wundina 



46) Postea reversisy lehrt in der Schilderung der legis actio sti- 
er amento Gaius (4, 15), dabatur die X vel (die Handschrift qcxu) 
XXX iudex idque per legem Pinariam factum est; ante eam. autem 
legem [semper die XXX] dabatur iudex. So scheint die viel be- 
bandelte und viel mifshandelte Stelle hergestellt werden zu müssen. 
Ohne Zweifel ist dies dasselbe pinarische Gesetz, von dem früher 
(S. 11 A. 4) die Rede war: es war beinahe unumgänglich bei jener 
Anordnung in irgend einer Weise des Schaltmonats zu gedenken. 
Auch ist es natürlich und findet eine Analogie in dem Gesetz vom 
J. 291 (S. 178), dafs in einer Zeit, die sonst noch wenig Volksbe- 
schlüsse zu ewigem Gedächtnifs aufstellte, doch mit solchen eine 
Ausnahme gemacht ward, welche Fristen festsetzten. 

47) Ovid fast. 1,54: est quoque (dies) qui nono semper ab 
orbe redit. 



DIE DIES FA8TI. 253 

• 

zählte. Dodi kann der Gek'sueh dem Kal(»der die Nun- 
dinaHiachstaben beizoschraben nicbt in sdir früher Z&X 
aufgekommen sein, da das zu diesem Zweck benutzte Al- 
phabet das jüngere ist, worin das alte Z bereits durdi G 
ersetzt war. Diese Rechnung griff von einem Jahre in das 
andere über und denkende Kalenderfromme machten aus- 
findig, dafs, wenn der Anfangstag der Aera zugleich als 
Anfengstag der Wodienrechnung betrachtet werde, dieje- 
nigen Jahre, die wieder wie das erste mit einer vollen 
Wodie beginnen wurden, unglückliche seien ^s); allein 
daraus folgt nimmermehr, dafs diese Wochenanfangstage 
der Kalendergelehrten im praktischen Leben in irgend einer 
Weise ausgezeichnet gewesen sind. Für das GegentheU 
spricht sehr entschieden, dafs es für sie ebensowenig wie 
für irgend einen der Zwischentage eine geläufige Bezeich- 
nung giebt^^) und dafs es unverständig ist neben den 
Kaienden, Iden, Nonen und Nundinen jedes Monats, die 
notorisch Gerichts-, Markt- und Schmaustage' o) gewesen 



48) S. oben S. 25 und Beil. VU. 

49) Der einzige lateinische Schriftsteller, der diesen Anfangstag 
erwähnt, Macrobins 1^ 13, 16. 17 nennt ihn nundinae, und einer 
ähnlichen Bezeichnung bedienen sich anch die Griechen (^ ayoQ« 
ij <fi« röJy iwia äsl ^fi€Q(ov ayofiivri Dio 40, 47. 48, 33. 60, 24). 
— Ich habe früher geglaubt bei Macrobius a. a. 0. neben dieser 
noch eine genauere Bezeichnung finden und lesen zu können für 
dies qm addictus est nundmis — dies qui A dicius est Aber da 
die vorher angewandte Bedeutung hier ebenfalls statthaft ist, wird 
man besser sie anch hier festhalten. 

50) Macreb. 3, 17 (2, 13), 9 ans dem liciatadieB Attfwaadgesetz : 
ut kidendis nonis nundims Ramanis — iriginta dumtaxat asses — 
eoMsumere Ueeret, wofür Atbenaeos 6, 108 in dem Bericht über das 
weientlich gleiche fannische Gesetz die drei ayoQal des Monats 
setzt; Gellius (2, 24, 3) 'zehn Tage im Monat' scheinen auf einem 



254 MB DIEB PASTf. 

sind, noch eine andere und auf emem gaoi andern Princip 
beruhende Reihe von Geschäftstagen herlaufen zu lassen. 
AUerdmgs hat Varro und haben nach ihm Viele angenom- 
men, dafs in ältester Zeit die Römer für Erledigung ihrer 
öffienüidien und pri?aten Geschäfte jeden achten Tag in 
der Stadt zusammengekommen seien ^ i ) und gewiTs hängt 
damit auch der Gebrauch d^ Schriltstellw des dritten und 
vierten Jahrhunderts zusammen den Anfangstag des ntcif- 
dinum nundinae, Mackellung zu nennen (A. 49) ; allein dies ist 
offenbar nichts als ein Scblufs aus der Existenz des mindi- 
num und was darin richtig ist , geht zurück auf die früher 



Irrthmn zu berahen. Die Gesetze Sullas and Caesars nehmen Ralen- 
deOy Noaen, Iden und einige Fest- und Versammhingstage aus 
(Gell. 2, 24, 11. 14), unter i^velchen letzteren die Nnndinen verstan- 
den sein werden. 

51) de r. r. 2 praef, 1 : maiores annum ita diviserunt, ut nonis 
modo diebus urbanas res usurparentf reliqtds Vll utrura colerent. 
Dasselbe führen weiter aus Dionys. 7, 58, Plutarch q. R. 42, Ruti- 
lius bei Macrob. 1, 16, 34, ohne Zweifel alle ans Varro schöpfend; 
wenn Dionysios sagt: al <f' ayoqaVPtafiaCoig lyivovrOf (og xal fii- 
XQi' tfSv xad-* Tj/Liäg ;(q6v(ov, Si* rifiiQcig iwdnjg — so sind ihm 
offenbar blofs nach seiner Art die nundina mit den nundinae in 
eine trübe Vorstellung zusammengeflossen. Bemerkeoswerth ist 
die Fassung bei Columella 1 praqf, 18: nundinarum eUam conven" 
tut manifestum est propterea usurpatos, ut nom's tantummodo 
diebus urbanae res agerentur, reUqm's administrarentur rusH- 
cae; er schrieb augenscheinlich jene varronische Stelle aus, fing 
aber an die nundinae hinein zu mengen. — Von den Etruskern wird 
dasselbe erzählt von Macrob. 1, 15, 13: apud Tuscos nonae pkires 
habebanturf quod M nono quoque die regem suum salutabant et de 
propriis negotäs consvlebant; was ohne Zweifel, zumal da der etrus- 
kische Kalender dem latinischen wesentlich entsprochen zu haben 
scheint, ebenso wahr und ebenso falsch ist wie die analoge römi- 
sche Darstellung. 



DIE DIES FASTI. 255 

dargelegte Viertheilung des Monatsanfangs nach den Pha- 
sen, später nach den vier Abschnittstagen des Kalenders. 
Yielmehr ist die praktische Theilung des Jahres in gleich 
lange Wochen bei den Römern nicht älter als der Ein- 
fluTs des Orients, durch den daselbst die siebentägige 
Woche eingeführt oder, wenn man will, erneuert worden 

ist 5 2) 



52) S. Beil. X. 



IV. 
DAS FESTE AEGYPTISCHE JAHR. 

(Zu S. 66. 76.) 

Neben dem immer gleichen schaltlosen Jahr von 
365 Tagen erscheint in Aegypten auch eine der julia- 
nischen so nahe verwandte Schaltperiode, dafs die Unter- 
suchung über den römischen Kalender die Frage nicht 
wohl Ton der Hand weisen kann , in welchem Yerhältnifs 
das letztere oder das sogenannte feste ägyptische Jahr zu 
dem caesarischen steht ^ ). 



1) Id der ersten Ausgabe dieser Schrift sind über diesen Gegen- 
stand mehrere Anfstellnngen versucht worden , von deren Unrich- 
tigkeit ich mich jetzt überzeugt und demgemafs diesen Abschnitt 
verändert habe. Vor aUem hatte ich in Beziehung auf das diony- 
sische Jahr übersehen, was bereits Ideler (Unters. S. 271) richtig 
erkannt und kürzlich mit gröfserer Ausführlichkeit und Genauigkeit 
gegen meine Darstellung Böckh(Monatsber. derAkad. 1858 Nov.) gel- 
tend gemacht hat, dafs die überlieferten Jahrdaten y namentlich die 
Gleichung des dionysischen 4. oder vielmehr 1. Tauron des J.23 mit 
jul. 25. Apr. 262 v. Chr., des dionysischen 28. Leonton des J. 24 mit jul. 
23. Aug. 262 V. Chr. und des dionysischen 7. oder vielmehr 3. Didy- 
mon des J. 28 mit jul. 28. Mai 257, den Anfang dieses Jahres 
mit Gewifsheit zwischen die Grenzen dionys. 3. Didymon = jul. 
28. Mai und dionys. 28. Leonton =s jul. 23. Aug. einschliefsen, 
also das von mir früher angenommene Neujahr nicht richtig sein 
kann, sondern dafür, da jetzt kein Grund mehr vorliegt den Jah'r- 
anfang anders als auf einen Monatanfang anzusetzen, entweder 



DAS FESTE AE6TPTISGHE JAHR. 257 

Das schaltlose Jahr ist in Aegypten das älteste und ur- 
sprünglich ausschliefslich offidelle gewesen. Doch war 
daneben, wie dies bestimmt bezeugt^) und jetzt wohl all- 
gemein anerkannt ist, auch eine vierjährige aus drei 365- 
und einem 366tagigen Jahr zusammengesetzte Schaltperiode 
im gemeinen ohne Zweifel zunächst landwirthschaitlichen 
Gebrauch 3). Dafs die Monattheilung dieses festen Jahres 
im gemeinen Jahr der des Wandeljahrs gleich war und 
nur im Schaltjahr ein sechster Ergänzungstag hinzutrat, 
läfst sich daraus schliefsen, dafs später, als das feste 
Jahr in ofißciellen Gebrauch kam, dieses ebenso a^bgetheilt 
ward. Als Neujahr wird gewöhnlich der juUanische f $ Juli 
angenommen ^) und wahrscheinlich mit Recht; es spricht 
dafür theils die Analogie des eudoxischen Kalenders, wel- 
dier aus diesem ägyptischen abgeleitet ist (S. 63), theils 
der Umstand, dafs in der Kaiserzeit, als dies feste Jahr das 
officielle geworden war, neben dem ofßciellen Neujahr des 
^^ August noch ein 'natürliches' des f^ Juli erwähnt 



der 1. des Krebses= jal. 26. Juoi oder der 1. des Löwen = jal. 27. 
Juli angeDommen werden mufs, höchst wahrscheinlich aber der erste 
des Krebsmonats ist, da Geminos nnd Aratos von diesem Zeichen 
den Thierkreis beginnen. Ich freue mich hier Gelegenheit zu haben 
die aus diesem Uebersehen hervorgegangenen; übrigens meine An- 
nahmen über das italische Jahr und dessen Verhältnifs zum ägypti- 
schen in keinem irgend wesentlichen Punct berührenden Irrthnmer 
zu beseitigen. 

2) Diodor 1, 50. Strabon 17, 1, 29 p. 806. 46 p. 817 u. a. St m. 
bei Ideler 1, 171. 

3) Lepsius Chronol. der Aegypter 1, 149 — 156. Ideler 1, 167 
fg. hat in diesem Fall, gegen seine Gewohnheit, die Evidenz be- 
stritten. 

4) Ideler 1, 171. fiöckh Manetho S. 24. Lepsius Chronol. der 
Aeg. 1, 151. Monateber, der Berliner Akad. 1858 S. 451. 

Mommsen, Chronologie. X. Aufl. 17 



258 DAS FESTE AE6YPTISGHB JAHR. 

wird*), welches mit Wahrscheinlichkeit als das ältere zu 
der Zeit, wo das Jahr eben blofs noch ein 'naturliches' 
war, allein geltende Neujahr betrachtet werden kann. Da- 
für, dafs das Schaltjahr den Cyclus anfing, entscheidet die 
gewichtige Analogie des eudoxischen Cyclus (S. 56) ; was 
dagegen geltend gemacht werden kann, die scheinbar post- 
niimerirende Schaltordnung des jüngeren officiellen festen 
Jahres, unterliegt, wie wir bald sehen werden, sehr erheb- 
lichen Bedenken. Um die Aera und, was eng damit zu- 
sammenhängt, die Epoche des Aufkommens dieses Kalen- 
ders zu bestimmen, fehlen uns die Mittel. Wie man anfing 
den Fruhaufgang des Sirius nach Beobachtung zu feiern 
— und es gehört diese Feier zu den bedeutendsten und 
gewifs auch ältesten in Aegypten ^) — mufste man bald 
bemerken , dafs diese Feier von vier zu vier Jahren um 
einen Tag im officiellen Kalender sich rückwärts schob 
und damit war das julianische Jahr in der Theorie gefun- 
den. Wann man dazu schritt einen förmlichen Kalender 
nach diesem anzulegen und die Sothisperiode aufzustellen, 
die nichts anderes ist als die Formel für das Verhältnifs 
des schaltlosen Kalenders zu dem mit der sechsten Epago- 
mene versehenen, läfst sich zwar schwerlich historisch be- 
stimmen; allein die wahrscheinlich sehr alte Eidesformel, 
welche die ägyptischen Priester vor der Umlegung des 
Diadems von ihren Königen forderten , sich der Tag- wie 
der Monatschaltung enthalten zu wollen^), deutet unver- 



5) Gesammelt von Ideler a. a. 0. nnd den übrigen so eben an- 
geführten S(*liriftstellern. 

6) Lepsius Chronol. 1, 152. Ganz unzweideutig nennt der 
Pariser astronomische Papyrus (A. 8) unter den ägyptischen Jahr- 
festen den Siriusaufgang {xvv6s avaToXrjv, Gol. 3 Z. 76). 

7) Nigidius Fignlus, der im J. 709 starb, also noch in der 



DAS FESTE AEGYPTISCHE JAHR. 259 

kennbar darauf hin, dafs der Schalttag schon früh bekannt 
und wahrscheinlich einmal ein vergeblicher Versuch ge- 
macht worden war den geltenden Festkalender danach ab- 
zuändern. So erklärt es sich auch, warum das ägyptische 



Ptoiemaeerzeit schrieb, berichtet (bei dem Scholiasten zu Germani- 
eus Aratübersetzang Bd. 2 S. 71 Buhle, vollständiger aus den 
Handschriften bei Merkel zu Ovids Fasten p. LXXXVIII und bei 
Breysig de P. Nigidii Figuli fragmenUs. Berol. 1854 p. 33) die- 
sen merkwürdigen Gebrauch: In templo y4pü (Jpidis Jablonski, 
Hdschr. Jegypti) Memphi — mosfuit solto regio decorari reges 

qui regna ineunt. Ibi enim sacris initiantur Deducuntur a 

sacerdote Isidis (Hdschr. Eisidis) in locum qui vocatur a^vros (so 
Haupt; Hdschr. notatur adytos) et iure iurando adiguntur neque 
mensem neque diem iniercalaturos se neque (Hdschr. intercalandum 
iurarent quem in) festum diem immutaturos, sed CCCLXV perac- 
turos, sicut institutum sit (Hdschr. itä) ab antiquis. Deinde alte- 
rum Ulis ius (so Merkel und Bücheier Rh. Mus. N. F. 13, 188; die 
Hdschr. aUter älius) iurandum inponitur (Hdschr. vnpom's) semeniim 
(Hdschr. statim, Merkel statum) per terram aquamque (während 
der Nilüberschwemmung) custodiendam cornparandarnque (Hdschr. 
qui). Tum demum diademate inposito potiuntur Aegyptiorum 
regno. Die hier erwähnte Monatschaltung mit Lepsius Chronol. 1, 
219 auf ein anderes Jahr zu beziehen als das bei der Tagschaltung 
nozweifelhaft gemeinte gemeine bürgerliche, hebt den inneren Zu- 
sammenhang der Ceremonie auf. Ich habe früher versucht dasselbe 
zn erklären durch die Analogie der persischen Sonnenjahrordnung, die 
überhaupt mit der ägyptischen so aufiFallcnd verwandt ist. Neben 
dem Wandeljahr, das mit dem ägyptischen identisch ist (Ideler 2, 
524 fg.), erscheinen bei den Persern zwei feste auf den Sonnenlauf 
von 365 »A Tagen gebaute Sonnenjahre, ein wie es scheint jüngeres, 
welches genau dem festen ägyptischen entspricht und in der Regel 
jedes vierte Jahr einen sechsten Ergänzungstag einschiebt (Ideler 
2, 524 fg.) und ein sehr altes, in welchem alle 120 Jahre ein 30tä- 
giger Monat eingelegt ward (Ideler 2, 540 fg.). Jedoch kann man 
auch an den Schaltmonat des lunisolaren Lagidenjahres denken 
and den Eid dahin auslegen, dafs die Ptolemaeer sich verpflichteten 
weder das feste ägyptische noch das makedonisch -alexandrinische 
Jahr den Eingebornen aufzunöthigen. 

17* 



n 



260 DAS FESTE AEGYPTISGHE JAHR. 

feste Jahr sich von der seinem astronomischen Charakter 
allein angemessenen ekliptischen Zwölftheilung in so auffal- 
lender Weise entfernt und dem ägyptischen Wandeljahr 
so weit wie möglich sich nähert. War es zunächst ein zur 
Beseitigung des ungeschickten Wandeljahrs reformatorisch 
aufgestellter Kalender, so hatten dessen Ordner alle Ursache 
mehr auf die Analogie des bestehenden Landeskalenders 
als auf astronomische Zweckmäfsigkeit bei der Eintheilung 
Rücksicht zu nehmen. Somit hat die Ueberlieferung, dafs 
der eudoxische Kalender diesem ägyptischen nachgebildet 
und die Kunde des 365^tägigen Sonnenjahrs wenigstens 
schon zu Alexanders Zeit, wahrscheinlich bereits weit frü- 
her aus Aegypten nach Griechenland gekommen ist^), 
allen Anspruch auf vollständigen Glauben, wie ihr denn 
derselbe wohl auch heutzutage allgemein gezollt wird. 

Unter den Lagiden kam neben dem officiellen Wandel- 
jahr das makedonische Mondjahr in Aegypten auf. Das 
erstere, obwohl im Gebrauch bei weitem überwiegend, steht 
doch in den solennen Aktenstücken erst in zweiter Linie 
als Jahr *der Aegypter'; das zweite wird durch die Voran- 
stellung wie durch den Mangel jedes besonderen Beisatzes 



8) Lelronnes Versicheriing (Journal des savants 1839 p. 653), 
dafs oach einem von ihm zur Heraasgabe vorbereiteten Papyrus des 
Pariser Museums schon Demokritos den Vierteltag gekannt haben 
müsse, möchte ich nicht wiederholen, seitdem ich durch die Gefäl- 
ligkeit des Herrn Brunet de Presle den Text dieser '^ucToloi; rixvn 
habe einsehen können. Dies ebenso alte als wunderlich verwirrte, 
einem sauber geschriebenen, aber von Mifsverständnissen und Ver- 
kehrtheiten wimmelnden Collegienheft nicht unähnliche Schriftstück 
erwähnt zwar, wie es scheint, das Sonnenjahr von 365 »A Tagen, 
aber die Stelle, worin Demokritos davon sprechen soll, dürfte wohl 
anders aufzufassen sein. 



0A8 FESTE AE6TPTISCHE JAHR. 261 

als das eigentlich officielle bezeichnet o). Damals also 
fingen die herrschende hellenische Einwanderung und die 
unterworfene eingeborene Bevölkerung, Aleiandreia und 
Aegypten an in der Jahrordnung sich zu scheiden. 
Eben dieser Gedanke hat sodann die Römer geleitet, nur 
da£5 sie an die Stelle des makedonischen lunisolaren das 
dem julianischen analoge altagyptische feste Jahr einführ- 
ten. Es scheint dies Jahr zu sein , nach dem die alexan- 
drinischen Kaisermünzen durchaus datirt sind ^ ^) und es 
tritt das 'Kaiserjahr' in Aegypten von Haus aus weit ent- 
schiedener und ausschliefslicher hervor als das makedo- 
nische unter den Lagiden. Dennoch behauptet das 'ägyp- 
tische' Jahr sich daneben wenigstens im wissenschaftlichen 
und im sonstigen privaten Gebrauch und vielleicht nicht 
blofs in diesem. Den alten Eid der Pharaonen weder Tag 
noch Monat einzuschalten mögen auch die griechischen 
Könige geschworen und die römischen Kaiser wenigstens 
der Sache nach gehalten haben, insofern sie nämhch neben 
dem allerdings mit Schaltung versehenen Jahre von Alexan- 
dreia das Landesjahr mit dem daran geknüpften Festkalen- 



9) Inschrift von Rosette Z. 6 and sonst. 

10) Dies ist wenigstens die Annahme der besten Autoritäten 
(Eckhel 4, 42; Ideler 1, 148) und für die spätere Zeit unzweifelhaft. 
Eine erschöpfende Untersuchung darüber, wie die römische Regie- 
rung in Alexandreia officiell datirt hat, wird noch vermifst. Sicher 
ist wohl, dafs die ^ alexandrinische ' Datirung nach festen Jahren 
von Haus aus überwog; ob noch daneben und unter ;welchen Ver- 
hältnissen die 'ägyptische ' Wandeldatirung officiell gebraucht ward, 
steht dahin. Die Ermittelung wird allerdings dadurch ungemein er- 
schwert, dafs die beiden Aeren namentlich im ersten Saecnlum sich 
kaum fühlbar unterscheiden und nur bei sehr wenigen Daten es sich 
mit Bestimmtheit wird ausmachen lassen, ob sie dem festen oder 
dem Wandeljahr angehören. 



262 DAS FESTE AEGTPTISCHE JAHR. 

der, das heilst die alte Landesreligion bestehen liefsen; in 
welchem Falle also das ägyptische Jahr noch in der rö- 
mischen Kaiserzeit wo nicht ein officiell gebrauchtes, doch 
ein ofYiciell anerkanntes und geduldetes gewesen ist. Chro- 
nologisch indefs knüpfen sich an diese Einführung des 
Kaiser- oder alexandrinischen Jahres sehr schwierige und 
noch keineswegs genügend beantwortete Fragen. Thatsäch- 
lich ist festgestellt, dafs das Neujahr oder der 1. Thoth des 
Kaiserjahres in dem julianischen Schalt- und den zwei un- 
mittelbar darauf folgenden Gemeinjahren dem 29., im 
vierten Jahr der julianischen Periode dem 30. August ent- 
spricht; dafs ägyptisches Schaltjahr das mit dem 29. Aug. 
731 (23 V. Chr.) beginnende und jedes von diesem um 
eine durch vier theilbare Zahl entfernte Jahr ist; und dafs 
als erstes Jahr dieser Aera das mit dem 30. Aug. 724 
(30 V. Chr.) beginnende gezählt wird ' 0- Dabei ist indefs 
der Umstand im höchsten Grade bedenkUch, dafs das dem 
ersten Kaiserjahr zunächst vorhergehende Wandeljahr mit 
eben diesem Tage schlofs, also in dem Uebergang vom 
officiellen Wandel- zum officiellen festen Jahr der julia- 
nische 30. Aug. 724 zweimal, sowohl als letzter Tag der 
ersten wie als erster Tag der neuen Periode gezählt wird, 
was so unmöglich richtig sein kann. Die von Ideler aufge- 
stellte, sodann von Böckh und Lepsius in verschiedener 
Weise modificirte Hypothese, dafs die Verwirrung des julia- 
nischen Kalenders auf die ägyptische Jahrreform in einer 
oder der andern Weise reflectirt hätte, muTs, auch von 



11) Diese Ansetzungen sind, so weit sie überhaupt der Ermitte- 
laog bedarften, nach Idelers (1, 140%.) Vorgang besonders von 
Böckh (Manetho S. 21 fg.; epigr. chroDol. Stad. S. 93 fg.) erwie- 
sen worden. 



DAS FESTE AE6TPTISCHE JAHR. 263 

anderen gewichtigen Gegengründen abgesehen ^ 3), schon 
darum zurückgewiesen werden, weil bei einer derartigen Be- 
rücksichtigung des julianischen Kalenders sich schlechter- 
dings kein theoretischer oder praktischer Nutzen absehen 
läfst. Dafs die caesarische Reform des römischen Kalenders 
im Allgemeinen zu der ägyptischen des Augustus den Anstofs 
gab, ist imzweifelhafl (S. 79). Aber ebenso unzweifelhaft ist 
es, dafs Augustus, seinem Grundsatz getreu Aegypten nicht 
als römische Provinz , sondern als ein mit dem römischen 
durch Personalunion verbundenes und in jeder Hinsicht 
gesondertes Reich zu behandeln, nicht das julianische Jahr 
in Aegypten einführte, sondern das mit diesem wohl in der 
allgemeinen Anlage, aber nicht in den besonderen An- 
Setzungen zusammentreffende natürUche Jahr der Aegypter; 
und da dies einmal feststand, konnten die ägyptischen Ka- 
lenderreformatoren kaum ein Interesse dabei haben den 
Anfangstag der neuen Rechnung julianisch zu bestimmen, 
geschweige denn nach dieser sie gar nichts angehenden und 
damals noch dazu in sich selbst verwirrten Aera ihren 



12) Böckh Stad. S. 95 vertheidigt die von Ideler 1, 160 anfge- 
stellte M einnng in der Fassang, dafs im J. 30 n. Chr. der bewegliche 
1. Thoth auf den 31. August des richtigen, den 29. des damals 
gangbaren unrichtigen julianischen Kalenders gefallen sei und die 
alexandrinischen Ordner, das Unrichtige mit dem Richtigen aus- 
gleichend, den 30. August angesetzt hatten. Aber ein solcher 
Mittelweg zwischen Unrichtigem und Richtigem ist nichts als eine 
Steigerung des Fehlers; wollte man einmal den julianischen Ka- 
lender berücksichtigen, so konnte man nur entweder die Form 
wählen, wie sie war oder wie sie sein sollte, nicht eine Form, 
die weder war noch sein sollte. — Die von Lepsius (Monatsber. 1858 
S. 452) aufgestellte mit seinen irrigen Ansichten über den jnliani- 
schen Kalender zusammenhängende Ansicht hat derselbe später 
selbst fallen lassen. 



264 DAS FESTE AE6TPTISGHB JAHR. 

Epochentag zu rücken. Wohl aber hatten sie nahelie- 
gende, ja zwingende Beweggründe die ältere officieUe 
Rechnung nicht mitten im Jahr abzubrechen, sondern erst 
nach vollständigem Ablauf des letzten Wandeljahrs die 
neue Datirung zu beginnen ^ 3); sie würden ja sonst nicht 
bloTs die Einheit verändert, sondern noch einen annus conr- 
fusionis geschaffen haben , wie denn in der That nach der 
jetzigen Aufstellung die ofGciellen ägyptischen Jahre bis zu 
dem vorletzten der Kleopatra 365tägig sind, auf dieses ein 
364tägiges und sodann 365/6tägige folgen. Darum möchte 
wohl zurückzukehren sein zu der älteren, auch durch die 
bekannte Angabe Theons ' *), dafs im fünften (alexandri- 
nischen) Regierungsjahre Augusts der bewegliche und der 
feste erste Thoth zusammengefallen seien, wesentlich 
unterstützte Meinung, dafs die Einführung des Kaiserjahres 
in der That nicht schon am 30. August 724, sondern erst 
einige Jahre später stattgefunden habe. Es läfst sich auch 
geschichtlich manches für dieselbe geltend machen. Das 
letzte voraugusteische Wandeljahr, das zweiundzwanzigste 
der Kleopatra läuft vom 31. August 723 d. St. (31 v. Chr.) 
bis zum 30. August. 724 (30 v. Chr.); es ist das Jahr, in 
welchem am 1 . August Alexandreia von Octavian besetzt 
ward, dessen Ende indefs Kleopatra noth wendig überlebt 
haben muTs, da sonst, nach dem feststehenden ägyptischen 
Schema, dies Jahr nicht als 22. der Kleopatra, sondern als 
1. des Augustus gezählt worden wäre ' *). Es war selbst- 



13) So fafst auch offenbar Censorinns 21, 9 die ägyptische Aa- 
gnstusära im VerhäitDifs zu der nabonassarisch-philippischen als de- 
reo officielle Fortsetzung. 

14) Ideler 1, 57. 

15) IdeJer 1, 156; Drumann R. G. 1, 496. 



DAS FESTE AE6TPTISGHE JAHR. 265 

y^rständlich, dafs nun nach Jahren des Augustus gezählt 
ward, ohne dafs es dazu einer anderen Mafsregel bedurfte, 
als der Erklärung des Kaisers, dafs er als Nachfolger der 
Lagiden betrachtet sein wolle ^ ^); aber die Einführung der 
Schaltung verstand sich nicht von selbst, sondern ist erst 
durch einen besonderen Regierungsact erfolgt, über dessen 
Fassung, Bekanntmachung und Ausführung gar wohl eine 
gewisse Zeit hingegangen sein kann. Erwägt man nun, 



16) Der Beschlnfs ttjv re rifiigav Iv y r) liXi^vSqeCa idX(o 
aya&Tiv t€ elvai xal ig ta insira hij aQxv^ ^V^ anaQi&fÄTjaicas 
avT(ov vofiCC^a&ai (Dio. 51, 19) ward vom Senat auf die unter des 
jüngeren Cicero Consulat, d. b. im September oder Oetober 724 nacb 
Rom gelangte Nacbricht von Antonius Tode hin gefafst. Es ist die- 
ser Bericht auf jeden Fall insofern ungenau, als der bezeichnete 
Tag — I.August — keineswegs alexandrinisches Neujahr ist. Hie- 
ven abgesehen habe ich schon früher darauf hingewiesen, dafs in die- 
ser Stelle keinenfalls die Einführung eines neuen Kalenders bestimmt 
ausgesprochen ist, sondern nur die einer neuen Aera; und dieser Mei- 
nung ist jetzt auch Lepsius(a.a.O.S.543) beigetreten. Gegen dieModi- 
fication meinerAnsicht, dafs er diese Aera vielmehr auf das Wandeljahr 
beziehtnndsieder nabonassarisch-pbilippischen gleichstellt, ist indefs 
zu erinnern, dafs die beweglichen Kaiserjahre wohl bei den Astrono- 
men vorkommen, die natürlich es zweckmäfsig fanden die alte nabo- 
Dassarische Rechnung so fortzuführen wie wir es mit der julianiscben 
thun, aber im ofüciellen Gebrauch lediglich das feste Kaiserjahr er- 
scheint, Dio also, der doch ^ben von der officiellen Einführung 
spricht, nicht wohl ein anderes meinen kann als dieses. Mir er- 
scheint es darum ausgemacht, dafs Dio von der Einführung des zu 
seiner Zeit jedem bekannten alexandrinischen Jahres sprechen will ; 
aber sehr zweifelhaft bin ich jetzt darüber, ob er die Einrührung der 
festen ägyptischen Jahre überall mit Recht in diesen Zusammenhang 
gebracht hat. Die Einführung der Schaltung in Aegypten hat der rö- 
mische Senat nicht beschliefsen können, da er für ägyptische Ange- 
legenheiten nicht competent war; wohl aber konnte er seine Ein- 
williguog geben, dafs die ägyptischen Jahre nach Augustus gezählt 
wurden, d. h. diesen als König von Aegypten anerkennen. Eine der- 



266 



DAS FESTE AEGTPTISCHE JAHR. 



dafs die officielle Bezeichnung der Aera anni Augustorum 
(urspränglich wohl Augusti^'') auf keinen Fall vor der 
am 16. Jan. 727 vom römischen Senat beschlossenen Er- 
theilung des Titels Augustus an Octavian eingeführt sein 
kann und dafs ja auch die römische Augustus -Aera 
vom 1. Jan. 727 ab läuft < ^), so liegt die Annahme nahe 
genug, dafs das zugleich mit dem neuen Jahrnamen in 
Aegypten die Schaltung einführende Regulativ nicht früher 
von Augustus erlassen worden ist. Unter dieser Voraus- 
setzung würden also die ersten Jahre des Augustus noch 
die alten schaltlosen gewesen und erst im Laufe seiner 
Regierung das feste Jahr eingetreten sein. Es stellt sich 
nämhch das Schema des ägyptischen ofßciellen Kalenders 
verglichen mit dem (richtig geordneten) julianischen fol- 
gendermafsen : 



Aegypt. Jalir J. d. St. J. t. Chr. 


ägypt. Tag 


jul. Tag 


Tagzahl 
des ägypt. 
Jahres 


Kleopatra 


22 723 31 


1 Tboth 


31. Aug. 


365 


Augustus 


1 724 30 
(römische Schaltung). 


» 


w 


31. Aug. 


365 


>j 


2 725 B 29 


*> 


» 


30. Aug. 


365 


» 


3 726 28 


yy 


» 


30. Aug. 


365 


;> 


4 727 27 


ff 


yy 


30. Aug. 


365 




5 728 26 
(römische Schaltung). 


» 


» 


30. Aug. 


365 


» 


6 729 B 25 


>f 


;> 


29. Aug. 


365 


V 


7 730 24 


jy 


» 


29. Aug. 


365 


ii 


8 B 731 23 


yy 


yy 


29. Aug. 


366 



artige Notiz möchte Dio vorgelegen haben und von ihm durch ein 
naheliegendes Mifsverständnifs auf die Einführung der antd y4u- 
gustorum in Aegypten gedeutet worden sein. 

17) So bei Censorin; hri dno Avyovaxov in Theons Tafel. 

18) Censorin. 21. 



DAS FESTE AEGYPTISGHE JAHR. 267 



Aegypt. Jahr J. d. St. J. v. Chr. 


ägypt. Tag 


jul. Tag Tagzahl 
des ägypt. 
Jahres 




(erste ägyptische Schaltung). 


„ 9 732 22 


» » 


30. Aug. 365 


(römische Schaltang). 






„ 10 733 B 21 


» » 


29. Aug. 365 


„ 11 734 20 


» i* 


29. Aug. 365 


„ 12 B 735 19 


V n 


29. Aug. 366 



Danach würde also das erste oflBcielle 366 tägige ägyp- 
tische Jahr das am 29. August 731 (23) beginnende gewesen 
sein, während die Feststellung des Schaltsystems nach 
dem 29. August 728 (26) stattgefunden haben mufs, da 
das mit diesem Tage schliefsende ägyptische Jahr, das vierte 
des Augustus noch 365tägig gewesen ist, während es 
nach der späteren Regel 366tägig hätte sein müssen. Man 
hat demnach den Anfang der festen ägyptischen Aera bei 
anticipirender Intercalation auf den 29. August 731, bei 
postnumerirender auf den 30. August 728 zu setzen; wel- 
ches letztere Theon vorzog. Die Ordnung selbst aber er- 
laubt die eine wie die andere Auffassung und es kann dar- 
um auf keinen Fall aus ihr ein Argument dafür entnom- 
men werden, dafs das in dem augusteischen officiellen be- 
folgte und ohne Zweifel aus dem früheren natürlichen Jahr 
herübergenommene Schaltsystem die eudoxische Anticipa- 
tion nicht gehabt hat. — Allerdings mufs man in diesem 
Falle die Incongruenz sich gefallen lassen, dafs von den 
ägyptischen officiellen Kaiseijahren die ersten vier oder die 
ersten sieben, je nachdem man den Schaltcyclus con- 
stniirt, andere Einheiten darstellen als die folgenden der 
Reihe; aber dieser Fehler ist nicht schlimmer als der- 
jenige, den wir uns zum Reispiel bei der gangbaren Gleich- 
setzung der julianischen und der gregorianischen Jahre 
durchaus gefallen lassen, und war in der That kaum zu 



268 DAS FESTE AE6TPTISCHE JAHR. 

Tenneiden. Denn wenn in Rom die Zählung nach Augu- 
stusjahren unbedenklich das Jahr 727 als das erste an- 
setzen konnte, so war es in Aegypten, wo man längst nach 
Königsjahren zählte, beinahe unmöglich mit dem fünften 
oder achten des Augustus wieder von vorn anzufangen; 
und man liefs daher sich die Durchzählung der Jahre ge- 
fallen. Auch ist nicht zu äberseheh, dafs dieselbe in unse- 
rer Ueberlieferung nur zweimal: bei dem Römer Censorinus 
und in Theons Tafel vorkommt; die gewöhnliche Weise 
nach festen ägyptischen Jahren zu datiren zählt nicht die 
anni Atcgustorum, sondern die Jahre eines jeden einzelnen 
Kaisers und der dazu gehörige nicht auf uns gekommene 
Kanon wird höchst wahrscheinlich entweder mit dem fünf- 
ten oder achten des Augustus begonnen oder doch in die- 
ser Beziehung eine Warnung enthalten haben, So weit 
aber wirklich nach Augustusjahren gerechnet ward , war je- 
nem Mangel an innerer Gleichartigkeit leicht dadurch abzu- 
helfen, dafs man entweder bei postnumerirender Schaltung 
die ersten vier Augustusjahre in der Rechnung als nabo- 
nassarische zählte, wie dies Theon andeutet, oder, was 
auf dasselbe hinauskam, dafs man den Anfang der Kaiser- 
jahre um einen Tag anticipirte und sie sämmtlich als ju- 
lianische mit postnumerirender Schaltung rechnete, da- 
gegen aber das letzte nabonassarische Jahr um einen Tag 
verkürzte » » *). 



18a) Dem hier versuchten in mancher Hinsicht analog ist Lep- 
sins neuester Erklärungsversuch (Monatsberichte a. a. O.S.547), der 
Beachtung verdient. Er geht davon aus, dafs der Tag der Einnahme 
Alexandreias auf den 1. August des damaligen (verschobenen) juliani- 
schen, auf den 8. Mesori des damaligen ägyptischen Wandeljahrs ge- 
fallen sei ; es sei die Absicht gewesen , da dieser Tag sowohl im rö- 
mischen als im ägyptischen Festkalender verzeichnet war, diese Feier 
auf demselben Datum beiderseits festzuhalten. Defsbalb habe man 



DAS FESTE AEGTPTISGHE JAHR. 269 

Dieses feste ägyptische Jahr ist es gewesen, welches 
zunächst dem Eudoxos und mittelbar Caesar als Muster 
gedient hat; doch haben die Nachahmungen, wie begreif- 



bei der officieUen EinfühniDg des alexandrinischeo Kalenders den 
Jahranfang so gelegt, dafs der 8. Mesori im Schalt- wie im Gemein- 
jahr auf den 1 . August des (richtigen) julianischen Kalenders gefal- 
len sei. Diese Annahme kummt mit der jetzt von mir vertheidigten 
insofern tiberein, als danach die Eiofübrung des alexandrinischen 
Kalenders nicht im Jahre der Einnahme von Alexandreia stattge- 
funden haben kann, sondern sogar erst nach der Gorrection des 
julianischen Kalenders im J. 8 n. Chr. Man wird dagegen weder, 
wie gegen die von Ideler und Böckh aufgestellten Annahmen, gel- 
tend machen kö'nnen, dafs die hier angenommene Berücksich- 
tigung des julianischen Kalenders in Alexandreia zwecklos er- 
scheint, noch läfst sich mit Recht dagegen einwenden, was al- 
lerdings unleugbar ist, dafs vom Jahr der Einnahme bis min- 
destens zu dem J. 8 n. Chr. der 8. Mesori und der 1. August der 
beiderseitigen officiellen Kalender nicht zusammengefallen sein 
können. Eben die durch diese Incongruenz entstehende Unbequem- 
lichkeit konnte den Anlafs zu der Kalenderreform geben. Dagegen 
ist der Uebelstand unleugbar, dafs bei dem Uebergang von 
dem einen Kalender zum andern eine Lücke entsteht. Wenn man 
mit dem 29. Aug. 8 n. Chr. in der officiellen Datirung zum festen 
Kalender überging, so bleiben, da das letzte vorhergehende Wandel- 
jahr bereits am 20. abgelaufen war, acht Tage ohne angemessene Da- 
tirung. Soll man in der kaiserlichen Kanzlei in diesem Jahr 13 
Epagomenen gezählt oder ein neues Wandeljabr mit dem 1. 
Thoth begannen und dann am neunten Tag desselben wie- 
der angefangen haben vom 1. Thoth zu datiren? Dies ist die 
hauptsächliche Ursache, wefshalb ich vor Lepsius scharfsinni- 
ger Hypothese fortwährend der im Text vertheidigten Annahme 
den Vorzug gebe, die übrigens auch mit den Angaben des 
Censorinus und Theon l^esser harraonirt. Man könnte dabei immer 
noch annehmen, dafs bei der Reform des ägyptischen Kalenders die 
Absicht den 8. Mesori auf den 1. julianischen August des zu corri-* 
girenden Kalenders zu bringen, obgewaltet und namentlich auf die 
Stellung des ägyptischen Schalttages im Cyclus eingewirkt habe ; es 
ist nichts derVermuthung im Wege, dafs schon damals die kaiserliche 



270 DAS FESTE AE6TPTISGHE JAHR. 

lieh, abgesehen von dem, was darin local ägyptisch ist und 
sich mehr an das darin enthaltene astronomische Grund- 
schema gehalten. Darum treten in diesen nachgebildeten 
Kalendern statt der zwölf gleichen Monate mit den Epago- 
menen vielmehr zwölf ungleiche nach der Ekliptik abge- 
messene astronomische Sonnenmonate auf, die doch auch 
in Aegypten nicht völlig unbekannt sind. Es sei gestat- 
tet in diesem Zusammenhang eines anderen ägyptischen 
festen Jahres , des dionysischen zu gedenken. 

Bei Ptolemaeos kommen verschiedene zwischen 482 
(272 V. Chr.) und 513 der Stadt (241 v. Chr.) angestellte 
Himmelsbeobachtungen vor mit eigenthümlichen Zeitbe- 
stimmungen *nach Dionysios'» 9)^ denen die entsprechen- 
den nabonassarischen Jahre und Tage beigefügt sind. 
Die Epoche der dionysischen Aera ist sicher das J. 469 
d. St. (285 V. Chr.). An der Herstellung der Monatstafel 
sind Petavius und Ideler 20) verzweifelt; Letronne glaubte 
sie nach dem Schema des ägyptischen Kaiserjahres aus 
zwölf SOtägigen Monaten und 5 Epagomenen bilden zu 
können, allein es haben sich in seine Aufstellung mehrere 
Rechnungsfehler eingeschlichen, welche dieselbe ganz un- 



RegieruDg den Fehler der PoDtifices wahrgenommeD hatte und den- 
selben zu berichtigen entschlossen war, aber damit wartete, bis 
der Kaiser selbst Pontifex maximns geworden sein würde, welches 
Amt er bekanntlich erst nach Lepidus Tode 742 übernahm. 

19) Alnuxg. 9,7 p. 168 Halma: Mvovg xy' xata ^lovvciov 
'Y^Qtovog xS-' — — ^v 6 xQovog xara t6 vnq' hoganb Naßo- 
vaaaQoVj xar' AiyvnrCovg Xo'iäx t^' ei^ ttjv ir{ oq&qov. Eben- 
so 9, 7 p. 169. 170. 10, 9 p. 236. 12, 3 p. 263. Der Gegensatz zeigt, 
dafs xarä /liovvoiov zunächst zum Monat, nicht zum Jahr zu zie- 
hen ist, obwohl, da beide zusammengehören, auch dieses mit ge- 
meint ist. 

20) Ideler Unters. S. 260 fg. Handb. 1, 356. 



DAS FESTE AE6TPTI8GHE JAHR. 271 

branchbar machen ^i). Anch zeigt sowohl die zodia- 
kale Theilnng des Kalenders wie die bemerkenswerthe 
Uebereinstiramung2 2) der sämmtlichen nicht auch sonst 
eines Schreibfehlers verdächtigen dionysischen Daten mit 
dem beigesetzten Sonnenort bis auf etwa einen Grad, 
dafs diese ekHptischen Monate astronomische Sonnenmo- 
nate sein müssen und an keine Epagomenenschaltung da- 
bei gedacht werden darf. Mir scheint die Monatstafel sich 
aus der folgenden Ansetzung mit ziemlicher Sicherheit 2*^) 
zu entwickeln : 



21) Leironne Journal des savanU 1839 p. 651 ss. Er setzt vom 
22. Skorpion bis zum 25. Aegon (hier wie immer den Anfangstag 
mitgezählt, den Schlufstag ausgeschlossen) 63 Tage; allein die cor- 
respondirenden julianischen Daten 15. Nov. — 18. Jan. geben 64. 
£r setzt vom 25. Aegon bis 19. Hydron 24 Tage; die correspondi- 
renden julianischen Daten 18. Jan. — 12. Febr. geben 25. £r setzt 
vom 1. Tauron bis 7. Didymon 36 Tage; die correspondirenden Da- 
ten 23. Apr. — 28. Mai ergeben 35. Ebenso unmöglich ist es die 
Divergenz des Datums 7. Didymon mit der astronomischen An- 
setzung XX 2^ 50' durch die Annahme von 5 hinter dem Didymon 
folgenden Epagomenen zu erklären und damit zu vereinigen, dafs 
am ersten Tage des unmittelbar vorhergehenden Monats die Sonne 
fast richtig T 29« 30' steht. 

22) Dafs diese Uebereinstimmung nur eine kalendarische ist, 
d. h. nicht auf deu wirklichen Stand der Sonne in der Ekliptik, son- 
dern nur auf den von Ptolemaeos angegebenen auskommt, ändert in 
der Sache nichts. 

23) Die Textänderungen, deren freilich kein derartiger Versuch 
ganz entrathen kann, sind hier minder bedenklich als anderswo, da 
die Sennenb'rter und die Intervallsätze ein zwiefaches Gorrectiv an 
die Hand geben. 



722 DAS FESTE AEOTPTISGHB JAHB. 

Sonnenort Dionysische Daten Julianische Daten Intervall u« 

27 n 50 28. Leonton = 23. August .. , 

12 Tage ^ahl 

9 np 56 10. Parthenon =« 4. September raki 



Soi 

64 - stel 



20 TJ\ 50 22. Skorpion = 15. November 

23 ^ 54 25. Aegon = 18. Januar ^ ^ 

25 - "at 

18 « 10 19. Hydron«*) =« 12. Februar de, 

72 - 

29 Y 30 1. Tauron«») =25. April*«) - 

33 - K 

2 IX 50 3 ? Didymon« ») = 28. Mai ' 

28. Leonton = 23. August jr 

und zwar in folgender Weise: i ^ 

(Krebs) 31 Aegon 31 ^] 

Parthenon 30 (Fische) 30 bl 

(Wage) 30 (Widder) 30 q, 

Sltorpion 30 1 31 Tauron 31 

(Schütze) 31 1 '^ 30 Didymon 31 

wobei nur die eine Unsicherheit bleibt, dafs das dionysi- 
sche Jahr unzweifelhaft einen Schalttag gehabt hat i 



l 

24) Der offenbare Fehler KG statt IG ist längst verbessert aus [ 
dem Sonnenstand Xt: 18^ 10^ 

25) Unzweifelhaft richtig verbessert Letronne a. a. 0. S. 656 
TavQOJvog ^ in TavQoivog A, theils wegen des beigesetzten Son- ' 
nenorts "Y" 29« 30', theils weil das Intervall von 72 Tagen schlech- 
terdings zum 4. Tauron nicht stimmt, dagegen geradezu auf den 

1. führt. 

26) Die überlieferten sinnlosen Worte *Pa/Li(va)d- ji Big r^v A 
sind längst richtig verbessert worden in Ms/ilQ A kXg rrjv A *PcC' 
fisvcod'; Letronnes Vorschlag MextlQ KZ ets rrjv KH empfiehlt 
sich nach keiner Seite. 

27) Dafs der 7. Didymon nicht richtig sein kann , zeigt sowohl 
der Sonnenort2o 50' als die Intervallrechnung. Man bat die Wahl 
Z entweder in r oder in A zu ändern; jenes ist vorgezogen, 
weil man sonst einen 32tägigen Monat würde ansetzen müssen. 



DAS FESTE AE6TPTI9CBE aAHR. 273 

hat und dieser bei einzeteeD der überiiefert^ Daten mitge* 
zählt sein könnte. Indefs das Gesammtergebnifs, der Cha- 
rakter des Kalenders als eines rein auf den astronomischen 
Sonnenmonat gebauten wird dadurch nicht in Frage ge* 
stellt — D«s Neujahr desselben fiel nach den vorliegenden 
Daten höchst wahrscheinlich auf den 1. des Krebsmonat oder 
den 26. Juni, das heifst auf die Sonnenwende (S.256 A. 1). 
-r— Fragen wir weiter, wann und wo dieser Kalender in Ge* 
brauch gewesen ist, so führen alle äufseren und inneren 
Zeichen auf die Zeit der ersten Lagiden und nach Alexan- 
dreia. Dafs die Beobachtungen entweder von Dionysios selbst 
angestdlt oder doch gleich von dem, der sie anstellte, dio- 
nysisch datirt worden sind, ist, zumal bei der geringen Ver- 
breitung dieser Aera, bei weitem die einfachste Annahme 
und Letronnes Vermuthung, dafs sie erst später dionysisch 
reducirt sein möchten, in hohem Grade unwahrscheinlich. 
Dafs die Beobachtungen in Alexandreia angestellt sein 
müssen, ist allgemein anerkannt, da Ptolemaeos bei jeder 
nicht alexandrinischen Beobachtung den Beobachtungsort 
genau angiebt. Das Epochenjahr der Aera ist in der ägyp- 
tischen Königstafel das erste des Philadelphos; dafs dies 
ein zufälliges Zusammentreffen sei, wie Letronne^^) be- 
hauptet, ist unglaublich, da Ptolemaeos I in Aegypten nicht 
ofQciell als König angesehen ward und die Dynastie der 
Ptolemäer dort vielmehr mit Philadelphos begann ^ 9), 



28) A. a. 0. p. 655. 

29) Finder in seinen vnd Friedländers Beitr. zur Münzkunde 
S. 119. Auf den Münzen erscheint natürlich dies Jahr nicht, son- 
dern nur das officielle Wandeljahr; doch ist es bemerkenswerth, 
dafs mit Philadelphos Regierungsantritt die Sitte begannt , die Mün- 
zen nach Regiemngsjahren zu datiren, während sie bisher entweder 
gar keine oder eine Aerenjahrzahl hatten, wie dies in dem angeführ- 

Mommsen, Chronologie. 8. Anfl. 18 



274 DAS FESTE AEOTPTISGHE JAHR. 

Überdies alle anderen in Aegypten gangbaren Aeren, die 
des Menephthes, die nabonassarische, die philippische, 
die augustisdie, die diocletianische in ähnlicher Weise an 
Regierungsantritte geknöpft sind. Ferner ist bereits Ton 
Scaliger 3 0) ein von Philadelphos zu wissenschaftlichen 
Reisen gebrauchter Dionysios nachgewiesen ^i), welcher 
sehr wahrscheinlich derselbe ist mit unsenn Astronomen. 
Allerdings würde, wenn diese Erwägungen richtig sind, 
damit zugleich erwiesen sein , dafs bereits unter Philadel- 
phos den alexandrinischen AsU*onomen der Thierbilder- 
kreis bekannt und geläufig war; und es hat dieser Um- 
stand Termuthlich dazu beigetragen Letronnes sonst so 
klaren Blick zu trüben und ihn zur Umstempelung dieses 
auch nach seiner Construction augenscheinlich ägyptischen 
Jahres in ein chaldäisches zu bestimmen. Es liegt nicht 
in meiner Competenz die vielbestrittene Frage über das 
Alter und die Herkunft dieser Zeichen aufzunehmen; dodi 
scheint nach allem, was darüber vorgebracht worden ist, 
die Unmöglichkeit, dafs die Zodiakalzeichen bereits zur 
Zeit der ersten Lagiden in Alexandreia könnten gebraucht 
worden sein , nichts weniger als erwiesen. — Von einem 
andern als gelehrten Gebrauch dieses Kalenders ist nichts 



ten belehrenden Aafsatz gezeigt worden ist. Dafs nach Philadel- 
phos Regierungsantritt noch Aereojahre auf ägyptischen UÖBzen er- 
scheinen, möchte ich bezweifeln ; die darauf bezogenen Ziffern wer- 
den doch wohl Regierungsjahre Euergetes 11. sein. 

30) Scaliger de emend. temp, (Ausg. 1629) p. 268. Aber das 
dSste Jahr des Euergetes, unter dem Sirach schrieb, hat mit der 
dionysischen Aera nichts zu schaffen ; es ist Euergetes IL gemeint, 
der sein erstes Regieruogsjahr als das 258te zu zählen beliebte. 

31) Plinius, 6, 17, 58: pate facta est (India) — auetaribus Grae' 
eis qui cum regibus IruUeis morati, stcut Meg€uthmes etDionysius 
a Phäadelpho tnissus ex ea causa. 



DAS FESTE AEGTPTISCHE JAHR. 275 

bekannt, wie denn auch die Benennung dafür spricht, dafs 
er nichts weiter als eine private astronomische Aufstel- 
huig war. 

Was dasVerhältnifs dieses dionysischen Jahres zu dem 
eodoxisch- italischen und dem späteren julianischen an- 
langt, so ist die Aehnlichkeit zwar unverkennbar, nament- 
lich mit dem ersteren und dessen astronomisch- techni- 
schen Datirungen nach ^Theilen^ der Thierkreiszeichen 
(S. 67); nnd mö^ich ist es, daiüs der dionysische auf den 
altem italischen Sonnenkalender eingewirkt hat. Doch 
bleibt es bei weitem wahrschemlicher, dafs beide in kei- 
nem äuTseriichen Zusammenhang stehen und die bezeich- 
nete Uebereinstimmung ledigUch beruht auf der überein- 
stimmenden Sitte der griechischen, ägyptischen und itali- 
schen Astronomen für wissenschaftlichen Gebrauch nach 
Graden oder Tagen der Ekliptik zu datiren. 



18 = 



V. 
CAESARS ObERGANGSJAHR. 

(Zu 8. 103.) 

Die Verlegung des Kaleaderneijyahrs von dem 1. Harz 
auf das bisherige Amtsneujahr des 1. Januar ist einer der 
wichtigsten Bestandtheile von Caesars Kalenderreform ge- 
wesen, aber schon im Alterthum unbillig übersehen wor- 
den; was zu einer schiefen Auffassung der Kalenderver- 
besserung überhaupt geführt hat. Es verhielt sich damit 
folgendermaTsen. Das Jahr 707, das letzte des alten Ka- 
lenders, war ein gewöhnliches 378tagiges Jahr mit 24tägi- 
gem Februar und 27tagigem Schaltmonat, von dem, wie 
von allen früheren, die ersten zehn Monate oder 298 Tage 
(März — December) unter das Gonsulat des Fufius und 
Calenus, die letzten drei Monate oder 80 Tage unter das 
folgende des Caesar und Lepidus fielen ; der letzte Tag 
dieses Jahres, der 27. des Schaltmonats ist vorjulianisch 
der 31. December. Darauf folgte das Uebergangsjahr 708, 
das schon die Tagzahl des gemeinen julianischen Jahres 
hatte, aber von diesem noch sich dadurch unterschied, dafs 
theils die zehn dem gemeinen Jahr zugesetzten Tage noch 
nicht auf die einzelnen Monate vertheilt waren, theils die 
beiden Monate Januar und Februar nicht unter diesen Na- 
men auftreten; denn da der Januar und Februar im J. 708 



GABSARS ÜBBR6ANGSJAHR. 277 

Boch die letzte, im J. 709 die ersten Monate des Jahres 
sein sollten, so hätten streng genommen zweimal Januar 
und Februar auf einandm* folgen müssen, was das Publicum 
verwirrt und für den an den 1. Januar geknöpften Amts- 
wechsd Unsicherheit herbeigeführt haben würde. Caesar 
zog es darum vor aus diesen 10 -|- 29 + 28 = 67 Tagen 
zwei aufs^ordentKche Schaltmonate (menses intercalares 
prior, posterior) zu bilden und diese zwischen November 
und December des Uebergangsjahres einzulegen, um mit 
dem 1. Januar 709 die neue Ordnung in möglichst wenig 
aufifallender Weise ins Leben treten zu lassen. Diese Ein- 
legung erreichte also den doppelten Zweck die Monate 
wieder in die ihnen zukommenden Jahreszeiten zu bringen 
und das Amtsneujahr zum Kalenderneujahr zu machen; 
es wurde dadurch wohl ein aufserordentliches Amtsjahr 
von 15monatlicher oder (80 + 365 =) 445tägiger Dauer 
hervorgerufen, indem die beiden aufserordentlichen Schalt- 
monate den Gonsuk des laufenden Jahres zuwuchsen, aber 
als Kalenderjahr betrachtet ist das Jahr 708 dem Wesen 
nach schon ein gewöhnliches julianisches , nur mit andern 
Monatsnamen und etwas anders geordneten Abschnitten 
und darum noch nicht als erstes julianisches gezählt. Dafs 
es Caesar selber so angesehen und den Schaltmonat vor 
dem März keineswegs aufgefafst hat als dem Kalenderjahr 
708 angehörig, zeigen so deutlich wie möglich die Benen- 
nungen der Schaltmonate als prior und posterior, nicht 
secundus und tertius. Damit ist die Frage erledigt, warum 
Caesar für sein Jahr einen so wunderlichen Anfangspunct 
gewählt hatO und nicht zum Beispiel, was so nahe lag. 



1) Ideler 2, 122 sucht die Veraniassuos dario, dafs der 1. Jan. 
noar auf einen Neumond habe fallen sollen ; allein was ging der 



278 CAESARS ÜBER0AN6SJAHR. 

das Wintersolstitium. Er hat gar nidit gewählt, sondern 
er liefs einfaeh den bisherigen Kalender mit 707 ablaufen, 
den eudoxischen mit 708 eintreten und deckte das in d^B 
alten Kalender gegen die Jahreszeiten entstandene Deficit 
dadurch, dafs in dem neuen Kalender der elfte Monat des 
alten zum ersten ward. Man sieht, die leidite Hand^des 
grossen Arztes hat auch im Kleinen sich nicht verleugnet 
und jenes monströse Yerwirrungsjahr yon 445 Tag^ ist 
nicht seine Schöpfung, sondern die der Späteren, welche 
nidit mehr verstanden Amtsjahr und Kalenderjahr zu 
unterscheiden^). 



Mondlauf den julianischeD Kalender an? Lydus de mens, 3, 12 fa- 
selt wie immer. 

2) Wenn Dio 43 , 26 diejenigen tadelt, die in Caesars Ueber- 
gangsjahr mehr als 67 eingeschaltete Tage annahmen, so hat er of- 
fenbar die richtige Vorstellung im Sinn, obwohl er sie nnr andeutet. 
Auch die wahnwitzige Idee des Solinus c. 1, dafs Caesars Ueber- 
gangsjahr 344 gemeine und 21 V4 (!) Schalttage gehabt, ist hervor- 
gegangen aus der ganz richtigen Angabe, dafs der sogenannte anmu 
coT{fvsionü nichts weiter gewesen sei als ein gemeines juliani- 
sches Jahr. Die Tagzahlen scheinen, sei es durch Solinus oder 
durch seiner Abschreiber Schuld , verdorben ; die ursprüngliche No- 
tiz mochte wohl enthalten, dafs Caesar sein cyclisches Jahr auf 
zwölf Mondumlänfe «= 354 Tage nebst dem Ueberschufs des Sonnen- 
laufs»» 11\4 Tag angesetzt, ferner schon dem Uebergangsjahr die 
cycliscbe Länge gegeben habe. Die Folgerungen, welche Lepsius 
(Monatsber. der Akad. 1858 S. 540) aus dieser verwirrten Stelle 
eines über die Mafsen gedankenlosen Scribenten zieht, sind külm, 
aber nicht glücklich; hier können sie übergangen werden, da auch 
Lepsius selbst schiiefslich darin nichts findet als ein Mifsver- 
ständnifs. 



VI. 

DER JÜLIAMSCHE SCHALTTAG*). 

(Zu S. 22.) 

Eine in dem africanischen Cirta kürzlich aufgefundene 
Inschrift 1) hat die viel und lange bestrittene Frage , wel- 
chem Tage des julianischen Kalenders der Name hissextum 
zukomme, authentisch entschieden. Der julianische Ka- 
lender giebt den Februar im Gemeinjahr bekanntlich fol- 
gendermafsen: 

Febr. 23. {TermmaUa) a. d. VII kalendas Martias 

- 24. (Regifugium) a. d. VI 
. 25. a. d. V 

- 26. a. d.lV 

- 27. a. d. m 

- 28. pridie 

Ob der hinzutretende Tag — ante diem bis sextum kalen- 
das Martias — Tor oder nach dem ante diem sextum da- 
tirten einzuschriten, also zu datiren sei entweder 

Febr. 24. a. d. VI kaiendas Martias 

- 25. a. d. bis Vi 

- 26.a.d. V 



*) Diese Notiz wurde schon in Gerhards archaol. Anzeifl^er 
(April 1857 d. 100) mitgetheilt ; sie wird hier wiederholt, da die 
Kunde der hier mitgetheilten Inschrift manchem erwünscht sein wird 
und das froher Gesag^te wesentlicher Aendemngen bedurfte. 

1) Exploration de CAlgMepl. 11/. 3; ^enxtv mHanges p. 252; 
inscr, de CAlgerie n. 1822 ; Henzen n. 6123 (cf. add.) 



/• 



280 DER JüLIANISGHE SCHALTTAG. 

oder vielmehr 

Febr. 24. a. d. bis VI kalendas Martias 

- 25. a. d. VI - - 

- 26.a. d. V 

war bestritten. Die letztere Annahme ist jetzt die gang- 
bare und von den besten Autoritäten gebilligte^). Allein 
die neuaufgefundene Inschrift: 

TEMPLTM DEDIG 

L . VENVLEIO APRO 

NIANO II L • SERGIO 168 D. Chr. 

PAVLO iT» cos 

y . K • MART • QTI • DI 

ES POST DIS • VI • K • FVIT 

zeigt, dafs vielmehr die erstere Datirung die richtige ist. — 
Dasselbe, v^as jetzt diese Inschrift lehrt, hatte man längst 
aus einer andern Nachricht schliefsen können, wenn man 
sie für diese Frage benutzt hätte. Nach des Kaisers 
Jovianus plötzlichem Tode am 18. Febr. 364 n. Chr. ») 
wurde Valentinianus abwesend auf den Kaiserthron beru- 
fen. Als dieser auf die Nachricht hin bei dem Heer in 
Nikaea zufallig am Tage vor dem Schalttag eintraf, Uefs 
er , um nicht von diesem für unglücklich gehaltenen Tage 
sein Regiment zu beginnen , sich den Tag nach seiner An- 
kunft nirgends sehen und nahm erst am zweiten Tage 
nach derselben das Diadem^). Nun ist aber der Tag sei- 



2) Ideler Chron. 2, 622. Savigoy System 4, 456. 

3) TillemoDt hist. des etnp. 4, 703. Ich folgte dex übereiDStim- 
menden Angabe der Pascbalchronik (1, 555 ed. Bood.) und der ersten 
Leydeaer Handschrift des Eatrop (a.£.)) anderswo finden sich kleine 
Abweichung^en. 

4) Ammianus 26, 1,7: cum venisset — nee videri die secundo nee 
prodire in medium vokdt, bissextum vitmis Februarü mensis tunc 
älucescens, quod aUquoties reiRomanaeftässedignoratinfaustum, 



DER JULUNISGHE SCHALTTAG. 281 

ner Thronbesteigung nach der übereinstimmenden Angabe 
der glaubwürdigen Chronisten ') der 26. Februar (a. d. F. 
k. Marl) und es folgt also auch hieraus, dafs der Bissex- 
liltag der 25., nicht der 24. Februar gewesen ist — Dazu 
pafst endlich vollkommen, dafs nach der Angabe der Rechts- 
bücher 'posterior dies intercalatur , non prior* ^) und 
'posterior dies kälendarum intercalatur* ^); was man nur 
durch eine die rückläufige Tagzählung des römischen Ka- 
lenders sehr gezwungen auf den prior und posterior dies 
der gemeinen Sprache übertragende Interpretation zu be- 
seitigen gewufst hat. Die einzige Stütze der entgegenste- 
henden Ansicht war die Einlegung des alten Schaltmonats 
unmittelbar nach den Terminalien; seitdem es sich heraus- 
gestellt hat, dafs derselbe nicht immer nach dem 23., son- 
dern bald nach diesem , bald nach dem 24. Febr. eingelegt 
ward (S. 21), ist kein Grund mehr vorhanden einen andern 
als den 25. Febr. des Schaltjahrs, a. d. bis VI k, Martias, 
für den eingelegten und rechtlich in den 24. Febr. einge- 
worfenen Tag zu halten. 



5) Idatius za diesem Jahre, Chr. Pasch. 1, 555 ed. Bonn., Tille- 
mont hist, des emp. 5, 5. 671. 

6) Di^, 50, 16, 98 pr. 

7) Z%. 4, 4, 3, 3. 



vn. 

DAS ERSTE JULIANISGHE SCHALTJAHR. 

(Zu S. 66.) 

Ideler 1) erklart das erste julianiscbe Jabr, 709 d. St 
Yarr. oder 45 vor Chr., für ein Schaltjahr; und Böckh^) 
räumt bei id)rigens abweichender Auffassung doch die 
Thatsache selbst ein. Da indefs in neuester Zeit die ent- 
gegengesetzte Meinung, dafs 709 Gemeinjahr gewesen, von 
Lepsius wieder aufgenommen und lebhaft vertheidigt wor- 
den ist 3), wird es nothig die Beweise dafür zusammenzu- 



1) Haadb. 2, 131. 

2) Epigraph.- chronol. Stad. S. 93 fg. Nach seiner Aasicht wäre 
allerdings der Febraar des Jahres 709 29tiigig gewesen , allein es 
sei diese Schaltang nicht auf das erste jalianische Qoadrienninm za 
beziehen, da dieses nicht mit dem 1. Januar, sondern mit dem 1. 
März 709 begonnen habe; wo denn allerdings die Schaltung im 
Febraar 709 nur gefafst werden könnte als Schaltung am Ende 
eines andern juiianischen zufällig unvollständigen yierjährigen Cy- 
clus. Allein abgesehen von der Seltsamkeit eines solchen vor dem 
ersten julianischen Quadriennium vorauflaufenden und doch selbst 
nicht vorjulianisch, sondern julianisch geordneten Jahrbruchstückes 
hat er nicht erwiesen, was doch zu beweisen war, dafs es noch im 
caesarischen Kalender ein Märzneujahr gegeben habe; das Gegen- 
theil, dafs nämlich Caesar das Januameigahr in den ofßcielien Ka- 
lender einführte, ist in der fünften Beilage S. 276 gezeigt. 

3) Monatsberichte der Berliner Akad. 1858 S. 451 fg. Meine 



DAS ERSTE JULIANISCBE SCHALTJAHR. 283 

stellen, dafs das Jahr 709 in der That 366tagig gewe- 
sen ist. 

1) Ausdrucklich als BissextUjahr ist das fragliche Jahr 
bezeugt bei dem Chronographen von 354 ^); und es wird 
dies Zeugnifs auch dadurch in seinem Werthe kaum ge- 
schwächt, dafs in diesen Fasten die normale julianische 
Schaltung für die julianische und vorjulianische Zeit an- 
tidpirend durchgeführt ist. 

2) Zu dieser Annahme pafst auch der Bericht über die 
julianischen Nundinalbuchstaben. Das Jahr 715 würde, 
wenn nicht in dem Jahre vorher eine Kalenderänderung 
stattgefunden hätte, mit dem Nundinalbuchstaben A be- 
gonnen haben ^); demnach fing das Jahr 714, Gemeinjahr, 



Erwiederung^ ebendaselbst S. 498. Lepsins Replik ebendaselbst S. 
531 fg. Das folgende ist gröfstentheils wörtlicb ans der eben ange- 
führten Erwiedemng wiederholt. 

4) S. 61 S meiner Ausg. Beiläufig erwähnt dies Zeugnifs Ideler 
Handb. 2, 239, der darüber also doch anders gedacht zu haben 
scheint als Lepsius a. a. 0. S. 549. 

5) Dio 48, 33. Die Worte gehören einer nach dem Schlufs des 
Berichts über das J. 714 eingelegten die J. 713 und 714 zusam- 
men betreffenden Einschaltung an, welche beginnt mit den Wor- 
ten: hf T€ T^ nQÖ TovTov hcL (713) und schliefst mit raiJTci 
fih iv ToTs dvo heaiv (713. 714) iyCvtro. Lepsius (Monatsber. 
a. a. 0. S. 541) geht also zu weit, wenn er behauptet, dafs Dio die 
Einschaltung in das J. 713 setze; aber allerdings gestatten die 
Worte des Schriftstellers die Einschaltung sowohl in 713 als in 714 
zu legen. Da indefs bei der zweiten Annahme die Nundinalbuch- 
staben sich befriedfgend erklären, die erste dagegen auch nach 
Lepsius hierin ein blofses Räthsel hinstellt, so wird es gerechtfer- 
tigt sein bei der bisher gangbaren Auffassung zu bleiben. — Der Voll- 
ständigkeitwegen mag hier noch angeführt werden, dafs die verwandte 
Nachricht bei demselben Schriftsteller (60, 24) über eine Verrückung 
der Nundinalbuchstaben im J. 797 Varr. , 44 n, Chr. ; rriv nyogciv 



284 DAS ERSTE JUUANIgCHE SCBALTJAHR. 

mit dem Buchstaben D, 713, Gemeinjahr, mit dem Buch* 
Stäben 6, 712, Schaltjahr, mit dem Buchstaben A, 711, 
Gemeinjahr, mit D, 710, Gemeinjahr, mit G, folglich 709, 
wenn es Gemeinjahr war, mit dem Bachstabea B, wenn 
Sehaltjahr, mit dem Buchstaben A an<^). Aber es kann 



Ttiv Sia Tc3v Ivv^a rjfifQtSv ael ayofi^vriv U hiqav tffi^Qav hqtiv 
Ti,vtiv iv€xa fiiri&eüav xtd tovto xtd aXXoJB noXldxis iyivero 
— nicht bezog^en werden kann auf das Zusammentreffen des Neu- 
jahrs mit dem Buchstaben A, da nach keiner Rechnung, mag man 
nun den 1. Jan. 715 oder den 1. Jan. 714 mit A bezeichnen, weder 
der 1. Jan. 798 noch auch nur der 1. Jan. 797 auf A auskommt (s. 
die JVundinaltabelle S. 297). Da die Elemente der Rechnung alle 
wohl gesichert sind, die stattgefundenen Verlegungen aber durch 
Compensation sogleich wieder eingebracht worden sein müssen , so 
mufs es sich hier um das Zusammentreffen nicht des Neigahr-, son- 
dern irgend eines anderen Festes mit A handeln, welche Auffassung 
in dem Bericht, dafs auch das Zusammentreffen der Nonen mit dem 
A-Tag als unglückbringend gegolten habe, so wie in Dios Worten 
selbst hinreichenden Anhalt findet 

6) Merkel (zu Oviä fast p. XXXII) hat sich bei der gleichen 
Rechnung in der Ansetzung der Schalljahre versehen und daher un- 
richtige Ziffern gefunden. — Etwas anderes hat Lepsius sich zu 
Schulden kommen lassen. 'Wäre', sagt er a. a. 0. S. 550, 'im Jahre 
715 'der Nundinalbuchstabe A gewesen, so wäre im Jahre 714 nicht 
'D, sondern F, 713 nicht G, sondern C, 712 richtig A, 711 aber F, 
*710 C, 702, wenn Schalljahr A, wenn Gemeinjahr H der ^ondinal- 
'buchstabe gewesen'. Mit dieser angeblichen Berichtigung verhält 
es sich folgendermafsen. Wenn man die Setzung der JNundinal- 
bnchstaben, mit einem beliebigen Tage z. B. mit dem 1. Jan. 709 als 
mit A beginnend, von da ab durch die Folgejahre fortfuhrt, so kann 
dies entweder reell oder schematisch geschehen, d. h. man kann den 
Kalender entweder wirklich Jahr aus Jahr ein fortsetzen, also z. B. 
wenn der letzte Dec; 709 F hat, dem folgenden I.Jan. 710 G geben, 
wo denn natürlich der Anfang der Nundina durchaus siit A bezeich- 
net ist; oder man kann auch sich dabei des julianischen Kalender- 
Schemas in der Art bedienen , dafs der Anfang der Nundina in jedem 



Bä» IR8TB JULUNISCi» SOBALTJAHR. 285 

nur mit dem Biutetaben A begomien hab^, da es mi- 
sdiicklidi wäre den AnfBOgspunct dieser Nundmalzi^ 
long') anderswo anzusetzen als in den Anfang der ju- 



Jahr bezeichnet wird darch den Bochstaben, mit dem der erste nach 
Ablaof der zur Ergänzung der im Vorjahr letztvergangenen Woche 
erforderlichen Tage eintretende Wochenanfangstag im Schema be- 
zeichnet ist. In diesem Sinne spricht man wohl von einem Jahman- 
diaalbachstaben , welcher zum Beispiel für 710, da die erste volle 
Woche mit dem 3. Januar beginnt, C sein würde. In welchem Sinne 
die eine Bezeichnung richtig, die andere also falsch genannt werden 
kann , gestehe ich nicht zu begreifen ; an sich zulässig ist die eine 
wie die andere. Nur darüber etwa liefs sich streiten , ob die eine 
Bezeichnung passend, die andere unpassend sei; und auch hier 
scheint mir der Vortheil auf Seite der von mir vorgezogenen sehr 
entschieden. Quellenmäfsig bezeugt ist keine von beiden ; mir we- 
nigstens ist weder von dem reellen noch von dem schematischen 
Sprachgebrauch irgend ein sicheres Beispiel für die Nundioal-, ja 
nicht Einmal für die gleichartigen christlichen Sonntagsbnchstabea 
aus dem Alterthum bekannt — mittelalterlicher und moderner 
Sprachgebrauch kann natürlich nicht entscheiden. In den wenigen 
Stellen, wo überhaupt davon die Rede ist, pflegt der Tag als nun- 
dmae, in dem späteren Sinne »» 'Anfangstag der achttägigen 
Woche', bezeichnet zu werden (S. 253 A.49) und es ist daraus 
nicht zu ersehen, mit welchem Buchstaben man sich denselben be- 
zeichnet gedacht hat. Da nun aber die schematische Bezeichnung 
doch offenbar nur die reelle vertritt und aus dieser abgeleitet, also 
jünger ist, der schematisehe Jahrnundinalbuchstabe für 710 einzig 
defshalb G wird, weil in dem fortgeführten Kalender dieses G viel- 
mehr A sein würde, so kann ich es nur passend finden vorzugsweise 
der reellen den wahren Sachverhalt dem Leser bei weitem deut- 
licher vor Augen legenden Bezeichnung sich zu bedienen, nament- 
lich wo jedem MiTsverständnifs ausreichend vorgebeugt und noch 
dazu für die Hauptsache es ganz gleichgültig war, welcher Aus- 
druck gewählt ward — denn für die fraglichen Jahre treffen beide 
Bezeiehnungsweisen auch formell zusammen. 

7) Also nicht der Nundinalzählung überhaupt, wie Lepsins 
(a. a. 0. S. 550) mich verstanden hat. Nundina hat man seit langem 



286 DAS BESTE JUUAMIS€m 8CRALTJAHE. 

lianischen Aera selbst. Lepsius Einwand®), dafs die 
mit d^n Nundinalbuchstaben A anfangenden Jahre als un- 
^ckliehe gegolten hätten und daher das Jahr 709 nicht 
damit habe anfangen können, erledigt sich durch den oben 
S. 25 geführten Beweis, dafs die aus diesem Aberglauben 
hervorgegangene Ein- und Ausschaltung keineswegs bis in 
die republikanische Zeit hinaufreicht, sondern erst während 
der Revolution des Staats und des Kalenders sich gebildet 
hat; wie denn namentlich durdi ausdrückliches Zeuguifs 
feststeht, dafs das Jahr 676 (S.25), ja noch das Jahr 702 o) 
mit dem Nundinalbuchstaben A begannen und das erste 



gezShIt, aber es scheiot mir nicht wahrscheinlich, dafs man die vor- 
caesarische Nnndinalzählong in den caesarischen Kalender binüber- 
g^eführt hat. Dafs es möglich gewesen , leugne ich nicht ; aber bei 
der Einfähmng einer neuen Aera und eines neuen Kalenderschemas 
wird doch angemessen deren Einfühmngstag auch als Wochenan- 
fangstag gedacht. 

8) Monatsber. 1858 S. 452. 

9) Dio 40, 47. Allerdings führt dieser Schriftsteller den FaU, 
dafs der Buchstabe A auf den 1. Jan. 702 traf, als einen aufserordent- 
lichen auf, der durch die Verzögerung der Magistratswahlen für 
702 bis in den dritten Monat dieses Jahres selbst veranlafst worden 
sei: avaQXTOLnavreXßg olPtofiaZoi xa TtQÖJta tov Hovg kyivovxo, 
Ttdx Tovrov ovT€ Ti allo /Qrjatov awißri xal 17 äyoga tj Siä reov 
iwia äel rifKQ&v ayofiivrj iv avry rjf tov ^IccvovagCov vovfAvfl'Ct^ 
rjx^' Allein das ist, so wie er es sagt, sinnlos; denn um zu ver- 
hüten, dafs der 1. Jan. 702 auf A traf, mufste man den Kalender 
nicht des J. 702, sondern den des J. 701 verändern, und in diesem 
war der Staat ja keineswegs herrenlos. Offenbar hat den späten 
Schriftsteller seine irrige Vorstellung von dem hohen Alter dieses 
Aberglaubens und der dadurch veranlafsten Ein- und Ausschaltun- 
gen (Dio 48, 33) dazu veranlafst den ihm vorliegenden, mit dieser 
Meinung allerdings nicht verträglichen Bericht der älteren Annalen, 
worin die Bezeichnung des 1. Jan. 702 mit A unter den (bei Dio so- 
gleich folgenden) Unglückszeichen dieses Jahres aufgeführt war, in 



DAS EB8TB JCLUNI8€IE SCHALTJABB. 287 

Jahr, bei dem nadiwddicb der Reiche Fall durch eine 
aafserordenlliche Kalenderändenuig verhindert ward, das 
J.715 ist. Sdir wahrscheinlich ist es auch gar nicht ZufaU, 
dafs unter d^ vielen gleichartigen Kaloideränderungen al- 
lein die des J. 715 in den römischen Annalen sich verzeich- 
net findet; vielmehr wird sie in den älteren und bes- 
seren Quellen ehea als die erste ihrer Art aufgeführt ge- 
wesen und durch die Bemerkungen zu den Jahren 676 
und 702 reditfertigend eingdeitet worden sein. — Es 
ist fast überflussig hinzuzufügen, dafs das normale Sche- 
ma des julianischen Kalenders selbst, wie es in allen 
uns erhaltenen Kalendern vorliegt, ebenfalls die Nundinal- 
buchstaben von Ä ab ansetzt und damit unwidersprechlich 
zeigt, dafs bei Einführung des juUanischen Kalenders man 
weit entfernt davon war wegen eines solchen Jahranfangs 
sich Scrupel zu machen. 

3) Endlieh ist der julianische Cydus nur dann mit sidi 
selbst in Harmonie, wenn das erste Jahr desselben als 
Sdialtjahr gesetzt wird. Durch die bis auf unsere Zeit 
herabreichende Continuitat ^e durch eine Menge einzelner 
Zeugnisse steht die julianische Schaltung insofern fest, als 
z. B. das Jahr 168 n. Chr. inschriftlich als Schaltjahr be- 
zeugt ist (S. 280) und damit auf- oder absteigend alle 
übrigen Schaltjahre durch einfache Rechnung gegeben sind. 
Nun war aber das Schaltjahr 168 n. Chr. das 213te julia- 



seiner wohlbekannten Weise pragmatisch za entstellen; wobei es 
ihm hier indefs einmal begegnet ist einen ganz unmöglichen Causal- 
nezas zu ersinnen. — Lepsias (a. a. 0. S. 550) wendet hiegegen 
ein, dafs doch Ende 701 schon die höchste politische Aufregang in 
Rom geherrscht habe. Gewifs; aber nach welcher Interpretations- 
maxime werden die Worte avaquxoi tu nqüxa tov hovg über- 
•etzt: apolitisch aufgeregt zu Ende des Jahres?' 



I 

288 DAS EISTE JULIAIflSCHE SCHALTJAHR. 

iMSche Jahr und folglieh mit mathematischer Nothwendig- 
k«il auch das Jahr 45 v. Chr. oder das erste julianische 
Jahr ein Schaltjahr. Allerdings war inzwischen in den 
ersten Dec^nien nadi Caesars Tod der Kalender in Ver- 
wirrung gewesen; aber da Augustus ihn wieder in Ord- 
nung gebracht hatte, wird man doch annehmen müssen, 
dafs er auch in der That wieder in Ordnung kam und also 
jedenMs zwischen den aulWärts und abwärts aufserhalb 
der Verwirrung liegenden Epochen eine vollständige Har- 
monie vorauszus^en haben. Lepsius Construction läfst 
dagegen einen ungebesserten und meines Erachtens un- 
möglichen Fehler nicht blofs als vorübergehenden, sondern 
als bleibenden dem julianischen Kalender ein für allemal 
anhaftenden stehen. Nach seiner Ansicht nämlich, wonach 
das Schlufsjahr des Cyclus das Schaltjahr gewesen sein 
soll, hätten unsere Vorfahren nothwendig nidit im 213., 
sondern im 212. julianischen Jahr zum 53. Mal einschal- 
ten, also nicht das J. 168, sondern das J. 167 nach Chr. 
zum Schaltjahr machen müssen, ja müfsten demnächst 
wir nicht 1S60, sondern 1859 einschalten. Eine solche 
Construction führt, wie man sieht, mit zwingender Noth- 
wendigkeit dahin, dafs einmal im Laufe des juHanischen 
Cyclus die Einschaltung vernachlässigt und fehlerhaft um 
ein Jahr verzögert worden ist; und dieser Annahme ver- 
sagt sich meines Elrachtens durchaus der wissenschaftliche 
Glaube. — Nicht besser erscheint die Hypothese, wenn wir 
ihr ins Einzelne folgen. Der bisherigen Annahme zufolge, 
wie sie auf Grundlage der alten Zeugnisse Ideler ent- 
wickelt » 0), sollte nach Caesars Absicht 709,713,717,721, 



10) Afacrob. sat 1, 14, 13 fg. Solinus 1 p. 4 B Salm. Plin. h. n, 
18, 25, 211. SuetoD. ^ug. 31. Ideler Handb. 2, 131 fg. — Ich sehe 



DAS ERSTE JUUANISGAE SCHALTJAHR. 289 

725, 729, 733, 737, 741, 745, 749, 753, 757 eingeschahet 
werden ; aUein iodem der vierjährige Cyclus falsch als drei- 
jähriger aufgefafst ward, wurde 709, 712, 715, 718, 721, 
724, 727, 730, 733, 736, 739, 742, 745 eingeschaltet, bis 
Aogustus im J. 746 > ^ ) Einhalt that, die Schaltjahre 749, 
753, 757 aufserordentlicher Weise zu Gemeinjahren madite 
und damit bewirkte, dafs von 709 bis 760 die dreizehn 
erforderlichen Schaltungen richtig, wenn auch nicht in ge- 
höriger Folge eintraten, worauf dann von 761 ab der Ka- 
lender in normaler Ordnung lief. Hierin ist wohl auch 
Irrthum, aber doch ein denkbares und bis zu einem ge- 
wissen Grade rationelles Verfahren. Gewifs darf man dem 
römischen PontificalcoUegium einiges Thörichte zutrauen; 
aber es wird doch rathsam sein auch darin Mafs zu hal- 
ten und den römischen Theologen nicht etwa eine ab- 
stracte Zuneigung zum Absurden beizumessen. Wer, 
wie es Lepsius thut, statt der anticipirenden post- 
Bumerirende Schaltung fordert, mufs, wenn er den 
Cyclus vierjährig fafst, 712 und 716, wenn dreijäh- 
rig, 711 und 714 als die zwei ersten Schaltjahre an- 
setzen; Lepsius Annahme aber, dafs die erste Einschaltung 
712, also vierjährig, die zweite 715, also dreijährig statt- 
gefunden, läfst die Pontifices zwischen beiden Interpreta- 
tionen hin und her springen und schliefslich gar keiner 
Methode folgen, um auf diese Weise zu dem einen für 
ihn nothwendigen Fehlerjahr zu gelangen. Wenn nun 



hier, der Kürze wegen, ab von den durch das A - Neujahr wahr- 
scheinlich veranlafsten Schaltjahrverlegungen (S. 298), da es für 
die ans hier beschäftigende Frage gleichgültig ist, ob man statt der 
oben aufgeführten pontificalen Schaltjahre von 715 ab die Vor- 
jahre setzt. 

11) Sueton j4tig, 31 vergl. mit Censorin 22, 16. 

Kommsen, Chronologie. 2. Anfl. 19 



290 DAS ERSTB JULIAN18G1E SCHALTJAHIU 

gar, wie dies — freilich ohne Beweis und ohne Wahr- 
scheinlichkeit — Lepsius annimmt, aus Caesars Ver- 
ordnung unmittdbar hervorging, dafs die erste Schal- 
tung im J. 712 stattfinden sollte, so müfsten die geistlichen 
Herren doch rein den Verstand verloren gehabt haben, um, 
mit diesem sachlichen Commentar in der Hand, die sprach- 
lich zweideutigen Worte quarto quoque anno anders zu 
deuten als auf jedes vierte Jahr. Die 'pedantisch genaue 
Auffassung', dafs vom 1. Januar 709 bis 25. Februar 712 
nicht vier Jahre, sondern 3 Jahre und noch nicht ganz 
2 Monate verflossen gewesen und Caesar also doch wohl 
eine dreijährige Einschaltung gemeint haben könne, macht 
Übel noch ärger; denn man schaltet bekanntlich in das 
Jahr, und jede Schaltung, die in das vierte Jahr fallt, wo 
immer sie eingelegt werde , constituirt einen vierjährigen 
Schaltcydus. — Lepsius setzt dann weiter die zweite Un- 
möglichkeit, dafs auch Äugustus diesen groben Fehler 
ub^sehen und seine Kalenderverbesserung so eingerichtet 
haben soll, als hätten die Pontifices von Anfang an drei- 
jährig geschaltet. Er sieht sich gedrängt zu der zwie- 
fadien Behauptung, dafs Äugustus nicht mehr gewuf^t, wie 
Caesar geschaltet und dafs er die ersteu vier julianischen 
Jahre fälschlich fär Gemeinjahre genommen habe. Also 
soll in der damaligen Metropole der Bildung jene Satzung 
Caesars innerhalb eines Menschenalters für die Behörden 
selbst verschollen und Caesar von seinem Sohn und Erben 
eine Ordnung beigemessen sein, von der Lepsius selbst nur 
zu richtig kurz vorher sagt, es werde niemand sich überreden 
können, dafs dies Caesars ursprüngliche Meinung gewesen 
sei. Kurz, von welcher Seite immer man die von Lepsius 
vorgeschlagene Construction des caesarischen Kalenders be- 
trachtet, verstöfst sie gegen directe und indirecte Zeugnisse 



DAS BR8TE JULUNISCflE SGIALTJAHR. 291 

und vor allem gegen die mathematische Möglichkeit der 
Dinge. 

Eine solche Construction wurde man kaum hinnehmen, 
wenn sie durch bestimmte und unwiderlegliche Zeugnisse 
gestützt wäre; dies aber ist hier so wenig der Fall, dafs 
für dieselbe schlechterdings kein Grund angeführt wird, 
der auch nur Schein hätte * ^). Zwar wird Gewicht gelegt 
auf das Zeugnifs des Macrobius ^^): hie error sex et tri- 
ginta annis permansit, quibus annis intercalati sunt dies 
duodedm, cum debuerint intercalari novem; sed hunc 
quoque errorem sero deprehensum correxit Augustus, ui 
Uli tres dies qui per annos triginta et sex vitio sacerdotalis 
festinationis excreverant, sequentibus annis duodecim nuUo 
die intercalato devorarentur , womit Solinus i ^) und Pli- 
nius^^) wesentlich übereinstimmen. 'Wäre\ sagt Lep- 
sius 1 ®), ^schon im J. 709 eingeschaltet worden, so hätte 
^Aothwendig gesagt werden müssen, es sei, wenn man den 
^Schalttag in den Anfang der Tetraeteriden legen will, in 
^40 Jahren dreizehnmal eingeschaltet worden; aber von 



12) Die Hypothese über die Einfohraog der alezaDdrinischea 
Zeitrecbomig, aus der diese über das julianische Jahr 709 zuoäcbst 
hervor^egaogen za sein scheint, hat Lepsias später seU>er fallen 
lassen (S.263 A. 12), so dafs es unnöthig ist noch besonders ausza- 
führen, dafs von dieser Seite her der letzteren keine Unterstützung 
erwächst 

13) sat. 1, 14, 13 fg. 

14) p. 4 B: Per annos sex et triginta cum novem. dies tantum" 
modo st^ffictere debuissent, duodecim sunt intercalati, Quod repre^ 
hensum (sehr, deprehensum) augustus r^ormavit iussitque annos 
XU sine tntercalatione decurrerCy ut tres tili dies, qtd ultra novem 
neeessarios tetnere fuerant intercalati, hoc modo possent repensari, 

15) h, n. 18, 25, 211; ea ratio postea comperto errore correcta 
est, ita ut Xfl annis continuis non interctdaretur, 

16) A. a. 0. S. 535. 

19* 



292 DAS ERSTE JULIANISCHE SCHALTJAHR. 

^zwölf Sdial^ahren konnte dann in keiner Weise gesprochen 
'werden'. Ich denke, es konnten nicht blols, es muTsten 
nicht dreizehn genannt werden, sondern eben zwölf. Die 
augusteische Correction erfolgte anerkanntermafsen im J. 
746, also nach meiner Ansicht im Laufe der zehnten julia- 
nischen Tetraeteris des unverfälschten Kalenders; es war 
in diesen zehn Tetraeteriden 709 — 748 einmal richtig ge- 
schaltet worden, im J. 709, zwölfmal falsch oder min- 
destens nach falschem Princip » '^): 712, 715, 713, 721, 
724, 727, 730, 733, 736, 739, 742, 745. Was also war 
natürlicher, ja noth wendiger, als dies so auszudrucken, 
daTs zwölfmal — nicht überhaupt geschaltet, aber zwölf- 
mal falsch geschaltet worden sei und die Verwirrung sich 
über die neun Quadriennien oder 36 Jahre 712 — 748 
erstreckte? Die leicht erklärliche Ungenauigkeit, wenn es 
eine ist, dafs die erste falsche Schaltung bereits in das 
SchluTsjahr des ersten Quadrienniums fällt, also genau 
genommen die Verwirrung 37 Jahre gewährt hat, hat diese 
Erklärung mit Lepsius eigener gemein; denn auch nach 
seiner Ansicht, wonach die Berichterstatter die Jahre 
709 — 746 gemeint haben sollen, kommen nicht 36, son- 
dern 37 heraus. Ebenso sind die zwölf schaltlosen Jahre 
augenscheinlich die drei julianischen Cyclen 749 — 752, 
753 — 756, 757 — 760, denen ausnahmsweise der Schalt- 
tag gefehlt hat und nach deren Ablauf mit dem J. 761 der 
Kalender wieder in Ordnung kam. — Wie nun hier nichts 
vorliegt als ein Mifsverständnifs klarer Quellenzeugnisse, 
so widerstreitet die Behauptung, dafs der Cyclus seinem 
Wesen nach nicht mit einem Schaltjahr habe beginnen 



17) Denn die Jahre 721,733, 745 würden aach bei richtigem Ka- 
lender Schaltjahr geworden sein. 



DAS ERSTE JDLIANISCHE SCHALTJAHR. 293 

können, sogar eben diesen richtig begriffenen Wesen des 
Cydus. Wenn beiläufig hinzugefugt wird, dafs im J. 
708 eine grofse leicht um einen Tag zu veriängernde 
auTserordentliche Einschaltung stattgefunden hatte, also 
mit Leichtigkeit das Jahr 709 als Gemeinjahr construirt 
werden konnte ^ ^), so ist dies erstlich thatsächlich nicht 
richtig; denn, wie anderswo i^) gezeigt worden ist, war 
für Caesar das sogenannte Yerwirrungsjahr keineswegs 
beliebig erstreckbar, sondern dessen Dauer durch an- 
derweitige Umstände von vorn herein gegeben. Zwei- 
tens ist mit jener Behauptung nichts gesagt als dafs 
das angebliche Princip noch einmal wiederholt wird 
und zwar in einer Weise, welche deutlich zeigt, wie 
befangen Lepsius von dem seltsamen Glauben ist, als 
sei eine anticipirende Schaltung gleichsam ein Nothstand. 
Es hat nie jemand bezweifelt, dafs Caesar die anticipirende 
Schaltung hätte vermeiden können, zwar nicht durch Ver- 
längerung des Uebergangsjahres um einen Tag, aber wohl 
durch das postnumerirende Princip, an dessen Einfuhrung 
ihn nichts gehindert haben wurde. Nur das fragt sich, ob 
er nicht eben die Anticipation vorgezogen und ob er in 
derselben nicht mit Lepsius einen Unglücksfall, sondern 
vielmehr eine theoretisch und praktisch der postnumeri- 
renden ebenbürtige Methode erkannt hat. Die in der 
letzten Zeit so viel und zum Theil so heftig erör- 
terte Frage über die Rationalität oder Irrationalität der 
pränumerirenden Schaltung soll hier nicht abermals 
aufgenommen, sondern nur kurz die wissenschaftliche 
Tragweite dieses Arguments ins Auge gefafst werden. 



IS) A. a. 0. besonders S. 534. 
19) Beil. V S. 276. 



294 DAS EISTE JULIANISGHB SCHALTJAHR. 

Niemand hat geleugnet und niemand kann leugnen , dafs 
die pränumerirende Schaltung theoretisch und praktisch 
der postnumerirenden an sich gleich steht. Alle Schaltung 
beruht darauf, dafs man mathematisch gleiche Zeiteinheiten 
praktisch theils länger , theils kurzer setzt als sie wirklich 
sind, um durch mehrfache gegenseitig sich aufhebende 
Fehler in einem gewissen Multiplum der Einheit, dem so- 
genannten Cyclus wiederum auf die mathematisch richtige 
Zeitlänge zu kommen; und dies Resultat wird erreicht, 
mag man nun das verlängerte Jahr den verkürzten vorauf, 
nach oder beliebig zwischen sie stellen. Lepsius Äufse- 
rung2 0), dafs *Caesar seinen Kalender ganz von vom ohne 
Rest habe anfangen wollen', enthält eine wahre Unmöglich- 
keit; denn wie Caesar auch sein erstes Jahr construirte, 
so fiel es entweder um 6 Stunden zu kurz oder um 18 
Stunden zu lang aus, gab also auf jeden Fall einen Rest. 
Ob also der Dictator das erste, zweite, dritte oder vierte Jahr 
seines Cyclus zum Schaltjahr ausersah, war für den Mathe- 
matiker ebenso gleichgültig wie für den praktischen Kalen- 
derbenutzer. Was die Gegner der Anticipation behauptet 
haben und vernünftiger Weise behaupten konnten, ist le- 
diglich dies, dafs der menschliche Geist einfacher und 
leichter zu der postnumerirenden Schaltung gelangt als zu 
der anticipirenden; und in dieser Fassung bin auch ich 
von der Richtigkeit des Satzes überzeugt. Allein einleuch- 
tend mufs ein derartiger Probabiiitätscalcul allemal weichen, 
wo bestimmte Zeugnisse ihm entgegenstehen; und dies ist 
bei dem julianischen Kalender der Fall. Ueberall möchte 
die praktische Anwendung jenes Wahrscheiniichkeitssatzes 
auf chronologische Controversen sehr ernstlichen Redenken 



20) A. a. 0. S. 534. 



DA& EBSTE JULIANISCHE SCHALTJAHR. 295 

unleiliegen, da hier in der Regel noch eine Menge anderer 
Bedingungen eingreifen, namentlich die bd jeder Aeren- 
reform sehr wichtige Rücksicht von der bestehenden Ord- 
nung sich in möglichst unscheinbarer Weise zu entfernen ; 
durch diese kann der Reformator sehr leicht bestimmt 
werden die an sich schlichtere Procedur einer kunstlicheren 
nachzusetzen. Wenn für die jülianische Reform das Änti- 
eipationsprindp vorgezogen worden ist, so war dafür ohne 
Zweifel die Ursache die ^ ^ ), dafs der caesarische Kalender, 
wie ich erwiesen zu haben meine ^ 2)^ jm Wesentlichen der 
ältere eudoxische in seiner Fassung als italischer Rustical- 



21) Ad eine Anknüpfong des caesarischen Scbaltcychis an den 
älterea, wogeg^ Lepsins a. a. 0. S. 534 streitet, habe ich wenig- 
stens nicht gedacht und konnte es auch nicht, da es nach meiner An- 
sicht (S. 40 fg.) seit 563 in Rom gar keinen Schaltcyclns mehr ge- 
geben bat. Uebrigens ist es falsch, dafs nicht zwei römische Schalt- 
jahre hätten auf einander folgen kö'nnen (S. 42). 

22) Lepsins freilich (a. a. 0. S. 538. 539) will weder den ägyp- 
tischen Kalender als unmittelbares Vorbild des jnlianischen noch 
auch nur den in Ermangelung von Queilenzeugnlssen durch com- 
mtmis opimo doctorum zum Alexandriner gestempelten Sosigenes 
fallen lassen. Jener Angabe soll kein alter Schriftsteller wider- 
sprechen : ich denke , unbefangene Urtbeiler werden sich über- 
zeugen, dafs weit ältere und weit gewichtigere Autoritäten vielmehr 
den italisch-eudoxischen Kalender als Caesars Muster bezeichnen und 
dafs die eine Annahme die andere ausschliefst; dafs sachlich es selt- 
sam ist aus der Fremde zu holen was man daheim längst besitzt ; 
dafs bis jetzt auch nicht eine directe Entlehnung ans Aegypten in 
der julianischen Jahrordnung nachgewiesen ist; und dafs es somit sehr 
schwer zu begreifen ist, warum wir 'jedenfalls' alexandrinischeRath- 
geber Caesars annehmen müssen. Die Betrachtung, dafs der 
Name Sosigenes — bekanntlich ein gemein griechischer und nichts 
weniger als seltener — auch auf ägyptischen Papyrus vorkommt 
und dafs er hier (?) sehr wohl von der Gottheit Su , griechisch 2t5s 
oder JSdÜai abgeleitet werden kann , ist von so bedenklicher Natur, 
dafs es genügt sie zu erwähnen. 



296 DAS ERSTE JULIANISGHE SCHALTJAHR. 

kalender gewesen ist, in diesem italisch -eudoxischen Ka- 
iroer aber nach ausdrücklichem Zeugnifs des Plinius das 
erste Jahr des Cyclus Schaltjahr war (vgl. S. 56. 66). 



Der bequemeren Uebersicht wegen fuge ich noch die 
wirklichen Nundinalbuchstaben für die julianischen Neu- 
jahrstage von 709 d. St. = 45 v. Chr. bis 800 d. St. = 
47 n. Chr. hinzu, wie sie sich ergeben, wenn man 1. Jan. 
715=A setzt. Wer vielmehr 1. Jan. 714=A setzen wollte, 
wurde immer um zwei Buchstaben zurückgehen, also statt 
A der Tafel setzen müssen F, statt B — G, statt C — H, 
statt D — A, statt E — ß, statt F — C, statt G — D, statt 
H — E. Wer den Buchstaben finden will, der für das be- 
treffende Jahr in dem Schema die Nundinalanfange be- 
bezeichnet, der setze 



bei 


A 


derN( 


mjabr 


stafel 


A 


» 


B 


» 


» 




H 


» 


C 


» 


?> 




G 


» 


D 


w 


» 




F 


» 


£ 


» 


» 




£ 


» 


F 


»> 


n 




D 


» 


G 


» 


» 




C 


» 


H 


» 


» 




B 


Nundioalbuch 


Stab 


en der 


julianisch 


en Neujahre 






709— 


800. 






B709 


A 






B718 


A 


710 


G 






719 


G 


711 


D 






720 


D 


B712 


A 






B721 


A 


713 


G 






722 


G 


714 


D 






723 


D 


B715 


A 






B724 


A 


716 


G 






725 


G 


717 


D 






726 


D 



DAS ERSTE JULIANISGHE SCHALTJAHR. 297 

B727 A 764 B 

728 G B765 6 

729 D 766 £ 
B730 A 767 B 

731 G 768 G 

732 D B769 D 
B733 A 770 B 

734 G 771 G 

735 D 772 D 
B736 A B773 A 

737 G 774 G 

738 D 775 D 
B739 A 776 A 

740 G B777 F 

741 D 778 D 
B742 A 779 A 

743 G 780 F 

744 D B781 G 
B745 A 782 A 

746 G 783 F 

747 D 784 C 

748 A B785 H 

749 F 786 F 

750 C 787 C 

751 H 788 H 

752 £ B789 £ 

753 B 790 C 

754 G 791 H 

755 D 792 E 

756 A B793 B 

757 F 794 H 

758 C 795 E 

759 H 796 B 

760 E B797 G 
B761 B 798 £ 

762 H 799 B 

763 E 800 G 

So würden die Nandinalbuchstaben der Neujahre sich ge- 



298 DA» ERSTE JULIANI8GHE SCHALTJAHR. 

Stellt haben, wenn die abergläubische Furcht vordem A- 
Neujahrstag nicht zu Kalenderveränderungen gefuhrt hätte, 
lieber die Art, wie diese ins Werk gesetzt wurden, findet 
sich nirgends eine Andeutung; doch geht aus den gegebe- 
nen Verhältnissen wie mir scheint unzweifelhaft hervor, 
dafs man zu diesem Ende keinen andern Weg einschlagen 
konnte als den der Verlegung des Schal^ahrs. Zuvörderst 
steht es fest, dafs jede derartige Kalenderänderung, wenn 
doch der Kalender selbst im Ganzen gleichmäfsig verlaufen 
sollte, wieder compensirt werden, also aus zwei Acten, gleich- 
sam dem Borgen und dem Wiedererstatten zusammenge- 
setzt sein mufste. Es wird aber ferner niemand sich leicht 
überreden , dafs die römischen Kalenderordner einem der 
festen Monate einen Tag genommen oder gegeben haben 
werden, so lange mittelst des an sich schwankenden 
28 — 29tägigen Februars die Procedur auszufuhren war. 
Man wird darum, um den 1. Jan. 715 nicht mit A bezeich- 
nen zu müssen, lediglich die Schaltung von 715 auf 714 
geworfen haben, wodurch der 1. Jan. 715 B ward; und 
wollte man, wie es doch gewifs der Fall war, ein derartiges 
Zusammentreffen ein für allemal vermeiden, so konnten die 
Pontifices, so lange sie von drei zu drei Jahren schalteten, 
dies einfach dadurch bewirken, dafs sie die Schaltung 
durchaus um ein Jahr anticipirten: 

B714 D B717 D 

715 B 718 B 

716 G 719 »G 

und so weiter. Dagegen war es nicht möglich weder wäh- 
rend der grof^en Schaltpause 746 — 760 die beiden A- 
Neujahre 748 und 756 noch in dem neu regulirten augu- 
steischen Gyclus in denjenigen Fällen, wo in dasselbe Qua- 
driennium zwei A-Neujahre lallen, das zweite zu vermeiden^ 



DAS ERSTE JULIANISCHE SCHALTJAHR. 299 

wenn man nicht an den festen Monaten rucken wollte. Zu 
einer so exorbitanten Annahme, dafs man mitunter bei- 
spielsweise einen SOtägigen December mid einen 32tä- 
gigen Januar angesetzt habe, sind wir indefs nicht gezwun- 
gen ; die Ueberlieferung besagt ja nur, dafs jenem Zusam- 
mentreffen häufig, nicht dafs ihm immer und noth wendig 
durch Kalenderänderung ausgewichen ward. Gar wohl 
aber könnte dieser Umstand, dafs das pontificale Schalt- 
system zwar den Kalender vom Sonnenjahr entfernte, 
aber dafür eine bequeme Formel darbot um das A - Neu- 
jahr zu vermeiden, während es kaum möglich war bei rich- 
tiger Handhabung des caesarischen Kalenders nicht auf die 
eine oder die andere Weise dem besagten verhängnifsvollen 
Neujahr zu verfallen, wo nicht bei der Auslegung des cae- 
sarischen Regulativs selbst, doch bei dem beharrlichen 
Festhalten der seltsamen Interpretation eine wichtige Rolle 
gespielt haben. Auf keinen Fall wird man es äberflüssig 
nennen können, wenn wir versuchen diese Kalender- 
schwankungen so weit möglich festzustellen; wie gleich- 
gültig der Aberglaube sein mag, aus dem sie hervorgingen, 
so kann es für weitere chronologische Untersuchungen 
von grofser Wichtigkeit werden, wenn es sich bestätigen 
sollte, dafs die effectiven Schaltjahre von den bisher an- 
genommenen sehr häufig verschieden gewesen sind. 



vin. 

DIE JULUNISCHEN JAHRESZEITEN. 

(Zu S. 65.) 

Hinsichtlich der Jahreszeiten hat sich von den ältesten 
Ordnungen in Italien wenig oder nichts erhalten. Das Ci- 
vilrecht kennt nur zwei Jahreszeiten und theilt das Jahr 
in Winter und Sommer ' ) ; ob diese namentlich bei Regu- 
lirung der Wasserrechte hervortretende Ordnung auf tech- 
nischen Rücksichten oder auf einer ältesten noch weder 
Frühling noch Herbst ansetzenden Jahrtheilung beruht, wird 
sich kaum mit Sicherheit entscheiden lassen. Von der 
Dreitheilung des Jahres in Frühling, Sommer und Winter, 
die bei den Griechen wie bei den Deutschen noch sehr be- 
stimmt hervortritt, finde ich in den italischen Einrichtun- 
gen nirgends eine Spur; die ursprünglichen volksthüm- 
lichen Jahreszeiten sind eben dort gänzlich für uns ver- 
schollen und die früh eingedrungenen eudoxischen die 
ältesten, denen wir in Italien begegnen. Wesentlich diesen 
sich anschliefsend (S. 64 A. 87) setzt der julianische Ka- 
lender folgende Jahrzeitlängen und Jahrzeitpunkte an: 



1) Z%. XLin, 13, 1, 8. 20, 1, 32. 



DIE JULIAIHISCBEN JAHRESZEITEN. 301 

FröhliBg 91 (92) Tage fäegt an VH id. Febr. 7. Febr. 

FrübliDgsoachtgleiche YIII k. Apr. 25. März 

Sommer 94 Tage rängt an VII id. Mai. 9. Mai 

Sommerwende VIII k. Tal. 24. Jani 

Herbst 91 Tage fängt an III id. Aag. 11. Aug. 

Herbstnachtgleiche VIII k. Oct. 24. Sept. 

Winter 89 Tage fängt an IV id. Nov. 10. Nov. 

Winterwende VlII k. lan. 25. Dec. 

woran die Schriftsteller der Kaiserzeit mit geringen Ab- 
weichungen festhalten i *) . Nur Manilius befolgt ein ab- 
weichendes System, indem er die Jahrzeitpunkte in die 
Mitte der Sternbilder der Fische, der Zwillinge, der Jung- 
frau und des Schätzen , das heifst in die Anfange der Mo- 
nate März, Juni, September und December bringt 2) — 



la) So setzt Colnmella (11,2,57) Herbstanfang anfden 12. Au- 
gust; aber dafs Caesar die ältere von Varro bezeugte Datirung fest- 
hielt, tagt ausdrücklich Plinius 18, 29, 271 (vgl. 29, 289): /// idvs 
^ug, fidicuUi occanu suo auctumnum inchoat, utiis (Caesar) ad- 
notat; sed vera ratio id fieri invenit FI idus easdem (8. August). 
Ptolemaeos bringt in den Phänomenen, angeblich nach Caesar, in der 
That aus irgend einem julianischen Kalender, Frühlingsanfang auf 
den 16. Mechir == 10. Febr., Ovid {fast 2, 149. 5, 601; wegen 4, 
901 vgl. Merkel p. LXXIII) Frühlings- und Sommersanfang auf den 
10. Februar und den 13. Mai, Plinius (2, 47, 122. 123. 18, 29, 280) 
beide auf den 8. Febr. und den 10. Mai. Diese Abweichungen be- 
ruhen darauf, dafs die vier Naturerscheinungen, an die man die 
Jahrzeitanfange zu knüpfen pflegte : den Frühling an den Eintritt 
des milden Favonius , den Sommer an den (scheinbaren) Frühauf- 
gang der Plejaden (wahre Zeit 28. Mai nach Ideler Fasten des Ovid, 
Abhandlungen der Berl. Akademie 1822/3 S. 151 fg.), den Herbst an 
den Frühuntergang der Leier (wahre Zeit 24. Aug., Ideler a. a. 0.), 
den Winter an den Frühuntergang der Plejaden (wahre Zeit 9. Nov., 
Ideler a. a. 0.) — bei unvollkommener Beobachtung mannigfachen 
Schwankungen ausgesetzt waren. 

2) Besonders 2, 175—196. 265—269. Den Tag giebt er nicht 
an , vermuthlich weil die Mitte der Zeichen und die Monatsanfänge 
nur ungefähr auskommen. Ihm folgt Ausonius ecl, p. 228 Bip. 



302 BIE JULIANISCHEN JABRE8ZEITEN. 

was ein vMl^cht blofs individueller, übrigens nicht unver- 
ständiger Versuch scheint die Jahrzeiten an die Monatan- 
fange des julianischen Kalenders zu lehnen. Ebenso ein- 
zeln steht die folgende nur auf einem in Rom gefundenen 
Kalenderfragment 3) begegnende Jahrzeitenordnung; 

FrähÜDgr 91 Tage tdingt an XIH k. Febr. 20. J«q. 
Sommer 94 - - - XI k. Mai. 21. Apr. 
Herbst 91 - - - IX k. Aug. 24. Juli 
Winter 89 - - - X k. Nov. 23. Oct. 

Auch hier ist wie bei Manilius die Beziehung zu den Jahr- 
l^unkten aufgegeben, dagegen eine Anlehnung an das bür- 
gerliche Jahr versucht: denn offenbar geht dieser Kalender 
aus von dem hier als Sommeranfang gesetzten Parilien- 
tag, dem Gründungstag Roms und Epochentag der Stadt- 
ära ^), von welchem aus unter Beibehaltung der eudoxi- 
schen Jahrzeitfiristen die übrigen Jahrzeitpunkte bestimmt 
worden sind. — Nicht anders als die Römer bestimmten 
die Griechen die Jahrzeiten, wie ein Blick in Ptolemaeos 
Fixsternerscheinungen lehrt ^). Den Astronomen sind die 
Jahrpunkte und die davon abhängende Eintheilung der 
Sonnenbahn durch die Steh- und Wendetage in vier nicht 
ganz gleiche Theile natürlich geläufig und sie brauchen 
auch wohl einmal für diese Theile die Jahrzeitnamen; aber 
im Ganzen wichen sie dieser Yermengung vorsichtig aus. 



3) I. N. 6747 =: Grutcr 136. 

4) Columella (11, 2, 36) bemerkt zu diesem Tag: ver bipar» 
tituf. 

5) Frühling begiuot ihm 14 Mechir »s 8. Febr. nach den Aegyp- 
tiem und Eudoxos, 16 Mechir i=s 10. Febr. nach Caesar und Metro- 
doros; Sommer nach den Aegyptiem 15. Pachon bk 10. Mai, Mich 
Eudoxos 23. Pachon = 18. Mai; Herbst {otkoqu) 5. Mesori »s 29. 
Juli nach Eudoxos oder {(p-^ivontDQov) 19. Mesori«» 12. August; 
Winter nach den Aegyptiem und Hipparchos 15. Athyr «= 11. Nov., 
nach Eudoxos 17. oder 18. Athyr «x 13. oder 14. Nov. 



DIE JULIAlflSCHEN JAHRESZEITEN. 803 

Es ist auch rationell bei EintheiluDg des Jahres nach den 
Lidit- und Wärmeverfaältnissen die Jahrzeit so zu setzen, 
dafs sie in dem ihr angewiesenen Viertel ihr^ Culmina- 
tionspunct in der Mitte hat; so erhält man einen wahren 
Mittsommer, während bei der heutigen Jahrzeittheilung 
sich damit kein rechter Begriff verbindet. — Wann und 
wie die letztere üblich geworden ist, ist schwer zu sagen; 
wie es scheint, ist sie s^ jung^) und lediglich durch Gon- 
fusion der astronomischen Jahrabschnitte mit den bäuer- 
lichen Jahrzeiten aufgekommen. Hinsichtlich des griecfai- 
sehen Jahrzeitbegriffs haben Petavius^^) und Ideler') eini- 
ges gesammelt; auf römischem Geltet ist es mir nicht ge^ 
lungen ein einigermafsen gültiges Zeugnifs dafür ausfindig 
zu ma<^^, dafs Frühling, Sommer, Herbst und Winter 
durch die vier Jahrpunkte begrenzt gedacht word^ sind. 
Der dem elenden Pseudo-Appuleius de remedns anhki- 
gende noch elendere Receptkalender^) kommt gar nicht 
in Betracht. Etwas mehr beweist der Rusticalkal^der, 
welcher die Winterwende ohne Angabe des Datums mit 
Wintersanfang identificirt®); aber auch dies sieht wie Will- 
kür des späten Steinmetzen aus, da die drei andern Jahr- 
punkte nicht mit den Jahrzeiten in Verbindung gebracht. 



6) Der Kaleader z. B. aus dem XFV. Jahrb., den Lütencren ia 
Haupts Zeitschrift 6, 34§f|^. mittheilt, hat als JabrzeitanfÜnge noch 
22. Febr., 25. Mai, 24. Aug., 23. Nov. 

6 a ) f^ar. diss. 1. 6. c. 8, wo er den hier wie immer verkehrt ge- 
lehrten Salmasins {exerc. PHfiian. p. 222 ed. 1689) nach Verdienst 
zurechtweist. 

7) 1, 252. 

8) Die Worte dieses Scriptoms ^ineipH tempta aesHvum FlU 
kl. lukas* (vor dem 5. Band des Silligschen Plinias p. XLI) vertn- 
lafsten Salmasins zu seinen verkehrten Aufstellungen. 

9) Hiemps (sehr, kiemis) müiu #tva tropae chimerin(wii. 



304 DIE JULIAN ISGHBN JAHRESZEITEN. 

sondern blofs julianisch datirt sind. Wenn endlich Diony- 
sios von Halikarnassos den römischen Februar für die Zeit 
der Winterwende, die Iden des Mai für die Fruhlingsnacht- 
gleiche, den August für die Zeit der Sonunerwende aus- 
giebt 1 % so hat er offenbar die römischen Jahrzeitan- 
fange im Februar, Mai, August und November mit den 
astronomischen Jahrpunkten verwechselt — ein erbauli- 
cher Beitrag, nicht zur Geschichte der alten Astronomfe, 
aber zur Charakteristik dieses doctor umbratilis, der über 
alle urältesten Dinge Bescheid giebt und ein Buch über die 
Chronologie der Urzeit schreibt, aber nicht weifs, wann 
im Kalender seiner Zeit der Sommer anfangt. Neujahr des 
astronomischen Jahres haben die Alten allerdings häufig 
auf einen der vier Jahrpunkte gesetzt; indefs Jahranfang 
kann wohl, aber braucht nicht auch Jahrzeitanfang zu 
seini M- Ini Civilrecht, das wie gesagt Frühling und Herbst 
als technische Zeitmafse nicht kennt, scheiden dagegen 
allerdings die beiden Nachtgleichen Winter und Som- 
mer (A. 1). 



10) Dioa. 1» 32 : iv firivl *PeßQOvaQ£(p fierä ^^ifiSQlovg tqondq» 
1,38: fiiXQOV vatSQOV iaQivrjs iarifAeQCag ^ iv (nrjvl Mafq) rals 
xaXovfiivaig i^oTg. 9, 25: thqI rag d-6Qivocg fidXiara TQonccg, 
2i$TiX£ov (urivog. Bredow Untersach. 1, 175 und Ideler Handb. 
2; 124 haben mit dieser Seltsamkeit nicht fertig zu werden gewofst. 

11) Einen Blick in die sehr mannigfaltigen Speculationen der 
Alten über das naturgemäfse Neiyabr gewährt namentlich folgende 
Stelle Censorins 21, 13: j^lüs a novo sole id est a bruma (vgl. Ovid 

fast. 1, 163; Piatarch q, R, 19; Seryius zur Aen. 7, 720); aHCs ab 
aestivo soUiitio; plerisque (z. B. dem Nigidius in der sphaera Grae- 
canica bei Servius za Virgii georg, 1, 43) o^ aeqtünoeUo vemo,* 
partim ab auctumnali aequmoctio; qtsibusdam ab ortu vergäta- 
mm (eadoziscber Sommeranfang); normulHs ab earttm occasu 
(eadoxischer Wintersanfang); muitU a cants owortu (Sgyptisch- 
endoxisches Neujahr) incipere annus naturalis viäetur. 



IX. 



}Dy- 
ZA 
cht- 

lUS- 

an- 
len 
lü- 

•M DIE ZWÖLF MONATGÖTTER. 

ler (Za S. 66). 

^ Die zwölf Monatgötter der Römer sind die folgenden: 

« (20. Juli (le.Jao. „, 

? ^*^® 19. Aug.) ''"P**®"' -•'™*® 14. Febr). Wassermann 

; f „f^ (20 Aug. ^ (lö.Febr. 

; ^^"^'' IS.Sept.)^*''-^^ -^^P^°°°^ 16.März) ^^^^^^^ 

(19. Se pt. (17. März 

^•«^* 18. Oct.) Vulcanus^Minerva -jg^ÄfriT) ^'^*«' 

. (19.0ct. (IT.April 

Skorpion -j^-^^^j-Mars ^Venus ^^^^^ Stier 

o u... (IS.Nov. ^. ^ „ (19.Mai 

^^"»'***^ le.Dec.) '^'*"* ^^P«"« 18. Juni) Z^iUinge 

^ . ^ ^ (17.Dec. ,, „ . (19. Juni 

Steinbock ^^ j^ v Vesta ^Mercnnug ^^ j^> - Krebs. 

In dieser Reihenfolge, jedoch von der Minerva anfangend 
und mitNeptunus schlieüsend, zählt Manilius') die Göt- 
ter und die Thierkreiszeichen auf, ohne die Monatnamen 
zu nennen. Dafs sie die ursprungliche ist, leuchtet ein. 
Es ist eine doppelte gehörig gepaarte Reihe von sechs 
Göttern und sechs Göttinnen; die mythologisch nothwen- 
dig gepaarten: Jupiter und Juno, Mars und Venus, Diana 
und Apollo stehen beisammen und der König und die Kö- 



1) 2, 439 fg. 

Hommsen, Chronologie. 2. Aufl 20 



306 DIE ZWÖLF MONATGÖTTER. 

nigin des Himmels an den Spitzen 2). Ebenso deutlich ist 
die Beziehung der meisten einzelnen Zodiakalzeichen zu 
den entsprechenden Göttern, namentlich wenn man noch 
die bekannte gabinische jetzt im pariser Museum aufbe- 
wahrte runde Ara^) vergleicht, auf deren Umkreis die 
zwölf Götterwappen mit den zwölf Thierkreiszeichen so ge- 
paart sind, dafs nach der Absicht des Bildners offenbar 
jene voranstehen: 

Löwe — Adler ^Pfau — Wassermann 

Jnns^fran — Cista ^Delphin — Fische 

Wage — Vulcanushut ^[Eule] — Widder 

Skorpion —Wolf >-.Taube —Stiere 

Schütze — Jagdhund -^Dreirnfs — Zwillinge 

Steinbock — Lampe ^^Schildkröte — Krebs. 

Es kann darum nicht zweifelhaft sein, dafs die abwei- 
chende Zusammenstellung in dem Bauernkalender nichts 
ist als spatere Verwirrung. Wenn hier der Monat Juli mit 
dem Thierzeichen des Krebses und dem Götternamen des 
Jupiter und so weiter jedes Thierzeichen mit dem in tlem 
älteren Kalender dem folgenden zugeeigneten Monatgott 
gepaart ist, so beruht dies offenbar darauf, dafs man einer- 
seits das in der Mitte des Monats eintretende Thierkreis- 
zeichen, andererseits die Schutzgottheit des zu Anfang des 
Monats obwaltenden Thierkreiszeichens auf den ganzen 
Monat bezogen hat. Die gabinische Ära, auf der in ge- 
schlossenem Kreise der Adler zwischen Krebs und Löwen 
steht, zeigt, wie leicht eine solche Verwirrung entstehen 
konnte *). Folgerichtig dagegen zog Manihus die Monat- 



2) Das meint Manilius 2, 446: E lovis adverso lunonis Aquor 
rius astrum est. Vgl. Plntarch q, R. 11: rov [ihv iviavrov tov 
jdiog vo/LiiCovaLf Tovs cf^ firjvas rijs "Hqas» 

3) Glarac miuie du Louvre pl. 171. 

4) Die anderweitigen Beziehungen der Monate zn den Gotthei- 



DIE ZWÖLF MONATGÖTTER. • 307 

gottheiten zu demjenigen Monat, in welchem das ihnen 
entsprechende Zodiakalzeichen beginnt; was er zwar nicht 
ausdrucklich sagt, aber durch seine Neujahrsetzung zu 
verstehen giebt. — DaTs diese bei den römischen Astro- 
nomen^) durchgängig auf den Widder trifit, kann nämlich 
wohl nur aus dem ehemaligen Märzneujahr herrühren; also 
war d^ römische vorcaesarische Bauernkalender auf die- 
ses gestellt, ebenso wie der spätere bei Columella^) und 
auf der Steintafel auf das Januarneujahr. Natürlich konnte 
der eudoxische Kalender wie jeder andere auf ein beliebi- 
ges Neujahr gerichtet werden; dafs aber das diesem Ka- 
lender eigenthümliche Neujahr auf den 20. Juli, den ägyp- 
tischen Hundssternaufgang und den danach gerückten con- 
Tenüonelleu Eintritt der Sonne in den Löwen fiel (S. 63), 
bestätigt sich durch die Reihenfolge der Monatgötter voll- 
kommen. 

Diese zwölf Götter, in deren Hut^) die zwölf Monate 



ten (z. B. Plutorch q, R, 86, Macrob. sat, 1, 12, 8 fg. 21, 6) sind hier 
äbergangen. £s scheinen sogar auf der Oberfläche des gabinischen 
Altars dieselben Zwölfgötter in einer ganz abweichenden, aaf die 
römischen Feste bezüglichen Ordnung mit den Monaten geglichen 
zu sein (Visconti mon. Gab. p. 54 ed. 1835). 

5) Nigidiut arietem dicit ducem et principem esse tignorum 
(Scholiast des Germanicus p. 61 Buhle, p. 16 Breysig); Ampelius c. 
2 aus Nigidius; Manilius a. a. 0.; Hyginus astron, c. 19; Petronius 
35; Ammianus 26, 1, 8; Ausonius ed. p. 226Bip.; Burmann anthol. 
5, 39—40. 44. 47. Nur die angeblich von Q. Cicero herrührenden 
Memorialverse (ebendaselbst 41) stellen die Fische voran, was auf 
demselben Princip beruht, aber statt von dem Mitte März beginnen- 
den vielmehr von dem zu Anfang des März laufenden Zeichen aus- 
geht. Verwandt ist die manilische Jahrzeitsetzung (S. 301). 

6) Er fangt an idibus lanttanis, ut principem mensem Romani 
amä (d. h. des bürgerlichen Jahres) observet (11, 2, 3). 

7) Tutela ist der technische Ausdruck» wie der Bauernkalender 

und Manil. 2, 434 zeigen. 

20* 



308 DIB ZWÖLF MONilTGÖTTER. 

stdien, sind also ursprünglich die Monatheiligen des eu- 
doxischen Kalenders und mit diesem, nur gemäfs der con- 
Tentionellen Gottergleichung in die landuhlichen Namen 
übersetzt, durch die alte Welt gewandert wie die Heiligen 
des christlichen Kalenders mit diesem durch die neue. Die 
Thatsache, dafs dieser Zwölfgötterkreis bereits im Anfang 
des sechsten Jahrhunderts in Italien von Gemeinde wegmoi 
gefeiert ward^), stellt sich demnach zu den anderweitigen 
auf die frühe Einfuhrung des eudoxischen Kalenders in 
Italien hinleitenden Spuren. Die Frage , wo und wie der 
Götterkreis entstand, liegt aufserhalb der Grenzen dieser 
Untersuchung. So wie wir ihn vorfinden, scheint die 
Setzung der Monatgötter griechischen Ursprungs und 
durch die ältere der Zodiakalbilder bedingt gewesen zu 
sein; doch ist damit natürlich nicht gesagt, dafs nicht ein 
älterer ägyptischer ») oder chaldäischer i o) Zwölfmonat- 
götterkreis voraufgegangen ist. Die Frage über den Ur- 
sprung des Thierkreises wie die eng damit zusammenhän- 
gende über den Ursprung des Zwölfgöttersystems gleicht 
der über den Ursprung des Alphabets oder der Mafse 
und Gewichte; alles dies ist Gemeingut der antiken Givi- 
lisation. 



8) Eooius ann. v. 63 Yahlen. Livius 22, 10, wo ein diesen 
zwölf Göttern im J. 537 von Gemein dewegpen ausgperichteter 
Schmaus beschrieben wird. Das erste, dritte und vierte Paar die- 
ses Schmauses sind das erste, vierte und fünfte des Kalenders, das 
zweite ist Neptunus und Minerva, das fünfte Yulcanus und Vesta, 
das sechste Mercurius und Ceres. — lieber andere italische Zwölf- 
göttersysteme s. Marqnardt Handb. 4, 24 A. 166. 

9) SchoL Jpoü. Rhod. 4,266; (ot Atyvnjioi) rä fxkv SmSexa 
^(pSia d-eovg ßovXaCovg nQoariyoQBvOav. 

10) S. 68 A. 97. 



X. 

DAS MONDJAHR UND DIE SIBBBNTÄGIGE WOCHE IM 
JÜLIANISCHEN KALENDER. 

(Zu S. 79.) 

Dafs in der späteren römischen Zeit der officielle Ka- 
lender nicht hlofs das 365tagige Sonnen-, sondern auch 
das 354tägige Mondjahr darstellt, scheint übersehen zu 
sein*). Den Beweis dafür giebt der der Chronographie von 



1) Während diese BogeD durch die Presse giD^en, sind mir 
Edward Greswells in Deutschlaed bisher meines Wissens unbe- 
aehtet gebliebene origmes kaiendariae ItaUcae (Oxford 1854. 8. 4 
Bde.) zu Gesicht gekommen, wo Bd.4S.383auf dieLunarbuchstaben 
des coDstantinischen Kalenders aufmerksam geuiacht ist. Uebrigens 
ist es mir nicht möglich auf dieses den gleichen Gegenstand wie das 
meinige mit abschreckender Ausführlichkeit behandelnde Werk 
weiter Rücksicht zu nehmen und ich kann es kaum bedauern, dafs 
die Umstände mich daran verhindern. Der Grundgedanke Greswells 
ist aus einem dem ganzen Menschengeschlecht ursprünglich eignen- 
den Sonnenjahr, welches das ägyptische Wandeljahr sein soll, und 
einem specifisch italischen Mondjahr von 38 achttägigen Mondwo- 
chen die italische Zeitmessung zu construiren. Mit welchen Ar- 
gumenten hiebei operirt wird, kann man. beispielsweise daraus ab- 
nehmen, dafs der Verfasser allen Ernstes den Tag der Erbauung 
Roms aus den Finsternifsdaten des Tarutius (S. 146) herausrechnet 
und dafs er die Notiz des Claudius Tuscus (bei Lydus p. 371) zum 
4. August: iv T<p dtrifiiqffi TOVT(p 6 ^Xios filav fJLolqav XQa- 
Tel (welche natürlich nur daraufgeht, dafs bei der Gleichung der 



310 DAS MONDJAHR. 

354 angehörige Kalender, in welchem den beiden Co- 
lumnen, die die sieben- und die achttägige Woche ver- 
zeichnen, noch eine dritte die Monddaten enthaltende vor- 
aufgeht, in folgender Gestalt: 

A 1. Jan. A 31. Jan. 

B 4. „ B 3. Febr. 

C 7. „ C 6. „ 

D 10. „ D 9. „ 

E 13. „ * E 12. 



F 16. „ F 14. 

G 19. „ G 17. 



H 22. „ H 20. „ 

I 25. „ I 23. „ 

K 28. „ K 26. „ 



welches Schema mit gleicher Intervallirung sich sechsmal 
wiederholt und mit dem 355. Tage des Jahres oder dem 
21. Dec. von neuem anhebt. Wie man sieht, stellt die 
erste Reihe den SOtägigen, die zweite den 29 tagigen Mond- 



365 Tage und 360 Grade der Ekliptik einige Tage übersprungen 
werden müssen) anführt als einen Beleg für den berühmten Doppel- 
tag, den Gott der Herr zur Erstürmung von Jericho aufserordent- 
lieber Weise verstattctc (2, 518). Kein Wunder, dafs des Lydus 
armseliges Wunderbuch, weil es den Kalender des Tuscus er- 
halten hat, für den kostbarsten Ueberrest des Alterthums erklärt 
wird und, namentlich nachdem uns by so weak and feeble an in' 
strumentality as that ofthe author of this work, unzweifelhaft also 
durch neue besondere Offenbarung dessen wahrer Sinn kundgethan 
worden ist, als vor allem geeignet to stop the mouth of the doub- 
ter, the scepttc and the blasphemer (2, 460. 461). Künftige Bear- 
beiter dieses Gegenstandes werden untersuchen, ob zwischen den 
Narren schellen, die hier zu Ehren des lieben Gottes fleifsig und 
andächtig geläutet werden, auch Brauchbares vorkommt; Raum ge- 
nug wäre dazu auf den beiläufig 3000 Octavseiten dieses neuesten 
Opfers der chronologischen Sphinx. Möge jenen nur zu deren Durch- 
lesung die Vorsehung einen neuen Tag von Jericho anberaumen! 



DAS MONDJAHR. 311 

monat dar, abgetheilt in je zehn Dreitage, nur dafs der 
föDfte im hohlen Monat um einen Tag verkürzt ist. Wenn 
man demnach die Epakte weifs, die in einem andern Ab- 
schnitt derselben Chronographie nach dem 84jährigen 
Cydus för die Vergangenheit wie auch im Voraus berech- 
net ist^), so kann man danach durch einfache Beobach- 
tung der Buchstaben die Neu- und Vollmondstage finden. 
Es sei beispielsweise in dem gegebenen Jahre der erste 
Neumond 8. Jan. , so faul Neumond in demselben durch- 
aus auf die C 2 bezeichneten Tage, falls man den ersten 
im Jahr beginnenden Monate voll, dagegen abwechselnd 
auf C 2 und C 1 , falls man denselben hohl setzt, folgen- 
dermafsen; 



bei erstem vollem Monat: 


bei erstem hohlem Monat: 


lonatlSnj 


50 




Monatlftnge 




30 


C2 


8. Jan. 


29 


C2 


8. Jan. 


29 


C2 


7. Febr. 


30 


Cl 


6. Febr. 


30 


C2 


8. März 


29 


C2 


8. März 


29 


C2 


7. April 


30 


Cl 


6. April 


30 


C2 


6. Mai 


29 


C2 


6. Mai 


29 


C2 


5. Jani 


30 


Cl 


4. Jani 


30 


C2 


4. Juli 


29 


C2 


4. Juli 


29 


C2 


3. Aag. 


30 


Cl 


2. Aug. 


30 


C2 


1. Sept. 


29 


D2 


4. Sept. 


29 


C2 


1. Oct. 


30 


Cl 


30. Sept. 


30 


C2 


30. Oct. 


29 


C 2 30. Oct 


29 


C 2 24. Nov. 


30 


C 1 


23. Nov. 






28. Dec. 






28. Dec. 



Dafs das natürliche lunisolare Jahr mit einem vollen 
Monate beginnt, stand im Alterthum fest; darüber aber 
mag man, als das Mondjahr dem julianischen Kalender 



2) S. meine Aasg. der Chronographie S. 572. Ideler Handb. 
2, S. 239. 



312 DAS MORNAHB. 

eingefügt ward, einige Zeit geschwankt hab^, ob, falls Nea- 
raond nicht auf den 1. Jan. ßel, als Mondneujahr der letzte 
Neumond im alten oder der erste im neuen Jahr zu gelten 
habe. Die erstere Weise hat bisher^für die allein recipirte 
gegolten und Hegt auch so viel wir sehen durchaus dem 
christlichen Festkalender zu Grunde 3); der Kalender von 
354 legt aber doch die Frage nahe, ob nicht in der frü- 
heren christlichen Zeit auch die zweite Annahme vor- 
kam und der im Januar beginnende Mondmonat wenig- 
^ois in manchen Kalendern nicht 29- sondern 30tagig an- 
gesetzt ward. 

In praktischer Anwendung begegnen wir dieser Daturung 
nach Mondtagen, jedoch stets ohne Bezeichnung des Mond- 
monats, auf einer Anzahl Inschriften, welche ich, so weit 
sie hiehergehören, hier einrücke. 

23. Mai 205 d. Chr. — Axigg. rm. imp. Ant((mmo) II et [Geta 

C{aesare)] cos, X. k, luniyu) lun{a) XFIII die levis ^), 
5. Nov. 269. — xcaaovXe KXvSuto eS JTaTSQVO} v(ovhs NoßeV' 

ßQeißovg ^€l€ B€V€Q€S XoWtt XXIIIlJi), 

8. Mai 364. — dtvo loviano Aug. et VcarervUmo conss,, ara noctis 

IUI in F, XIT (?) FIII idus Madias, die Satumü, Ima vi- 

cesima signo [C]apri{c]omo^). 
25. Febr. 397. — Fl. Caesario et Nonio Attico w. ec, conss, V 

kal. MarWas d(ie) Mercuri l{una) XI1 1). 
19. Oct. 410. — XFIII (lies XIIII) kal. Novembris die Lunae 

luna Xyill Severo et lordane cöh 8). 

AuTserdem wurden bekannter Mafsen seit ältester Zeit die 



3) Ideler Handb. 2, 245 f. 

4) Inschrift in Karlsburg, nach meiner Abschrift, entstellt bei 
Henzen n. 7012. 

5) Lnpi epitaphium Severae mart. Amonm 1734. fol. Mur. 366, 1. 

6) Mar. 383, 2. Maffei M. F. 252. 

7) SarU und Settele de cryptU Fat. p. 43. Henzeu n. 7354. 

8) Mar. 410, 4. 



DIE SIBBSNTXGIGK WOCHE* 31S 

christlichen Wandelfeste, namentlich Ostern nach dem 
Mondkalender bestimmt. — Auf die Fragen über die Mond- 
schaltungen und deren Verhältnifs zum julianischen Jahre 
fai^ einzugehen liegt nicht im Kreise dieser Untersuchun- 
gen; nur darauf soll noch hingewiesen werden, wie ent- 
schieden da» Auftreten dieses Mondkalenders im Occident 
hinüber nach dem Osten weist. Im christlichen Festkalender 
behauptet er die erste Stelle; auf christlichen Grabschriften 
— dazu gehören die sämmtlichen oben angeführten In- 
sdhrifteQ mit Ausnahme der ersten — wird nicht ganz selten 
nach ihm datirt. Der ofQcieile Kalender der heidnischen Zeit 
ignorirt das Mondjahr ganz; es wird beiläufig berücksich- 
tigt in dem ofGciellen Kalender der nachconstantinischen 
Zeit, der zwischen Heidenthum und Christenthum auf neu- 
tralem Boden steht. Das einzige entschieden heidnische 
Document endlich, auf dem das Mondjahr auftritt, die oben 
zuerst erwähnte Inschrift vom J. 205, ein Jupiterstein aus 
dem dacischen Apulum, gehört einer Landschaft an, die 
durch Einwanderung namentlich aus Kleinasien colonisirt 
worden ist und mehr als irgend eine andere occiden ta- 
lische Provinz des römischen Reiches von asiatischen 
Culturelementen durchzogen erscheint. 

Durchaus gleichartig, aber etwas älter ist das Eindrin- 
gen der siebentägigen Woche in die latinischen Provinzen. 
Sie mufs bereits in der späteren republikanischen Zeit, zu- 
nächst wohl durch die Astrologen und deren Horoskope, 
in Aufnahme gekommen sein; denn nicht blofs ist von den 
sieben Planeten und ihrer Tag- und Stundenherrschaft 
bei den Römern früh und oft die Rede^), sondern es fin- 



9) Einzelnes darüber bei Ideler 2, 13S ; Lerscb in den Jahrb. des 
Rheinl. Vereins 4, 153%. und in meiner Aus§^abe der Chronographie 



314 DIE SIEBENTÄGIGE WOGBE. 

det sich sogar auf dem oben S. 230 etwähnten Rossischen 
Ralenderfragment, das wahrscheinlich der Epoche der juli- 
schen Kaiser angehört, die siebentägige Woche der acht- 
tägigen vorausgeschickt, ähnlich wie in dem Kalender 
der Chronographie von 354. Aber obwohl die Kunde der 
siebentägigen Woche verhältnifsmärsig alt ist, erscheint 
dieselbe doch als eine fremdartige durchaus dem orienta- 
lischen Glauben und Aberglauben anhaftende Institution: 
in der christlichen Festordnung und auf christlichen In- 
schriften ist die Erwähnung der Planetentage ebenso 
häufig 1 ^) als auf wirklich heidnischen selten, und die we- 
nigen nicht christlichen Inschriften, in denen die Datirung 
nach Planetentagen vorkommt, wie der schon erwähnte 
Stein von Apulum und die merkwürdige constantinische 
Inschrift von Aquae lasae in Oberpannonien (Warasdin in 
Kroatien) über Einführung der Sonntagsmärkte 1 1), fähren, 
wiederum in dieselben von orientalischen Einflüssen durch- 
aus beherrschten Landschaften an der mittleren Donau. 



S.567. Das Kaleoderfra^eDt^dem in Beil. VIII (S.302) dieParilienjahr- 
Zeiten entnommen sind , nennt auch die planetarischen sieben Tage. 
Merkwürdig für den Glanben an den planetarischen Einflufs ist noch 
die Lyoner Inschrift (Oreli. 4466, Boissieu p. 305) eines Soldaten der 
ersten minervischen Legion: natus est d[ie] MartU; die Mortis 
pro[bä\tus (so eher als prqfectus); die Mortis missi(me[m] perce- 
pit; die Mortis def[u]nctus est. 

10) Beispiele bei Cardinali in den atti dtXC accad. Rom, 3 p. 369. 

11) Orelli 509: Imp. Caes. Fl, Fol, Constantinus piusfeUx ma- 
ximus Aug, nundinas die SoUs perpeti onno constituit 



XL 

DER HISTORIKER L. CINOÜS ALIMENTÜS. 

(Zu S. 135. 177. 191.) 

Es ist wohl nicht zu besorgen, dafs irgend jemand 
auf den Ungedanken zurückkommen möchte die von Ver- 
rius Flaccus und späteren Grammatikern unter dem Na- 
men des L. Cincius mehrfach angeführten Schriften: my- 
stagogicon L II; de comitiis; de consulum potestate; de re 
militari L VI; de fastis; de officio iurisconsulti l. II; de 
verbis priscis — wieder der Litteratur der hannibalischen 
Zeit einzureihen. Vielmehr steht es fest, dafs dieselben 
nicht nach dem Tode Augusts, aber auch nicht viele Jahre 
früher abgefafst wurden. Dafs dagegen der von Livius und 
Dionysios einige Male citirte L. Cincius Älimentus nicht 
lange nach dem Ende des zweiten punischen Krieges und 
ungefähr gleichzeitig mit Fabius geschrieben hat, gilt 
ebenso als ausgemacht; sagen die Citirenden es doch 
ausdrücklich, dafs die von ihnen benutzte griechisch ge- 
schriebene Chronik, die die frühere Geschichte Roms 
summarisch, die Zeitgeschichte ausführlich erzähle, ein 
Werk des Mannes sei, der als Prätor 544 gegen Hannibal 
stritt und von ihm, wie er selbst erzählt, gefangen genom- 
men ward > ). Indefs scheint dabei nicht ausreichend er- 



1) Vgl. besonders Liv. 21, 38. 26, 23. Diooys. 1, 6. 74 and 
überhaupt Hertz de L. Cmciis §1.2. 



316 L. CINGIUS ALIMENTU8. 

wogen zu sein, dafs die Anföhmngen der Grammatiker 
und die der Historiker unter sich die entschiedenste Ver- 
wandtschaft yerrathen. Mit Ausnahme zweier nach kei- 
ner Seite hin beweisender SteUen, wo Dionysios für die 
bekannte Erzählung von Romulus und Remus Jugendge- 
schichte und von dem Yerrath der Tarpeia sich auf Fabius 
und Cincius als die beiden ältesten Annalisten beruft 2), 
und einer höchst unglaubwürdigen Version der Katastro- 
phe des Maelius, welche ^Cincius und Galpumius' so er- 
zählten, dafs Ahala nicht als Reiterfuhrer im Auftrag des 
Dictators, sondern als Privatmann nach Anweisung des 
Senats den Mord vollführt habe 3), wird aus Cincius von 
den Historikern nichts angeführt als der von ihm wäh- 
rend seiner Gefangenschaft angeblich aus Hannibals Munde 
empfangene Bericht über die Zahl der karthagischen 
Streitkräfte bei ihrem Abmarsch aus Spanien und bei 
ihrer Ankunft im PothaH); die Angabe über das Olym- 
piadenjahr der Stadtgründung 3) und die Erzählung über 
die in Volsinii und in Rom beobachteten Jahresnä- 
gel ß). Von diesen enthält der erste ohne allen Zweifel 
falsche Zahlen von schwindelhafter Höhe, der zweite eine 
stumme, aber sehr bedenkliche Beziehung auf das zuerst 
um die Zeit von Caesars Tod anstatt des älteren 100jährigen 
begegnende 110jährige Saeculum (S. 135. 191), der dritte 
eine erwiesener Mafsen mifsverstandene Darstellung einer 
Institution, die wohl in der augusteischen, aber nicht in 



2) 1,79.2,39. 

3) DioDys. in den Fragmenten n€Ql intßovXcSv (Freigm. hist 
Graec, 2 p. XXXV). Dazu Riefsling de Dion. auct. p. 15. 

4) Liv. 21, 38. 

5) Dionys. 1, 74. 

6) Liv. 7, 3. 



L. GINCIUS ALIMENTUS. 317 

ctar hannibalisdien Epodie versehollen war (S. 177). Den 
letzten dieser ßerichte geradezu dem Grammatiker Cinoius 
beizulegen hat sich Hertz nur abhalten lassen durch die 
allerdings gewichtige Erwägung, dafs Livius nie einen 
Antiquar, sondern lediglich AnnaUsten citirt; auch würde 
ja, wenn bei den Historikern selbst zwei Cincier unterschie- 
den werden sollten, die ganze Grundlage schwanken, auf 
der die Unterscheidung des Annalisten und des Philologen 
dieses Namens beruht. Aber darum steht es nicht minder 
fest, dafs jener Bericht von den Jahresnägeln nicht bloi^ 
eine nichts weniger als annalistische, vielmehr entschieden 
antiquarische Färbung hat, sondern auch im Auszug des 
Festus fast mit denselben Worten wiederkehrt, wohin 
er doch höchst wahrscheinlich aus den Schriften des Phi- 
lologen Cincius gekommen ist. Ueberhaupt wird, wer die 
Fragmente des letzteren mustert, kaum umhin können, 
in dem diUgms taltum motmmefUorum auctor, der, ganz 
gegen die Gewohnheit der Chronikenschreiber und nun 
gar des sechsten Jahrhunderts, Inschrifttafeln und Jahres- 
nägel prüft und auf gut philologisch überall seine Autori- 
täten beisetzt, denselben Mann zu erkennen, der im Jupi- 
tertempel die Weihtafel des T. Quinctius entziffert und er- 
klärt 7), der den Kalender und die censorischen Register^) 



7) Festas v. trientem p. 363 M. Ich zweifle nicht, dafs Livias 
6, 29 ebenfalls aas Ciacios schöpfte. Auch diese Inschrift befand 
sich wie die, worin der Nageleinschlag^ng gpedacht war, an der Mi- 
nervakapelle des capilolinischen Tempels. Sind die mystagogicon 
Uhri des Cincins, aus denen Festus die Nachricht mittheilt, ein Gai- 
denbttch mit historischen Erläuterungen gewesen? Cic. Verr. 4, 59, 
132 : ü qtU hospites ad ea quae vUenda sunt solent ducere et unum- 
qtädque ostendercy quos iUi (Syracusam) mystagogos voeant. Orell. 
2342 : Orbianus mystagogos, 

8) Festas v. rodus p. 265 M. 



318 L. GINCIDS ALIMENTUS. 

antiquarisch behandelt und mit Formularen in nicht ge- 
wöhnlicher Weise freigebig ist, ja das des Soldateneides^) 
merkwürdiger Weise nicht aus seiner Zeit oder der näch- 
sten Vergangenheit hernimmt, sondern es auf die Consuln 
des J. 564 stellt. Die Yermuthung scheint nicht unge- 
rechtfertigt, dafs der Philologe L. Cincius, wahrscheinlich 
ein nicht besonders vornehmer Mann, vielleicht ein Sohn 
des aus Ciceros Briefen bekannten gleichnamigen Geschäfts- 
führers des Atticus, bei sorgfältigem Nachsuchen in seinen 
Familienpapieren die griechische Chronik seines Ahnen 
und andere schätzbare Documente mehr auffand und, in- 
dem er diese MateriaUen bei seinen Schriften benutzte, 
theils verschiedene merkwürdige altneue Dinge entdeckte, 
theils beiläufig seine zweihundertjährige Nobilität urkund- 
lich darthat. So wenigstens würde man begreifen, wie die 
Annalisten dazu kamen den alten hannibaUschen Prätor, 
die Grammatiker ihren lebend^i Collegen zu dtiren, und 
wie doch unter dem verschiedenen Rock immer dieselbe 
Individualität steckt. Der Zeit nach möchten dann seine 
frühesten Schriften nicht lange vor der Bekanntmachung 
der ersten Bücher des Livius (727 — 729), die letzten etwa 
dreifsig Jahre später abgefafst sein ^ ^). Indefs das Wis- 



9) Gell. 16, 4. 

» 10) Die {genaue Zeitbestimmung^, die Hertz a. a. 0. p. 68 sq. ver- 
sticht, scheint nicht hinreichend sicher. Vielmehr dürfte mehr Ge- 
wicht za le^en sein aaf das Vorkopimen der Hermandnlen in dem 
Formular der Kriegserklärung (Gell. 16, 4); dieser Name mag 
schon früher in Rom gehört worden sein, konnte aber vor den 
Feldzngen des Tiberius 757 fg. in einer solchen Verbindung, gleich- 
sam als Prototyp der feindlichen Nation^ schwerlich passend ge- 



L. GINGIUS ALIMEMTUS. 319 

sen ist hier zu Ende; möge ein Jeder sich des Meinens 
nach Belieben bedienen. 



naont werden. Wenn dies dann Cincins letzte Schrift war, so er- 
iLlärt sieb, wefshalb Verrins sie für seine Encyclopädie nicht mit 
excerpirte. 



XII. 
DIE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 

(Zu S. 194). 

Der älteste Vertrag zwischen Rom und Karthago, den 
Polybios mittheilt, ist nach seiner Angabe abgeschlossen 
xofTa uievKiov ^lovviov Bqovtov xal Mdquov "^Qqotiov > ). 
Ich habe früher versucht dieses Datum als urkundliches 
zu schätzen 2). 'Es ist wichtig festzustellen, ob Polybios, 
dem wir diese unschätzbare Urkunde verdanken , das Da- 
tum derselben ihr selbst entnommen oder anderswoher 
gefolgert hat. Es ist nun zwar nicht richtig, dafs ,die 
, öffentlichen Urkunden Roms mit der Angabe des Consu- 
,lats versehen sein mufsten, unter dem sie ausgestellt wa- 
,ren' (Niebuhr 1, 595); vielmehr ßndet sich in der ganzen 
repubUkanischen Zeit in den öffentlichen Documenten 
wohl der Monatstag, aber nicht die Angabe der Consuln, 
ausgenommen natürlich wo sie als Antragsteller vorkom- 
men. Aber eine Ausnahme gilt wenigstens im siebenten 
Jahrhundert für internationale Verträge (C. /. Gr. 2485. 
5S79) und die Ursache dieser Abweichung liegt so nahe, 
dafs sie wohl als uralt betrachtet werden darf. Vermuth- 
lich begann der Vertrag mit Karthago eben wie der Ver- 



1) Polyb. 3, 22. 

2) R. G. 1, 97 vgl. 907. 



DIE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 321 

trag mit Astypalaea (C. /. Gr. 2485) mit dem Senatsbe- 
schlufs über die Billigung des Bündnisses, worin die Con- 
Silin genannt wurden; worauf dann der Bundesvertrag und 
die Eidesformel folgten (Polyb. 3, 25, 6). Man wird dem- 
nach auch dem Consulat Glauben schenken dürfen, um so 
mehr als schlechterdings nicht abzusehen ist, was Polybios 
sonst gerade auf dieses Jahr hätte fuhren können; wir 
wenigstens würden aus der Urkunde, wie sie uns vorUegt, 
nur entnehmen, dafs sie älter sein mufs als 416, weil An- 
tium darin noch als selbststandige Gemeinde erscheint.' 
— Leider mufs ich bekennen mich geirrt zu haben; wie 
peinlich es auch ist den letzten Stern schwinden zu sehen, 
der auf der nächtlichen Schiffahrt durch das Gebiet der 
ältesten Geschichte dem sorgenden Steuermann zu leuch- 
ten schien, so stellt sich doch bei unbefangener Erwägung 
die polybische Datirung nicht blofs heraus als nicht ur- 
kundlich, sondern als wahrscheinlich irrig. — üeber die 
Verträge zwischen Bom und Karthago hegen aufser dem 
des Polybios folgende Zeugnisse vor. 
J. d. S. 406. — Diodor^), ohne allen Zweifel aus Fa- 
bius: ^Ertl de rovrcov (unter den Consuln dieses 
Jahres) *P(W^a/oig f^ev TtqdqKaQxrjdovlovg tvqcStov 
aw^Tcac iyivovTO. Livius*): Cum Carthaginien- 
sibus legatis foedus ictum, cum amicitiam ae socie- 
tatem petentes venissent. 
J. d. St. 448. — Livius»): Cum Carthaginiensibus eodem 
anno foedus tertio renovatum legatisque eorum, qui 
ad id venerant, comiter munera missa. 



3) 16,69. 

4) 7, 27 ; daraus Orosius 3, 7 : primwn iUud ictum cum Carthth 
giniensihus foedus, 

5) 9,43. 

Hommsen, Chronologie. 2. Aufl. 21 



822 DIE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 

J. d. St 475. — LWius^): Cum Carikaginimsihm 
guarto foedus renovatum est. Dkser Vertrag ist 
unbestritten der dritte des Polybios. 
Der Widerspruch zwischen Polybios einer- und Fabius 
andererseits ist offenbar. Auch sagt der erstere ausdräck- 
]ich, dafs noch zu seiner Zeit die ältesten und der öffent- 
chen Verhältnisse kundigsten Männer in Rom wie in Kar- 
thago Yon diesen Urkunden nichts gewufst hätten^), und 
wie er darum es bei dem Philinos entschuldigt, dafs sie 
ihm unbekannt geblieben seien , wird er auch die Aeu- 
Tserung des Fabius, dafs der Vertrag von 406 der erste 
zwischen Rom und Karthago gewesen, ähnlich beurtheilt 
haben. Dagegen sagt Polybios keineswegs, was man ihn 
oft sagen läfst, dafs er die Urkunden selber aufgefunden 
und vor ihm keiner davon Gebrauch gemacht habe. Vid- 
mehr möchten dieselben wohl bei Gelegenheit der endlose 
diplomatischen Verhandlungen, die dem dritten punischen 
Kriege vorhergingen, zum Vorschein gekommen sein und 
damals eben es sich gezeigt haben, dafs sie den leitenden 
Staatsmännern im römischen wie im karthagischen Senat 
unbekannt waren. Vielleicht zog Cato sie ans Licht, der 
Anlafs genug hatte in den römischen Archiven denselben 
nachzuforschen und , wenn er den Karthagern Schuld gab 
bis zum J. 536 sechsmal den Rundesvertrag mit Rom 
gebrochen zu habend), doch nothwendig sich um den In- 
halt der älteren Verträge bekümmert haben mufs. Polybios 



6) ep, 13. 

7) 3, 26, 2: ravta — xaS* fjf^äe Hi xal ^PfofiaCoiV xal JiTa^- 
Xfi^ovliav ol nqeaßvtaxoi xtä fxdXiaxa doxovvreg mgl ra xoivä 
anovSdi^uv ^yvoovy. 

8) Cato orig. L IF, bei Nonius r. duodevieesimo p. 100 M.: 
Demde duodevieesimo (vielmehr duoetvicesimo) anno post dtmissum 



DIE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 323 

hat dieselben entweder durch mündliche Mittheilung Catos 
oder eines Dritten kennen gelernt oder auch, was anzu- 
nehmen nichts hindert, sie h^ubergenommen aus Catos 
Geschichtswerk. Livius folgt, wie so oft, verschiedenen 
Quellen, bei dem J. 406 dem Fabius, bei den J. 448 und 
475 einem mit Polybios stimmenden Gewährsmann^). — 
Also die Ueberlieferung steht so, dafs die eine Partei die 
Vertrage von 245. 448. 475 als ersten, dritten und vierten, 
die andere den von 406 als ersten , also ohne Zweifel die 
von 448 und 475 als zweiten und dritten zählt. Zu Gun- 
sten der letzteren spricht erstlich, dafs sie die älteren 
Zeugen für sich hat. Zweitens fanden sich in dem römi- 
schen Bundesarchiv zu Catos Zeit offenbar nur zwei Ver- 
träge mit Karthago, die dem vom J. 475 voraufgingen; 
was sehr gut pafst, wenn dies der dritte, nicht aber, wenn 
es der vierte Vertrag mit Karthago war, namentlich da ja 
nicht etwa der erste, sondern entweder der zweite oder 
der dritte von den vier Verträgen gefehlt haben mufste. Drit- 
tens würde es zwar sehr erfreulich sein einem Actenstück 
aus der Sagenzeit zu begegnen; allein eben darum ist eine 



bellum, quod quattuor et viginti annosftdt, CarihagirUensU sextum 
de /oedere decemere (vielmehr decessere). Als fünfter Friedens- 
brach galten ihm wahrscheinlich die Vorfälle, die 517 Sardiniens 
Abtretong herbeiführten , als vierter die Kriegserklärung 490, als 
dritter der Versuch auf Tarent 482. Die zwei ersten weifs ich 
nicht zu bestimmen. Für die Zahl und Folge der Bündnisse^ für die 
man die Stelle oft benutzt hat, folgt daraus gar nichts. 

9) Der Vorschlag Livius dadurch mit sich selbst in Einklang zu 
bringen, dafs man die diplomatische Gratulation der Karthager im 
J. 411 (Liv. 7, 43) als zweites Bündnifs zählt, setzt nur eine Nach- 
lässigkeit an die Stelle der andern , da Livius dies doch hätte sagen 
müssen; vor allem aber ist es unmethodisch, da der Widerspruch 
zwischen Fabius und Polybios constatirt ist, die unverkennbaren 
Sparen desselben bei Livius wegzudeuten. 

21* 



324 DIE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 

solche Begegnung wenig wahrscheinlich. — Wenn alle 
diese Erwägungen zu Gunsten der älteren augenscheinlich 
unbefangeneren Ueberlieferung sprechen, so lassen sich 
für das polybische Datum in der That weder innere noch 
äufsere Gründe geltend machen. Innere Spuren so hohen 
Alterthums zeigt die Urkunde nicht; wir würden, wie ich 
früher schon bemerkte, wenn sie ohne Datum vorläge, nur 
das aus ihr entnehmen können, dafs sie älter sein mufs 
als 416. Dafs im siebenten Jahrhundert den Bündnifsver- 
tragen, wenigstens wenn der Senat sie abschlofs, das Da- 
tum ofiiciell beigefügt ward, steht freilich fest durch die 
beiden oben angeführten die Gemeinde Astypalaea und den 
Klazomenier Askle'piades nebst Andern betreffenden Docu- 
mente; aber das Alter dieses Gebrauchs ist nicht unwider- 
leglich festgestellt und es folgt daraus nur, dafs der erste 
Vertrag mit Karthago datirt sein konnte, nicht dafs er da- 
tirt sein mufste. Polybios selbst führt die Jahrangabe kei- 
neswegs auf diese allen Zweifel niederschlagende Quelle 
zurück und bestimmt überdies die Zeit des zweiten und 
dritten Vertrags in so allgemein gehaltener Weise, dafs er 
für diese wenigstens unmöglich eine Jahrangabe gefunden 
haben kann. Dafs Polybios zweiter Vertrag sich für das 
J. 448 darum nicht wohl zu schicken schien, weil Ty- 
ros nach Alexander dem Grofsen kaum mit einer aus- 
wärtigen Macht selbstständig habe stipuliren können, war 
von einigem Belang , so lange man zwischen 406 und 448 
die Wahl frei zu haben meinte; aber die staatsrechtlichen 
Verhältnisse sowohl zwischen den griechischen und phö- 
nikischen Kaufstädten und der Krone Asien als auch zwi- 
schen Tyros und Karthago sirfd bei weitem nicht in der 
Art festgestellt, um darauf hin anderweitigen gewichtigen 
Zeugnissen den Glauben zu versagen. Es bleibt also nichts 



»IE RÖMISCH-KARTHAGISCHEN BÜNDNISSE. 325 

als die Unmöglichkeit die Quelle des Versehens aufzudecken 
und die gewichtige Autorität des Polybios. AUein so 
wünschenswerth es ist zur Vervollständigung der Ueber- 
zeugung nicht blofs den Irrthum nachzuweisen, sondern 
auch diejenige Wahrheit, von der jeder Irrthum ausgeht, 
so kann doch bei einer solchen für uns ganz auTser dem 
urspränglichen Zusammenhang auftretenden Zeitangabe 
unmöglich gefordert werden ^ie so lange für wahr zu hal- 
ten, bis nachgewiesen ist, auf welchem Wege der Urheber 
zu der falschen Zahl kam. Polybios Autorität endlich ist 
auf seinem eigenen Forschungsgebiet gewifs eine der 
höchsten, die es im Alterthum giebt; allein hier berichtet 
er über eine Epoche, die er nicht selbstständig hat erfor- 
schen wollen und aus der er die Thatsachen auf guten 
Glauben irgend einem römischen Buche entnahm. Giebt 
er doch auch das Gründungsjahr und die Dauer der Königs- 
regierungen an, ohne dafs darum, weil er sie niederschrieb, 
die Fabel zur Geschichte geworden wäre. Es wird darum 
die historische Kritik den ersten Vertrag zwischen Rom 
und Karthago in das Jahr 406, die beiden folgenden dem- 
nach in die J. 448 und 475 zu setzen haben. Für die 
Geschichtlichkeit des an der Spitze unserer Liste stehenden 
Eponymencollegiums kann foIgUch aus der Angabe des 
Polybios kein Beweis entnommen werden; während um- 
gekehrt, nachdem dessen Ungeschichtlichkeit anderweitig 
dargethan ist, damit die polybische Datirung nothwendig 
fallt. 



REGISTER, 



Aegyptiscbes schaltloses Sonoenjahr 73. 75 (A. 104). 257. 26L 262. 

— SoDoeojahr mit Schaltang, früher Bauernjahr 55. 56. 76. 257 — 
260, seit Augastas officiell gebraucht 79. 261 — 269. 

Aera, römische, von der Weihsng des capitolinischen Tempeis oder 
von Vertreibung der Könige 86 — 89. 178. 197—200. 212. — 
von Gründung der Stadt 197. — capitolinische, varronische 143 
(A. 265). 144. — deren sacraler Ursprung und Gebrauch 200. 
201. 

— troische, Beziehung zu der römischen 153. 155. 159 (A. 312). 
Alexander Polyhistor 156. 

Aiexaodrinisches Jahr, s. aegyptisches. 

AUiaschlacht, Tagdatum 26 (A. 32). 99. Jahrzahl s. Synchronismus, 
früher nefast 238 (A. 23). 

Ambarvaüen, Arvalenfest 70 (A. 99<^). Datum 70—73. 

Amtojahr, Begrifir80. 83. 84. 106. Fictiondes festen Antrittstages 
195. 196. 

Anarchie, fünfjährige, Gesammteinschiebung des in einem Jahr- 
hundert erwachsenen Interregnendeficits 204. 209. 

annus confusionu 276 — 278. 

Ardeatischer Vertrag 94. 

Arvalen s. Ambarvalien. 

Atticus, Begründer der römisch -attischen Synchronistik 145—149. 

Aufidius Bassus 117 (A. 204). 

Aufwandgesetze 253 (A. 50). 

Ausonius, dessen Fakten 112 (A. 194). 130 (A. 241). 131. 

Begoe-Buch 188. 

Brutus und Horatius, deren Consulat 199. 325. 

Caesar, s. Julianischer Kalender. 



RBGISTBfi. 327 

CmdüIhs DicUUir 99. 

Cassiodor, desseo Fasten 117 (A. 204). 130. 131. 

CasBiiis Hemina 128. 141. 156 (A. 295). 

Cato, seine Jahrzahlen 142. 149. 154. sein Berieht ober die Car- 

tbagisehen Friedensbriiehe 322. Datiningpen in seiner Sehrift 

vom Landbau 59. 
Catnlus, seine Jahrzählonf 143. 
Censnr, Einfohningszeit 96. orsprünglich achtzehnmonatlich 96. 97\ 

165. ihre Intervallimng 164. 165. 
Chaldäer 60. 

Charisius, zor Kritik 41 (A. 51). 
Chronograph von 354, dessen Rönigslisten 139. 141. 158. dessen 

Fasten 111. 112. 131. 
Cicero, seine Rönigstafel 138. 139. Jahrzahlen in der Schrift vom 

SUatU9 (A.206). 138 (A.256). 143. 201 (A.391). Jahrzahlen im 

Bratns 146 (A. 277). zur Kritik der Schrift von den Gesetzen 

95 (A. 146). deren Abfassungszeit 42 (A. 54). 
L. Cincios Alimentus, sein Zeitalter 315 — 319. sein Gründungsjahr 

135. seioeSaecuIa 135. 191. sein Bericht über die Jahmügel 177. 
Civile ond naturale Zeitrechnung 173. 
davus anmiHs 176 — 180. 
Consularfasten, deren Redaction und Bekanntmachung 132. 133. 

209. 211. die ersten CoUegien zweifelhaft 207. Beziehung zum 

Kalender 207. nicht vor Augustus öffentlich aufgestellt 211. — 

S. fasti CapitoUni, 
Consnln, Amtsantritt an Ralenden oder Iden 87. 91 (A. 131). 250. 
Cornelius Nepos, dessen Jahrzählung 130 (A. 241). 143 (A. 267). 
Cremeraschlacht, Datum 90 (A. 128). 
Curiatcomitien, ordentliche zweimal im Jahr, 24. März und 24. Mai 

242 — 244. 
Cyelus, zwanzigjähriger des Numa 44. 45. viemndzwanzigjähriger 

bei Macrobius 46. 
Datirung der römischen öffentlichen Urkunden 320. 324. 
Decemvim, ihre Wahl consularische Cooptation 82 (A. 112). 9!2. 

121 (A. 209). zwei oder drei Decemvira^ahre gerechnet 92. 119. 

121 (A. 213). ~ S. Zwölftafeln. 
Demekratische Annalistik 92. 98. 167. 168. 
DicUtorenjahre 111 (A. 193). 114—117. 203. 



328 REGISTER. 

DicUtur, Jahrzahlen der ersten ond zweiten 199 (A. 390). eUtvi 

figendi causa 176—179. 
dies fastiy republikanische die Kaienden, Nonen ond Iden 237 — ^239. 

die aag^steisehen 230 — 235. 

— mtercisus, entweder vitiosus und/astus oder feriatus und co- 
mitialis 233 (A. 11). 

— lustricus 229. 

-> nefastus 233 (A. 12). 

— postridiani früher vttiosi, seit Aufpistns /asti 238. 

Dio Cassius, zur KHUIl und EriLlUruDg 238 (A. 21). 265 (A. 16). 

278 (A. 2). 283 (A. 5). 286 (A. 9). 
Diodor, dessen Königslisten 150. 159. dessen Fasten 125 — 128. 
Dionysios von Halikarnassos , dessen Jahrzeiten 304. dessen Jahr- 

zahlen 121—124. 144. 154. dessen Königsliste 141. 159. zur 

Erklärung 86. 90 (A. 129). 
Dionysisches Jahr 256 (A. 1). 270—275. 
Edictionen an den Kaienden 16. 33. 43. an den Nonen 250. 
Ennius, seine Rechnung vom Ursprung Roms 133. 153. seine Grün- 
dungssage 152. 
Eudoxiscber Kalender 56. 76. 77. 260. dessen Neujahr 56. 63. 257. 

dessen SchalUtelle 56. 66. 258. 267. 
Eusebius, dessen Fasten 112 (A. 194). 131. 
Fabins, sein Gründungsjahr 134. seine Gründungssage 151. 152. 

seine Fasten 125—128. 
fasti, Sprachgebrauch des Wortes 208 (A. 394). 

— Capitolini, 111. 185 (A. 363). 193. zur Kritik derselben 112 
(A. 195). 

fertae conceptivae 72. 

Finsternifsdaten 46. 47. 146 (A. 278). 201. 206. 

Cn. Flavius, sein Kalender Theil des Rechtsbuchs 31 (A. 35a). 
210. 211. enthielt vielleicht auch die Consularfasten 211. Weih- 
inschrift des Concordiatempels 198. 211. 

Floralien 67. 69. 

Frontinus, dessen Jahrzahlen 130 (A. 240). 

Gaios, zur KriUk 252 (A. 46). 

Gelliusy der Annalist 128. 141. 149. 

Gemeindezusammenkunft nicht an zwei auf einander folgenden 
Tagen 244. 



REGISTEB. 329 

Gerichtsbarkeit^ freiwillige am diesferiatus 248 (A. 42). 

Geriehtsferien der Kaiserzeit 70 (A. 99) . 

Gleichung des römischen und attischen Jahres 135 (A. 253). 148 
(A.281). 

Hadrian, dessen Münzen mit Stadtjahr 143 (A. 265). 

Hipparchos 57. 

Hortenslsches Gesetz über die Nundinen 241. 247. 251. 

Idatius, dessen Fasten 113. 114. 131. 

Idas, ursprünglich Gerichtstag 237. 250, daher Antrittstag der Con- 
suln 91. durch Augustus der Senatssitzungen wegen /eriatae 
237. 238. 

Ilia == Rea Silvia 152. 157 (A. 300). 

Imparilitat im römischen Kalender 12. 13. 15. 250. 

intercalarius, Sprachgebrauch des Wortes 56 (A. 77); vgl. 22. 23. 

Interregna, Entstehungssage 139. Wahl des Interrex 98. Inter- 
regnum fallt in der Liste aus 197. 

Jahr, nicht indogermanisch 221. 

Jahrpuncte, mehrtägig gedacht 64. warum kalendarisch auf die achten 
der Zeichen gestellt 64. 65. 

Jahrzeiten 62. 65. 300—304. 

Julianischer Kalender, dessen geschichtliche Stellung 74 — ^79. nicht 
unmittelbar dem ägyptischen entlehnt 78. 295. Gleichung der 
julianischen und vorjulianischen Kalendertage 234 (A. 15). 
Schalttag 22. 279 — ^281. in eiper Beziehung der letzte Jahrestag 
als Schalttag behandelt 57(A.77). erstes Schaltjahr 66. 282— 296. 
Anomalien der Schaltung 288 — 290. 298.299. astronomische An- 
gaben darin 74. der älteste erhaltene der tusculanische, dem- 
nächst der venusinische, sodann der maffeische 236 (A. 18. 19). 

Juno Moneta, deren Tempel 209. 

Kaienden, ursprünglich Gerichtstag 233. 239. 250, daher Antrittstag 
der Gonsuln 91, nach Augustus der Senatssitzungen wegen 
fenatae 237. 238. 

Kalender schliefst die unmittelbare Himmelsbeobachtung aus 17. 51. 
Festhalten derselben im internationalen Verkehr 51.. 

— römischer, ursprünglich vielleicht die Trieteris 16; pythago- 
reischer 10—16. der zwölf Tafeln 18—40. 71. 72. des acilischen 
Gesetzes 40—46. 73. bäuerlicher 54. 55. 58 — 73. Jnliani- 
scher^ s. d. 



330 1US6ISTE1I. 

Karthagische BöadoiaMy derea ZeithestiniBiiing 320 — 325. 
Raator der Chronograph 156. 
Röaigseid, der ägyptische 258. 

RSaigstafe), römische, ältere and jüngere 137 — 142. Entstehnngs- 
zeit 137. 210. 

— albanische 159 (A. 312). 
Ubri Untei 94. 95. 210 (A. 394*). 

Licinios Macer, dessen Fälschungen 93—^. 149. 

Livias, dessen Jahrzahlen 117 — 121, zur Kritik ond Erklärung 91 

(A. 131). 112 (A. 195). 208 (A. 394). 
Lnstnun, Bedeutung des Wortes 162. ursprünglich und wieder seit 

Caesar vierjährig 164. 170 (A. 332). aufserordentliches dreijähri- 
ges 165 (A. 320). späterhin rdnQährig 165. Lustrenzählnng 166. 

Zusammenhang mit der Schaltperiode 166 — 171. Augustische 

Lttstra 171. 
Macrobius, zur Kritik und Erklärung 11 (A. 4). 40 (A. 48). 253 

(A. 49). 
Marianus Scotus, dessen Fasten 118 (A. 205). 
Mars der italische Nationalgott 223. 

Monat älter als Jahr 8. Festhalten der Monatzählung im zehnmo- 
natlichen Jahr 52.^ 
Monatfrist 249. 252. 
Monatgötter 68. 305—308. 
MonaUnamen, deren Alter und Bildung 221 — 223. latinische 9. 218. 

220. sabelliscbe 218. 221. etruskische 219. 221. im italischen 

Bauemkalender 66. 67. 
Mondjahr, Uebergangszustand 8. 75. syromakedonisches 77. 79, 

ägyptisch-makedonisches 260. im späteren julianischen Kalender 

79. 309—313. 
mystagogus 317 (A. 7). 
FP älteste Form des n 233 (A. 12). 
Naevins, Griindungssage 152. 
Nagelschlagung 176—180. 
Neigahr, natürliches 304 (A. 1 1). 

— ägyptisch-eudoxisches (20. Juli) 56. 63. 257. 268. 307. Spuren 
desselben im römischen Kalender 65. 66. 

— altitalisches (1. März) 220. im römischen Kalender bis auf Caesar 
103. 276. — Widdernenjahr 63. 307; Fischeneigahr 307 (A. 5). 



RBGISTEB. 331 

Neigahr des Amtsjahrs anfangs unstet 81 — 83. dS. 101, dann fixirt 
81—83. 101. auf 1. Mai? 101. 102. aaf 15. März 102. 103. auf 
1. Jan. 103. — Uebertragnng des Jannarneiijahrs auf den Ra^ 
lender 27 (A. 32). 88 (A. 124a). 276. 

Nigidins Figulus, zur Kritik 258 (A. 7). 

Nonen, ursprünglich Versammlungstage für religiöse Bekanntma- 
chungen 250. 251. später Gerichtstage 239. 251. 

nwidmae im älteren Sprachgebrauch die Neuntage vor den Knienden 
240, im jüngeren auch die Anfangstage des nundinum 254. Jene 
den nonae parallel 240. 250. theilweise verlegt 244. 245. warum 
nicht im Kalender verzeichnet 245. zunächst comitial 241 — ^247. 
251. thatsächlich aber Gerichtotage 248. 249. 251. inwiefern 
fasU 241. 244. 245. 247. nicht ferioH 245. 246. 

Nundinalanfangstag, praktisch nicht ausgezeichnet 252 — 254. Zu- 
sammentreffen desselben mit dem Neujahrstag 24. 25. 286. 287. 
296—299. 

Nundinalbuchstaben 253. 283—287. 

nimdinum, achttägige Woche 240 (A. 25 f. 

Oktaeteris, Beziehung zum römischen Kalender 28—30. 

Orosius, dessen Jahrzahlen 131. 132. 

Ovidius, zur Erklärung 32 (A. 37). 103 (A. 184). 170 (A. 331). 

Palingenesie der Sibyllenorakel 184. 186. 

Papirü MugtUani in die Beamtenliste eingeschoben 93 — 98. Mugil- 
lanus und Cursor verwechselt 112 (A. 195). 

Paschalchronik, deren Fasten 113. 114. 

Petronius, zur Erklärung 177 (A. 344). 

Pinarisches Gesetz 11 (A. 4). 252. 

Piso, dessen Zeitrechnung 124 (A. 222). 129. 191. 

Plinius, der ältere, zur Kritik und Erklärung 34 (A. 41). 56 (A. 77). 

69 (A. 98). 
Polybios, dessen Jahrzahlen 128 (A. 234). 141 (A. 261). sein Be- 

rieht über die karthagisch - römischen Verträge 320—325. 
Poplifugien 251 (A. 45). 
praetor, Sprachgebrauch 94. 
praetor maximus, Bedeutung 178 (A. 347). 179. 
Pythagoreischer EinHufs auf Rom 13. 149. 150. 
quando rex comiUavit^fas 88 (A. 124a). 241. 242. 
qtumdo siereus ddatum^fat 244 (A. 37). 



332 REGISTER. 

Qnirinalieii 100 (A. 168). 

Rea Silvia s. Ilia. 

Regifiigien 88 (A. 124a). 251 (A. 45). 

Robigalien67(A. 93). 69. 

Saeeulom, Ableitung und Bedeutung 172. 174. 183 (A. 359). das 
physisefae unbestimmte 174. 189. das juristische hundertjährige 
174. 189. das juristische hundertzehnjährige 135. 158. 183 — 
188. 191. das physische der Dauer des etruskischen Stammes 188 
— 190. römische juristische: lOOjähriges der Nagelschlagung 
175^1 SO. 205; lOOjähriges der terentinischen Spiele 180—182. 
187. 188; UOjähriges derselben 185—188; lOOjähriges der 
Dauer Roms und dessen Spiele 190 — 193. Vermischung beider 
Reihen der saecularen Spiele 193. 194. 

Satnrnische Verse 16 (A. 13). 

Schaltmonat, römischer, 27tägig 11. 20 — 23. eingelegt früher in 
den varronisch geraden Jahren 19. spater willkürlich 41. 42. 
dessen juristische Berechnung 50 (A. 72). 

Schalttag, dem republlkaifischen Kalender fremd 23 — 25. 

Schaltung, anticipirende und postnumerirende 293 — 295. aufseror- 
deutliche unrömisch 15. 

Silvierfabel, deren Entstehung 156. 157. Beziehung zu den juli- 
sehen Kaisern 160. 

Solinus, zur Kritik und Erklärung 278 (A. 2). 291 (A. 14). 

Sonnenlauf, dessen älteste Ansetzungen 14. 34. 53. 75 (A. 104). 225. 

Sosigenes 78 (A. 109). 295 (A. 22). 

Spiele, capitolinische 169. 

— römische 166. 

— saeculare, s. Saeculum. 

Suffection in älterer Zeit nur zulässig als Cooptation 82. consulari- 
sehe 82 (A. 112). 94. censorische 164. 

Synchronismus, griechisch-römischer 122 — 124. 145. 201 — 207. 

L. Tarutius 146. 

Terminalien, wichtig für den Kalender 38. 39 (A. 46). Datirung da- 
nach 43. . 

Tetraeteris 226. 

TbeU und Tag der Ekliptik 67. 309 (A. 1). 

Timaeos, Gründungsjahr Roms 135. 136. 213. 

Trauerfrist 48 (A. 69). 



REGISTER. 333 

Tricteris 11. 12. 16. 224—227. 

trinum nundomm 243 (A. 36). 

TrimnphalUfel 84—86. 

Tiibilastrien 243. 

Ulpitn, zar Kritik 229 (A. 2). 

Valerier, ihre Beziehong zu der terentinischen Saecularfeier 182. 

Varro, dessen Jahrzahlen 130 (A. 239). 147. zu den anUq. rer. dir, 
69 (A. 98). za den Büchern de Ungua Laiina 235 ( A. 15). 242 
(A. 30. 31). Abfassungszeit derselben 235 (A. 15). zu den Bü- 
chern vom Landban 59. 60 (A. 83). 

Vegoia, s. Begoe. 

ver sacrum 67. 

FmaUa rustiea 67 (A. 93). 69. 

Virgil, zur vierten Ekloge 184. 

Woche ursprünglich Mondviertel und darum sieben- bis achttägig 
228. siebentägige in Italien 313. 314. Wochentheilung des rö- 
mischen Monats 229. 249. 

Zahlwörter, Sprachgebrauch 162. 163 (A. 317). 169 (A. 331). 

Zehnmonatliches Jahr, theils internationales Rechnungsjahr von 
zehn synodischen Monaten 51, theils römisches Geschäftsjahr 
anfangs von zehn Kalendermonaten, spater von 304 Tagen 
47—54. 

Zwölfgötter, s. Monatgötter. 

Zwölftafeln, deren kalendarische Bestimmungen 31. 32. 39. zur Er- 
klärung 248. 249.